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Hamburg: Auf Ausweichstrecken unterwegs / (1) Wenn das Wasser noch gar nicht zu Ende ist … Auf Erkundung zwischen Eppendorfer Mühlenteich und Fernsicht
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Artikel, Foto, Hamburg, Hamburgs Binnen- und Außenalster am 16/03/2019
Diesmal – es wird sicherlich nicht das letzte Mal sein – möchte ich gern mit Ihnen eine Wegstrecke erkunden, die ich als Alternativvorschlag bezeichnen würde, wenn es darum geht, eine weniger überlaufene Route zu wählen und netterweise trotzdem stets ein Quäntchen Wasser neben sich zu haben.
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Dazu ein Hinweis vorweg:
Dies ist ein Beitrag, der länger ausfällt. In meinen Augen haben Sie – speziell als Hamburg-Interessierter, der gern auch einen Blick zurück in die Geschichte wirft – einfach mehr davon, wenn Zusammenhängendes nicht in tausend Einzelbeiträge gesplittet wird. Gönnen Sie sich ruhig Pausen beim Lesen oder falls Sie tatsächlich nur bestimmte Punkte interessieren sollten, springen Sie und orientieren sich dabei an den Zwischenüberschriften bzw. Fotos.
Alternativstrecken – Wozu braucht man denn Ausweichrouten?
Ich werde immer wieder einmal darauf angesprochen, wo man auf Stadtgebiet noch so „ein bisschen laufen könnte“. Hübsch gelegen, schnell und gut – im Idealfall mit öffentlichen Verkehrsmitteln – erreichbar. Eine überschaubare Fußstrecke evtl. mit der Option auf Verlängerung, sollte einen spontan die Lust packen. Dennoch alles nicht zu ambitioniert. Einfach so … unkompliziert.
Für mich selbst wähle ich ebenfalls gern derartige Ziele. Etwas, was absolut kein Geheimtipp sein muss, je-
doch von den Massen aus welchem Grund auch immer leicht ignoriert wird und daher von Überfüllung verschont bleibt.
Mich stören nicht grundsätzlich Menschen. Ich empfinde es unterwegs allerdings als anstrengend, wenn ich nie in meinem eigenen Gehtempo vorankomme. Immer nur ausweichen und abbremsen ist auch nicht das Wahre. Völkermassen, die sich schieben … Kommt es Ihnen bekannt vor? Da wird auf ganzer Wegbreite geschlendert, denn schon Minigruppen aus vier oder fünf Personen gehen auffallend gern alle nebeneinander. Bestenfalls leicht versetzt, was es im Prinzip auch nicht schmaler macht. Ihre Chance, daran vorbeizukommen, ist jedenfalls minimal. Gegenverkehr herrscht schließlich auch noch. Und selbst wenn Sie ein Hindernis dieser Art geschafft haben, es folgen ständig weitere.
Es ist vergleichbar mit einer Treckerparade, die eine schmale Landstraße langtuckert. Ohne Lücken, mit riesigen Heuanhängern, die allesamt Überbreite haben und unvermutet ausschwenken.
Unter derartigen Umständen gerät ein Spaziergang mittendrin sogar völlig ins Stocken, sobald sich nämlich vorderen Teil der Karawane mal wieder jemand überlegt, Diskussionen abzuhalten, aus diesem Anlass stoppt und längerfristig mittwegs campiert. Wenn nicht schon dadurch, so führt spätestens das zwangsläufige Kleben an den Fersen Ihres Vorläufers dazu, dass Sie ruckdizuck für die nächsten ein oder zwei Kilometer in den zweifelhaften Genuss lautstarker Unterhaltungen kommen, deren Inhalt Sie so überhaupt nicht interessiert.
Ich muss aufpassen, dass ich mich bei diesem Thema nicht in Form rede, wir dürfen die Erkundungstour nicht ganz aus den Augen verlieren. Oder möchten Sie wissen, wie es in der Hansestadt momentan so (ab)läuft?
Da es heute der Einführungsteil zum Thema Ausweichrouten ist, lassen Sie mich kurz – durchaus kritisch – auf die gegenwärtige Lage blicken, die andere Wege nötig macht. Ich glaube fast, dann wissen Sie – ob als Fremder oder Hamburger – Alternativrouten umso mehr zu schätzen.
Punktueller Andrang – Magnet Hamburg? … Oder liegt es vielleicht gar nicht nur am Reiz der Stadt?
Seit Hamburg sich immer mehr zu einem beliebten Ziel für Touristen genauso wie für Zuzugswillige mausert, bleibt ein Nebeneffekt nicht aus. Einer, der Besuchern wie Einheimischen zunehmend auffällt und der gelegent-
lich stört: Es wird an bestimmten Stellen mittlerweile zu voll. Dabei handelt es sich um eine Auswirkung, die sich aller Voraussicht nach noch verstärken wird.
Nicht allein durch aufstrebenden Tourismus und neue Hotels mit entsprechend kletternden Übernachtungs-
zahlen. Auch nicht nur bedingt dadurch, dass es weiteren Zuwachs an Neubürgern der Hansestadt gibt und geben wird. Was die Situation mit verschärft, ist die Tatsache, dass Wohnungsmangel herrscht und immer mehr Grünflächen für Wohnungsbauprojekte weichen müssen.
Hamburg – unendliche Weiten? Pustekuchen. Flächen, die als Bauland in Frage kommen werden rar. Die Stadtgrenzen stehen fest, es existieren keine Ausweitungsmöglichkeiten. Um dennoch möglichst viele Bau-
vorhaben durchziehen zu können, wird von der Politik eine Verdichtung favorisiert. Davon bleibt so gut wie kein Stadtteil verschont. In der Folge verlieren Anwohner einen nicht unerheblichen Teil ihrer Erholungspunkte im Viertel bzw. diese wichtigen und wertvollen Refugien verkleinern sich drastisch. Ein Oasensterben. Stattdessen Baustellen und Lärm, später die Wände des Neubaus direkt vor dem Fenster.
Um weiterhin etwas Grün zu sehen und frische Luft abseits von Hauptstraßen zu atmen, Entspannung oder auch Bewegung zu finden und soziale Kontakte zu pflegen – was alles durch die Veränderungen im Wohnquartier (Platzmangel, Grünflächenabschaffung, weniger Licht, höherer Schadstoffanteil, zugebaute Höfe, in denen man sich vorher traf etc.) kaum noch möglich ist – suchen daher zunehmend auch Hamburgs Bürger vermehrt genau die Orte auf, die von allen – Touristen inklusive – angesteuert werden.
Klar, Einheimische sehen sich nicht alle Nase lang die typischen Sehenswürdigkeiten an. Dort sind es weiterhin hauptsächlich Touristen, die mit den wühligen Gegebenheiten leben müssen. Die hier Ansässigen bemühen sich, das Gedränge irgendwie zu umgehen.
Im Fall von Karten für Theater und Musical, Tickets für Konzerte in der Elbphilharmonie, begehrten Plätze in angesagten Restaurants u. ä. wird es schon schwieriger. Gemeinsame Interessen, begrenztes Angebot, Sie ahnen das Malheur …
Ganz definitiv Überschneidungen gibt es bei der Auswahl der angepeilten Erholungsziele. Bei schönem Wetter trifft sich halb Hamburg zum Spaziergang an der Außenalster, zieht an die Elbe oder erobert den Stadtpark.
Der Stadtpark ist bisher noch Einwohnersache. Gäste von außerhalb haben dort in vielen Fällen zunächst
das Planetarium auf der Liste (Regenwettertipp schlechthin!) Oder strömen abends zu Konzerten auf der Freilichtbühne bzw. zu wirklich seltenen Großveranstaltungen wie dem Konzert der Rolling Stones im vergangenen Jahr. Ansonsten erhält einfach anderes den Vorrang. Und spaziert wird vorwiegend am Wasser.
An die Elbe wollen zwar alle, egal ob von hier oder auswärts, doch es entzerrt sich. Jemand auf Kurzbesuch bleibt meist schon aus Zeitgründen in Hafennähe. HafenCity mit Elbphilharmonie und Speicherstadt, Landungsbrücken, Fischmarkt in Altona und um den Elbstrand kennenzulernen Övelgönne mit Museumshafen. Oder direkt Blankenese mit Süllberg, Treppenviertel und Kapitänshäusern. Ganz gezielt.
Wer hier wohnt, mit Elbluft liebäugelt und feststellt, es wird wieder füllig, der läuft die Uferkilometer dazwischen oder pilgert dahinter, weiter elbabwärts.
Die Alster wiederum ist das Ziel aller. Binnen– und vor allem Außenalster. Dort treffen sich Jung und Alt in Heerscharen. Entlang des Ufers sind es die Spaziergänger, Jogger, Nordic Walker, Kind-im-Kinderwagen-Ausfahrer, Hundebesitzer und Angler. Das Gebiet ist Mittagspausen- und Feierabendziel von Leuten, die in der Nähe arbeiten, der Ausflugswunsch von Vereinen, Wanderclubs, von Familien ebenso wie von Radfahrern. Und es ist Ausstiegsstation kompletter Reisebusladungen, die sich dann kurzzeitig eher punktuell am Ufer ergießen, meist um im Zuge dessen gleich ein Lokal aufzusuchen.
Auf dem Wasser kommen die SUPs (die mit der Vorliebe fürs Stand Up Paddling), die Ruderer, Kajakfahrer, Kanuten und Tretbootfahrer, die Gäste an Bord der Alsterschiffe, die Segler und, und, und … noch hinzu.
Sie sehen, es ist prinzipiell kein Ort der Einsamkeit, doch spätestens wenn nach grauen Tagen irgendwo ein Strahl Sonne durch die Wolken blitzt, haben urplötzlich einige Tausend Menschen die gleiche Idee: Raus und ans Wasser.
Nur – es MUSS nicht unbedingt die Außenalster sein. Wenn Ihnen nicht nach großer Wandergesellschaft und Stau zumute ist, kommen Sie mit. Wir spazieren heute dort, wo für die meisten immer der Weg aufhört: am nördlichen Ende Außenalster.
Tour 1
Wenn das Wasser noch gar nicht endet … Der Alsterlauf nördlich der Außenalster
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Sie wissen, die Alster besteht nicht nur aus den beiden bekannten Seen. Dahinter ist keinesfalls Schluss mit Wasser. Die Alster ist vielmehr ein Fluss, dessen Quelle sich – vom oberen Zipfel der Außenalster aus – Luftlinie gesehen etwa 23 km weiter nördlich in Schleswig-Holstein befindet.
Das heißt andererseits aber auch, tatsächlich ist die Alster mit allen Windungen im Flusslauf bis zur Mündung in die Elbe 56 km lang, und von dieser Gesamtlänge wiederum fließen ca. 30 km auf Hamburger Gebiet.
Im Grunde sind sämtliche öffentlichen Spazierwege, die entlang des Alsterlaufs führen, geeignete, teils wunderbare Alternativspazierstrecken! Man muss sich definitiv nicht anderenorts ständig ins Gedränge begeben.
Es gibt gelegentlich Missverständnisse, darum: Wenn Sie irgendwo die Bezeichnungen rechtes und linkes Alsterufer lesen, dann lassen Sie sich nicht in die Irre führen, weil „gefühlt“ rechts auf einmal im Westen und links im Osten liegt. Man schaut in dem Fall von der Quelle, die – siehe oben – nördlich von Hamburg liegt.
Erwähne ich hingegen im weiteren Verlauf das West- bzw. Ostufer, so meine ich die Himmelsrichtungen, wie Sie sie beim Blick auf die Karte wahrnehmen.
Eppendorfer Mühlenteich
Wir starten am U-Bahnhof Lattenkamp. Mit der U1 sind es ab Jungfernstieg lediglich sechs Stationen. Ein perfekter Ausgangspunkt, um von dort aus an der Kreuzung die Bebelallee, eine viel befahrene Straße mit Villen, zu überqueren und ein Stück der abzweigenden Straße Meenkwiese zu folgen. Schon befinden Sie sich abseits vom Verkehr.
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Warum ich Sie gerade hierhin entführe? Weil wir so nicht nur an die Alster, sondern auch an den Eppendorfer Mühlenteich gelangen, von dem Sie vielleicht in Erinnerung haben, dass sich dort das Winterquartier der Alsterschwäne befindet. Entsinnen Sie sich noch an die Bootsfahrt der Vögel im letzten November, nachdem der Schwanenvater sie an der Rathausschleuse zusammengetrieben und eingesammelt hatte?
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Die Bezeichnung Teich verrät Ihnen bereits, da wurde etwas künstlich angelegt. Nur ist der Eppendorfer Mühlenteich nicht etwa ein extra geschaffener Ableger der Alster, diese liegt etwas östlich davon, sondern ist schon vor 756 Jahren (anno 1263) durch die Stauung der von Norden kommenden Tarpenbek entstanden. Zwischen Teich und Alster existiert jedoch eine Verbindung. Die uns zugutekommen wird …
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Winterquartier der Alsterschwäne
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Hamburg – Eppendorfer Mühlenteich – Winterquartier der Alsterschwäne – Im Hintergrund die Brücke der Güterumgehungbahn
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Wie bei Teichen üblich, ist die Wassertiefe eher gering. Es bildet sich im Winter bei Minusgraden also recht schnell Eis. In dem für die Schwäne abgezäunten Teil wird bei Frost das Wasser jedoch mittels einer Umwälz-
pumpe eisfrei gehalten. Weiteres Plus: Es gibt Futter, wenn die Natur nichts mehr parat hält und im Fall der Fälle eine medizinische Versorgung.
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Wie Sie unschwer sehen können, sind hier allerdings nicht nur die Schwäne, auch andere Vogelarten erkennen die Vorteile und mogeln sich gern dazwischen.
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Hamburg – Eppendorfer Mühlenteich – Auch andere Vogelarten nutzen gern das Winterquartier der Alsterschwäne …
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Hin und wieder treffen Sie auf dem Teich auch im nicht abgezäunten Teil einzelne Schwäne an. Ob die aus dem Quartier ausgebüxt sind und es trotz meist gestutzter Flügel erfolgreich über den Zaun geschafft haben, ob es Alsterschwäne sind, die sich im November erfolgreich dem Einsammeln entzogen und damit vor dem Winter-
quartier gedrückt haben, oder ob es sich um völlig fremde Schwäne handelt, die sich eine Weile als Besucher dazugesellen – wer weiß das schon so genau.
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Entlang des Ufers außerhalb des abgetrennten Bereichs statten häufig Graureiher dem Teich einen Besuch ab, obwohl sich deren Kolonie am Bramfelder See befindet. Für die Reiher ist es nur sehr praktisch, dass hier am Mühlenteich Angelverbot herrscht …
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Auch Graugänse, Teichrallen und Enten sind hier vertreten.
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Am Teich – Kleine Zeitreise …
Vielleicht fragen Sie sich auch an einigen Plätzen, die Sie besuchen, wie es dort früher wohl ausgesehen haben mag. Hier zum Beispiel – zu einem Zeitpunkt, als es Hamburg als Großstadt noch gar nicht gab, die Besiede-
lung außerhalb des damaligen Stadtkerns mit zunehmender Distanz immer spärlicher ausfiel …
Stellen Sie sich vor, dass hier einst verstreut nur ein paar Höfe standen und schließlich im 12. Jahrhundert ein Dorf inmitten und umgeben von sehr feuchter Weide- und Moorlandschaft entstand. Ein Bereich war richtiges Moorgebiet. Davon ist heute nicht sehr viel vorhanden, doch man hat versucht, die Überreste des Eppendorfer Moors als Naturschutzgebiet wieder aufzuwerten, und dazu wurde es zum Jahr 2015 um einiges vergrößert. Von dem Niedermoor mit enorm artenreicher Pflanzenwelt hat es sich im letzten Jahrhundert dennoch weit entfernt. Waren früher im Moor kaum Bäume oder Sträucher, treffen Sie heute auf waldähnliche Bereiche mit dazwischen liegenden offenen Wasserflächen. Sumpf-Glanzkraut oder Wasserschläuche, Sonnentau und Schnabelriede gab es früher, heute finden Sie eher Pfeifengras, Schlankseggen-Ried oder Gilbweiderich. Dazu Glockenheide, ansonsten Weidengebüsch, Faulbäume etc. Und Brombeeren! Die sind irgendwann eingewandert und arrangieren sich mit der Bodenbeschaffenheit.
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Gehen Sie jetzt gar nicht mehr unbedingt Jahrhunderte zurück, wandern Sie gedanklich lediglich etwa 120 bis 130 Jahre in frühere Zeiten. Alles ist weiterhin sehr ländlich …
Die Brücke zum Beispiel, die Sie ganz hinten (Foto oben) erkennen, die gab es noch gar nicht. Doch Sie könnten nahe des Wassers das alte Schulhaus ausmachen. Kinder, auf dem Weg zum Unterricht …
Oder den Gasthof „Zur alten Eppendorfer Mühle“. Es ist ein warmer Sonntag im Sommer. Ihnen begegnen Spaziergänger, Einkehrende, die an Holztischen am Wasser sitzen, Ausflügler, die in einem Boot über den Teich paddeln … Wenn Sie genau hinschauen, sehen Sie Libellen, die im Sonnenlicht funkeln und manchmal einen Moment in der Luft zu stehen scheinen …
Die alte Schule wurde im Jahr 1890 abgebrochen, den Gasthof gab es bis 1901. Heute befindet sich ein Lokal mit sehr ähnlichem Namen an der Eppendorfer Landstraße, die Sie queren, sobald Sie am Teichende angelangt sind und dem Alsterlauf weiter folgen möchten.
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Hamburg – Eppendorfer Mühlenteich – Verbindung zur Alster – „Zur Alten Mühle“ und „Barmeiers Café“ an der Eppendorfer Landstraße
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Die einstige Wassermühle ist sehr lange schon Geschichte, die letzte Windmühle in dieser Gegend verschwand bereits 1904 …
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Lassen Sie uns in die Neuzeit zurückkehren. Wir verlassen das Reich der Schwäne, die in knapp einem Monat wieder zurück auf Binnen- und Außenalster ziehen, ihre Reviere aufsuchen und nisten werden.
Alsterlauf – Eppendorf /Hayns Park
Mit Erreichen des Teichendes und nach Überquerung der Eppendorfer Landstraße beginnt der Spazierweg entlang der Alster. Weiterhin zählt das Ufer auf beiden Seiten zum Stadtteil Eppendorf. Auf der Westseite großflächig, am Ostufer ist es nur ein relativ schmaler Streifen. Kurz danach beginnt Winterhude. Hinter der Bebelallee (die kennen Sie von vorhin) liegt bereits die Stadtteilgrenze.
Bleiben Sie zunächst gern auf der Westseite, denn dort befindet sich gleich zu Beginn der Hayns Park mit großer Liegewiese, Pavillon und schönem Ausblick auf die Alster, die an dieser Stelle recht breit ist.
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Sie finden Bootshäuser mit Verleih sowie eine SUP-Station. Auch der Alster-Canoe Club e. V. hat seinen Sitz in unmittelbarer Nähe.
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Im Moment werden noch Teile des Uferbereichs sowie der Pavillon im Park saniert, so dass der Wanderweg am Wasser nicht durchgängig zur Verfügung steht und Absperrungen kleine Umwege nötig machen. Doch in der eigentlichen Saison ist alles wieder durchgängig nutzbar.
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Winterhuder Fährhaus
Heute … 2019
Nach kurzer Zeit erreichen Sie bereits das Winterhuder Fährhaus an der Hudtwalcker Straße. Eine Straßen-
brücke führt dort über die Alster, so dass Sie auf die andere Flussseite wechseln können, um von nun an weiter dem Leinpfad zu folgen.
Auf dem nächsten Foto erkennen Sie den gläsernen Neubau des Fährhauses, in dem seit nunmehr auch schon wieder gut 30 Jahren das Theater „Komödie Winterhuder Fährhaus“ untergebracht ist.
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Hamburg – Winterhuder Fährhaus mit Theater – Blick von der Hudtwalcker Straße – (Die Alster liegt links daneben.)
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Etwas eher … 70er Jahre
Ich bin hier in den Jahren von 1977 bis 1980 regelmäßig mit der U-Bahn langgefahren, oft an der in unmittelbarer Nähe liegenden Station Hudtwalcker Straße ausgestiegen. Damals stand anstelle des Glasbaus das alte Fährhaus auf dem Ufergrundstück. Ein imposanter Bau aus der Kaiserzeit! Ein recht großes, längs des Flusses errichtetes Gebäude mit einem sehr markanten Türmchen zur Straßenseite hin. Ein Ort mit Tradition. Er verkam nur mehr und mehr. Ein Feuer im Jahr 1977 gab nicht etwa den Anstoß für eine Sanierung und den Wieder-
aufbau, sondern leitete lediglich eine letzte „Verlodderperiode“ ein, die im Jahr 1979 mit dem Abriss des Hauses endete. Es dauerte geraume Zeit, ehe der Neubau stand. Erst im Herbst 1988 eröffnete das Theater.
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Und noch früher… Winterhuder Fährhaus historisch
Etwas ist reichlich kurios an dem Fährhaus. Dem alten. Dem sogenannten … Wussten Sie, dass es trotz seines Namens im Grunde nie ein Fährhaus war bzw. nie als solches gebaut wurde?
Rein von der Begrifflichkeit her ist ein Fährhaus ganz simpel das Haus des Fährmanns. Als es hier noch weit weniger Brücken gab und daher Fähren einerseits zum Queren der Alster dienten, sie andererseits genauso auf dem Fluss pendelten und so die Außenbezirke mit dem Stadtkern verbanden, war der Beruf des Fährmanns in der Tat verbreitet, nur – in diesem Haus wohnte nie einer!
Stattdessen ließ ein Kohlenhändler das Gebäude 1854 für sich errichten. Damals als Wohnhaus, mit großem Schuppen nebendran für die Kohle. Mittlerweile gab es auf der anderen Seite der Brücke am Leinpfad einen Anleger für die „Alsterdampfer“, weiße, geschlossene Passagierboote. Es entstand nach und nach eine an-
sehnliche Flotte, die damals den Pferdekutschen an Land Konkurrenz machte.
Die Schiffe hatten natürlich entsprechend wenig Tiefgang, damit sie nicht am Grund des recht flachen Flusses langschrabbten und hängenblieben. Eine ganze Zeit fuhren sie sogar noch in die Nebenarme, die Kanäle, wo der Wasserstand für sie nicht vorteilhafter ausfiel.
Anleger, wie es sich am Leinpfad nannte, hört sich nach mehr an, als es tatsächlich war. Es war ein Steg am Ufer. Mehr nicht. Kein Dach oder irgendetwas, das Schutz gegen Wind und Wetter geboten hätte, rein gar nichts.
Wer dort bibberte oder sich vor Nässe schützen wollte, fragte manchmal gegenüber auf der anderen Straßen-
seite beim Hausherrn Carl Friedrich Jacobs vorsichtig an, ob er sich unterstellen dürfe, bis der Dampfer in Sicht sei. Der Kohlenhändler beantragte daraufhin sogar eine Konzession für eine „freie Wirtschaft“, nur war Gastronomie überhaupt nicht sein Ding. Den Klotz am Bein, sprich die Arbeit damit, wollte er möglichst schnell wieder loswerden. Ab 1867 übernahm daher ein anderer diesen ungeliebten Job, dem es gelang, das „Fährhaus“ als beliebtes Ausflugsziel zu etablieren. Wieder ein paar Jahre später wurde eine Tanzerlaubnis erteilt. Doch ebenso lokal gesehen, war Jacobs’ Haus von besonderer Bedeutung. Es diente als Ort für Versammlungen – selbst die Bürgervereinsgründung fand genau hier im „Fährhaus“ an der Alster statt.
Es gab bauliche Veränderungen. Die Ansicht, die ich aus den Siebzigern noch vor Augen habe, entstand 1895. Das Haus besaß richtige Tanzsäle, und es hingen große Kronleuchter von den Decken! Selbst als es bereits baufällig wirkte, hatte man immer das Gefühl, die Tanzkapellen wären noch vor Ort und es könnte jeden Moment Musik aus dem Gebäude erklingen …
Es gab Höhen und Tiefen im Laufe der Zeit. Ein Auslöser war zum Beispiel die Alsterregulierung mit dabei vollzogener Verbreiterung und Erhöhung der Straße. Diese Umgestaltung ließ einen großen Teil des Vorgartens verschwinden, und die neue Höhe bewirkte, dass aus dem einstigen Erdgeschoss auf einmal der Keller wurde.
Dann die beiden Kriege! Sie hatten ohne Frage ihre Auswirkungen, aber dazwischen und danach herrschte reichlich Leben im Fährhaus. Über Jahrzehnte. Kein Wunder, dass bei der Bevölkerung Verfall und geplanter Abriss auf starkes Missfallen stießen.
Nur, Sie sehen, ungeachtet seiner vielseitig ausfallenden Nutzung, zu einem echten Winterhuder Fährhaus
hat dieses Haus es nie gebracht. Stattdessen war es Kohlenhandlung, Tanzlokal, Restaurant, Theater, Gefangenenlager, Kulissenmalatelier und Tagungsort.
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Alsterschiffe und Hochbahn
Hier am Anleger auf der Leinpfad-Seite halten bis zum heutigen Tage die Boote der Alsterschiffflotte. Sollten Sie auf einem Spaziergang wider Erwarten auf einmal schlapp machen, können Sie sich per Schiff Richtung Außenalster und weiter zur Binnenalster bis an den Jungfernstieg fahren lassen. Oder umgekehrt, Sie starten in der Stadt.
Rundfahrtschiffe drehen in der Regel im Norden der Außenalster an der Krugkoppelbrücke, die Linienschiff-
fahrt hingegen kreuzt auf dem großen See und fährt anschließend die Alster weiter hinauf bis zum Anleger Winterhuder Fährhaus. Dort ist Endpunkt und Umkehr.
Wenn Sie sich für Linie statt Rundfahrt entscheiden, bleiben Ihnen alle Möglichkeiten, was den Zu- oder Ausstieg angeht. (Es wird nur nicht so viel erzählt während der Fahrt.) Ab April fahren die Schiffe wieder kreuzend, winterliche Fahrten gibt es nur auf der Außenalster als Rundtour. Zusätzlich sind in der Saison Kanalfahrten und Dämmertörns im Angebot.
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Hamburg – Anleger „Winterhuder Fährhaus“ im Winterschlaf. In der Saison ab April hat das Café Leinpfad wieder geöffnet
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Schauen Sie einmal den Fluss hinab. Gleich rechts ist der Seelemannpark. Aber sehen Sie die Brücke und was darauf fährt? Richtig, das ist keine Straßenbrücke, dort fährt die Hochbahn. Es gibt ein Foto von 1913,
welches aus dieser Perspektive aufgenommen worden ist, und seitdem hat sich optisch nicht viel verändert.
Das Gebäude jüngeren Datums am Leinpfad links müssten Sie nur kurz ignorieren.
