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Hamburg: Auf Ausweichstrecken unterwegs / (1) Wenn das Wasser noch gar nicht zu Ende ist … Auf Erkundung zwischen Eppendorfer Mühlenteich und Fernsicht

Diesmal – es wird sicherlich nicht das letzte Mal sein – möchte ich gern mit Ihnen eine Wegstrecke erkunden, die ich als Alternativvorschlag bezeichnen würde, wenn es darum geht, eine weniger überlaufene Route zu wählen und netterweise trotzdem stets ein Quäntchen Wasser neben sich zu haben.
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Hamburg - Leinpfad - Spaziergang an der Alster mit Ausblick ...

Hamburg – Leinpfad – Spaziergang an der Alster mit Ausblick …

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Dazu ein Hinweis vorweg:
Dies ist ein Beitrag, der länger ausfällt. In meinen Augen haben Sie – speziell als Hamburg-Interessierter, der gern auch einen Blick zurück in die Geschichte wirft – einfach mehr davon, wenn Zusammenhängendes nicht in tausend Einzelbeiträge gesplittet wird. Gönnen Sie sich ruhig Pausen beim Lesen oder falls Sie tatsächlich nur bestimmte Punkte interessieren sollten, springen Sie und orientieren sich dabei an den Zwischenüberschriften bzw. Fotos.

Alternativstrecken – Wozu braucht man denn Ausweichrouten?

Ich werde immer wieder einmal darauf angesprochen, wo man auf Stadtgebiet noch so „ein bisschen laufen könnte“. Hübsch gelegen, schnell und gut –  im Idealfall mit öffentlichen Verkehrsmitteln – erreichbar. Eine überschaubare Fußstrecke evtl. mit der Option auf Verlängerung, sollte einen spontan die Lust packen. Dennoch alles nicht zu ambitioniert. Einfach so  … unkompliziert.

Für mich selbst wähle ich ebenfalls gern derartige Ziele. Etwas, was absolut kein Geheimtipp sein muss, je-
doch von den Massen aus welchem Grund auch immer leicht ignoriert wird und daher von Überfüllung verschont bleibt.

Mich stören nicht grundsätzlich Menschen. Ich empfinde es unterwegs allerdings als anstrengend, wenn ich nie in meinem eigenen Gehtempo vorankomme. Immer nur ausweichen und abbremsen ist auch nicht das Wahre. Völkermassen, die sich schieben … Kommt es Ihnen bekannt vor? Da wird auf ganzer Wegbreite geschlendert, denn schon Minigruppen aus vier oder fünf Personen gehen auffallend gern alle nebeneinander. Bestenfalls leicht versetzt, was es im Prinzip auch nicht schmaler macht. Ihre Chance, daran vorbeizukommen, ist jedenfalls minimal. Gegenverkehr herrscht schließlich auch noch. Und selbst wenn Sie ein Hindernis dieser Art geschafft haben, es folgen ständig weitere.
Es ist vergleichbar mit einer Treckerparade, die eine schmale Landstraße langtuckert. Ohne Lücken, mit riesigen Heuanhängern, die allesamt Überbreite haben und unvermutet ausschwenken.
Unter derartigen Umständen gerät ein Spaziergang mittendrin sogar völlig ins Stocken, sobald sich nämlich vorderen Teil der Karawane mal wieder jemand überlegt, Diskussionen abzuhalten, aus diesem Anlass stoppt und längerfristig mittwegs campiert. Wenn nicht schon dadurch, so führt spätestens das zwangsläufige Kleben an den Fersen Ihres Vorläufers dazu, dass Sie ruckdizuck für die nächsten ein oder zwei Kilometer in den zweifelhaften Genuss lautstarker Unterhaltungen kommen, deren Inhalt Sie so überhaupt nicht interessiert.

Ich muss aufpassen, dass ich mich bei diesem Thema nicht in Form rede, wir dürfen die Erkundungstour nicht ganz aus den Augen verlieren. Oder möchten Sie wissen, wie es in der Hansestadt momentan so (ab)läuft?
Da es heute der Einführungsteil zum Thema Ausweichrouten ist, lassen Sie mich kurz – durchaus kritisch – auf die gegenwärtige Lage blicken, die andere Wege nötig macht. Ich glaube fast, dann wissen Sie – ob als Fremder oder Hamburger – Alternativrouten umso mehr zu schätzen.

Punktueller Andrang – Magnet Hamburg? … Oder liegt es vielleicht gar nicht nur am Reiz der Stadt?

Seit Hamburg sich immer mehr zu einem beliebten Ziel für Touristen genauso wie für Zuzugswillige mausert, bleibt ein Nebeneffekt nicht aus. Einer, der Besuchern wie Einheimischen zunehmend auffällt und der gelegent-
lich stört: Es wird an bestimmten Stellen mittlerweile zu voll. Dabei handelt es sich um eine Auswirkung, die sich aller Voraussicht nach noch verstärken wird.
Nicht allein durch aufstrebenden Tourismus und neue Hotels mit entsprechend kletternden Übernachtungs-
zahlen. Auch nicht nur bedingt dadurch, dass es weiteren Zuwachs an Neubürgern der Hansestadt gibt und geben wird. Was die Situation mit verschärft, ist die Tatsache, dass Wohnungsmangel herrscht und immer mehr Grünflächen für Wohnungsbauprojekte weichen müssen.

Hamburg – unendliche Weiten? Pustekuchen. Flächen, die als Bauland in Frage kommen werden rar. Die Stadtgrenzen stehen fest, es existieren keine Ausweitungsmöglichkeiten. Um dennoch möglichst viele Bau-
vorhaben durchziehen zu können, wird von der Politik eine Verdichtung favorisiert. Davon bleibt so gut wie kein Stadtteil verschont. In der Folge verlieren Anwohner einen nicht unerheblichen Teil ihrer Erholungspunkte im Viertel bzw. diese wichtigen und wertvollen Refugien verkleinern sich drastisch. Ein Oasensterben. Stattdessen Baustellen und Lärm, später die Wände des Neubaus direkt vor dem Fenster.

Um weiterhin etwas Grün zu sehen und frische Luft abseits von Hauptstraßen zu atmen, Entspannung oder auch Bewegung zu finden und soziale Kontakte zu pflegen – was alles durch die Veränderungen im Wohnquartier (Platzmangel, Grünflächenabschaffung, weniger Licht, höherer Schadstoffanteil, zugebaute Höfe, in denen man sich vorher traf etc.) kaum noch möglich ist – suchen daher zunehmend auch Hamburgs Bürger vermehrt genau die Orte auf, die von allen – Touristen inklusive – angesteuert werden.

Klar, Einheimische sehen sich nicht alle Nase lang die typischen Sehenswürdigkeiten an. Dort sind es weiterhin hauptsächlich Touristen, die mit den wühligen Gegebenheiten leben müssen. Die hier Ansässigen bemühen sich, das Gedränge irgendwie zu umgehen.
Im Fall von Karten für Theater und Musical, Tickets für Konzerte in der Elbphilharmonie, begehrten Plätze in angesagten Restaurants u. ä. wird es schon schwieriger. Gemeinsame Interessen, begrenztes Angebot, Sie ahnen das Malheur …
Ganz definitiv Überschneidungen gibt es bei der Auswahl der angepeilten Erholungsziele. Bei schönem Wetter trifft sich halb Hamburg zum Spaziergang an der Außenalster, zieht an die Elbe oder erobert den Stadtpark.

Der Stadtpark ist bisher noch Einwohnersache. Gäste von außerhalb haben dort in vielen Fällen zunächst
das Planetarium auf der Liste (Regenwettertipp schlechthin!) Oder strömen abends zu Konzerten auf der Freilichtbühne bzw. zu wirklich seltenen Großveranstaltungen wie dem Konzert der Rolling Stones im vergangenen Jahr. Ansonsten erhält einfach anderes den Vorrang. Und spaziert wird vorwiegend am Wasser.

An die Elbe wollen zwar alle, egal ob von hier oder auswärts, doch es entzerrt sich. Jemand auf Kurzbesuch bleibt meist schon aus Zeitgründen in Hafennähe. HafenCity mit Elbphilharmonie und Speicherstadt, Landungsbrücken, Fischmarkt in Altona und um den Elbstrand kennenzulernen Övelgönne mit Museumshafen. Oder direkt Blankenese mit Süllberg, Treppenviertel und Kapitänshäusern. Ganz gezielt.
Wer hier wohnt, mit Elbluft liebäugelt und feststellt, es wird wieder füllig, der läuft die Uferkilometer dazwischen oder pilgert dahinter, weiter elbabwärts.

Die Alster wiederum ist das Ziel aller. Binnen und vor allem Außenalster. Dort treffen sich Jung und Alt in Heerscharen. Entlang des Ufers sind es die Spaziergänger, Jogger, Nordic Walker, Kind-im-Kinderwagen-Ausfahrer, Hundebesitzer und Angler. Das Gebiet ist Mittagspausen- und Feierabendziel von Leuten, die in der Nähe arbeiten, der Ausflugswunsch von Vereinen, Wanderclubs, von Familien ebenso wie von Radfahrern. Und es ist Ausstiegsstation kompletter Reisebusladungen, die sich dann kurzzeitig eher punktuell am Ufer ergießen, meist um im Zuge dessen gleich ein Lokal aufzusuchen.
Auf dem Wasser kommen die SUPs (die mit der Vorliebe fürs Stand Up Paddling), die Ruderer, Kajakfahrer, Kanuten und Tretbootfahrer, die Gäste an Bord der Alsterschiffe, die Segler und, und, und … noch hinzu.

Sie sehen, es ist prinzipiell kein Ort der Einsamkeit, doch spätestens wenn nach grauen Tagen irgendwo ein Strahl Sonne durch die Wolken blitzt, haben urplötzlich einige Tausend Menschen die gleiche Idee: Raus und ans Wasser.
Nur – es MUSS nicht unbedingt die Außenalster sein. Wenn Ihnen nicht nach großer Wandergesellschaft und Stau zumute ist, kommen Sie mit. Wir spazieren heute dort, wo für die meisten immer der Weg aufhört: am nördlichen Ende Außenalster.

Tour 1

Wenn das Wasser noch gar nicht endet … Der Alsterlauf nördlich der Außenalster

Hamburg - Alster (Eppendorfer Ufer), Kloster St. Johannis

Hamburg – Alster (Eppendorfer Ufer)

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Sie wissen, die Alster besteht nicht nur aus den beiden bekannten Seen. Dahinter ist keinesfalls Schluss mit Wasser. Die Alster ist vielmehr ein Fluss, dessen Quelle sich – vom oberen Zipfel der Außenalster aus – Luftlinie gesehen etwa 23 km weiter nördlich in Schleswig-Holstein befindet.
Das heißt andererseits aber auch, tatsächlich ist die Alster mit allen Windungen im Flusslauf bis zur Mündung in die Elbe 56 km lang, und von dieser Gesamtlänge wiederum fließen ca. 30 km auf Hamburger Gebiet.
Im Grunde sind sämtliche öffentlichen Spazierwege, die entlang des Alsterlaufs führen, geeignete, teils wunderbare Alternativspazierstrecken! Man muss sich definitiv nicht anderenorts ständig ins Gedränge begeben.

Es gibt gelegentlich Missverständnisse, darum: Wenn Sie irgendwo die Bezeichnungen rechtes und linkes Alsterufer lesen, dann lassen Sie sich nicht in die Irre führen, weil „gefühlt“ rechts auf einmal im Westen und links im Osten liegt. Man schaut in dem Fall von der Quelle, die – siehe oben – nördlich von Hamburg liegt.
Erwähne ich hingegen im weiteren Verlauf das West- bzw. Ostufer, so meine ich die Himmelsrichtungen, wie Sie sie beim Blick auf die Karte wahrnehmen.