Der Hamburger Senat genehmigte im Jahr 1905 Hochbahnpläne für gleich zwei Strecken und erteilte in dem Zuge den Auftrag zum Bau einer neuen Zweiglinie Richtung Norden. Startpunkt sollte der Bahnhof Kellinghusenstraße sein, ihr Endpunkt Ohlsdorf, eine Strecke mit insgesamt vier neuen Stationen: Hudtwalcker Straße (wo wir gerade sind und auf der Straßenbrücke stehen), Lattenkamp (wo wir starteten), Alsterdorf und die Endstation Ohlsdorf.
Dafür musste die Bahn nur irgendwie über die Alster kommen, also wurden insgesamt zwei Brücken errichtet. Auf der vorderen, die Sie hier sehen, fährt seit 1914 und bis heute die U-Bahn-Linie U1 auf eben genannter Strecke. Auf einer dahinter entstandenen Brücke überqueren Züge der Linie U3 den Fluss. Auch sie startet an der Kellinghusenstraße und endete damals (Einweihung Mai 1912) zunächst in Barmbek.
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Leinpfad (Winterhude)
Ab jetzt sind wir in Winterhude, zumindest auf dieser Uferseite, drüben ist weiterhin Eppendorf. Der Leinpfad, auf dem wir weiterlaufen werden, führt 1,6 km stets am Wasser entlang, ist mit eine der schönsten Wohnstraßen – und eine enorm geeignete Spazierstrecke! Seit nämlich der Umbau zur Fahrradstraße erfolgte, ist nur noch Anliegern die Zufahrt mit dem Auto erlaubt, was es für Spaziergänger sehr viel ruhiger und attraktiver macht. Eineinhalb Jahre dauerte der Umbau, brachte Kosten in Höhe von 1,4 Millionen Euro mit sich, doch nach der Einweihung 2017 wurde die Radstrecke als Teil der Veloroute 4 schnell gut angenommen.
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Was vermuten Sie, wie der Name Leinpfad entstand? Besteht eine Verbindung zur Pflanze Lein? Jein – also eher um die Ecke herum. Als Lein– oder Treidelpfad bezeichnet man einen Weg, der aus einem ganz bestimmten Grund direkt am Ufer von Flüssen und Kanälen angelegt wurde: Er ermöglichte es, dass Menschen oder auch Zugtiere Boote, Schuten oder Frachtschiffe flussaufwärts ziehen konnten.
Die sog. Treidler am Ufer waren über ein Tauwerk mit dem zu ziehenden Objekt auf dem Wasser verbunden.
Wenn Sie heutzutage hier aufs Wasser sehen, entdecken Sie häufig Wassersportler oder Ruderboot und Kajak in einem der Gärten, die drüben direkt Zugang zum Fluss besitzen. Nur als 1866 der Leinpfad seinen Namen erhielt, war die Alster nebenan nicht das Terrain von Wassersportlern und Ort für Freizeitaktivitäten, der Fluss war ein Verkehrsweg.
Sie dürfen nie vergessen: Es gab zu Lande nicht die Infrastruktur, wie wir sie heute oder aus den letzten Jahrzehnten kennen. Wasserwege waren wichtige Transportwege, die rege und bestmöglich genutzt wurden. Hier auf der Alster wurden Schuten und Kähne durch Treidler sogar hinauf bis nach Poppenbüttel zur Schleuse gezogen. Nageln Sie mich nicht fest, aber es dürften ab Ende Außenalster gerechnet so um die 16 km Flussstrecke zusammenkommen. Und was Sie vielleicht nicht vermuten würden: Bereits im 15. Jahrhundert war Treideln eine Tätigkeit, die hauptsächlich Frauen ausführten. Richtig voll beladen wurden die Schuten allerdings mehrheitlich von Pferden gezogen.
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Winterhude – Alsterniederungen / Aus Sumpf wird Bauland …
Wie schon das Gebiet am Eppendorfer Mühlenteich, stellte sich auch die Gegend hier als sehr sumpfige Niederung heraus. Selbst heute noch steht an bestimmten Stellen – speziell auf den breiten Alsterwiesen an der Außenalster – nach Regen das Wasser oft sehr lange in Riesenpfützen …
Da fragt man sich schon, wie auf einem dermaßen matschigen Untergrund gebaut werden konnte, und wie in aller Welt gerade hier eines der teuersten Wohngebiete entstand.
Jemand, der erkannte, dass Wohnraumbedarf und Nachfrage im damaligen Randgebiet an der Außenalster, aber auch nordöstlich von ihr entstand, war ein Herr Sierich. Der, nachdem heute eine viel befahrene Straße benannt ist, die – völlig unüblich – eine Einbahnstraße mit Wechselbetrieb ist. Bis 12 Uhr mittags geht es
dort nur stadteinwärts, danach bis 4 Uhr morgens nur stadtauswärts. Das funktioniert, weil an sämtlichen einbiegenden Straßen Verkehrschilder mit Wechselanzeige stehen, die der Tageszeit entsprechend umgeschaltet werden.
Doch zurück zur Alster. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde es in der Innenstadt zunehmend eng. Zuerst lockte das Terrain auf beiden Seiten der Außenalster, besser Betuchte zogen am Ostufer ans Rondeel (mit Teich) oder an die Bellevue, die Straße mit der schönen Aussicht aufs Wasser im nördlichen Abschnitt des Alstersees. Doch irgendwann schien Winterhude ganz generell eine probate Wohnalternative zur Stadt – wenn man in Ufernähe nur nicht so einsinken würde …
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Adolph Sierich war erstaunlicherweise überhaupt kein Mann aus der „Baubranche“, kein Ingenieur oder sonstwie auf Anhieb prädestiniert für das Vorhaben, das im Jahr 1861 anstand. Er war Sohn eines Goldschmieds und erlernte selbst diesen Beruf. Er erbte anfangs Ländereien von seinem Vater in Winterhude, was damals gar nicht zu Hamburg gehörte, sondern noch ein separates Dorf war. Mit den Goldmark, die durch seinen Großgrundbesitz zusätzlich vorhanden waren, kaufte er die sumpfige Niederung am Alsterufer auf. Er baute dort Dämme, Brücken und Straßen und überlegte sich noch eine effektive Entwässerungsmaßnahme dazu: den Leinpfadkanal. Dieser fließt etwa ab nördlichem Beginn der Straße Leinpfad eine ganze Strecke rechts parallel zur Alster und hat in regelmäßigem Abstand eine Querverbindung zum Fluss. (Er mündet letztendlich im Rondeelteich.)
Nach diesen Vorabmaßnahmen begann der Bau eines ganzen Villenviertels, von dem Sie heute noch sehr viel sehen können. Das Baumaterial wurde übrigens auch in Schuten herbeigeschafft und oft von den Treidlern den Alsterlauf weiter hochgezogen …
Wenn Sie Zeit haben, dann machen Sie hier kleine Umwege in die Nachbarstraßen und erhaschen hin und wieder einen Blick auf die Grundstücke direkt am Kanal. Es ist alles sehr idyllisch gelegen!
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Hamburg – Leinpfad – Achtung! Brücke! Hier gibt es eine Verbindung zum parallel verlaufenden Leinpfadkanal
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Beim Spaziergang lockt natürlich stets auch der Blick über die Alster hinüber zum anderen Ufer, wo die Grundstücke mit ihren Gärten direkt bis ans Wasser reichen. Wer allerdings Zugang zum Fluss hat, muss in regelmäßigen Abständen nach seiner Uferbefestigung schauen und sie instandhalten …
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Kloster St. Johannis
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Sieht der Gebäudekomplex nicht schick aus? Falls Sie darin würden wohnen wollen, müssten sie zumindest weiblich sein. Der große Backsteinbau, den Sie am anderen Ufer erspähen, ist das Kloster St. Johannis. Über hundert Jahre alt (1912-1914 erbaut). In der Vorgeschichte spielte vor Jahrhunderten das Zisterzienserinnen-Kloster eine Rolle, doch hier nur soviel: Nach der Erbauung war es ein Damenstift, heute ist es ein Wohnheim für Seniorinnen.
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Wenn Sie vom Klosterbau nordwärts durch den angrenzenden Seelemannpark streifen, stoßen sie von der Rückseite kommend an die recht bekannte Kirche St. Johannis von Eppendorf. Sie wird gern als Hochzeits-
kirche genutzt, auch von der Hamburger Prominenz.
Wir hingegen bewegen uns weiter in südlicher Richtung auf die Außenalster zu und passieren die Stelle, an der die Goernebrücke über den Fluss führt und die Goernestraße in die Klärchenstraße übergeht. Das ist zum Beispiel eine der Querstraßen, die ich empfehle hinsichtlich eines Blicks auf den Leinpfadkanal!
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Ludwig Erhard-Haus / Begegnung der seltsamen Art …
Auf einem Eckgrundstück genau an dieser Kreuzung steht das Ludwig-Erhard-Haus mit der Landes-
geschäftsstelle der CDU. Ein schön gelegener Sitz … Dazu fällt mir ein Erlebnis ein …
Ich arbeitete Anfang der 80er Jahre in einer Firma an der Außenalster, wohnte sogar in Winterhude. In der Mittagspause oder bei schönem Wetter auf Spaziergängen kam ich dann und wann auch durch den Leinpfad. Es gibt Dinge, die sich bei einem früh zeigen und wenig ändern: Schon damals lief ich viel mit Notizblock und Stift in der Hand umher, blieb gelegentlich stehen, um etwas aufzuschreiben oder Dinge zu skizzieren, die mir in irgendeiner Form auffielen.
Ich stand zufällig an besagter Kreuzung auf dem Gehweg fast am Zugang zum Ludwig-Erhard-Haus, notierte noch, blickte jedoch automatisch auf, als drei Herren in dunklen Anzügen den CDU-Sitz verließen. Einer von ihnen war Walther Leisler Kiep, bundesweit bekannter CDU-Politiker, zu dieser Zeit in Hamburg Kandidat für die Bürgerschaftswahl. Sein Gesicht erschien seit Wochen fast täglich in der Presse.
Er und seine Begleiter liefen übers Grundstück auf eine am Straßenrand wartende schwarze Limousine zu.
Als der Politiker wahrnahm, dass ich dort stand, einen Notizblock in der Hand hielt und auch die Kamera registrierte, die ich bei mir trug, fuhr er mich recht schroff an:
„Ich habe jetzt keine Zeit für Interviews.“
Eine Sekunde war ich perplex. Dann antwortete ich ihm:
„Ich auch nicht.“
Woraufhin er sehr verblüfft schaute und wortlos im Auto verschwand.
Was soll ich sagen; nächster Bürgermeister wurde Klaus von Dohnanyi (SPD), dem er bei der Wahl unterlag. Irgendwie war der CDU-Kandidat bei den Hamburgern nicht angekommen.
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Wir gelangen an die nächste Alsterquerung, die Streekbrücke. Sie sehen den Abzweig? Das ist der Isebekkanal. Wenn Sie dem weiter folgen würden, kämen Sie u. a. zum sehr beliebten Isemarkt unter der Hochbahnbrücke.
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Hamburg – Alster – Vor der Streekbrücke der Abzweig in den Isebekkanal – Rechts Eppendorf, links nun Harvestehude
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Linker Hand liegt der kleine Heilwigpark – und auch dort gibt es einen Anleger der Alsterschiffe.
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Drüben am anderen Ufer wechselt nun auch der Stadtteil. Eppendorf endet am Isebekkanal, Harvestehude beginnt.
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Immer noch führt der Weg auf dem Leinpfad entlang, doch wir nähern uns seinem Ende. Ganz vorne können Sie bereits die Krugkoppelbrücke ausmachen. Dahinter wartet die Außenalster.
Wenn Sie in diesem Abschnitt auf die Villen am Leinpfad achten, fällt auf, dass es auch hier eine gibt, die verwahrlost. Ein Phänomen in Winterhude, das mittlerweile mehrere Villen betrifft. Sie stehen unbewohnt, verkommen langsam aber sicher. Man würde es nicht annehmen angesichts der guten, sehr gesuchten Lage, solventer Interessenten und generellem Wohnungsbedarf, oder? Hier im Leinpfad ist es ein Anwesen, welches dem Reeder Bertram Rickmers gehört. Wie Sie vielleicht gelesen haben, hatte Herr Rickmers vor etwa zwei Jahren für seine Reederei Insolvenz angemeldet, sich aber gerade kürzlich wieder mit neuem Unternehmen
(Sitz an der Außenalster) geschäftlich zurückgemeldet und in dem Zuge gleich zahlreiche Schiffe bei einer chinesischen Werft geordert. Nur für die Villa reicht’s halt nicht …
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Was man so nicht ahnt und tatsächlich erst sieht, wenn die Brücke direkt vor einem liegt, ist der Umstand, dass hier alles eine einzige Baustelle ist. Es wird umfangreich saniert.
Bereits seit Monaten ist die Krugkoppelbrücke für den Autoverkehr gesperrt. Fußgänger und auch Radfahrer können immerhin noch an das jeweils andere Ufer gelangen.
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Den Zustand des Baus aus den 20er Jahren konnte man getrost als marode bezeichnen. Die aufwendigen Arbeiten sollten eigentlich im März fertig sein, nur da sich weitere Straßenbauarbeiten dahinter in Harvestehude anschließen, bleibt alles gemäß letzter Planung wohl noch bis in den Oktober hinein unbefahrbar.
Sehen Sie, gut, dass wir diesen Bereich um die Außenalster gleich gemieden haben und die Ausweichstrecke wählten …
Nichtsdestotrotz, ist man einmal in Brückennähe auf der Straße Fernsicht, so sollte man sich genau diese (Fernsicht) auf keinen Fall entgehen lassen. Falls gerade im Lokal „Bobby Reich“ ein freies Plätzchen zu finden ist, setzen Sie sich auf die Holzterrasse direkt am Wasser, gönnen sich einen Kaffee und genießen den Blick über das weite Blau …
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Das war’s für heute! Vielen Dank für Ihre Begleitung! Ich denke, wenn es um diesen Abschnitt der Alster geht, können Sie von nun an mitreden.
Vielleicht sind Sie wieder einmal mit von der Partie. Ab Teil (2) der Ausweichrouten werden die Touren dann auch ohne weitere Erklärungen zur speziellen Lage in Hamburg sofort starten (und dementsprechend kürzer ausfallen).
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Quellen
Winterhuder Fährhaus:
„Das Winterhuder Fährhaus“, Hamburger Abendblatt, 08. August 2009, Autor: Dierk Strothmann
und dieser entnimmt/verweist auf Details aus dem Buch „Eppendorf“ von Helmut Alter
Sämtliche Fotos wurden im Februar 2019 aufgenommen.
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©by Michèle Legrand, März 2019
Umzug im November: Hamburgs Alsterschwäne fahren ins Winterquartier …
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Artikel, Foto, Hamburg, Hamburgs Binnen- und Außenalster am 23/11/2018
Am 20. November war Einsammeltag! Und damit auch Termin für die traditionelle Bootsfahrt im November. Ein Dienstagvormittag, trüb-grau der Himmel, die Temperatur stieg selbst zu fortgeschrittener Tageszeit nicht über lumpige 4 °C. Hinzu gesellte sich ein unangenehmer Wind, der den Eindruck aufkommen ließ, es herrschten bereits Minusgrade.
Höchste Eisenbahn – oder hamburgisch ausgedrückt „bannig Zeit“–, die Alsterschwäne aus ihrem Sommer-
reich ins Winterquartier, den Mühlenteich in Hamburg-Eppendorf, zu bringen.
Während Wildschwäne in freier Natur früher in den Wintermonaten stets die Reise südwärts in wärmere Re-
gionen antraten, passiert dies heute standortabhängig nur noch halbherzig. Nähere Ziele sind angesagt und tatsächlich bleiben viele gleich ganz vor Ort. So auch die Hamburger Schwäne, die ihre Reviere und Brut-
gebiete in der Sommerzeit auf und rund um die Alsterseen mit ihren Nebenarmen haben.
Es sind im Grunde nicht so die hiesigen, verhältnismäßig moderaten Wintertemperaturen, die den Vögeln vorrangig zu schaffen machen, sondern vielmehr die Tatsache, dass ihnen zugefrorene Wasserflächen das Leben und Überleben sehr erschweren. Nahrung zu finden wird nahezu unmöglich.
Hier in Hamburg wartet alljährlich von November bis etwa Ende März ein eigenes, ein hanseatisches Winterquartier auf sie. Und das hat eindeutig seine Vorteile!
Der Mühlenteich wird (partiell) eisfrei gehalten. Ein weiterer Pluspunkt: Es wird artgerecht gefüttert. Wenn extremer Frost drohen sollte, lässt sich zusätzlich mit Zeltplanen noch etwas zum Schutz machen, und falls einmal ein Tier schwach wirkt und kränkelt, können sich Schwanenvater oder Tierarzt gleich direkt darum kümmern.
Ein richtig großes, weißes Zelt wurde bereits mehrmals aus einem anderen Grund nötig: Es diente zur Abschottung und sollte verhindern, dass sich die Schwäne womöglich mit dem mehrfach grassierenden Vogelgrippevirus (Geflügelpest, 2014/2017) infizierten. Gerade Wildvögel sind extrem gefährdet.
Die älteren Schwäne kennen und erinnern das Winterquartier genauso wie die Prozedur des Einfangens mit anschließendem Gratisseetörn. Da die Vögel über 20 Jahre alt werden können, haben einige die Aktion schon so oft mitgemacht, dass es sie nicht groß in Aufregung versetzt. Etwas mehr verunsichert sind die Jungschwäne, für die es das erste Mal ist, und genauso verdutzt reagieren auch die neuen „Migranten“.
Wir haben hier in Hamburg über die Jahre durchschnittlich etwa 120 Alsterschwäne, die auf Binnen- und Außenalster sowie den angrenzenden Kanälen/Fleeten leben und dort ihre Reviere haben. Normalerweise hält sich diese Zahl, denn der Verlust durch Tiere, die aus Altersgründen, nach Krankheit oder Unfall sterben, wird ausgeglichen durch die Zahl der neu geborenen Schwäne eines Jahres.
Das letzte Jahr bildete in dieser Hinsicht eine traurige Ausnahme. Als es ab Spätfrühling über Monate extrem heiß war, setzte auf der Alster eine Algenplage ein. Durch die langanhaltende Hitze zersetzten sie sich und setzten dabei Giftstoffe frei, die bei den Schwänen Darmentzündungen auslösten. Die Clostridium-Bakterien bedrohten besonders die sehr jungen Schwäne. Es verstarben neben sechs Nestlingen und fünf Jungtieren allerdings auch vier bereits ausgewachsene Schwäne. Ohne weitere „normale“ Todesfälle bereits ein Minus von 15 Tieren …
Doch in Hamburg leben nun seit Oktober 2018 zusätzlich die vorhin erwähnten Migranten. Es handelt sich in dem Fall nicht um zufällig dazugestoßene Tiere, die beschlossen, hier sesshaft zu werden, sondern es sind 13 Artgenossen, die aus dem Saarland zu uns umgesiedelt wurden. Sie stocken den Bestand wieder auf. Für die saarländischen Vögel war in der Heimat kein geeigneter Platz mehr. Ausgewildert werden konnten sie aufgrund von Flügelamputationen oder erlittenen Flügelverletzungen jedoch auch nicht …
Fragen Sie sich auch manchmal, ob Vögel einen Dialekt „sprechen“? Es heißt häufig, dass Ornithologen ortsabhängig Unterschiede im Klang der abgegebenen Laute bei z. B. einigen Singvögeln ausgemacht haben. Tonhöhe, Tonlänge, Art der Wiederholung, dazu das Kopieren von Gehörtem etc. Die Vögel scheinen Lokal-
spezifisches in ihr Repertoire aufnehmen.
Wenn nun einer der alten hiesigen Schwäne, Sie wissen schon, einer der bestimmt noch Hamburger Platt spricht, auf einen saarländischen Kumpel stößt … Ob die sich lautmäßig auf Anhieb verstehen? Und wenn ja, merken die trotzdem sofort, dass sie jeweils anderer Herkunft sind?
Ich hoffe sehr, dass die Althamburger Schwäne sich über die neuen Anrainer freuen und sich nicht etwa auf-
spielen. Den Lokalmatador heraushängen. Auf Privilegien pochen. Die menschlichen Hanseaten hier in der Stadt unterscheiden nämlich sogar zwischen gebürtigem und geborenem Hamburger! Tatsache. Wenn Sie denken, da gebe es keinen Unterschied – oh, doch!
Normalerweise spricht man von gebürtig, wenn man in Stadt A geboren wurde, aber heute woanders (Stadt B) lebt. Der Mann ist gebürtiger Berliner, lebt jedoch jetzt in Dortmund. Ein geborener Berliner, der weiterhin in der Hauptstadt wohnt, bleibt einfach geborener Berliner.
In Hamburg sollte es theoretisch genauso sein. Ist es aber nicht. Hier zählen Sie erst dann als geborener Hamburger, wenn nicht nur Sie selbst, sondern vor Ihnen auch schon beide Elternteile in der Hansestadt zur Welt kamen. Und wenn es ganz fies kommt, dann ist das in Hamburg geborene Kind, dessen eines Elternteil
von auswärts stammt, ein „Geworfenes“. Dieser rotzfreche Ausdruck wird damit gerechtfertigt, dass der fremde Elternpart eben „nur“ Quiddje (Zugezogener) ist.
Hoffen wir, die umgezogenen Schwäne haben nicht so pingelige Schnösel vor sich gehabt, als sie sich nach einer Quarantänezeit von zwei Wochen ganz allmählich dazugesellten. Sie wurden nach und nach integriert, nicht alle auf einen Schlag auf die Alteingesessenen losgelassen.
Zwei Eindrücke noch vom Sommer …
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Alle übrigen, die Stammschwäne, waren 2018 bereits seit dem 10. April auf den Gewässern unterwegs. Rund sieben Monate hat eine Saison außerhalb des Winterquartiers, diesmal nur unterbrochen von vier Wochen im heißen August, in denen knapp 40 Schwäne von der Binnenalster evakuiert wurden, um weitere Todesfälle zu vermeiden. Der Mühlenteich präsentierte sich als der sicherere Platz. Es gab einerseits nicht diesen extremen Algenteppich, andererseits ließen sich Patienten dort sehr viel effektiver behandeln und aufpäppeln.
Nun naht der Winter. Zeit für alle, nach Eppendorf zurückzukehren. Es wurde ausnahmsweise eine kleine Galgenfrist von zwei Wochen gewährt, weil die milden Temperaturen im Herbst erstaunlich lange anhielten.
Und so sieht es aus, wenn im trüben November Schwanenvater Olaf Nieß mit seinem Team ausrückt, um seine Schützlinge einzufangen.
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Hamburg – Kleine Alster mit Reesendammbrücke im Hintergrund – Schwanenvater Olaf Nieß rückt mit seinem Team an
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Speziell im Herbst halten sich viele Schwäne gern im Bereich der „Kleinen Alster“ direkt vor den Alster-
arkaden auf. Dort am Denkmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege führen steinerne Treppenstufen fast hinunter bis ans Wasser. Eine Art parallel zum Ufer verlaufender Steg teilt den Wasserbereich vor der Treppe von der Zuführung zur Schleuse ab. Hier pausieren sie in Gruppen, hocken auf dem Steg, putzen sich, schauen dabei umher, ob nicht jemand Essbares mitgebracht hat. Denn trotz Fütterverbot fällt natürlich immer einmal etwas für die Bande ab. Sie teilen sich Terrain und Häppchen mit Möwen, Graugänsen, Enten und Rallen.
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Hamburg – Kleine Alster – Der Bereich vor den Treppen und am Denkmal ist beliebt bei den Wasservögeln
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Schwanenvater Nieß nähert sich mit seinen Kollegen in mehreren kleinen, flachen, offenen Booten von der Binnenalster unter der Reesendammbrücke hindurch der Kleinen Alster.
Die Boote bilden bald parallel zur Brücke von Ufer zu Ufer eine Art Barrikade. Die geschlossene Kette rückt ganz langsam auf gesamter Breite vor Richtung Denkmal und Rathausschleuse.
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Wird die Distanz geringer, beginnen die Schwäne irgendwann, das Treiben genauer zu beobachten, sehen jedoch keinen Anlass, sich fortzubewegen.
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Sobald die Boote die Vögel erreicht haben und erste Manöver starten, um die Tiere in eine bestimmte Richtung zu dirigieren, bricht unter den Vögeln leichte Hektik aus. Man klettert über knapp aus dem Wasser ragende Trennwände bzw. Stege, manch einer flattert echauffiert und meint zunächst, mit einem Satz ins Becken daneben, sei die Sache gedeichselt.
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Hamburg – Kleine Alster – Die Schwanentruppe an der Treppe direkt am Denkmal muss noch überzeugt werden, sich zu den anderen zu begeben …
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Hamburg – Kleine Alster, vor der Rathausschleuse – Das Manöver glückt, die Schwäne schließen zu den anderen auf …
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Das Team trickst erneut mit Hilfe der Boote, lenkt und schafft es in relativ kurzer Zeit, dass die gesamte Gruppe der Tiere wie gewünscht in die linke Schleuse paddelt.
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Hamburg – Kleine Alster, Rathausschleuse – Jetzt müssen allerdings alle noch vor den Eingang der linken Schleusenkammer …
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Hamburg – Kleine Alster – Noch einmal etwas drängeln mit Wellengang, dann sind alle zusammen und erobern wunschgemäß die Schleuse
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Eine Sackgasse, denn die Schleusenausfahrt am anderen Ende ist bereits geschlossen.
Die Zuschauer wechseln jetzt flink ihren Platz und ziehen von der Kleinen Alster (Arkaden oder gegenüber an auf den Treppen) um auf die Schleusenbrücke.
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Sobald nicht nur die Schwäne, sondern dazu sämtliche Boote in der Schleusenkammer verstaut sind, schließt sich ebenfalls das Eingangstor.
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Hamburg – Rathausschleuse – Alle Schwäne sind in der linken Schleusenkammer, noch ist der Wasserstand hoch …
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In der Schleuse wird nun der Wasserspiegel gesenkt. Dies macht es für die Schwäne schwierig, aus ihrer ungünstigen Position, womöglich aus den Tiefen des Trogs heraus, noch einen erfolgreichen Abflugversuch