Eppendorfer Mühlenteich

Wir starten am U-Bahnhof Lattenkamp. Mit der U1 sind es ab Jungfernstieg lediglich sechs Stationen. Ein perfekter Ausgangspunkt, um von dort aus an der Kreuzung die Bebelallee, eine viel befahrene Straße mit Villen, zu überqueren und ein Stück der abzweigenden Straße Meenkwiese zu folgen. Schon befinden Sie sich abseits vom Verkehr.
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Hamburg - Kreuzung Bebelallee/Meenkwiese - Blick auf ein modernes, leicht rundliches, weißes Gebäude

Hamburg – Kreuzung Bebelallee/Meenkwiese

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Hamburg - Kaum liegt die vielbefahrene Bebelallee hiner einem wird es merklich ruhiger - Meenkwiese - Drei Graugänse pickend auf dem Bürgersteig

Hamburg – Kaum liegt die vielbefahrene Bebelallee hiner einem wird es merklich ruhiger – Meenkwiese

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Hamburg - Zum Alsterlauf und Eppendorfer Mühlenteich - Straße Meenkwiese mit ungewöhnichem Wohnhaus auf der rechten Straßenseite

Hamburg – Zum Alsterlauf und Eppendorfer Mühlenteich – Straße Meenkwiese

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Warum ich Sie gerade hierhin entführe? Weil wir so nicht nur an die Alster, sondern auch an den Eppendorfer Mühlenteich gelangen, von dem Sie vielleicht in Erinnerung haben, dass sich dort das Winterquartier der Alsterschwäne befindet. Entsinnen Sie sich noch an die Bootsfahrt der Vögel im letzten November, nachdem der Schwanenvater sie an der Rathausschleuse zusammengetrieben und eingesammelt hatte?
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Hamburg - Eppendorfer Mühlenteich mit dem Schwanenwinterquartier im Hintergrund

Hamburg – Eppendorfer Mühlenteich mit dem Schwanenwinterquartier im Hintergrund

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Die Bezeichnung Teich verrät Ihnen bereits, da wurde etwas künstlich angelegt. Nur ist der Eppendorfer Mühlenteich nicht etwa ein extra geschaffener Ableger der Alster, diese liegt etwas östlich davon, sondern ist schon vor 756 Jahren (anno 1263) durch die Stauung der von Norden kommenden Tarpenbek entstanden. Zwischen Teich und Alster existiert jedoch eine Verbindung. Die uns zugutekommen wird …
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Winterquartier der Alsterschwäne

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Hamburg - Eppendorfer Mühlenteich - Winterquartier der Alsterschwäne - Im Hintergrund die Brücke der Güterumgehungbahn

Hamburg – Eppendorfer Mühlenteich – Winterquartier der Alsterschwäne – Im Hintergrund die Brücke der Güterumgehungbahn

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Wie bei Teichen üblich, ist die Wassertiefe eher gering. Es bildet sich im Winter bei Minusgraden also recht schnell Eis. In dem für die Schwäne abgezäunten Teil wird bei Frost das Wasser jedoch mittels einer Umwälz-
pumpe eisfrei gehalten. Weiteres Plus: Es gibt Futter, wenn die Natur nichts mehr parat hält und im Fall der Fälle eine medizinische Versorgung.
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Hamburg - Eppendorfer Mühlenteich - Winterquartier der Alsterschwäne - Einige Schwäne hinter Metallzaun direkt am Ufer, ein Boot des Schwanenvaters außerhalb der Umzäunung am Ufer

Hamburg – Eppendorfer Mühlenteich – Winterquartier der Alsterschwäne

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Hamburg - Eppendorfer Mühlenteich - Winterquartier der Alsterschwäne

Hamburg – Eppendorfer Mühlenteich – Winterquartier der Alsterschwäne

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Wie Sie unschwer sehen können, sind hier allerdings nicht nur die Schwäne, auch andere Vogelarten erkennen die Vorteile und mogeln sich gern dazwischen.
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Hamburg - Eppendorfer Mühlenteich - Auch andere Vogelarten nutzen gern das Winterquartier der Alsterschwäne ... Enten und Teichrallen innerhalb des abgetrennten Bereichs. Am Ufer aufgestapelte Paletten

Hamburg – Eppendorfer Mühlenteich – Auch andere Vogelarten nutzen gern das Winterquartier der Alsterschwäne …

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Hin und wieder treffen Sie auf dem Teich auch im nicht abgezäunten Teil einzelne Schwäne an. Ob die aus dem Quartier ausgebüxt sind und es trotz meist gestutzter Flügel erfolgreich über den Zaun geschafft haben, ob es Alsterschwäne sind, die sich im November erfolgreich dem Einsammeln entzogen und damit vor dem Winter-
quartier gedrückt haben, oder ob es sich um völlig fremde Schwäne handelt, die sich eine Weile als Besucher dazugesellen – wer weiß das schon so genau.
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Hamburg - Eppendorfer Mühlenteich - Schwäne auch außerhalb der Einzäunung ...

Hamburg – Eppendorfer Mühlenteich – Schwäne auch außerhalb der Einzäunung …

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Entlang des Ufers außerhalb des abgetrennten Bereichs statten häufig Graureiher dem Teich einen Besuch ab, obwohl sich deren Kolonie am Bramfelder See befindet. Für die Reiher ist es nur sehr praktisch, dass hier am Mühlenteich Angelverbot herrscht …
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Hamburg - Eppendorfer Mühlenteich - Besuch von den Graureihern

Hamburg – Eppendorfer Mühlenteich – Besuch von den Graureihern

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Auch Graugänse, Teichrallen und Enten sind hier vertreten.
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Hamburg - Eppendorfer Mühlenteich - Ob im eingezäunten Teil oder daneben - der Teich wird genutzt - Schwäne hinter dem Zaun, im freien Bereich vier hintereinander schwimmende Graugänse

Hamburg – Eppendorfer Mühlenteich – Ob im eingezäunten Teil oder daneben – der Teich wird genutzt

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Hamburg - Eppendorfer Mühlenteich - Einträchtiges Beisammensein auf dem Teich ....

Hamburg – Eppendorfer Mühlenteich – Einträchtiges Beisammensein auf dem Teich ….

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Am Teich – Kleine Zeitreise …

Vielleicht fragen Sie sich auch an einigen Plätzen, die Sie besuchen, wie es dort früher wohl ausgesehen haben mag. Hier zum Beispiel – zu einem Zeitpunkt, als es Hamburg als Großstadt noch gar nicht gab, die Besiede-
lung außerhalb des damaligen Stadtkerns mit zunehmender Distanz immer spärlicher ausfiel …

Stellen Sie sich vor, dass hier einst verstreut nur ein paar Höfe standen und schließlich im 12. Jahrhundert ein Dorf inmitten und umgeben von sehr feuchter Weide- und Moorlandschaft entstand. Ein Bereich war richtiges Moorgebiet. Davon ist heute nicht sehr viel vorhanden, doch man hat versucht, die Überreste des Eppendorfer Moors als Naturschutzgebiet wieder aufzuwerten, und dazu wurde es zum Jahr 2015 um einiges vergrößert. Von dem Niedermoor mit enorm artenreicher Pflanzenwelt hat es sich im letzten Jahrhundert dennoch weit entfernt. Waren früher im Moor kaum Bäume oder Sträucher, treffen Sie heute auf waldähnliche Bereiche mit dazwischen liegenden offenen Wasserflächen. Sumpf-Glanzkraut oder Wasserschläuche, Sonnentau und Schnabelriede gab es früher, heute finden Sie eher Pfeifengras, Schlankseggen-Ried oder Gilbweiderich. Dazu Glockenheide, ansonsten Weidengebüsch, Faulbäume etc. Und Brombeeren! Die sind irgendwann eingewandert und arrangieren sich mit der Bodenbeschaffenheit.
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Hamburg - Eppendorfer Mühlenteich - Blick von Süd nach Nord