zu unternehmen. Die schweren Vögel benötigen eine wesentlich längere Startbahn.
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Die Boote schieben sich zentimeterweise vor, bis lediglich noch ein schmaler Spalt zwischen Boot und Tor freibleibt, und letztendlich das weiße Volk nur eine einzige Ecke als Ausweichpunkt übrigbehält.
Wer glaubt, dass die Tiere derart in die Enge gelotst in wilde Panik geraten würden, täuscht sich. Hippelig sind sie, ja. Die Jungschwäne empfinden mehr Stress. Hin und wieder hört man ihre aufgeregten Rufe.
Doch insgesamt kennen die Tiere den Schwanenvater inzwischen zu gut und die weitaus meisten wohl auch den Sinn und Zweck dieser Aktion.
Dass ihnen die nicht ganz behagt, ist nachzuvollziehen, denn A) wird es gleich ein bisschen handgreiflich zugehen und B) verlassen sie die Alster höchst ungern.
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Hamburg – Rathausschleuse – Die Aktion „Schwäne einsammeln“ läuft an. Vorher wurde das Stroh noch in den Booten ausgebreitet.
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Hamburg – Rathausschleuse – Schwanenvater Olaf Nieß und sein Team bereiten die Schützlinge für den Transport vor …
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Sie haben sicher auf einigen Fotos entdeckt, direkt am Rand der Schleusenkammer haben sich Presse und Fernsehen versammelt. Dicht am Geschehen, aber auch nah am Wasser. Ihnen allen wurde zur Sicherheit eine Schwimmweste gereicht …
Dass dieser Aufmarsch und die auffällig leuchtenden Westen die Schwäne nicht verschrecken, hat mich verwundert.
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Schwanenvater Nieß und ein weiterer Mitarbeiter im Boot daneben greifen beherzt über Bord und schnappen sich jeweils einen Schwan. Der wird geschwind über die Bordwand gehievt, mit sicherer Hand am Boden des mit Stroh ausgelegten Bootes gehalten, wo seine Füße und Flügel leicht mit Klettband fixiert werden. Anders ginge der Transport nicht, denn ansonsten würden sich beim Schwanentrupp die Kollegen vor Entrüstung (die zeitweilig doch herrscht) womöglich auf engem Raum gegenseitig verletzten oder unter Protest gleich wieder aussteigen.
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Hamburg – Rathausschleuse – Und wieder wird ein Schwan vorsichtig zu den anderen gebracht. Das Boot füllt sich …
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So wird manchmal beruhigend auf sie eingeredet, einige bekommen ein paar Streicheleinheiten, und so nach und nach werden sie alle zart nebeneinander „aufgereiht“. Bereits nach kurzer Zeit an Bord recken sie die Hälse und schauen recht entspannt in der Gegend umher. Warten darauf, dass die Belegschaft komplett ist.
Gut zwei Stunden dauert das Lotsen in die Schleuse plus Verfrachten ins Boot. Ca. 40 Schwäne sind zu verstauen. Anfangs zählte ich 42 Schwäne auf der Kleinen Alster, doch es gab Schwund. Irgendeinem gelang es anscheinend, vorher noch auszubüxen.
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Es gibt viele Zuschauer, die von der Schleusenbrücke aus zusehen und trotz höchst ungemütlicher Tempe-
ratur, beißendem Windzug am Wasser und brückenbedingt besonderer Kälte an den Füßen, dennoch die ganze Zeit leise vor sich hinbibbernd ausharren; es ist eben enorm spannend.
Touristen, zufällig vorbeikommend, sprechen Umstehende und auch mich neugierig an. Haben Fragen. Auf Deutsch, auf Englisch. Lebhafte Unterhaltungen entwickeln sich daraus. Daneben gibt es Kommentare zum Geschehen, Einwürfe. Unter anderem den folgenden, den ein reiferer Herr äußert, nachdem er die Schwäne
im Boot erblickt hat:
„Ach, werden die jetzt geschlachtet?“
Die Reaktionen reichen von Belustigung über Empörung bis hin zu schierem Entsetzen. Den Alsterschwänen an die Gurgel! Mein Gott! Zwei anwesende Damen können sich vor Entrüstung nur sehr schwer wieder einkriegen. Der Begriff Schnappatmung wird hier gerade aufs Feinste demonstriert.
Der Herr wird von allen Seiten hilfsbereit und wortreich aufgeklärt – doch ich bin mir gar nicht so sicher, dass er wirklich so ahnungslos war …
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Hamburg – Rathausschleuse – Es sind alle Passagiere an Bord, der Wasserstand ist wieder gestiegen, ein Teil der Boote hat die Kammer bereits verlassen. Die nicht mehr benötigten Westen werden verstaut …
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Der letzte Schwan sitzt im Boot, Aktion Einsammeln beendet, der Wasserstand in der Schleuse kann wieder angehoben werden. Sobald er das Alsterniveau erreicht hat, öffnet sich das Tor auf entsprechender Seite, und in der Kammer wird das Kuddelmuddel aus querliegenden Booten aufgelöst.
Eines nach dem anderen verlässt die Schleuse. Am Ende zieht ein motorisiertes Fahrzeug die beiden mit Schwänen belegten Boote hinaus und hinter sich her. Richtung Kleine Alster, weiter zur Binnenalster, auf die Außenalster und letztendlich zum Mühlenteich.
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Hamburg – Und da tauchen die Alsterschwäne wieder aus der Schleusenkammer auf. Diesmal als Bootspassagiere mit ihrem Schwanenvater …
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Auf ein Wiedersehen auf der Alster im nächsten Frühjahr, Ende März/Anfang April!
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Hamburg – Kleine Alster – Schwanentransport – Auf geht die Reise zum Mühlenteich, ihrem Winterquartier …
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Die restliche Schwanenbevölkerung, die sich an diesem Tag gerade nicht im Bereich der Kleinen Alster aufhält, wird üblicherweise in den zwei folgenden Tagen nach und nach eingesammelt. Manch Alsterschwan kennt von sich aus die Strecke zwischen Alster und Mühlenteich, doch freiwillig nutzen die Vögel den „Selbstschwimmer-
status“ eher im Frühjahr, wenn es mit deutlich mehr innerem Antrieb hinausgeht.
Vielleicht zeigt im nächsten April ein weißgefiederter Urhamburger seinem Schwankollegen aus dem Saarland den richtigen Weg. Ich kann mir das gut vorstellen …
„Moin“, winkt Fiete einem der Neuhamburger zu, „hier geiht dat lang.“
Die seltsame Sproch hat der Heinz aus Saarbrücken jedoch über Winter schon ganz gut erlernt.
„Dooiwwe?“, fragt er knapp.
Natürlich mit saarländischem Zungenschlag, denn man hat sich – das weltoffene Hamburg lässt grüßen – für Zweisprachigkeit bzw. die Erhaltung von womöglich sonst aussterbenden Dialekten und Mundarten entschieden.
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©by Michèle Legrand, November 2018
Hamburg im Herbst / Vogelversammlung an der Kleinen Alster
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Artikel, Foto, Geschichten / Menschliches Verhalten, Hamburg, Hamburgs Binnen- und Außenalster am 21/10/2017
Am Montagnachmittag war ich kurz in der City und erwischte dabei erfreulicherweise einen der sonnigsten Tage seit Langem. Samt unverschämt blauen Himmel und milden Temperaturen so um die 20 °C.
Scharen von Menschen waren unterwegs. Hamburger, die Gäste aus dem Umland, Touristen. Viele Besucher der Innenstadt zieht es bei Sonne automatisch ans Wasser. Wenigstens zwischendurch. An ein Fleet oder an die Binnenalster, die strategisch günstig liegt. Sie ist von allen Seiten im Nu erreichbar. Dann wird sie schlen-
dernd umrundet, oder man sitzt in Ufernähe und beobachtet das Treiben auf dem Wasser. Eisschleckend. Es entspannen sich die Gesichtszüge und gelegentlich umspielt unbeabsichtigt ein Lächeln die Lippen. Das macht der Sonnenschein. Er verbessert die Laune schlagartig.
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Es wäre auch schade, eine solche Gelegenheit im Oktober nicht zu nutzen. Man muss goldene Herbsttage feiern, wie sie fallen. Die Nase in die Sonne halten. Besonders, da bereits feststand, dass mit Auswirkungen
des Orkans (anfangs Hurrikans) „Ophelia“ noch fest zu rechnen war. Staub aus der nordafrikanischen Sahara bzw. Rußpartikel, entstanden bei portugiesischen Waldbränden, drangen bereits in den Norden und Nordwesten vor. Am nächsten Tag war dann tatsächlich zunächst nichts mehr mit blauem Himmel. Stattdessen blieb es über Stunden verhangen wie durch eine leichte, graue Gardine. Hinter diesem Vorhang zeigte sich allerdings am frühen Dienstagvormittag für ein Weilchen eine ungewöhnliche Lichtscheibe. Eine, die keine ganz klaren Ab-
grenzungen zu besitzen schien und die ein eher diffuses Licht abgab. Die Sonne, die einen erstaunlichen und äußerst seltenen Morgenfarbton, ein extravagantes Orangerot, präsentierte. Es sah faszinierend aus, wirkte zugleich aber fast irreal.
Mein einer Nachbar, dem ich beim Laubfegen begegnete, dachte daher auch zuerst an eines dieser als „Blutmonde“ bezeichneten Phänomene. Die Sonne kam für ihn gar nicht in Betracht.
Sie haben es sicher aus den Medien mitbekommen, es sind alles Auswirkungen der ungewöhnlichen Bestand-
teile in der Luft und der Atmosphäre gewesen. Diese Partikel (Saharasand, Ruß etc.) sorgten dafür, dass die Teile des Sonnenlichts, die kurzwellig und bläulich sind, gestreut wurden und das, was dann vermehrt fürs Auge erkennbar war, waren langwellige Lichtteile, die rötlich erscheinen.
Warum das Schauspiel gerade am Vormittag auftrat?
Je flacher die Sonne steht, desto ausgeprägter der Effekt, denn in dem Fall muss das Licht eine längere Strecke durch die Atmosphäre hinter sich bringen. Gegen Abend verhält es sich logischerweise ähnlich, nur Abendsonnen, die den Himmel in ein Orange oder Rot tauchen und selbst wie ein Feuerball scheinen, sind für uns ja nicht ganz so ungewöhnlich.
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Der Herbst zeigt sich auch in der Innenstadt. Nur scheint in diesem Jahr ein Großteil des Laubs herabzurieseln, bevor die Herbstfärbung überhaupt richtig in die Gänge kommt. „Xavier“ riss wohl vorzeitig viel herunter, und offenbar waren die Nächte noch nicht kalt genug. Es ist, als bräuchten die Gehölze einen derartigen Impuls. Danach schienen bei mir im Garten die Ahornarten oder auch der Ginkgo biloba stets besonders Farbe zu entwickeln. Der Indian Summer fällt also – zumindest bei mir im Norden – etwas sparsamer aus als sonst.
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Das Nahrungsangebot in der freien Natur wird für die Wasservögel, die sich an Binnen- und Außenalster niedergelassen haben, allmählich knapper. Da die meisten von ihnen eingefleischte Hamburger sind und im Winter nicht in den Süden ziehen, sind sie jetzt besonders wild hinter den Futtergaben der Spaziergänger her. Erlaubt sind Fütterungen nicht, doch es gibt immer genügend Leute, die sich nicht daran halten. Wenn irgendwo einer mit der Tüte am Ufer knistert, ist das der Startschuss für Massenandrang in Ufernähe und Riesenversammlungen auf dem Wasser.
Das ist auf der Ballindammseite an der Binnenalster ….
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… genauso der Fall wie auf der Kleinen Alster, dem Wasserbereich direkt vor den Alsterarkaden, zwischen …Reesendammbrücke und der Rathausschleuse.
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Mit mir betrachteten zwei Touristen das Treiben, ein Ehepaar aus Graz, wie sich bald herausstellte.
„Oh, ist hier was los! So viele Schwäne!“, hatte sie gerufen und ihren Mann wild angestupst, weil er bisher hauptsächlich die Alsterarkaden im Blick hatte. „Hast du schon mal so viele auf einmal gesehen?“ Und in
meine Richtung schauend, fragte sie: „Sind Sie von hier? Ist das immer so?“
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„Ja, ich bin von hier“, beantwortete ich den ersten Teil ihrer Frage und verriet ihr, dass sich vor ihr längst noch nicht alle Schwäne versammelt hatten, die es an der Alster gibt.
„Es gibt NOCH mehr davon?“ Sie schaute ungläubig. „Und sind die ständig da?“
Offenbar hatte sie von unseren berühmten Alsterschwänen bisher noch gar nicht gehört. Bis nach Graz schien es sich nicht herumgesprochen zu haben, dass sie schon seit ewigen Zeiten Hamburgs lebende Wahrzeichen sind.
Ich klärte sie daraufhin ein wenig auf und da beide, auch ihr Mann, höchst interessiert reagierten und mehr erfahren wollten, gerieten wir ins Plaudern.
„Im letzten Jahr, d. h. in 2016, gab es ungefähr 120 Schwäne auf der Alster. Das weiß man relativ genau, weil unser Schwanenvater ein Auge auf sie und ihre Nester hat und sie außerdem jedes Jahr vor dem Winter mit seinem Team hier auf der Kleinen Alster zusammentreibt und einsammelt, um sie dann in offenen Booten zum Mühlenteich in Eppendorf zu verfrachten. Dort ist ihr Winterquartier. Ein Teil der Teichfläche wird eisfrei ge-
halten und dass sie nicht verhungern, ist auch sichergestellt. Wir müssen schließlich gut für sie sorgen, denn kennen Sie die Legende, die sich um unsere Alsterschwäne rankt?“
Ratloses Kopfschütteln.
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„Es heißt, dass nur „solange stolze Schwäne auf der Alster ihre Runden ziehen“, Hamburg eine freie und wirtschaftlich erfolgreiche Hansestadt bleibt. Wer wollte riskieren, dass sich an diesem Zustand etwas ändert, nicht wahr. Daher wurden die weißen Höckerschwäne rund um die Alster schon vor Jahrhunderten zunächst vom Hamburger Rat unter besonderen Schutz gestellt und später im 17. Jahrhundert durch den Senat gesetzlich geschützt.“
Ich versuchte, eine halbwegs strenge Miene aufzusetzen.
„Sie dürfen sie also weder beleidigen, noch hetzen, verletzen oder gar abmurksen. Darauf steht Strafe!“
Das Touristenpaar, das nicht so wirkte, als würde es je eine Bedrohung für irgendeinen Wasservögel darstellen, schaute dennoch beeindruckt. Strafe. Oha.
„Dann sind die im Winter also überhaupt nicht hier? Da haben wir ja noch einmal Glück gehabt, Johann“, stellte die Dame fest. „Und ab wann sind sie fort?“
„Meist verlassen sie die Alster in der zweiten Novemberhälfte und kommen Anfang März zurück. Nur im letzten Jahr herrschte in vielen Regionen und Ländern die Vogelgrippe bzw. die Geflügelpest. Es wurde auch für die Schwäne extrem riskant. Man hat sie daher ausnahmsweise bereits Anfang November eingesammelt, und sie leider dann im Frühjahr auch noch drei Wochen länger als üblich in einem extra mit Zeltplanen geschützten Bereich des Winterquartiers lassen müssen, weil weiterhin immer neue Fälle von Vogelgrippe auftauchten.“
„Ist das denn sehr schlimm für die gewesen, dass sie nicht rauskonnten?“ Der Österreicher klang besorgt.
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„Denen gefällt es ganz grundsätzlich sicher auf der weiträumigen Alster viel besser als auf beengtem Raum, aber was hinzukommt, ist, dass im März die Brutzeit startet und auch das Verhalten der Schwanenmänner sich ändert. Es wird aggressiver.
Eine Befürchtung oder Komplikation war, dass durch das verzögerte Freilassen erst sehr verspätet der Nestbau rund um die Alster beginnen konnte. Dieser Umstand wirkt sich leicht negativ auf die Gesamtzahl der dann noch entstehenden Nester, die Zahl der Gelege oder aber die Anzahl der Eier pro Gelege aus.“
„Hat man das mal geprüft? Sind es denn tatsächlich weniger junge Schwäne in diesem Jahr?“
„Ja. Wobei man nicht beschwören kann, dass es allein daran lag. Es spielen noch andere Gründe mit hinein. Ungünstige Witterung zum Beispiel. Nur während es sonst im Schnitt 30-35 Jungschwäne gewesen sind, schlüpften in diesem Frühjahr nur etwa 20 Küken.“
Wir beobachteten noch ein Weilchen, was sich dort vor der Ufermauer alles versammelte und um Futter bettelte. Die Möwen veranstalteten immer ein Mordsgeschrei und absolvierten wildeste Flugmanöver, um an Nachschub zu gelangen. Enten waren an diesem Tag erstaunlich zurückhaltend. Die Wildgänse watschelten
mit Vorliebe am Ufer auf und ab und pickten dort Heruntergefallenes auf. Die wendigen dunklen Rallen um-
kurvten rasant die Schwäne und versuchten, sie mit diesem Slalom auszutricksen. Es schien ein einstudiertes und bereits erfolgreich erprobtes Szenario.
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Das gefiederte Volk war gierig und fraß beachtliche Mengen! Diesen Eindruck hatte auch das Ehepaar aus Graz gewonnen.
„Ich habe kürzlich gelesen, dass Kondore manchmal so viel essen, dass sie danach nicht mehr abheben können. Zu schwer … Ob das den Schwänen oder Gänsen wohl auch passiert?“, überlegte ich. Mein Einwurf löste folgende Reaktion aus:
„Wissen’s, was mir da grad in den Sinn kommt?“, sprudelte es aus dem Munde des Grazers nur so heraus. Dann allerdings legte er eine kleine Kunstpause ein, bevor er sein Geheimnis lüftete. „Bernhard und Bianca!“
Nun war es an mir, kurz verdutzt dreinzuschauen.
„Dieser Trickfilm! Mit den Mäusedetektiven! Die wollten auf einem Albatros abheben, und der hatte auch ganz kolossale Startschwierigkeiten!“
Dunkel erinnerte ich mich an eine solche Szene und musste grinsen. Er hatte recht, der etwas korpulente Vogel hatte enorm zu kämpfen gehabt.
Von den großen Wasservögeln hier schien keiner Abflugpläne zu hegen, und so konnten sie sich alle unbesorgt weiter den Magen vollschlagen und eine kleine Winterspeckreserve anlegen.
Ich wäre gern noch länger geblieben, aber die Zeit war an dem Tag sehr knapp bemessen. So wie sie es auch jetzt wieder ist. Für heute verabschiede ich mich und wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.
Bis zum nächsten Mal!
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PS:
Falls sie Gegend und/oder Thema reizen, möchte ich Sie noch auf zwei Blogposts aus früheren Jahren hinweisen, die sie über nachstehende Links erreichen können:
Bootsfahrt im November (2011)
Gefiederte Hamburger und Quiddjes / Die Scherben an der Rathausschleuse (Winter an der Alster, 2012)
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PPS
PSpPS
© by Michèle Legrand, Oktober 2017
Zwischendurch hereingeschaut …
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Artikel, Foto, Geschichten / Menschliches Verhalten, Hamburg, Hamburgs Binnen- und Außenalster am 25/09/2016
Die Zeit geht rasant ins Land. Ich muss mich einfach einmal zwischendurch bei Ihnen melden.
Sie haben es ja selbst gemerkt, die Vögel haben ihren Rucksack umgeschnallt und ziehen in Scharen in den Süden, man wird beim Spazieren ungeniert mit Kastanien beworfen, ALDI hat Laubsauger im Angebot der Woche (hoffentlich kaufen nicht so viele diese Lärmkisten), Frühnebel hängt zwischen den Bäumen … Herbst! Und meine Armbanduhr zeigt an, dass seit dem letzten Post hier mehr als zwei Wochen vergangen sind. Jaha, die kann das! Die hangelt sich von Beitrag zu Beitrag und zählt penibel mit. P+18 steht dort. P für Post, +18 für die verstrichenen Tage.
(Jetzt glauben Sie doch nicht alles! ^^)
Dieses Jahr verläuft bei mir einfach anders. Andere Umstände ziehen andere Abläufe und ein anderes Verhalten nach sich. Wollte ich warten, bis ich Ihnen durch Touren und Erkundungen wieder umfassend Neues präsentieren kann, würde der Stift zwischenzeitlich eintrocknen und Sie begännen mit den Füßen zu scharren. In den Fingern juckt es mich trotzdem, die Frage ist nur, wie schaut in einem solchen Fall der Alternativpost für Sie aus?
Bloggerkollegin Donna vom Blog Garden Walk Garden Talk sprach gerade in ihrem sehr interessanten Beitrag Why so trivial? über das Phänomen, dass einem beim Bloggen – ganz speziell bei einem eng eingegrenzten Themenbereich und sich dadurch unweigerlich wiederholenden Anlässen und Fotomotiven – mitunter manches Selbstgeschriebene auf einmal so trivial erscheint.
Zu trivial, um es zu posten?
Meine Ansprüche an Beiträge sind prinzipiell auch anders, liegen höher, über der Trivialstufe. Diese Vorstellung vom fertigen Artikel wiederum katapultiert Ansammlungen von Trivialem automatisch hinaus in die Wüste.
Trotz oder gerade im Fall umfangreicher Texte, versucht ein Schreiber, nichts doppelt und dreifach und nur
in anderen Worten wiederzukäuen. Es liegt einem sehr daran, Unwichtiges zu eliminieren und „gefühlte“ Belanglosigkeiten sehr kritisch zu betrachten.
Ist es tatsächlich belanglos oder trägt es doch zum Verständnis bei?
Für wen erscheint es überhaupt trivial? Für den, der schreibt? Oder für den Leser?
Was ich selbst als trivialen Einwurf empfinde, weil mir die Details bereits bestens bekannt sind, muss am anderen Ende noch lange nicht als ein solcher Inhalt empfunden werden. Ich wage fast zu behaupten, dass mitunter ein bewusst platzierter trivialer (im Sinne von anspruchsloser) Einschub innerhalb einer die ganze Aufmerksamkeit erfordernden Abhandlung fast so etwas wie eine kurze Erholungsphase für den Geist darstellt, bevor er erneut ernsthaft bei der Sache ist und weiter aufnimmt. Ziel ist es, für den Leser so zu schreiben, dass er zwischendurch Entlastung hat. So, wie beim Sporttraining Lockerungsübungen für die Muskeln eingeplant sind. Dann läuft es unangestrengt und hinterlässt keinen abschreckenden Muskelkater.
Ich denke mir folglich, so unterschiedlich, wie die Themen hier stets sind, so verschieden darf auch die Form sein. Vielleicht dient ein Beitrag wie der heutige insgeheim eher meiner eigenen Entspannung, wer weiß das schon – nur Sie werden vermutlich nicht gleich zusammenbrechen, wenn es für Sie alternativ um völlig unspektakuläre Dinge geht.
Sie kennen außerdem die Taste und wissen um die Freiheit, einfach etwas wegzuklicken …
Es fiel das Wort Entspannung. Mir ist schon allein deshalb danach, weil die Stadt sich gerade sehr laut präsentiert. Geht es Ihnen auch so, dass Dauerlärm Sie mürbe macht? Manche können es gut ab, aber ich werde davon fix und foxi. Baustellen in der Nähe, meine Straße nebenan als Umleitungsstrecke mit ewig langem Rückstau und laufenden Motoren vor geschlossener Bahnschranke, eine Halbmarathon-Veranstaltung am vergangenen Wochenende fast vor der Tür, das Oktoberfest, das bis Anfang Oktober jeden Abend bis in die Puppen zu hören ist, der Verkehr auf der Bahnstrecke sowie für zwei Wochen zusätzlich Fluglärm, weil eine Start- bzw. Landebahn am Flughafen überholt wird und sämtliche Flugzeuge nun meinen Stadtteil überfliegen.
Großveranstaltungen mit entsprechend weiträumigen Sperrungen sind auch im Innenstadtbereich Hamburgs mehr geworden. Bei meiner Hausbank wird das dazugehörige Parkdeck saniert, das Betongefräse tönt seit einer gefühlten Ewigkeit. Ebenso wird eine komplette Parkebene im Einkaufszentrum saniert. Fehlen die Abstellmöglichkeiten dort, wirkt sich das sofort auf die eh schon kritische Parksituation im Umfeld aus. Was ich zu Fuß oder mit dem Rad erledigen kann, mache ich daher lieber auf die Art, nur neulich ließ sich etwas nicht ohne Auto bewerkstelligen.
Es hatte sich endlich eine Parkmöglichkeit ergeben, als eine Frau in ein am Straßenrand abgestelltes Auto
stieg und Anstalten machte wegzufahren. Also Blinker an und dahinter gewartet. Nur leider setzte sich so ein dazukommender Oberrüpel dazwischen und klaute mir den Platz. Tat zunächst so, als hätte er mich nicht gesehen, hielt es aber selbst danach nicht für nötig, die Lücke wieder zu räumen oder sich zu entschuldigen.
Es nützt ja nichts sich anzulegen, denn es ändert meist nichts am Fakt des besetzten Platzes. Ich revanchiere mich eher in anderer Form, fahre gern das Seitenfenster herunter, warte bis derjenige aussteigt, schaue ihn sehr ernst und besorgt an und sage:
„Sie wissen schon, dass so etwas Pech bringt … Unglück anzieht?“
Ich versichere Ihnen, es hängt alles davon ab, wie überzeugend Sie dabei wirken. Man muss Ihnen abnehmen, dass Sie quasi der Abkömmling eines Voodoo-Meisters sind.
Wenn so etwas wie „Pffft!“ oder „Haha!“ zurückkommt, sollten Sie nachlegen.
„Es ist natürlich Ihre Sache, ob Sie heute vorsichtig sind oder nicht. Mein früherer Nachbar ist damals ein paar Stunden später von der Leiter gefallen. Komplizierter Bruch. Langwierige Sache. Der hatte übrigens auch MIR den Platz geklaut …“
Selbst wenn Ihr Gegenüber sehr cool und überlegen tut, Sie können sicher sein, dass ihn das den ganzen
Tag beschäftigen und leicht verunsichern wird. Wenn er sich abends am Herd die Finger verbrennt, schiebt
er das auf den Parkplatzklau, der Pechgedanke nistet sich ein und das nächste Mal lässt er es sein.
Ich kann so stets sehr gut mit dem Verlust der Lücke und meinem ersten Ärger fertig werden.

Hamburg – Straßenfest am Mühlenkamp (Winterhude) – 11.09.2016
Ansonsten war ich kürzlich mit meiner Stepptanztruppe für einen Auftritt beim Straßenfest im Mühlenkamp (Hamburg-Winterhude) eingeladen. Bei uns ist die kleine Herausforderung, dass wir nicht in einer festen Gruppe auftreten, sondern uns anlassbezogen oder nach Terminmöglichkeiten unterschiedlich zusammen-
mischen. Uns allen ist gemein, dass wir die gleiche Trainerin haben, jedoch die einzelnen Kurse an völlig unterschiedlichen Standorten üben. Die Choreographie kennen alle, nur je nachdem, wer und wie viele bei einem Auftritt teilnehmen, variiert die Aufstellung und die Verteilung der einzelnen Parts. So treffen wir uns etwas eher vor Ort, besprechen letzte Details und gehen möglichst einmal alles praktisch durch.
Bei der letzten Probe war der Fußboden wahnsinnig glatt, worauf ich überhaupt nicht vorbereitet war. Es war
ein gebohnerter Parketttanzboden, der für normale Tänze mit herkömmlichen Tanz- oder Turnschuhen taugt, aber nicht unbedingt gedacht ist für Schuhe mit Metallsohlen. Sie kommen sich vor, als liefen Sie mit Gleitschuhen auf einer vereisten Pfütze. Man muss sich sagenhaft konzentrieren, darf die Schritte nicht zu schwungvoll und ausladend machen, was einen im Ablauf natürlich irritiert. Es funktioniert nicht wie sonst …
Den anderen ging es nicht viel anders als mir. Wir trösteten uns damit, dass dafür der Bühnenboden bestimmt stumpf sein würde. Dort werden meist irgendwelche Platten zusammengesteckt, und dann ist mehr das Problem, dass gelegentlich zu breite Spalte gelassen werden.
Als wir hinkamen – Überraschung! Auch der Untergrund der Bühne entpuppte sich als spiegelglatt. Immerhin konnte es einen nicht mehr erschüttern. In dem Moment war ich ungemein froh, dass mich das kurze Training zuvor präpariert hatte. Dennoch gar nicht einfach, auf der Bühne nicht rückwärts in das dort stehende Schlagzeug zu flutschen.
Ich hätte Ihnen gern etwas von der Stepperei gezeigt, doch der USB-Stick mit einem Handyvideo, das ein Zu-
schauer aufnahm, kursiert noch in der Gruppe. (Und da wäre ebenfalls noch die Frage zu klären, ob alle ihre Zustimmung zur Veröffentlichung geben. Wir werden sehen …)
An dem Tag herrschte herrliches Spätsommerwetter, so bin ich in der Wartezeit vor dem Auftritt ein wenig herumspaziert. Von einer Brücke am Beginn des Mühlenkamps kann man auf den Langen Zug schauen. Das ist keine Waggonansammlung auf einem Abstellgleis, sondern so nennt sich etwas, das wie ein schmaler Arm der Außenalster wirkt, der in Höhe Bellevue in östlicher Richtung abzweigt. In Wirklichkeit verbirgt sich dahinter jedoch die Osterbek, die zur Alster hinfließt und auf dem letzten Stück, bevor sie dort mündet, den Namen Langer Zug trägt. Wie dem auch sei, Sie werden vermutlich auch sagen, Wasser ist Wasser.