Hamburg – Eppendorfer Mühlenteich

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Gehen Sie jetzt gar nicht mehr unbedingt Jahrhunderte zurück, wandern Sie gedanklich lediglich etwa 120 bis 130 Jahre in frühere Zeiten. Alles ist weiterhin sehr ländlich …
Die Brücke zum Beispiel, die Sie ganz hinten (Foto oben) erkennen, die gab es noch gar nicht. Doch Sie könnten nahe des Wassers das alte Schulhaus ausmachen. Kinder, auf dem Weg zum Unterricht …
Oder den Gasthof „Zur alten Eppendorfer Mühle“. Es ist ein warmer Sonntag im Sommer. Ihnen begegnen Spaziergänger, Einkehrende, die an Holztischen am Wasser sitzen, Ausflügler, die in einem Boot über den Teich paddeln … Wenn Sie genau hinschauen, sehen Sie Libellen, die im Sonnenlicht funkeln und manchmal einen Moment in der Luft zu stehen scheinen …
Die alte Schule wurde im Jahr 1890 abgebrochen, den Gasthof gab es bis 1901. Heute befindet sich ein Lokal mit sehr ähnlichem Namen an der Eppendorfer Landstraße, die Sie queren, sobald Sie am Teichende angelangt sind und dem Alsterlauf weiter folgen möchten.
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Hamburg - Eppendorfer Mühlenteich - Verbindung zur Alster - "Zur Alten Mühle" und "Barmeiers Café" an der Eppendorfer Landstraße

Hamburg – Eppendorfer Mühlenteich – Verbindung zur Alster – „Zur Alten Mühle“ und „Barmeiers Café“ an der Eppendorfer Landstraße

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Die einstige Wassermühle ist sehr lange schon Geschichte, die letzte Windmühle in dieser Gegend verschwand bereits 1904 …
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Lassen Sie uns in die Neuzeit zurückkehren. Wir verlassen das Reich der Schwäne, die in knapp einem Monat wieder zurück auf Binnen- und Außenalster ziehen, ihre Reviere aufsuchen und nisten werden.

Alsterlauf – Eppendorf /Hayns Park

Mit Erreichen des Teichendes und nach Überquerung der Eppendorfer Landstraße beginnt der Spazierweg entlang der Alster. Weiterhin zählt das Ufer auf beiden Seiten zum Stadtteil Eppendorf. Auf der Westseite großflächig, am Ostufer ist es nur ein relativ schmaler Streifen. Kurz danach beginnt Winterhude. Hinter der Bebelallee (die kennen Sie von vorhin) liegt bereits die Stadtteilgrenze.

Bleiben Sie zunächst gern auf der Westseite, denn dort befindet sich gleich zu Beginn der Hayns Park mit großer Liegewiese, Pavillon und schönem Ausblick auf die Alster, die an dieser Stelle recht breit ist.
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Hamburg - Eppendorf - Blick vom West- zum Ostufer der Alster (in Höhe Hayns Park)

Hamburg – Eppendorf – Blick vom West- zum Ostufer der Alster (in Höhe Hayns Park)

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Hamburg - Eppendorf/Alster - Liegewiese Hayns Park (wird auch von Graugänsen gern besucht)

Hamburg – Eppendorf/Alster – Liegewiese Hayns Park (wird auch von Graugänsen gern besucht)

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Sie finden Bootshäuser mit Verleih sowie eine SUP-Station. Auch der Alster-Canoe Club e. V. hat seinen Sitz in unmittelbarer Nähe.
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Hamburg - Bootshaus Barmeier am Übergang von Eppendorfer Mühlenteich zur Alster

Hamburg – Bootshaus Barmeier am Übergang von Eppendorfer Mühlenteich zur Alster

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Im Moment werden noch Teile des Uferbereichs sowie der Pavillon im Park saniert, so dass der Wanderweg am Wasser nicht durchgängig zur Verfügung steht und Absperrungen kleine Umwege nötig machen. Doch in der eigentlichen Saison ist alles wieder durchgängig nutzbar.
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Winterhuder Fährhaus

Heute … 2019

Nach kurzer Zeit erreichen Sie bereits das Winterhuder Fährhaus an der Hudtwalcker Straße. Eine Straßen-
brücke führt dort über die Alster, so dass Sie auf die andere Flussseite wechseln können, um von nun an weiter dem Leinpfad zu folgen.
Auf dem nächsten Foto erkennen Sie den gläsernen Neubau des Fährhauses, in dem seit nunmehr auch schon wieder gut 30 Jahren das Theater „Komödie Winterhuder Fährhaus“ untergebracht ist.
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Hamburg - Winterhuder Fährhaus mit Theater - Blick von der Hudtwalcker Straße - (Die Alster liegt links daneben.)

Hamburg – Winterhuder Fährhaus mit Theater – Blick von der Hudtwalcker Straße – (Die Alster liegt links daneben.)

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Etwas eher … 70er Jahre

Ich bin hier in den Jahren von 1977 bis 1980 regelmäßig mit der U-Bahn langgefahren, oft an der in unmittelbarer Nähe liegenden Station Hudtwalcker Straße ausgestiegen. Damals stand anstelle des Glasbaus das alte Fährhaus auf dem Ufergrundstück. Ein imposanter Bau aus der Kaiserzeit! Ein recht großes, längs des Flusses errichtetes Gebäude mit einem sehr markanten Türmchen zur Straßenseite hin. Ein Ort mit Tradition. Er verkam nur mehr und mehr. Ein Feuer im Jahr 1977 gab nicht etwa den Anstoß für eine Sanierung und den Wieder-
aufbau, sondern leitete lediglich eine letzte „Verlodderperiode“ ein, die im Jahr 1979 mit dem Abriss des Hauses endete. Es dauerte geraume Zeit, ehe der Neubau stand. Erst im Herbst 1988 eröffnete das Theater.
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Und noch früher… Winterhuder Fährhaus historisch

Etwas ist reichlich kurios an dem Fährhaus. Dem alten. Dem sogenannten … Wussten Sie, dass es trotz seines Namens im Grunde nie ein Fährhaus war bzw. nie als solches gebaut wurde?