Hamburg – Blick vom Mühlenkamp (Brücke) auf den Langen Zug (Richtung Außenalster)

Hamburg – Blick von der Brücke im Mühlenkamp auf den Langen Zug (andere Seite)
An warmen Tagen ist hier viel los, Spaziergänger biegen auf ihrem Weg um die Außenalster hier spontan ein, mit dem Alsterdampfer kommen Gäste zum gemütlichen Kaffeetrinken mit Blick aufs Wasser …

Hamburg – Langer Zug mit Alsterausflugsboot
… es wird gepaddelt, gerudert, Tretboot gefahren und direkt an der Ecke Mühlenkamp/Körnerstraße lassen sich sogar Bretter für das Stehpaddeln ergattern. Ein SUP-(Stand Up Paddling)Verleih hat dort seinen Sitz.

Hamburg – Blick vom Mühlenkamp auf den Langen Zug. Die Stehpaddler sind unterwegs …
Schon schön, solche anziehenden Punkte und Freizeitmöglichkeiten mitten in einer großen Stadt vorzufinden. Diese Ecken mit viel Grün und Wasser entschädigen immer für steigenden Straßenlärm, Baustellen oder Beton-ansammlungen anderenorts.
Mit diesen optischen Eindrücken verabschiede ich mich zunächst und wünsche Ihnen einen entspannten Ausklang des Wochenendes!
Haben Sie eine schöne Zeit!
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© by Michèle Legrand, September 2016
„Der trainiert für den Gondelführerschein …“ Unterwegs in Hamburg – Kür und Pflicht / Kesselfallen, Menschen auf Brettern und Édouard Manet
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Artikel, Foto, Garten- und Parkanlage "Planten un Blomen" (inkl. Besonderheiten im Tropenschauhaus!), Hamburg, Hamburgs Binnen- und Außenalster am 05/06/2016
Geht es Ihnen auch manchmal so, dass Sie es als ich will nicht behaupten sinnlos, aber als reichlich unbe-
friedigend empfinden, sich irgendwo hin zu begeben, nur mit der Aussicht, dort etwas zu erledigen, wozu
Sie keine Lust haben? Irgendein aufgehalstes Pflichtding, was sie aber auch nicht abbiegen oder ausfallen lassen können?
Einzig und allein für etwas gar nicht Erbauliches, Ungewolltes wird unter einigem Aufwand ein Ziel angepeilt, es fallen (Fahr-)Zeit plus Fahrtkosten an und letztendlich geht es lediglich darum, etwas hinter sich zu bringen?
Ein bisschen frustrierend ist das schon, oder? Nun, am Ende können Sie sich zwar lobend auf die Schulter klopfen und ein Sternchen dafür eintragen, wie brav und überhaupt nicht aufmüpfig Sie waren – aber es ist
und bleibt eine ziemlich lustlose Angelegenheit.
Ich sage mir immer, wenn man heimgekehrt ist und es einen selbst hinterher noch wurmt, dass man dazu los war und seine Zeit opfern musste und obendrein das Gefühl hochkommt, gleichzeitig käme jeglicher Ausgleich in Form von positiven Erlebnissen, jegliches Kontrastprogramm oder einfach die Entspannung zu kurz, dann wird es Zeit, sich Gedanken über eine praktischere, für die Stimmung förderliche Art der Abwicklung dieser Pflichtdinge zu machen.
Mir kam wieder unverhofft ein weiteres Pflichtding in die Quere. Die Betonung liegt auf dem Wörtchen wieder. Eine ganze Weile spult man sein Muss-Programm, selbst wenn es einseitig ist oder komprimiert anfällt, ja klaglos herunter, hofft auf bessere Stunden, doch in meinem Fall hatte ich kürzlich genau in dem Moment gelinde gesagt die Faxen dicke. Schon wieder! Und dann am Sonnabend! Und dafür extra los? Nur dafür?
Allerspätestens wenn dieser Punkt erreicht ist, wende ich gern einen Trick an.
Es handelt sich nicht um eine ultrageheime oder einzigartige Methode, andere werden es sicher auch so halten. Kindische Verweigerung bringt rein gar nichts, genauso wenig, wie etwas ständig weiter vor sich herzuschieben. Nein, ich kombiniere ganz gezielt Ungewolltes mit Erwünschtem. Das demotiviert nicht so. Es nimmt der Pflicht die Wucht und all das, was die Stimmung gern in den Keller befördert, was letztendlich mehr und mehr zu Frust, Tiefs und Leistungsabfall führt.
Bei einer Mischung und einer anderen Gewichtung hingegen verliert das Muss-Programm an Einfluss, die frei gewählte Ergänzung bringt den positiven Input. Und das Merkwürdige ist, selbst bei Zeitknappheit funktioniert dieses Prinzip.
Logisch schiene, je mehr ich einbaue in mein Programm, desto länger brauche ich insgesamt und desto länger habe ich wohl auch damit zu tun, ehe meine leidige Pflicht erledigt ist. Doch es läuft anders.
Eine gesunde Balance zu schaffen ist das beste Mittel, Energie nicht zu vergeuden, sondern zusätzliche zu sammeln und diese nicht für Frust zu verschießen oder vom Ärger und Stress fressen zu lassen. Stattdessen wird sie in die richtigen Bahnen gelenkt. Man ist insgesamt sehr viel besser drauf, was bewirkt, dass besonders die ungeliebten Programmpunkte schneller und leichtherziger ausgeführt sind.
Am freiwilligen Programm lässt sich notfalls etwas kürzen, wenn es ganz eng wird. Das ist immer noch besser, als gar nichts anderes einzuplanen und auf Ausgleich komplett zu verzichten. Für Skeptiker dieser Theorie möchte ich es so formulieren:
Sie würden nur dann kaum etwas auf die Reihe bekommen, wenn Sie auf einmal von einem Extrem ins andere verfielen. Es geht jedoch nicht von der Hektik ins Koma, Sie sollen nicht vom Duracell-Hasen zur menschge-wordenen Schlaftablette mutieren. Wir reden nicht von Pflichten ausklammern oder ewig vor sich herschieben. Es geht einzig und allein darum, statt nur Pflicht auch Kür zu haben. Frust und Lust. Was zu Beginn, mittendrin oder am Ende eingebaut wird, das mag jeder für sich entscheiden.
Wie es an dem bewussten Sonnabend kürzlich ablief?
Arbeitsauftragsmäßig hätte ich am Hauptbahnhof Halt einlegen müssen, bin stattdessen jedoch mit diebischem Vergnügen ein paar Stationen darüber hinausgefahren und so ausgestiegen, dass ich (leider, leider …) zurücklaufen musste und mich mein Gang dabei durch einen Teil der traumhaften Parkanlage Planten un Blomen führte. Bevor ich regulär vom Hauptbahnhof aus wieder heimfuhr – natürlich erst, nachdem auch die leidige Sache erledigt war – , blieb mir tatsächlich noch etwas Zeit für einige andere kleine Erkundungen (die bereits seit vier Monaten viel zu kurz kommen).
Wunsch und angepeiltes Resultat:
Das Muss-Ding sollte sich quasi nebenher erledigen, und ich wollte dafür sorgen, dass mir bei späteren Rückfragen nach der nennen wir es Qualität des Wochenendes, nicht dieser Pflichtrohrkrepierer als erstes einfiel und noch einmal sauer aufstieß.
So, Sie schnappe ich mir jetzt (falls Sie mögen) und zeige Ihnen die Dinge, die nicht mit der Pflicht zu tun hatten.
Planten un Blomen Ende Mai/Anfang Juni …

Hamburg – Planten un Blomen – Ende Mai 2016
Im Winter wurde diesmal im gesamten Park sehr viel und stark zurückgeschnitten, so dass es im zeitigen Frühjahr bei kühlem Wetter ein bisschen länger dauerte, bis alles neu austrieb. Doch bereits jetzt merkt man kaum noch etwas von der Auslichtungsaktion. Es ist wieder richtig schön dort!

Hamburg – Planten un Blomen – Ende Mai 2016
Die vielen Stauden lösen gerade die Zwiebelblüher ab, und bei dem feuchtwarmen Wetter explodiert ihr Wachstum.

Hamburg – Planten un Blomen – Hohe Farne mit ausgeprägtem Stiel
Bäume und Sträucher sind mittlerweile alle grün bzw. blühen sogar. Der Taschentuchbaum zeigt seine weißen Zipfeltücher und Ende des vergangenen Monats produzierten besonders die Rhododendren, Azaleen und Ginster ein sehr intensives Farbenmeer.

Hamburg – Planten un Blomen – Zeit der Rhododendronblüte – Lauschige Plätzchen nahe der Mittelmeerterrassen

Hamburg – Planten un Blomen – Ende Mai 2016 – Rhododendren und Ginster, im Hintergrund der helle Austrieb der Sumpfzypressen
Der Höhepunkt der Blüte ist jedoch schon überschritten, und die starken Regengüsse der letzten Woche haben danach ziemlich gewütet.

Hamburg – Planten un Blomen – Ende Mai 2016 – Rhododendren und Azaleen, Ginster gesellt sich dazu
Der Uferbereich unterhalb der Mittelmeerterrassen wächst wieder ein. Bei schönem Wetter flanieren hier Hunderte entlang des alten Wallgrabens und unverschämtes Glück hat, wer bei solchem Andrang noch einen weißen Liegestuhl am Hang oder direkt beim Gewächshaus ergattert und von oben genüsslich auf das Wasser und die Blütenpracht herunterschauen kann. Es ist dort immer ein wenig wärmer als anderswo, denn das Schiefergestein der Mauern speichert viel Wärme und gibt sie langsam wieder ab. Auch ein Grund, warum sich dort so viele Pflanzen aus der Mittelmeerregion wohlfühlen.

Hamburg – Planten un Blomen – Am alten Wallgraben (Irisblüte)
Der Park und speziell auch die Wiese am großen See (mit Wasserspielen und Lichtorgel) sind bei warmem Wetter dicht bevölkert. Wenn Sie in den Park möchten und freie Zeitwahl haben, dann wählen Sie vorzugsweise einen Wochentag. Schön ist er zwar immer, aber wochentags ist es wesentlich entspannter.

Hamburg – Planten un Blomen – Am alten Wallgraben
Wer sich keine großen Sorgen um einen guten Platz machen muss oder sonst notfalls übereinander liegt, sind die im und am Wallgraben lebenden Wasserschildkröten …

Hamburg – Planten un Blomen – Am alten Wallgraben – Schildkröten an ihrem Lieblingsplatz in der Sonne
Für Kinder stets die Attraktion schlechthin. Sie hören dann auch häufig Bemerkungen wie:
„Guck mal, das sind Doppeldecker!“, „Ich habe Stapeltiere gesehen!“ oder „Und wo haben die ihre Flossen?“

Hamburg – Planten un Blomen – Sonnenanbeter
Schon des Öfteren gab es aus gegebenem Anlass Neues aus Planten un Blomen (bei Interesse am Archiv werfen Sie bitte einen Blick auf die Kategorien auf der Startseite rechts). Einige unter Ihnen kennen daher das große Gewächshaus mit seinen unterschiedlichen Abteilungen. Das Schöne ist, dort gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Irgendetwas blüht zum ersten Mal, eine Pflanze ist neu hinzugekommen, etwas fruchtet nach Jahren endlich …
Heute habe ich Ihnen aus dem Tropenteil zwei sehr unterschiedliche, baumhohe Pflanzen herausgepickt, die gerade in Blüte sind.
Schauen Sie einmal, dies hier ist ein Saraca asoca, auch Heiliger Ashok-Baum genannt, da er in Indien in der Nähe von Hindu-Heiligtümern anzutreffen ist. Ashoka ist ein Begriff aus dem Altindischen (Sanskrit), hat die Bedeutung „ohne Sorge“. Es gibt ihn auch in weiteren Ländern der Region, doch ist seine Art inzwischen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten als vulnerable (gefährdet) aufgeführt.

Hamburg – Planten un Blomen – Saraca asoca, der heilige Ashok-Baum
Hier steht er nun im Gewächshaus. Ein immergrüner Baum, der im Freien etwa zehn Meter hoch wird, hier im Laufe der Zeit immerhin bis zum Glasdach gewachsen ist und dort in dieser Höhe im Moment eine dekorative, leuchtend orangefarbene Blütenpracht präsentiert. Der Ashok-Baum trägt große Dolden bzw. schirmrispige Blütenstände mit unzähligen Einzelblüten, die unheimlich lange Staubfäden haben. Die farbintensiven Kelchblätter verändern ihre Farbe. Die Blüte startet in Gelb, wird orange und zum Ende der Blütezeit schließlich fast scharlachrot. Und wie das duftet! Am stärksten in der Nacht, auf diese Art lockt der Baum seine Bestäuber an. Natürlich gewöhnlich draußen, aber die Blüte ändert ja nicht auf einmal ihr Verhalten, nur weil sie das Leben einer Gewächshauspflanze führt. Das Duften deshalb abstellen? Nein, auf die Idee kommt sie nicht.
Wer morgens bereits das Tropenhaus besucht und durch die Glastür tritt, registriert, der Duft der Nacht schwebt noch im ganzen Raum!
In der Natur entwickeln sich nach der Blüte 15 bis 25 cm lange Hülsenfrüchte. Bei Reife platzen sie auf und geben vier bis acht Samen ab. Wie gesagt im Freien, mit entsprechenden Bestäubern im Umfeld des Baumes.
Wissen Sie daher, was eigenartig ist und auch für die Fachleute vor Ort momentan noch ein kleines Rätsel darstellt?
In Stammnähe sind einige Sämlinge zu sehen, was heißt, dass die Pflanze Samen angesetzt hatte. Nur wer hier drinnen im Gewächshaus den Pollentransport vornimmt, das weiß keiner …

Hamburg – Planten un Blomen – Die Doldenblüten der Saraca asoca (Heiliger Ashok-Baum)
Dies hier nun, ist die eigenwillige Blüte eines Baumes, der sich Aristolochia arborea nennt.

Hamburg – Planten un Blomen – Blüten der Aristolochia arborea
Die Blüten der Aristolochia arborea sind Kesselfallen und was die Gestaltung angeht sehr speziell. Optisch besonders auffällig! Wenn Sie einmal genau hinschauen, erkennen Sie, dass sich in der Mitte der sogenannten Perianthröhre etwas befindet, was auf den ersten Blick wie ein kleiner Hutpilz aussieht.
Man geht davon aus, dass diese Blüte von der Pilzmücke bestäubt wird. Ein Insekt, das sich – wie sein Name sagt – auf Pilze konzentriert und selbst seine Eier dort ablegt. Die Pilzmücke fällt tatsächlich auf diese Attrappe herein, zumal die Blüten oft sehr weit unten in Bodennähe am Stamm auftauchen, an einem Platz, an dem Pilzwuchs durchaus realistisch erscheint.