Rein von der Begrifflichkeit her ist ein Fährhaus ganz simpel das Haus des Fährmanns. Als es hier noch weit weniger Brücken gab und daher Fähren einerseits zum Queren der Alster dienten, sie andererseits genauso auf dem Fluss pendelten und so die Außenbezirke mit dem Stadtkern verbanden, war der Beruf des Fährmanns in der Tat verbreitet, nur – in diesem Haus wohnte nie einer!

Stattdessen ließ ein Kohlenhändler das Gebäude 1854 für sich errichten. Damals als Wohnhaus, mit großem Schuppen nebendran für die Kohle. Mittlerweile gab es auf der anderen Seite der Brücke am Leinpfad einen Anleger für die „Alsterdampfer“, weiße, geschlossene Passagierboote. Es entstand nach und nach eine an-
sehnliche Flotte, die damals den Pferdekutschen an Land Konkurrenz machte.
Die Schiffe hatten natürlich entsprechend wenig Tiefgang, damit sie nicht am Grund des recht flachen Flusses langschrabbten und hängenblieben. Eine ganze Zeit fuhren sie sogar noch in die Nebenarme, die Kanäle, wo der Wasserstand für sie nicht vorteilhafter ausfiel.
Anleger, wie es sich am Leinpfad nannte, hört sich nach mehr an, als es tatsächlich war. Es war ein Steg am Ufer. Mehr nicht. Kein Dach oder irgendetwas, das Schutz gegen Wind und Wetter geboten hätte, rein gar nichts.
Wer dort bibberte oder sich vor Nässe schützen wollte, fragte manchmal gegenüber auf der anderen Straßen-
seite beim Hausherrn Carl Friedrich Jacobs vorsichtig an, ob er sich unterstellen dürfe, bis der Dampfer in Sicht sei. Der Kohlenhändler beantragte daraufhin sogar eine Konzession für eine „freie Wirtschaft“, nur war Gastronomie überhaupt nicht sein Ding. Den Klotz am Bein, sprich die Arbeit damit, wollte er möglichst schnell wieder loswerden. Ab 1867 übernahm daher ein anderer diesen ungeliebten Job, dem es gelang, das „Fährhaus“ als beliebtes Ausflugsziel zu etablieren. Wieder ein paar Jahre später wurde eine Tanzerlaubnis erteilt. Doch ebenso lokal gesehen, war Jacobs’ Haus von besonderer Bedeutung. Es diente als Ort für Versammlungen – selbst die Bürgervereinsgründung fand genau hier im „Fährhaus“ an der Alster statt.
Es gab bauliche Veränderungen. Die Ansicht, die ich aus den Siebzigern noch vor Augen habe, entstand 1895. Das Haus besaß richtige Tanzsäle, und es hingen große Kronleuchter von den Decken! Selbst als es bereits baufällig wirkte, hatte man immer das Gefühl, die Tanzkapellen wären noch vor Ort und es könnte jeden Moment Musik aus dem Gebäude erklingen …

Es gab Höhen und Tiefen im Laufe der Zeit. Ein Auslöser war zum Beispiel die Alsterregulierung mit dabei vollzogener Verbreiterung und Erhöhung der Straße. Diese Umgestaltung ließ einen großen Teil des Vorgartens verschwinden, und die neue Höhe bewirkte, dass aus dem einstigen Erdgeschoss auf einmal der Keller wurde.
Dann die beiden Kriege! Sie hatten ohne Frage ihre Auswirkungen, aber dazwischen und danach herrschte reichlich Leben im Fährhaus. Über Jahrzehnte. Kein Wunder, dass bei der Bevölkerung Verfall und geplanter Abriss auf starkes Missfallen stießen.

Nur, Sie sehen, ungeachtet seiner vielseitig ausfallenden Nutzung, zu einem echten Winterhuder Fährhaus
hat dieses Haus es nie gebracht. Stattdessen war es Kohlenhandlung, Tanzlokal, Restaurant, Theater, Gefangenenlager, Kulissenmalatelier und Tagungsort.
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Alsterschiffe und Hochbahn

Hier am Anleger auf der Leinpfad-Seite halten bis zum heutigen Tage die Boote der Alsterschiffflotte. Sollten Sie auf einem Spaziergang wider Erwarten auf einmal schlapp machen, können Sie sich per Schiff Richtung Außenalster und weiter zur Binnenalster bis an den Jungfernstieg fahren lassen. Oder umgekehrt, Sie starten in der Stadt.
Rundfahrtschiffe drehen in der Regel im Norden der Außenalster an der Krugkoppelbrücke, die Linienschiff-
fahrt hingegen kreuzt auf dem großen See und fährt anschließend die Alster weiter hinauf bis zum Anleger Winterhuder Fährhaus. Dort ist Endpunkt und Umkehr.

Wenn Sie sich für Linie statt Rundfahrt entscheiden, bleiben Ihnen alle Möglichkeiten, was den Zu- oder Ausstieg angeht. (Es wird nur nicht so viel erzählt während der Fahrt.) Ab April fahren die Schiffe wieder kreuzend, winterliche Fahrten gibt es nur auf der Außenalster als Rundtour. Zusätzlich sind in der Saison Kanalfahrten und Dämmertörns im Angebot.
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Hamburg - Anleger "Winterhuder Fährhaus" im Winterschlaf. In der Saison ab April hat das Café Leinpfad wieder geöffnet - Verlassener Anleger, Mit Folien geschützte Sonnenschirme.

Hamburg – Anleger „Winterhuder Fährhaus“ im Winterschlaf. In der Saison ab April hat das Café Leinpfad wieder geöffnet

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Hamburg - Alster - Blick von der Brücke Hudtwalcker Straße flussabwärts. Hochbahnbrücke Linie U1

Hamburg – Alster – Blick von der Brücke Hudtwalcker Straße flussabwärts

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Schauen Sie einmal den Fluss hinab. Gleich rechts ist der Seelemannpark. Aber sehen Sie die Brücke und was darauf fährt? Richtig, das ist keine Straßenbrücke, dort fährt die Hochbahn. Es gibt ein Foto von 1913,
welches aus dieser Perspektive aufgenommen worden ist, und seitdem hat sich optisch nicht viel verändert.
Das Gebäude jüngeren Datums am Leinpfad links müssten Sie nur kurz ignorieren.

Der Hamburger Senat genehmigte im Jahr 1905 Hochbahnpläne für gleich zwei Strecken und erteilte in dem Zuge den Auftrag zum Bau einer neuen Zweiglinie Richtung Norden. Startpunkt sollte der Bahnhof Kellinghusenstraße sein, ihr Endpunkt Ohlsdorf, eine Strecke mit insgesamt vier neuen Stationen: Hudtwalcker Straße (wo wir gerade sind und auf der Straßenbrücke stehen), Lattenkamp (wo wir starteten), Alsterdorf und die Endstation Ohlsdorf.
Dafür musste die Bahn nur irgendwie über die Alster kommen, also wurden insgesamt zwei Brücken errichtet. Auf der vorderen, die Sie hier sehen, fährt seit 1914 und bis heute die U-Bahn-Linie U1 auf eben genannter Strecke. Auf einer dahinter entstandenen Brücke überqueren Züge der Linie U3 den Fluss. Auch sie startet an der Kellinghusenstraße und endete damals (Einweihung Mai 1912) zunächst in Barmbek.
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Hamburg - Leinpfad - Hochbahnbrücke Linie U1

Hamburg – Leinpfad – Hochbahnbrücke Linie U1

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Leinpfad (Winterhude)

Ab jetzt sind wir in Winterhude, zumindest auf dieser Uferseite, drüben ist weiterhin Eppendorf. Der Leinpfad, auf dem wir weiterlaufen werden, führt 1,6 km stets am Wasser entlang, ist mit eine der schönsten Wohnstraßen – und eine enorm geeignete Spazierstrecke! Seit nämlich der Umbau zur Fahrradstraße erfolgte, ist nur noch Anliegern die Zufahrt mit dem Auto erlaubt, was es für Spaziergänger sehr viel ruhiger und attraktiver macht. Eineinhalb Jahre dauerte der Umbau, brachte Kosten in Höhe von 1,4 Millionen Euro mit sich, doch nach der Einweihung 2017 wurde die Radstrecke als Teil der Veloroute 4 schnell gut angenommen.
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Hamburg - Leinpfad - Entspannt geht es zu seit dem Umbau zur Fahrradstraße ...

Hamburg – Leinpfad – Entspannt geht es zu seit dem Umbau zur Fahrradstraße …

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Hamburg - Leinpfad - Ältere Villa mit Sprossenfenstern und Giebeln (Fachwerk) zur Straße hin

Hamburg – Leinpfad

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Hamburg - Leinpfad - Nicht nur Altbauvillen ...

Hamburg – Leinpfad – Nicht nur Altbauvillen …

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Hamburg - Leinpfad

Hamburg – Leinpfad

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Was vermuten Sie, wie der Name Leinpfad entstand? Besteht eine Verbindung zur Pflanze Lein? Jein – also eher um die Ecke herum. Als Lein– oder Treidelpfad bezeichnet man einen Weg, der aus einem ganz bestimmten Grund direkt am Ufer von Flüssen und Kanälen angelegt wurde: Er ermöglichte es, dass Menschen oder auch Zugtiere Boote, Schuten oder Frachtschiffe flussaufwärts ziehen konnten.
Die sog. Treidler am Ufer waren über ein Tauwerk mit dem zu ziehenden Objekt auf dem Wasser verbunden.

Wenn Sie heutzutage hier aufs Wasser sehen, entdecken Sie häufig Wassersportler oder Ruderboot und Kajak in einem der Gärten, die drüben direkt Zugang zum Fluss besitzen. Nur als 1866 der Leinpfad seinen Namen erhielt, war die Alster nebenan nicht das Terrain von Wassersportlern und Ort für Freizeitaktivitäten, der Fluss war ein Verkehrsweg.
Sie dürfen nie vergessen: Es gab zu Lande nicht die Infrastruktur, wie wir sie heute oder aus den letzten Jahrzehnten kennen. Wasserwege waren wichtige Transportwege, die rege und bestmöglich genutzt wurden. Hier auf der Alster wurden Schuten und Kähne durch Treidler sogar hinauf bis nach Poppenbüttel zur Schleuse gezogen. Nageln Sie mich nicht fest, aber es dürften ab Ende Außenalster gerechnet so um die 16 km Flussstrecke zusammenkommen. Und was Sie vielleicht nicht vermuten würden: Bereits im 15. Jahrhundert war Treideln eine Tätigkeit, die hauptsächlich Frauen ausführten. Richtig voll beladen wurden die Schuten allerdings mehrheitlich von Pferden gezogen.
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Hamburg - Alsterufer (Leinpfad) - Stand Up Paddling ... (SUP)

Hamburg – Alsterufer (Leinpfad) – Stand Up Paddling … (SUP)

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Winterhude – Alsterniederungen / Aus Sumpf wird Bauland …

Wie schon das Gebiet am Eppendorfer Mühlenteich, stellte sich auch die Gegend hier als sehr sumpfige Niederung heraus. Selbst heute noch steht an bestimmten Stellen – speziell auf den breiten Alsterwiesen an der Außenalster – nach Regen das Wasser oft sehr lange in Riesenpfützen …
Da fragt man sich schon, wie auf einem dermaßen matschigen Untergrund gebaut werden konnte, und wie in aller Welt gerade hier eines der teuersten Wohngebiete entstand.