Hamburg – Planten un Blomen – Im Innern einem Hutpilz täuschend … Aristolochia arborea
Die Pilzmücke forscht nun, ob sich das Gebilde für ihre Eiablage eignet und untersucht dafür angelegentlich die Hutpilzkopie. Sie bemerkt dabei nicht, dass eine kleine Öffnung für sie zur Gefahr werden könnte, fällt prompt hindurch und sitzt in der Kesselfalle.
Weil aber oben durchscheinende Zellen fast wie ein Fenster wirken, meint sie, dort einen Ausgang zu entdecken, Versucht sie daraufhin, dadurch zu entkommen, berührt sie die klebrigen Narben und überträgt dabei Pollen, den sie selbst mitgebracht hat. Raus kommt die Pilzmücke auf diese Art nicht, aber sie überlebt es trotzdem, denn schon am nächsten Tag öffnen sich die Antheren (Staubbeutel), und nun werden wiederum die Pilzmücken mit Pollen eingestäubt.
Die Blüte der Aristolochia arborea welkt, was die Zwangsinhaftierung der Pilzmücke beendet und ihr erlaubt, der Falle zu entkommen.
Über die kühlere Subtropen-Abteilung geht es Richtung Farnhaus …

Hamburg – Planten un Blomen – Tropenschauhaus (Farnbereich)
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… zum Sukkulentenhaus. Dort leuchten schon von weitem die großen Blüten einer Kaktuspflanze, die den Namen Cactaceae Echinocereus salm-dyckianus trägt.

Hamburg – Planten un Blomen – Sukkulentenhaus – Cactaceae Echinocereus salm-dyckianus
Ich müsste ganz allmählich irgendwie wieder Richtung Hauptbahnhof kommen. Sie wissen, die Pflicht …
Erkenntnisse an der Binnenalster
Von Planten un Blomen, Ausgang Stephansplatz, geht es daher weiter Richtung Esplanade. Diese Straße führt zur Lombardsbrücke, und die überquert gemeinsam mit der parallel zu ihr verlaufenden Kennedybrücke die Alster. Die beiden Brücken trennen Binnen- und Außenalster optisch voneinander ab. Wenden wir uns heute der Binnenalster zu.

Hamburg – Binnenalster – Chillen …
Dort fahren nicht nur die Boote der Alstertouristik oder der schon betagte Alsterdampfer St. Georg, der wirklich Dampf ablässt, hier sind auch Ruderer unterwegs oder Tretbootfahrer.

Hamburg – Binnenalster – Alsterdampfer St. Georg unterquert die Lombardsbrücke Richtung Außenalster
Und wie Sie unschwer erkennen, ebenfalls einige auf Brettern stehende Menschen mit langen Stechpaddeln …

Hamburg – Binnenalster – Die Stehpaddler sind unterwegs …
Ein älterer Herr schaute sich das Szenario an. Als seine Frau einen der Paddler geraume Zeit mit den Augen verfolgt hatte, fragte sie ihren Gemahl, was das dort denn bloß sei, das hätte sie ja noch nie gesehen!
„Der trainiert für den Gondelführerschein“, antwortete er bierernst.
„Du spinnst“, lautete ihre Reaktion, woraufhin er nur seelenruhig erwiderte:
„Dann sag du mir doch, was das sonst sein soll!“
Auch wenn sich das Stand Up Paddling oder Stehpaddeln als Freizeitsport enorm verbreitet, es ist bisher nicht überall und jedem bekannt. Wo die Möglichkeiten nicht gegeben sind, weil Wasserflächen fehlen, kommt eben keiner damit in Berührung. Das wiederum schafft Platz für kühne Phantasievorstellungen …
Warum sollte jeder beim Anblick sofort eine Verbindung zu den polynesischen Fischern und ihren Kanus, die sie im Stehen paddelnd vorwärts bewegten, sehen. Und folglich darin den Ursprung dieser Disziplin erkennen. Warum eine schnelle Art der Fortbewegung auch über weite Strecken oder reines Sportvergnügen daraus ableiten, wenn man gerade komplett andere Assoziationen hat.
Diese Idee des Herrn bezüglich des Gondelführtrainings ist nicht völlig abwegig!
Man hat hier in Hamburg, das gern als das Venedig des Nordens (aufgrund seiner vielen Brücken und Fleete) bezeichnet wird, tatsächlich schon überlegt, sich bei den Venezianern die Sache mit den Gondeln abzugucken. Hauptsächlich für die Touristen. Wo allerdings Gondeln eingeführt werden, wären natürlich auch Gondolieri dringend gebraucht. In Venedig sieht man das als sehr anspruchsvollen Job. Das darf erstens nicht jeder Hans und Franz, und zweitens muss der zukünftige Gondoliere eine recht schwere Prüfung ablegen. Wieso sollte das Prozedere in Hamburg anders sein …
Wenn es nach der Vorstellung unseres geschätzten Kommentators ginge, erfolgte das Training also auf dem Surfbrett, die Erlangung des Führerscheins und eine Gondola wären danach vermutlich nur noch eine Frage der Zeit.
Auf der Alster für sein segelloses Surfbrett ein langes Stechpaddel dabeizuhaben, ist auf jeden Fall nicht verkehrt. Denn Sie werden hier recht lange auf tosende Brandung und hohen Wellengang warten müssen, um auf diese Weise, wild über die exorbitanten Wellenkämme reitend, vorwärtszukommen …
Hamburger Kunsthalle – Sonderausstellung Édouard Manet
Ist die Lombardsbrücke überquert, sehen Sie bereits auf der linken Seite die Hamburger Kunsthalle. Beide auf dem Foto auftauchenden Gebäude gehören dazu! Insgesamt sind es mit einer Erweiterung zur anderen Seite sogar drei Bauten. Links der weiße Kubus mit fünf Stockwerken ist die Galerie der Gegenwart, dazwischen befindet sich das Plateau (auf dem z. B. schon die Riesenspinne „Maman“ von Louise Bourgeois ausgestellt wurde), das was Sie rechts als Backsteingebäude erkennen, ist der Gründungsbau von 1869.

Hamburg – Kunsthalle (links und rechts)
Die Hamburger Kunsthalle kann ich Ihnen empfehlen! Generell und besonders jetzt!
Sie haben sicher aus der Presse vernommen, dass nach langer und millionenteurer Umgestaltungs-
und Renovierphase zum Mai Wiedereröffnung war und Gebäude, Außengelände und vor allem die Ausstellungsräume und damit die Präsentation der Werke jetzt viel schöner als vorher sind.
Der Eingangsbereich wurde nach fast 100 Jahren von der Seite, die Richtung Hauptbahnhof zeigt, wieder zurück in das alte Backsteingebäude und dort Richtung Plateau verlegt. Schauen Sie sich das Ergebnis an,
es ist recht gelungen!
Viel einladender und imposanter allein schon bei der Ankunft durch die interessante Fassade mit ihren Säulen, Verzierungen und Figuren. Freundliche, warme Farben nun auch innen, dazu großzügige Marmortreppen, Stuck (goldverziert), ein Terrazzoboden mit geometrischem Muster, gute Aufteilung, ansprechende Beleuchtung.
Sie merken, ich habe es mir nicht verkneifen können, auch dort einen Halt einzulegen. Ein weiterer Kürpunkt und direkter Anlass war für mich allerdings nicht allein die Wiedereröffnung, sondern die gerade gestartete und noch bis zum 4. September 2016 laufende Sonderausstellung mit einer Vielzahl von Werken des Malers Édouard Manet.
Da der gesamte erste Monat nach Umbau für alle Besucher der Kunsthalle eintrittsfrei war, habe ich mir gedacht, selbst wenn ich nur kurz für diese Ausstellung bleiben kann, so ist es nicht tragisch. Anders, als hätte ich 12 bzw. 14 € (wochentags bzw. am Wochenende und feiertags) Eintritt zu bezahlen und müsste dann bereits nach einer knappen Stunde wieder gehen.

Hamburg – Hamburger Kunsthalle – Die Seite, an dem sich jetzt wieder der Eingang befindet …
Die Manet-Ausstellung ist vielseitig! Zeigt wirklich Exponate aus unterschiedlichen Phasen seines Schaffens, ebenfalls Gemälde einer Schülerin. Es lohnt sich!
Sie finden die Werke im Untergeschoss des Gründungsbaus, und ich denke, dass es jetzt im Juni und mit regulärem Eintritt nicht mehr diesen Andrang gibt, den ich Ende Mai erlebte. Aus diesem Grund gab es spezielle Zeitfenster-Tickets, die man sich aushändigen lassen musste. Ohne sie kam man nicht hinein, und theoretisch wurde daraufhin immer im Abstand von 15 min. eine Besuchergruppe durchgeschleust. Theoretisch deshalb, weil in der Praxis keiner herausgezerrt wurde, der mit dieser Zeit nicht auskam. Wer länger brauchte, durfte in Ruhe zu Ende schauen, während das Gros der Besucher wechselte. So entstand kein Gewühl und die Bilder ließen sich wirklich aus der Nähe betrachten.
Warum seine?
Ich kann gar nicht sagen, dass Manet mit der Wahl mancher Motive, egal ob es sich um lyrische, weltliche oder gar sakrale Szenen handelt, dass er damit und mit seinem Stil und seiner Umsetzung unbedingt zu meinen absoluten Lieblingsmalern gehören würde, aber ich finde Einzelwerke, ihn und seine Entwicklung interessant.
Da sehe ich einen talentierten Mann, der sich als Künstler trotzdem zunächst wie andere auch an die eigene und später ganz typische Art von Darstellung herantastete, sich und Techniken ausprobierte, manches wieder verwarf. Ich entdecke einen, der anfangs Vorbilder suchte und den ganz offensichtlich die spanische Malerei anzog. Beim etwas genauerem Betrachten entdeckt man bei einigen Gemälden, dass ein Tizian, ein Veláquez Einfluss ausübten oder auch ein de Goya y Lucientes und ein Tintoretto für ihn und sein neu geschaffenes Werk Pate standen.
Sie finden keine 1:1 Kopien! Er hat eigene Motive, jedoch ähnliche Szenen und Anordnungen. Hin und wieder gibt es durch seine Maltechnik und besonders durch eine fast identische Platzierung oder die Körperhaltung seiner Hauptfigur ein kleines Déjà-vu-Erlebnis. Man sucht im Gedächtnis, an was es einen erinnert … bis eben Tizian oder ein anderer ausgeworfen wird.
Im Fall jener Gemälde, auf oder besser gesagt aus denen seine Figuren einen ungewöhnlich direkt anblicken, kommt mir z. B. spontan sein Malerkollege und Vorbild Goya mit seinem Werk „Die nackte Maja“ in den Sinn. Auch sie schaut sehr offen (für damalige Zeiten), bei Manets Versionen erscheinen die Blicke fast noch etwas selbstbewusster, beinahe ein wenig herausfordernd.
Er hat sich definitiv bei anderen Malern Inspiration geholt, wie es wiederum später Eva Gonzalès als seine Schülerin auch bei ihm tat. Der Meister hatte so viel Einfluss auf ihre Darstellungsart, dass das Hamburger Abendblatt dadurch kürzlich sogar versehentlich den Urheber eines in dieser Zeitung verwendeten Gemäldeabdrucks, der für Manet selbst und die Ausstellung werben sollte, verwechselte. Das Werk war nicht von ihm, sondern von Eva Gonzalès.
Ich sehe im Falle von Manet außerdem einen fast schon Einzelgänger, der mal eben kurz die Regeln der Moral in den Wind schoss und zeitweilig mit Bildnissen von nackten („Olympia“, „Frühstück im Grünen“) oder auch nur für damalige Verhältnisse unzüchtig bekleideten Frauen („Nana“) für Skandale sorgte. Die „Olympia“ ist es übrigens, die sofort an die Venus von Urbino von Tizian erinnert!
Vor seinen Werken stehend fällt mir ebenfalls auf, dass dieser Mann nicht rein akademisch malte, er sich nicht immer um absolute Korrektheit scherte. Nicht immer passen die Proportionen optimal, nicht überall ist alles akribisch ausgemalt, klar dargestellt und bis in die letzte Ecke deutlich. Verwischt, vertupft … Es sind Kleinigkeiten, die das eigene Empfinden zwiegespalten registriert. Der Ordnungssinn moniert das „Schludern“, der kreative Part findet es klasse und betrachtet es eher als besonderen Anziehungspunkt.
Sehr stark finde ich bei Manet auch, welche Wirkung er auf seinen Gemälden mit der Farbe Schwarz erzielt, einer Farbe, die ja eigentlich als Nichtfarbe zählt. Er verwendet sie in vielen Abstufungen. Schwarz ist nicht gleich schwarz – Sie wissen selbst wie das ist, sobald sie verschiedene schwarze Kleidungsstücke zusammen anziehen wollen. Die Hose wirkt auf einmal grau-schwarz, das Oberteil kommt in tiefmitternachts- oder kohlengrubenschwarz daher. Und dazwischen liegen mindestens zehn bis 15 Abstufungen …
Das nutzt er und zwar durchaus großflächig. Trotzdem wirken die Bilder nicht grundsätzlich düster. Gerade mit dem Einsatz von Schwarz schafft er Kontraste und für mich insofern ein etwas anderes visuelles Erlebnis, da alle anderen Farben dadurch eine besondere Leuchtkraft zu bekommen scheinen („Frühstück im Atelier“). Schon toll!
So langsam muss ich allerdings …
So viel entdeckt … Bewegung, Frischluft, neue Anregungen. Die Kürelemente … Mensch, war das schön!
Wie bitte? Die Pflichtsache?
Eine kurze Angelegenheit, die kurzfristig dazugekommen war, hatte ich nebenher auf dem Weg schon erledigt, davon haben Sie gar nichts mitbekommen. Die eigentliche Muss-Sache verlief am Ende erstaunlicherweise viel besser und schneller als gedacht! Ich vermute stark, es lag daran, dass die Pflicht nach allem anderen keine Chance mehr hatte, ihren elend hohen Nervfaktor auszuspielen.
Konfuzius meinte ja weise, der Weg sei das Ziel. Und ich ergänze pseudoweise:
Erscheint das Ziel als eher aufgedrücktes Muss-Ziel und wenig attraktiv, dann spicke wenigstens den Weg dorthin mit erfreulichen Zwischenstopps.
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© by Michèle Legrand, Juni 2016
Unterwegs in Hamburg: „Was finden Sie denn an dem Parkhaus so toll?“
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Artikel, Foto, Hamburg, Hamburgs Binnen- und Außenalster, Hamburgs City (Rathaus, Alsterarkaden, Skulpturen, Erkundungsgänge ...) am 10/01/2016
Willkommen zurück! Ein gutes 2016 für Sie!
Die Zeit, sie fliegt bereits wieder, und das neue Jahr ist schon gar nicht mehr so extrem jung.
War bei Ihnen in der letzten Zeit auch wettertechnisch Obertrübnis angesagt? Ein ewig grauer Himmel?
Soweit ich mich entsinne, schien in Hamburg vor dem gestrigen 9. Januar zuletzt am ersten Weihnachtsfeiertag richtig die Sonne. Ich erinnere mich deshalb, da ich nämlich just an diesem Tag in der Küche am brutzeln des großen Familienweihnachtsmahls war und dabei etwas sehnsüchtig nach draußen blickte.
Frühlingshaft, blauer Himmel … Man kommt an solch einem Tag leider erst nicht weg vom Herd und bleibt später mit seinen Gästen in der Regel drinnen. Im Nu wird es auch dunkel. Sonne verpasst …
Vertagen klappte genauso wenig, denn danach zog mit der Kälte besagtes „Grauen“ ein und hielt sich hartnäckig. Mir ging das nach zwei Wochen richtig aufs Gemüt! Lichtmangel, Vitamin-D-Defizit, irgendetwas in der Art wird der Auslöser gewesen sein.
Gestern nun traute sich endlich wieder die Sonne hervor! Schon war ich eingemummt und zog Richtung Stadt.
Startete an der Binnenalster …

Hamburg – Binnenalster – Anleger Jungfernstieg

Hamburg – Binnenalster – Möwenpickeis …

Hamburg – Binnenalster – … und es fahren doch Boote, trotz Eis.

Hamburg – Binnenalster mit Lombardsbrücke
Zog weiter Richtung Planten und Blomen …

Hamburg – Planten un Blomen – Winterlich an einigen Ecken …

Hamburg – Planten un Blomen – … an geschützter Stelle blüht die Zaubernuss (Hamamelis).
Ging zu Fuß zurück Richtung Hauptbahnhof – und da fiel mir wieder ein, was ich schon länger vorhatte:
Ich würde Ihnen gern wieder einmal etwas aus meiner Heimatstadt Hamburg zeigen bzw. verraten!
Natürlich hatten Sie auch schon die Fotos gerade eben, aber es gibt obendrein Spezielles, das selbst die Hamburger nicht automatisch kennen oder wenn sie es im Vorbeilaufen gesehen haben, nicht unbedingt ahnen, welche Bewandtnis es damit hat.
Wenn Sie mit der U-Bahn zur Steinstraße (U1) fahren und sich dort dem nördlichen Bahnhofsausgang zuwenden, mit der Rolltreppe oben auf Straßenniveau ankommen, so stoßen Sie direkt auf ein buntes Wandmosaik. Wissen Sie, was es darstellt? Ist es einfach nur nett anzusehen oder steckt mehr dahinter?
Stopp! Warten Sie! Ich erzähle doch „von hinten“. Es passt gerade besser. Dann muss ich nichts doppelt auf Sie loslassen.
Ich habe gestern ein Mosaikbild dort für Sie gesichert und brauchte als Ergänzung die Aufnahme eines bestimmten Parkhauses. Um das Gebäude wirklich ganz aufs Foto zu bekommen, war Abstand zum Objekt vonnöten. Ich überquerte daher die Kreuzung an der Steinstraße. Als günstigster Punkt entpuppte sich der Platz an einer Fußgängerampel schräg gegenüber. So stand ich plötzlich inmitten einiger Wartender und fotografierte über die Straße hinweg.

Hamburg – Das Saturn-Parkhaus nahe des Hauptbahnhofs
„Also da gibt’s doch wirklich schönere Sachen zu knipsen!“, meinte eine Frau zu ihrem Begleiter.
Sie sprach laut und deutlich, so dass ich es beim besten Willen nicht überhören konnte. Ihm war das etwas peinlich und da ich auch noch ungeniert zu ihnen hinschaute, fragte er mit etwas schiefen Lächeln:
„Was finden Sie denn an dem Parkhaus so toll?“
„Ich finde es überhaupt nicht toll.“
„Ja, aber wieso …?“
Die Fußgängerampel sprang auf Grün. Sie warteten weiter. Höflichkeit?
„Möchten Sie weitergehen, solange Grün ist, oder hätten Sie gern die Antwort?“, fragte ich.
Beide blieben stehen …
„Genau dort stand früher die „Wasch- und Badeanstalt Schweinemarkt“. Die war genauso rund
angelegt wie dieses Parkhaus von Saturn.“
„Eine Badeanstalt? Dort? Haben wir noch nie gehört!“, meinten sie einstimmig. Obwohl sie hier leben würden.
Das ist nicht verwunderlich. Einerseits sind sie jünger als ich, und selbst ich habe es erst irgendwann durch einen Artikel erfahren, nicht durch Erinnerung an frühere Zeiten. Zu lang ist das alles schon her. Den Bericht dazu hatte ich mir allerdings gerade kurz vor meiner gestrigen Tour wieder einmal geschnappt.
Sie wirkten weiterhin interessiert. Also fuhr ich fort:
„Die Badeanstalt wurde 1855 eröffnet. Sie ist noch unter einem weiteren Namen bekannt; es fällt in diesem Zusammenhang häufig der Begriff „Tempel der Reinlichkeit“.
In den Jahren zwischen 1838 und 1860 arbeitete hier in der Stadt ein englischer Ingenieur namens William Lindley, der ganz erheblich an der Modernisierung Hamburgs beteiligt war. Ein Hauptaugenmerk lag dabei seinerzeit auf der Wasserversorgung und dabei ebenfalls darauf, gerade für die ärmere Bevölkerung durch öffentliche Badehäuser die Bedingungen zu verbessern. Man konnte in diesen Häusern nicht nur baden, sondern auch an über 30 Wäscheständen seine Wäsche waschen und alles verrichten, was in diesem Zusammenhang mit anfiel. Plätten, mangeln …“
„Nicht schlecht …“
„Nein, nicht wahr? Sie müssen sich das mit dem Bad ziemlich gut durchdacht vorstellen. Praktisch angeordnet. Ein eingeschossiger Bau, also längst nicht so hoch wie das Parkhaus heute. Ein runder Grundriss, in der Mitte ein Schornstein, der allerdings hoch und weit sichtbar aufragte. Er maß immerhin 40 Meter!
Ein Innenrund, darum ein Rundgang, von dem durch Holzwände abgetrennte Kabinen abgingen. Massenhaft Badenwannen! Die Angaben über die genaue Zahl sind nicht so ganz einheitlich. Sie schwanken zwischen 50 und 65 Stück, jeweils in Einzelkabinen aufgestellt. Selbstverständlich wurden Frauen und Männer getrennt! Sogar die Eingänge lagen an verschiedenen Straßen! Für die Damen hier an der Steinstraße, für die Herren am Steintor. Die Männer hatten zusätzlich zu den Wannen noch ein „Regenbad“. So nannte man die Duschen damals.
„Regenbad?“ Die Frau grinste amüsiert. „Wie lange gab es denn das Bad überhaupt?
„Bis Anfang 1963 immerhin. Es hatte im Krieg schon arg gelitten, wurde jedoch wieder aufgebaut. Irgendwann Anfang der 50er Jahre verschwand der Schornstein. Der wurde nicht mehr gebraucht. Und schließlich plante man Neues. Die Verkehrsplanung gewann an Gewicht, ein neues Kaufhaus sollte her. Erinnern Sie sich vielleicht noch an Horten? Bevor Saturn hier um die Jahrtausendwende einzog? So fiel letztendlich der Beschluss für die Aufgabe des Bades. Man wollte diese Fläche anders nutzen.“
„Man gibt ja generell in Hamburg gern Bäder auf …“, merkte der Herr an.
Womit er gar nicht so Unrecht hat.
„Waren Sie denn schon unten am Mosaik?“, fragte ich, „beim Abgang zur U-Bahn Steinstraße?“
„Nein, wir kommen direkt vom Hauptbahnhof. Was ist denn dort zu sehen?“
Ich zeigte Ihnen das von der Kamera gespeicherte Foto, das ich gerade zuvor aufgenommen hatte.

Hamburg – U-Bahnhof Steinstraße (U1) – Motiv „Wasch- und Badeanstalt Schweinemarkt“ bzw. „Tempel der Reinlichkeit“ (Mosaik von Walter Siebelist, 1904-1978)
„Hier, können Sie etwas erkennen auf dem kleinen Display? So sah das Bad damals in etwa aus. Das Mosaik dazu stammt von dem Künstler Walter Siebelist. Es soll auch heute noch an den Tempel der Reinlichkeit erinnern.“
„Oh, das ist aber echt wesentlich hübscher als das dunkle Parkhaus“, fand sie. „Lass uns doch noch mal eben runter gehen, das ist ja nur ein paar Meter entfernt“, fügte sie, ihrem Begleiter zugewandt, hinzu. „Ich möchte das gern mal groß sehen.“
Wir verabschiedeten uns.
„Viel Spaß!“, wünschte ich den beiden. „Das Saturn-Parkhaus am Steintorwall hat man übrigens extra deshalb rund angelegt. Wegen des ehemaligen, ebenfalls runden Bades. Mein Parkhaus-Fotowunsch diente quasi der Komplettierung meiner Fotoaktion. Nur um noch Ihre Frage von vorhin ganz zu beantworten …“
Und so marschierten die beiden Richtung Mosaik, ich hatte mein Foto des hässlichen Parkhauses, ebenso das des Wandbilds und sogar noch eine Unterhaltung, die Ihnen gleich alles mit erklärt. Zwei bis fünf Fliegen mit einer Klappe erwischt, würde ich das nennen.
Für heute verabschiede ich mich. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Sonntag!
Vielleicht ist zufällig bei Ihnen Badetag. Dann gedenken Sie kurz früherer Zeiten, erfreuen sich dann an Ihrem modernen Regenbad oder der komfortablen Wanne und daran, dass Sie selbst den Hahn auf- und zudrehen dürfen. Das war im Bad nämlich alleinige Sache der Angestellten!
Bei Ihnen daheim gibt es sicherlich auch keine Klassengesellschaft. Damals im Tempel der Reinlichkeit existierte hingegen eine Erste und eine Zweite Klasse! Mit entsprechenden Wannenunterschieden! Die bessere war aus Stein mit schöner, weißer Innenlasur. Badehandtücher, Bürste und Kamm inklusive. Die einfachere Version hieß Zinkwanne. Dazu nur ein Tuch. Etwas härter …
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Quelle:
Ich habe einen alten Artikel von Dierk Strothmann aus dem Jahr 2007 aus dem Abendblatt-Journal zurate gezogen. Einige Details sind seinem Bericht entnommen. Weitere Informationen entdeckte ich in folgendem Buch, das ich Ihnen empfehle, wenn Sie die Stadt und seine Geschichte generell interessiert: Es trägt den Titel „Hamburger Geheimnisse“ und wurde vor nicht allzu langer Zeit vom Hamburger Abendblatt herausgebracht. Man ist darin insgesamt 50 Besonderheiten auf der Spur.
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© by Michèle Legrand, Januar 2016
Stippvisite an der Außenalster: Technik, Bullaugen und ohne Jacke auf dem Wasser
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Artikel, Foto, Hamburg, Hamburgs Binnen- und Außenalster am 30/08/2015
Bullaugen, aber nicht an einem Schiff. Ein französischer Apparat am Wegesrand. Und jemand, der hemdsärmelig im Wasser steht. Einer, dem selbst kühles Wetter und Dunkelheit nichts ausmachen. Darum geht es heute. Allerdings hätte ich Ihnen beinahe nach dem unlängst bereits dazwischen geschobenen Gummistiefelweitwurf erneut etwas anderes untergejubelt, obwohl die Alster angesagt war.
Ich saß bereits an einem neuen Blogpost, der mit Wasser rein gar nichts zu tun hat. Er hätte eine nützliche Warnung enthalten. Für Sie. Ein ernster Hinweis nach eigener leidvoller Erfahrung. (Nun ja, so ernst Sie es halt bei mir erwarten können. Fügen Sie ein Räuspern vor dem leidvoll hinzu.)
Der Beitrag kommt auch noch!
Nur befand ich mich zu diesem Zeitpunkt mit meinem Laptop auf der Terrasse, und mittendrin fiel mein Blick auf die lange Ameisenkolonne, die neben mir auf einmal über die hellen Granitbodenplatten marschierte. Fein hintereinander, gelegentlich auch als Grüppchen.
Herrschaften! Wo kommt ihr denn her?
Noch ein Schwung. Das scheint ja gar nicht mehr aufzuhören!
Dreiunddreißig, vierunddreißig, fünf-sechs-sieben-achtunddreißig, neununddrei-vierz-zweidreiundvierz-vierfünfsechsundvierzig, siebenneunfünfzig (die letzten kamen extrem schnell hintereinander). Ich kam mit dem Zählen kaum nach!
Man bräuchte ein Zählgerät …
In dem Moment fiel es mir wie Schuppen von den Augen, dass etwas Angekündigtes weiterhin aussteht! Schande aber auch! Die Alster hatte ich mittlerweile komplett vergessen!
Doch nun!
Erinnern Sie sich an das Reißverschlusshaus in der Barcastraße? An die Lange Reihe?
Dort endete kürzlich unweit des Hauptbahnhofs ein Entdeckungsgang, und von dort ist es wirklich nur ein Katzensprung bis zur schönen Außenalster.
Eine der Verbindungsstraßen Richtung Alster ist der Holzdamm. Aus Richtung Hauptbahnhof kommend stößt er auf die Straße „An der Alster“. An dieser Ecke steht mit Blick auf das Wasser das große Hotel Atlantic. Hier im Holzdamm befinden sich u. a. die Eingänge zu den Festsälen des Nobelhotels. Sie treffen davor nicht selten auf Limousinen gehobener Preisklasse und auf die recht imposant wirkenden Wagenmeister des Hotels. Eindrucksvoll durch die traditionelle Uniform, die sie tragen. Schwere Stoffe, glänzende Knöpfe. Zylinder und ein weiter Umhang gehören zur Ausstattung. Der Stil der Kleidung geht zurück auf das Viktorianische Zeitalter. Darin fallen sie auf und werden praktischerweise sofort und schon von Weitem als Bedienstete des Hotels erkannt.
Ein paar Schritte über die Straße sind es nur zum Wasser. Zur Linken befindet sich nicht weit entfernt die Kennedybrücke. Sie ist quasi das untere Ende der Außenalster. Unter ihr und der daneben liegenden Lombardsbrücke hindurch geht es zur Binnenalster.
Der größere See, die Außenalster, hat wirklich beachtliche Ausmaße. Vielleicht dient als Hilfe für die eigene Größenvorstellung aber eine Zahl zum „Umfang“ wesentlich besser als Flächenangaben. Die Länge z. B. der Laufstrecke entlang des Ufers beläuft sich bei einer Umrundung auf ca. 7,4 km.
Einige Uferabschnitte sind besonders idyllisch und ruhig, so am Westufer, wenn Alsterpark und Vorland mit Wiesen vorhanden sind und die viel befahrenen Straßen weit zurückliegen.
Am Ostufer ist es unterschiedlich.
Wir nehmen uns heute genau den Teil vor, der im Grunde der lauteste Abschnitt ist. Den Bereich zwischen dem Hotel Atlantic und Schwanenwik (der Schwanenbucht) ein Stückchen weiter nördlich.
Das Verblüffende an diesem Teilstück ist, dass Sie es trotzdem richtig genießen können! Sie müssen nur lernen, sich eine Weile konsequent nicht nach rechts zu drehen, da der Spazierweg teilweise unmittelbar an der mehrspurigen Straße „An der Alster“ vorbeiführt, auf der Tag und Nacht der Verkehr braust. Sie müssen es ausblenden und stur nur die linke, die Wasserseite, beachten. Die ist wunderschön!
Nach kurzer Zeit verbreitert sich auch der Uferbereich, so dass Sie dem Straßenlärm sowie Abgasen entkommen.
Ich sprach von West– und Ostufer. Das dürfen Sie so verstehen, als betrachteten Sie die Außenalster auf einer Karte. Wenn Ihnen im Zusammenhang mit einem Schachturnier jedoch jemand etwas vom Spiel des linken gegen das rechte Alsterufer erzählt, müssen Sie aufpassen! Wenn dabei links gegen rechts antritt, ist links nicht wie üblich westlich und rechts keineswegs östlich des Alstersees. In dem Fall schaut man nämlich von der Quelle der Alster, und die befindet sich nördlich von Hamburg! Zack-di-wupp! – schon ist links östlich.
Was es einem sehr leicht macht, sich nur in die eine Richtung – nämlich zum Wasser hin – zu orientieren, ist der Ausblick. Es ist die Weite, es sind markante Punkte in der Ferne, das Grün an den Ufern, die Ruhe, die von der großen Wasserfläche ausgeht. Es ist die Tatsache, dass es in diesem Bereich einen Anleger für Boote der Alsterschifffahrt gibt. Es ist in diesem Uferabschnitt das Vorhandensein von einigen Segelschulen und Ruderclubs, die alle Holzstege hinaus auf die Alster und über dem Wasser sogar flache Gebäude haben. Zum weitaus größten Teil gibt es dort ein Gastronomieangebot und die Möglichkeit zur Einkehr.
Es ist angenehm, sich so nah am oder über dem Wasser bei einem Kaffee niederzulassen, geschützt von oft erstaunlich dicht gewachsener Uferbepflanzung, die nun im Rücken zum unruhigen Verkehr hin abschottet. Um sich herum kleine Boote, ein paar vorwitzige Wasservögel und gelegentlich ein Schiff der Alsterflotte, das geradewegs auf einen zusteuert und erst im letzten Moment abdreht, um längsseits am Steg anzulegen.
Wenn Sie danach weiterziehen, entdecken Sie mancherorts ein bisschen versteckte Kunst …
Oder auch dies …