Jemand, der erkannte, dass Wohnraumbedarf und Nachfrage im damaligen Randgebiet an der Außenalster, aber auch nordöstlich von ihr entstand, war ein Herr Sierich. Der, nachdem heute eine viel befahrene Straße benannt ist, die – völlig unüblich – eine Einbahnstraße mit Wechselbetrieb ist. Bis 12 Uhr mittags geht es
dort nur stadteinwärts, danach bis 4 Uhr morgens nur stadtauswärts. Das funktioniert, weil an sämtlichen einbiegenden Straßen Verkehrschilder mit Wechselanzeige stehen, die der Tageszeit entsprechend umgeschaltet werden.
Doch zurück zur Alster. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde es in der Innenstadt zunehmend eng. Zuerst lockte das Terrain auf beiden Seiten der Außenalster, besser Betuchte zogen am Ostufer ans Rondeel (mit Teich) oder an die Bellevue, die Straße mit der schönen Aussicht aufs Wasser im nördlichen Abschnitt des Alstersees. Doch irgendwann schien Winterhude ganz generell eine probate Wohnalternative zur Stadt – wenn man in Ufernähe nur nicht so einsinken würde …
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Hamburg - Alster - Schöne Ausblicke vom Leinpfad hinüber zum Westufer

Hamburg – Alster – Schöne Ausblicke vom Leinpfad hinüber zum Westufer

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Adolph Sierich war erstaunlicherweise überhaupt kein Mann aus der „Baubranche“, kein Ingenieur oder sonstwie auf Anhieb prädestiniert für das Vorhaben, das im Jahr 1861 anstand. Er war Sohn eines Goldschmieds und erlernte selbst diesen Beruf. Er erbte anfangs Ländereien von seinem Vater in Winterhude, was damals gar nicht zu Hamburg gehörte, sondern noch ein separates Dorf war. Mit den Goldmark, die durch seinen Großgrundbesitz zusätzlich vorhanden waren, kaufte er die sumpfige Niederung am Alsterufer auf. Er baute dort Dämme, Brücken und Straßen und überlegte sich noch eine effektive Entwässerungsmaßnahme dazu: den Leinpfadkanal. Dieser fließt etwa ab nördlichem Beginn der Straße Leinpfad eine ganze Strecke rechts parallel zur Alster und hat in regelmäßigem Abstand eine Querverbindung zum Fluss. (Er mündet letztendlich im Rondeelteich.)
Nach diesen Vorabmaßnahmen begann der Bau eines ganzen Villenviertels, von dem Sie heute noch sehr viel sehen können. Das Baumaterial wurde übrigens auch in Schuten herbeigeschafft und oft von den Treidlern den Alsterlauf weiter hochgezogen …

Wenn Sie Zeit haben, dann machen Sie hier kleine Umwege in die Nachbarstraßen und erhaschen hin und wieder einen Blick auf die Grundstücke direkt am Kanal. Es ist alles sehr idyllisch gelegen!
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Hamburg - Leinpfad - Achtung! Brücke! Hier gibt es eine Verbindung zum parallel verlaufenden Leinpfadkanal (Brücke mit hübschem, alten, schmiedeisernen Geländer)

Hamburg – Leinpfad – Achtung! Brücke! Hier gibt es eine Verbindung zum parallel verlaufenden Leinpfadkanal

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Hamburg - Leinpfad - Blick von der Werftbrücke auf eine der Wasserverbindungen zum Leinpfadkanal

Hamburg – Leinpfad – Blick von der Werftbrücke auf eine der Wasserverbindungen zum Leinpfadkanal

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Beim Spaziergang lockt natürlich stets auch der Blick über die Alster hinüber zum anderen Ufer, wo die Grundstücke mit ihren Gärten direkt bis ans Wasser reichen. Wer allerdings Zugang zum Fluss hat, muss in regelmäßigen Abständen nach seiner Uferbefestigung schauen und sie instandhalten …
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Hamburg - Am Alsterlauf - Eppendorfer Ufer (Westseite) - Uferbefestigung .... Zahlreiche Bauschuttsäcke am Ufer warten auf Abholung

Hamburg – Am Alsterlauf – Eppendorfer Ufer (Westseite) – Uferbefestigung ….

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Kloster St. Johannis

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Hamburg - Alster - Eppendorf - Kloster St. Johannis (vom Leinpfad-Ufer aus gesehen)

Hamburg – Alster – Eppendorf – Kloster St. Johannis (vom Leinpfad-Ufer aus gesehen)

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Sieht der Gebäudekomplex nicht schick aus? Falls Sie darin würden wohnen wollen, müssten sie zumindest weiblich sein. Der große Backsteinbau, den Sie am anderen Ufer erspähen, ist das Kloster St. Johannis. Über hundert Jahre alt (1912-1914 erbaut). In der Vorgeschichte spielte vor Jahrhunderten das Zisterzienserinnen-Kloster eine Rolle, doch hier nur soviel: Nach der Erbauung war es ein Damenstift, heute ist es ein Wohnheim für Seniorinnen.
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Hamburg - Alster - Eppendorfer Ufer mit Klostergrundstück - Blick flussaufwärts (Blick auf die Hochbahnbrücke (u1) und die Brücke Hudtwalckerstraße

Hamburg – Alster – Eppendorfer Ufer mit Klostergrundstück – Blick flussaufwärts

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Wenn Sie vom Klosterbau nordwärts durch den angrenzenden Seelemannpark streifen, stoßen sie von der Rückseite kommend an die recht bekannte Kirche St. Johannis von Eppendorf. Sie wird gern als Hochzeits-
kirche genutzt, auch von der Hamburger Prominenz.

Wir hingegen bewegen uns weiter in südlicher Richtung auf die Außenalster zu und passieren die Stelle, an der die Goernebrücke über den Fluss führt und die Goernestraße in die Klärchenstraße übergeht. Das ist zum Beispiel eine der Querstraßen, die ich empfehle hinsichtlich eines Blicks auf den Leinpfadkanal!
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Ludwig Erhard-Haus / Begegnung der seltsamen Art …

Auf einem Eckgrundstück genau an dieser Kreuzung steht das Ludwig-Erhard-Haus mit der Landes-
geschäftsstelle der CDU. Ein schön gelegener Sitz … Dazu fällt mir ein Erlebnis ein …
Ich arbeitete Anfang der 80er Jahre in einer Firma an der Außenalster, wohnte sogar in Winterhude. In der Mittagspause oder bei schönem Wetter auf Spaziergängen kam ich dann und wann auch durch den Leinpfad. Es gibt Dinge, die sich bei einem früh zeigen und wenig ändern: Schon damals lief ich viel mit Notizblock und Stift in der Hand umher, blieb gelegentlich stehen, um etwas aufzuschreiben oder Dinge zu skizzieren, die mir in irgendeiner Form auffielen.
Ich stand zufällig an besagter Kreuzung auf dem Gehweg fast am Zugang zum Ludwig-Erhard-Haus, notierte noch, blickte jedoch automatisch auf, als drei Herren in dunklen Anzügen den CDU-Sitz verließen. Einer von ihnen war Walther Leisler Kiep, bundesweit bekannter CDU-Politiker, zu dieser Zeit in Hamburg Kandidat für die Bürgerschaftswahl. Sein Gesicht erschien seit Wochen fast täglich in der Presse.
Er und seine Begleiter liefen übers Grundstück auf eine am Straßenrand wartende schwarze Limousine zu.
Als der Politiker wahrnahm, dass ich dort stand, einen Notizblock in der Hand hielt und auch die Kamera registrierte, die ich bei mir trug, fuhr er mich recht schroff an:
„Ich habe jetzt keine Zeit für Interviews.“
Eine Sekunde war ich perplex. Dann antwortete ich ihm:
„Ich auch nicht.“
Woraufhin er sehr verblüfft schaute und wortlos im Auto verschwand.
Was soll ich sagen; nächster Bürgermeister wurde Klaus von Dohnanyi (SPD), dem er bei der Wahl unterlag. Irgendwie war der CDU-Kandidat bei den Hamburgern nicht angekommen.
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Wir gelangen an die nächste Alsterquerung, die Streekbrücke. Sie sehen den Abzweig? Das ist der Isebekkanal. Wenn Sie dem weiter folgen würden, kämen Sie u. a. zum sehr beliebten Isemarkt unter der Hochbahnbrücke.
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Hamburg - Alster - Vor der Streekbrücke der Abzweig in den Isebekkanal - Rechts Eppendorf, links nun Harvestehude

Hamburg – Alster – Vor der Streekbrücke der Abzweig in den Isebekkanal – Rechts Eppendorf, links nun Harvestehude

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Linker Hand liegt der kleine Heilwigpark – und auch dort gibt es einen Anleger der Alsterschiffe.
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Hamburg - Alster - Leinpfad - Anleger Streekbrücke gegenüber am Ufer (Kajakfahrer auf der Alster flussabwärts unterwegs)

Hamburg – Alster – Leinpfad – Anleger Streekbrücke gegenüber am Ufer

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Drüben am anderen Ufer wechselt nun auch der Stadtteil. Eppendorf endet am Isebekkanal, Harvestehude beginnt.
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Hamburg - Alster - Leiinpfad - Blicke zum Westufer ....

Hamburg – Alster – Leiinpfad – Blicke zum Westufer ….

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Immer noch führt der Weg auf dem Leinpfad entlang, doch wir nähern uns seinem Ende. Ganz vorne können Sie bereits die Krugkoppelbrücke ausmachen. Dahinter wartet die Außenalster.

Wenn Sie in diesem Abschnitt auf die Villen am Leinpfad achten, fällt auf, dass es auch hier eine gibt, die verwahrlost. Ein Phänomen in Winterhude, das mittlerweile mehrere Villen betrifft. Sie stehen unbewohnt, verkommen langsam aber sicher. Man würde es nicht annehmen angesichts der guten, sehr gesuchten Lage, solventer Interessenten und generellem Wohnungsbedarf, oder? Hier im Leinpfad ist es ein Anwesen, welches dem Reeder Bertram Rickmers gehört. Wie Sie vielleicht gelesen haben, hatte Herr Rickmers vor etwa zwei Jahren für seine Reederei Insolvenz angemeldet, sich aber gerade kürzlich wieder mit neuem Unternehmen
(Sitz an der Außenalster) geschäftlich zurückgemeldet und in dem Zuge gleich zahlreiche Schiffe bei einer chinesischen Werft geordert. Nur für die Villa reicht’s halt nicht …
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Hamburg - Alster - Das Ende des Leinpfads ist fast erreicht. Voraus die Krugkoppelbrücke ...

Hamburg – Alster – Das Ende des Leinpfads ist fast erreicht. Voraus die Krugkoppelbrücke …

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Was man so nicht ahnt und tatsächlich erst sieht, wenn die Brücke direkt vor einem liegt, ist der Umstand, dass hier alles eine einzige Baustelle ist. Es wird umfangreich saniert.
Bereits seit Monaten ist die Krugkoppelbrücke für den Autoverkehr gesperrt. Fußgänger und auch Radfahrer können immerhin noch an das jeweils andere Ufer gelangen.
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Hamburg - Alster - Baustelle Krugkoppelbrücke

Hamburg – Alster – Baustelle Krugkoppelbrücke

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Den Zustand des Baus aus den 20er Jahren konnte man getrost als marode bezeichnen. Die aufwendigen Arbeiten sollten eigentlich im März fertig sein, nur da sich weitere Straßenbauarbeiten dahinter in Harvestehude anschließen, bleibt alles gemäß letzter Planung wohl noch bis in den Oktober hinein unbefahrbar.
Sehen Sie, gut, dass wir diesen Bereich um die Außenalster gleich gemieden haben und die Ausweichstrecke wählten …

Nichtsdestotrotz, ist man einmal in Brückennähe auf der Straße Fernsicht, so sollte man sich genau diese (Fernsicht) auf keinen Fall entgehen lassen. Falls gerade im Lokal „Bobby Reich“ ein freies Plätzchen zu finden ist, setzen Sie sich auf die Holzterrasse direkt am Wasser, gönnen sich einen Kaffee und genießen den Blick über das weite Blau …
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Hamburg - Außenalster - Krugkoppelbrücke - Kaffee mit Aussicht bei Bobby Reich (Blick auf Außenalster und hinüber zur Straße Bellevue)

Hamburg – Außenalster – Krugkoppelbrücke – Kaffee mit Aussicht bei Bobby Reich

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Hamburg - Außenalsterblick - Krugkoppelbrücke/Straße Fernsicht - Bei "Bobby Reich"

Hamburg – Außenalsterblick – Krugkoppelbrücke/Straße Fernsicht – Bei „Bobby Reich“

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Das war’s für heute! Vielen Dank für Ihre Begleitung! Ich denke, wenn es um diesen Abschnitt der Alster geht, können Sie von nun an mitreden.
Vielleicht sind Sie wieder einmal mit von der Partie. Ab Teil (2) der Ausweichrouten werden die Touren dann auch ohne weitere Erklärungen zur speziellen Lage in Hamburg sofort starten (und dementsprechend kürzer ausfallen).

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Quellen
Winterhuder Fährhaus:
„Das Winterhuder Fährhaus“,  Hamburger Abendblatt, 08. August 2009, Autor: Dierk Strothmann
und dieser entnimmt/verweist auf Details aus dem Buch „Eppendorf“ von Helmut Alter

Sämtliche Fotos wurden im Februar 2019 aufgenommen.
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©by Michèle Legrand, März 2019
Michèle Legrand, Blog ->Michèle. Gedanken(sprünge)

 

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