Hamburg – Außenalster – Blick hinüber zum Fernsehturm (Heinricht-Hertz-Turm) und dem Radisson Blu Hotel am Dammtor
Nach einer Weile treffen Sie auf den Herrn, der ohne Jacke auskommt. Mitten in der Alster steht er. Es ist einer der Bojenmänner von Stephan Balkenhol. Stammleser haben ihn schon während der Alsterrundfahrt von der Wasserseite aus näher kennengelernt.
Er kommt nur im Winter an Land, ansonsten ist er Tag und Nacht dort anzutreffen. Manchmal, wenn ich ihn in dieser Haltung stehen sehe, wirkt es auch mich, als hätte er Feierabend und wartete nur darauf, dass ihn jemand an Land übersetzte.
Gelegentlich kommt sogar ein kleines Boot! Besucht ihn, will ihn mitnehmen … aber letztendlich scheitert das Unternehmen jedes Mal.
In Höhe Schwanenwik leiten Treppen zu einer Überführung: Oben ist ein Geländer, Sie sehen es auf dem folgenden Foto. Blicken Sie einmal hindurch Richtung Wasser und schauen genau auf die Lücke zwischen den Wörtern ZUR und BUCHT: Ganz hinten, da steht er, der Bojenmann. Jetzt ganz klein geschrumpft …
Sie hat den besten Ausguck …
Sie mag’s gemütlich und weiter unten …
Sie dürfen ab jetzt gern auch wieder in alle Richtungen blicken. Wir gehen dieselbe Strecke zurück, da ich Ihnen auf dem Rückweg entlang der Straße etwas zeigen möchte.
„An der Alster 1“ (Ecke Sechslingspforte) steht das Bullaugenhaus. Ein Bürogebäude nach dem Entwurf des Berliner Architekten Jürgen Mayer H., welches 2007 fertiggestellt wurde. Es heißt, die horizontal verlaufenden Bullaugen in der weißen Fassade sollen die Nähe zur Alster symbolisieren. Nun, das Weiß nimmt die Farbe der Alsterflotte auf und maritim wirkt es durchaus …
Ein Stückchen weiter stadteinwärts erkundigt man sich sehr mitfühlend nach Ihrem Befinden …
Sie fragen sich vielleicht immer noch, warum die vielen Ameisen auf meiner Terrasse meine Gedanken zum noch fehlenden Beitrag über die Alster lenkten.
Mit den Ameisen ist es wie mit den Fahrradfahrern, die täglich den Alsterradweg benutzen. Ganze Kolonnen sind es! Ein stetes und emsiges Treiben in die und aus der Stadt.
Irgendwen interessierte es sehr (vermutlich u. a. den Bezirk Hamburg-Mitte), wie viele Radler pro Tag bzw. in einem ganzen Jahr diese Strecke tatsächlich benutzen. Nun setzt sich aber keiner monatelang daneben und zählt persönlich, wie ich es kurzzeitig bei den Ameisen tat.
Stattdessen gibt es seit einiger Zeit in Höhe der Gurlittinsel (wir sind in diesem Bereich), eine sogenannte Fahrradzählsäule. Die elektronische Apparatur aus Frankreich erfasst sämtliche Radfahrer, zeigt den Tageswert der Passierenden in Zahlen an (an dem Tag gegen Mittag bereits über 4000), aber auch – optisch ähnlich der steigenden Quecksilbersäule eines Thermometers – die Gesamtzahl der Radwegbenutzer eines Jahres.
Obendrein leuchten das aktuelle Tagesdatum und die gerade vorherrschende Temperatur auf.
Praktisch – doch mich interessierte, was so etwas kostet. Falls ich einmal die kleine Variante, den Ameisenzähler, brauchen sollte …
Ich fiel über eine Anfrage, die der Bund der Steuerzahler an das Bezirksamt gestellt hat. Die Auskunft dazu veröffentlichte das Hamburger Abendblatt am 04. August dieses Jahres und listete in seiner Printausgabe die Gesamtkosten auf.
Möchten Sie vorab einmal schätzen? Was kosten Anschaffung und Installation dieses Geräts?
Kleiner Tipp: Die Höhe der Kosten hat Kritik hervorgerufen, und ich würde die Apparatur inzwischen als Edelzählsäule einstufen …
Haben Sie sich für eine Summe entschieden? Dann verrate ich Ihnen jetzt den korrekten Betrag: Es sind alles in allem 31.384,00 Euro!
Davon kostet das Gerät selbst „nur“ 16.580,00 Euro. Hinzu kommen die Kosten für den Stromanschluss, die 4.557,28 Euro betragen. Aufwendungen in Höhe von weiteren 4846,29 Euro fielen für das Fundament und die Verlegung von Kontaktschleifen sowie für das Einlassen notwendiger Leerrohre und den Einbau eines Schachts für die Steuertechnik an.
Bei dem Preis müsste die Säule eigentlich noch ein bisschen mehr leisten, oder nicht? Günstig wäre es natürlich, wenn sie etwas könnte, was einen Teil der Investitionskosten wieder hereinbringen und die laufenden Stromkosten decken würde.
Sie könnte Geschwindigkeitsmessungen vornehmen, das Tempo den Vorbeifahrenden anzeigen und ehrgeizigen Fahrern, die einen Beleg darüber möchten, das Ergebnis auf Wunsch gegen eine kleine Gebühr ausdrucken.
Sie könnte auch Aufnahmen machen (vergessen wir kurz den Datenschutz) und so – als Foto mit einem netten Hamburg-Wappen in der oberen rechten Ecke – gegen ein Entgelt als beliebtes Souvenir besonders bei Touristen durchgehen. Die ganze Selfie-Arie und das dabei vom Rad kippen, fiele automatisch weg.
Wie wäre es mit der Vergabe von Haltungsnoten? Die Säule könnte den Kalorienverbrauch einblenden, bei jedem 100. Vorbeifahrenden einen Tusch erklingen lassen, Radler grüßen und dabei freundliche Tipps parat haben:
„Dein Reifendruck hinten ist zu gering.“ (Neben der Säule steht sogar eine Luftstation zur Verfügung. Ob die im Preis mit drin war?)
Sie könnte sich sorgen:
„Hallo! Du wirkst erschöpft. Lass es heute langsam angehen!“
Alternativ aber auch dezent anspornen:
„Wenn du etwas schneller trittst, kommst du heute schon an!“
Wer regelmäßig vorbeifährt und sich registriert, würde namentlich begrüßt. Bei dem Preis hat die Säule die nötige Erkennungssoftware vermutlich schon aufgespielt. Wahrscheinlich läuft es so ab: Apparat erfasst einen sich nähernden Radler. Ratterratterratter. Identitätsabgleich. Zählsäule erkennt, es ist Helmut.
„Hey, Helmut! Schönen Tag! Edith ist schon durch …“
Der nächste naht.
„Hallo, René! Lass bitte den 90jährigen Fahrer hinter dir endlich vorbei.“
Es wäre ausbaufähig. Denken Sie nicht auch? Ein ausbaufähiger … Horror.
Wirklich interessant zu wissen wäre, ob die am Jahresende zusammengetragenen Daten auf irgendetwas Einfluss haben (Fahrradwegplanung und –ausbau) oder welchen sonstigen Nutzen die Zählsäule tatsächlich bringt.
Beenden wir für heute die kleine Erkundungstour am Wasser.
In fünf Minuten fährt unten am Anleger (Atlantic Hotel) wieder ein Alsterboot ab. Falls Sie es noch erwischen wollen …?
Einen schönen Sonntag Ihnen allen und bis demnächst!
Die Alster im Garten, dazu einen Brunnen wie diesen …
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Artikel, Foto, Hamburgs Binnen- und Außenalster, Hamburgs City (Rathaus, Alsterarkaden, Skulpturen, Erkundungsgänge ...) am 19/07/2015
Die heutigen Themen? Sagen wir, es geht diesmal einerseits um gerettete Fotografierrechte und andererseits um so etwas wie Wunschdenken bei Hitze. Das alles eingebettet in eine kleine, neue Hamburg-Erkundungstour.
Mittlerweile ist es nach kurzer Unterbrechung erneut ziemlich warm geworden. Daher habe ich diesmal Hamburgs Binnenalster und einen speziellen Brunnen dazu auserkoren, für Abkühlung zu sorgen, denn es heißt, das Gehirn lässt sich überlisten.
Wer jetzt über Sahara, Dürre und sengende Hitze liest oder Bilder von schwitzenden Saunagängern und fackelnden Kaminöfen anschaut, hat sozusagen selbst Schuld. Wer hingegen Wasser – in welcher Erscheinungsform auch immer – betrachtet, leidet gefühlt weniger unter Temperaturen von über 30 °C. Auch eine entsprechende Fotobeschau erfüllt angeblich schon diesen Zweck …
Glücklicherweise darf man ja weiterhin Fotos zeigen!
Sie haben sicherlich kürzlich in den Medien die Berichterstattung über die gefährdete Beibehaltung der „Panoramafreiheit“ verfolgt. Uns drohte plötzlich die Möglichkeit einer Anpassung an weitaus strengere Regeln anderer Länder der EU, was zur Folge gehabt hätte, dass diverse Aufnahmen nicht mehr hätten gezeigt werden können!
Schluss mit alles ist gestattet, solange sich das fotografisch festgehaltene Objekt nur im öffentlichen Raum befindet bzw. von öffentlichen Verkehrswegen aus fotografiert werden kann. (Personen ausgenommen).
Keinesfalls allein die Aufnahmen mit reinem Architekturmotiv, sondern auch im Außenraum entstandene persönliche Fotos mit zufälligen Gebäudebruchteilen im Hintergrund, der Zehe einer Skulptur, die von links ins Bild ragt … und, und, und. All das wäre auf einmal tabu gewesen. Plötzlich ein Ding der Unmöglichkeit – oder zumindest eines, das Anlass zu vermutlich ausufernden gerichtlichen Auseinandersetzungen gegeben hätte.
Und zwar nicht nur für diejenigen (so wiegelten einige Stimmen lässig ab), die Gewinn aus der Verwendung erzielen! Nein, auch als Privatperson mit nicht kommerziellen Absichten wären Sie unter Umständen in die Bredouille geraten – allein das Posten in Sozialen Netzwerken (Rechte werden dabei abgetreten, Einwilligungen gegeben) oder schon das Präsentieren via Blog (öffentlich mit erheblicher Verbreitung, Anzeigenschaltung zwar nicht durch Sie, jedoch durch Ihren Anbieter, Host, die Plattform oder was auch immer) hätte unklare Situationen geschaffen. Abmahnungen hätten Ihrerseits zumindest mühsam abgewehrt werden müssen.
Man stelle sich das einmal vor:
Sie hätten etwas auf Ihrem Foto gehabt, was Sie vielleicht sogar im Hintergrund gestört hätte, aber – wie Häuser es so an sich haben – sie lassen sich nicht wegschieben. Die Zehe der Skulptur haben Sie nicht einmal wahrgenommen! Sie wären meilenweit davon entfernt gewesen, irgendwie Reibach mit ihrem Schnappschuss machen zu wollen, geschweige denn tatsächlich zu machen, doch Sie hätten Kosten und Stress mit Ihren eigenen Fotografien gehabt, weil Sie hätten belegen müssen, dass Sie nichts daran verdienen!
Urheberrecht zu respektieren ist Ehrensache (und Gesetz), ist wichtig, unstrittig, muss eingehalten werden – aber nach einer derartigen Neuregelung hätte man sich nicht nur (die oft überflüssigen) Selfies verkneifen müssen. Das hätte die Welt verschmerzt. Schlimmer wäre gewesen, man hätte überhaupt nichts mehr fotografisch festhalten und bei öffentlichen Texten/Berichten zur Verdeutlichung anfügen können … Und vieles Vorhandene (und Informative) im Netz hätte gelöscht werde müssen.
Nun sind Thema und Entwurf gottlob seit dem 9. Juli 2015 (vorerst) vom Tisch. Und somit darf ich heute nahezu hemmungslos Gebäudeansichten und anderes vor Ihnen ausbreiten.
Sie haben es mittlerweile erkannt, ich war in der City. Dort tobt zurzeit wieder enorm das Leben! Die Schulferien starteten bereits in einigen Bundesländern; Hamburg selbst ist am Donnerstag hinzugestoßen. Sommerzeit, Sonne und blauer Himmel sind grundsätzlich ein beliebter Anlass für Touristen, gleich in großen Scharen die Hansestadt zu erkunden.
Wenn es zu anstrengend wird bei der Fülle, lässt es sich in den Nebenstraßen der Altstadt (Bereich zwischen Mönckebergstraße und Ballindamm) besser aushalten. Es ist nicht nur ein empfehlenswerter Ausweichplatz mit wesentlich mehr Beinfreiheit, es gibt dort außerdem eine große Auswahl an Coffeeshops (mit Draußenplätzen), welche Sie direkt in der Mönckebergstraße wenig finden.
Wenn Sie den Hauptbahnhof Richtung Glockengießerwall verlassen, halten Sie sich gleich rechts Richtung Kunsthalle und streifen dann parallel zu den Haupteinkaufsstraßen (Mönckebergstraße und Spitaler Straße) oder entlang der Binnenalster am Ballindamm Richtung Rathaus, Jungfernstieg und Alsterbootanleger.
Am Anleger Jungfernstieg entstehen Selbstportraits im Sekundentakt. Coole Location für ein Selfie-Shooting – wie es neudeutsch heißt. Neben einem ansprechend-intelligenten Grinsen ist ein schöner Hintergrund dafür das A und O! Es geht beim Verbreiten dieser Eigenaufnahmen zwar vorrangig um den Wunsch nach Anerkennung, doch die entsteht nicht allein übers Gesicht. Fast genauso wichtig ist, dass jeder Bildempfänger beim Betrachten sofort (neidvoll) erkennt, wo der Absender war. Je präsentabler das Ambiente, je bekannter und beliebter der Ort, umso mehr Aufmerksamkeit und umso höher der Neidfaktor.
Gelegentlich dient es natürlich zur Auffrischung des eigenen Gedächtnisses. Später beim Fotos durchschauen fällt es einem wieder ein: Mensch, guck mal! Hamburg! Da war ich damals … Bloß – ganz ehrlich – die Erinnerung setzt mit Sicherheit auch ein, wenn auf dem Foto nur die Alster (ohne Gesicht) zu sehen ist.
Schon interessant, oder? Tausende Selbstbildnisse fürs Netz, und das alles hätten sich die Leute jetzt abschminken können. Alsterhaus im Hintergrund? Abmahnung. Den ehemaligen Alsterpavillon mit erwischt? Abmahnung. Die Hausfassaden am Jungfernstieg? Bloß nicht! Am Ballindamm das Gebäude von Hapag Llyod, am Neuen Jungfernstieg das Hotel Vierjahreszeiten? Lieber nicht. Könnte Urheberrechte eines Architekten betreffen. Außerdem stehen auch noch einige Skulpturen in der Gegend …
Die Alsterarkaden? Die sind vielleicht alt genug, dass es risikolos ginge! Moment! Wie ist es nach Umbauten, Veränderungen? Sind die Lampen davor später hinzugekommen? Gelten Sie als Kunstobjekt? Was ist mit dem Denkmal nahe der Schleuse? Und die Schleuse selbst? Die ist neuer als der Rest …
Irgendwie schon schön, dass es keine weiteren Einschränkungen beim Fotografieren gibt. So kann ich eines der Häuser sogar heranholen, um Ihnen zu zeigen, dass sein Dach in fester Hand der Möwen ist. An heißen Tagen sitzen sie dort oben und lassen den Wind durchs Gefieder streifen, an kühleren Tagen hocken sie dicht an dicht auf den Flachdächern der Alsterdampfer, die sich bereits bei leichter Sonne angenehm erwärmen. Fußbodenheizung für das fliegende Volk.

Hamburg – Jungfernstieg – Das Dach des Eckhauses an den Alsterarkaden ist Lieblingsplatz der Möwen …
In Ermangelung ausreichender Flugkünste bleibt Ihnen und mir so ein Dachfirst zum Herunterkühlen verwehrt. Daher empfehle ich Ihnen alternativ einen Brunnen. Zur direkten Erfrischung – und weil er eine weitere Besonderheit aufweist!
Lassen Sie uns den kurzen Weg an der Kleinen Alster entlang zum Rathaus hinübergehen. Dort im Innenhof befindet sich das gute Stück …
Hier erkennen Sie gleich einen weiteren Grund für den großen Andrang in der Stadt. Den liefert der anstehende Triathlon, der jetzt am Wochenende erneut ausgetragen wird. Wer momentan als Tourist das Rathaus mit seinem Vorplatz fotografieren will, bekommt es nur gemeinsam mit dem Tribünenaufbau, weißen Zelten und Müllboxen vor die Linse …
Wissen Sie, wo sich dieser schöne öffentliche Briefkasten befindet? Das ist nicht so ein quietschgelber, wie ihn die Deutsche Post üblicherweise aufstellt oder –hängt. Zwei dieser polierten und edel wirkenden Exemplare befinden sich direkt im Eingangsbereich des Rathauses …
Im Innenhof ist von den Triathlon-Vorbereitungen hingegen nichts zu ahnen. Hier steht der Hygieia-Brunnen, ein sehr schönes, schon 120 Jahre altes Kunstwerk.
Hygieia. Ein Name, der nicht ganz so leicht hängenbleibt. Der Name Merkur bzw. Merkur-Brunnen wäre eingängiger und fast wäre es auch so gekommen, denn ursprünglich sollte der Handelsgott gleichen Namens die zentrale Figur des Brunnens darstellen. Als Symbol für Hamburg als Hafenstadt mit seinem Seehandel. Börse und Handelskammer gleich nebenan – das hätte gepasst.
Nur gab es 1892 in Hamburg eine fürchterliche Choleraepidemie, und so schwenkte man beim Brunnenbau 1895 kurzerhand um. Man änderte die Hauptfigur in der Mitte und schuf eine Erinnerung an das dramatische Ereignis und an die 8000 Hamburger, die anlässlich der Tragödie ihr Leben ließen. Die Zentralfigur, die Sie sehen, ist nun Hygieia, die griechische Göttin der Gesundheit (und Namensgeberin der Hygiene). Erkennen Sie das Wesen zu ihren Füßen? Den Drachen, den sie tritt? Er steht symbolisch für die besiegte Cholera …
Die anderen sechs Bronzefiguren, die sich rundherum verteilt am Beckenrand befinden, sagen etwas über die Verwendung und den Nutzen des Wasser aus. Sie erkennen auch, dass das Wasser über mehrere Etagen in Bewegung ist. Aus der Schale, die Hygieia hält, läuft es herab, aus der Brunnenschale wiederum ins Auffangbecken – und es gibt Speier! Das Brunnenwasser ist somit ständig in Bewegung.
Und jetzt kommt das Spezielle! Sehen Sie im Sockel die Öffnungen? Diese Stellen, die mit Ziergittern versehen sind und bogenförmige Abschlüsse haben?
Hier wird ständig die durch das Brunnenwasser heruntergekühlte Luft angesaugt und für die Klimatisierung der Räume im Rathaus genutzt!
Vielleicht fragen Sie sich genauso wie ich, inwieweit das möglich ist. Auf der einen Seite ist dort das große Rathaus mit einer respektablen Grundfläche, mehreren Geschossen und einer doch erheblichen Anzahl von Innenräumen, auf der anderen Seite dieser in seinen Abmessungen recht überschaubare Brunnen mit seinen sechs Bogenöffnungen.
Wie soll das funktionieren? Es kommt doch nicht genügend Frischluft für jeden Quadratmeter und Winkel des Hauses! Wie soll ein aufgeheiztes Riesengebäude hinreichend gekühlt werden?
Vielleicht ist ein Wärmetauscher im Einsatz? Möglicherweise reicht es, wenn ständig irgendein Part einer weiteren Anlage durch diesen Brunnen auf niedriger Temperatur gehalten wird – und die angeschlossene Anlage erst klimatisiert den „Rest“ des Hauses?
Wer mir hier als Techniker, Klima-/Brunnenfachmann oder sonstiger Wissender mehr erzählen kann – herzlich gerne! Ich wäre sehr dankbar und erfreut über jede Information!
Nun muss ich allerdings erst einmal meine eigenen Räume daheim herunterkühlen. Wenn man … Im Grunde … Wenn es es richtig bedenke … Ach, wissen Sie was?
Eigentlich hätte ich liebend gern die Alster im Garten und einen ebenso genialen Brunnen zur Kühlung meines Schlafgemachs!
Womit wir wieder beim Ausgangspunkt des heutigen Blogbeitrags angekommen wären:
Hitze und Wunschdenken.
Unterwegs entdeckt: Alle machen’s! Marienkäfer, Bulldoggen, Polizisten, Angler …
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Artikel, Auf Entdeckung - Unterwegs im In- und Ausland (s. dazu auch weitere Spezialkategorien), Foto, Hamburg, Hamburgs Binnen- und Außenalster am 24/10/2013
Trauen Sie ihr noch? So wirklich? (Ich spreche von der Wettervorhersage) Und überhaupt, eigentlich ist es doch gar nicht vorstellbar! Es ist Ende Oktober!
Da können die noch so viel erzählen von Tief Zenith, das über dem Atlantik Kreise zieht, irgendeinem Hoch Nastassja im Osten und der warmen Mittelmeerluft bzw. einem extravaganten, lauen Nordafrikalüftchen, welches sich an der Ostflanke des Tiefs Richtung Norden vorbeischummelt. Ich habe ihnen die prophezeiten Temperaturen nicht geglaubt, den Wetterfachleuten!
Ja doch! Am Dienstagmorgen wirkte es tatsächlich recht nett draußen und von kürzlich morgendlichen 7° C war das Thermometer auf immerhin 13° C gestiegen. Im Schatten!
Nur trauen Sie dem Frieden?
Zu oft erlebten Sie doch schon die Bauchlandung, sind mit einem Flatterjäckchen losgezogen und hatten hinterher die Bescherung bzw. den Erkältungsinfekt. Weil es eben doch nicht so warm war wie angekündigt, weil es eben doch nicht trocken blieb, weil kein Mensch etwas von Hagel erwähnt hatte!
Ich wollte etwas erledigen und beabsichtigte, es bei dem passablen Wetter mit dem Fahrrad zu tun. Es ging zwar um eine längere Strecke, doch Licht, frische Luft und Radfahren tun bekanntlich gut. Ich dachte mir:
Kleide dich nur vernünftig, d. h. rechne mit allem.
Allem im Sinne von Wolkenbruch, Frost, Orkan, Gewitter.
Nur falls es (eher unwahrscheinlich) besser als angenommen werden sollte? Wie sähe es dann aus?
Ach, kleide dich – zumindest oben herum – nach dem Zwiebelprinzip: eine Schicht über die andere.
T-Shirt, Strickjacke, Halstuch, Lederjacke. Ansonsten Jeanshose und das Übliche, was der Mensch braucht, um sich draußen unbeanstandet aufzuhalten.
Es gibt eine wirklich empfehlenswerte Route, um mit dem Rad aus dem Hamburger Osten Richtung Stadt und Außenalster zu kommen. Sie müssen nicht entlang vielbefahrener, mehrspuriger Hauptverkehrsadern radeln und bleihaltige Luft inhalieren!
Es gibt stattdessen einen schön gelegenen Radweg, teilweise auch eine erst seit 2012 in dieser Form existierende eigene Fahrradstraße! Beides schlängelt sich anfangs entlang der Wandse, später (ab Mühlenteich) läuft der Weg zunächst parallel zur Eilbek, im weiteren Verlauf (ab Maxstraße) entlang des Eilbekkanals. Die Fahrradstraße (nur Anwohner dürfen sie mit ihren Wagen befahren) führt durch die Ufer- und Lortzingstraße und ist Teil der offiziellen Veloroute 6. Die Wege leiten einen direkt an die Außenalster zur Schwanenwik-Bucht. Der Ausdruck ist jetzt doppelt gemoppelt. Denn „Wik“ bedeutet schon Bucht.
An einem Tag gegen Ende Oktober, an dem unvermutet mit Macht die Sonne durchbricht, heiße Luft aus Afrika (oder woher auch immer, jedenfalls aus dem Süden) die Gradzahl bis zum Mittag auf 20° C im Schatten (!) steigert, das Herbstlaub immer noch an vielen Stellen einladend leuchtet – an solch einem Tag sind sie auf einmal alle draußen.
Die Hamburger, jung und alt, die Quiddjes (Dazugezogene) und die Gäste der Stadt, die Touristen. Manche erkunden auf den roten, zu mietenden „Stadträdern“ die Gegend. Fahrradausleihstationen gibt es hier in dieser Region mittlerweile mehrere seit der Einrichtung der Fahrradstraße. Es flanieren Spaziergänger, die Hundehalter führen ihre tierischen Freunde aus (manchmal auch umgekehrt), die Bankentdecker und -besetzer blinzeln abwechselnd in die Sonne und auf das glitzernde Wasser, die Jogger sind in besonders großer Anzahl unterwegs. Auf dem Eilbekkanal wird auch gerudert.
Eine im Gras dösende, sonnenanbetende Bulldogge habe ich lieber nicht fotografiert, die sah so aus, als wenn sie das – überhaupt jegliche Art von Störung – nicht duldet, aber diesen (nächstes Foto) Hund mit Herrchen. Ich fand die Fähigkeit des Tiers bewundernswert.
Sie können es auf dem Foto wahrscheinlich gar nicht erkennen, aber der braune Hund hat nur drei Beine, wobei ihm der linke Vorderlauf fehlt. Sie wissen vermutlich, dass Tiere das Fehlen von Gliedmaßen häufig sehr gut ausgleichen können, doch bei einem Hund lasten 60 % seines Gewichts auf den Vorderbeinen. Es ist wesentlich leichter, das Fehlen eines Hinterbeins zu kompensieren! Dieser hier muss schon die Kraft auf seiner Laufstrecke einteilen und wiederholt Pausen einlegen. Was sein Herrchen auch mit ihm tat!
Seit 2009 gibt es zehn Liegeplätze für Hausboote in einem speziellen Bereich des Eilbekkanals, die im Zuge des Pilotprojekts Wohnen auf dem Wasser eingerichtet wurden. Sie befinden sich zwischen Wagnerstraße und dem Lerchenfeld. Die Boote dort haben richtige Anschlüsse an die Kanalisation, verfügen über Strom und auch der Müll wird per Müllabfuhr entsorgt! Wenn Sie durch die Straßen wandern, sehen Sie, dass diese Hausboote oben an der Straße sogar eine eigene Hausnummer bekommen haben. Einige dieser Boote werden als Wohnung, andere als Büro genutzt und wie es heißt, lebt oder arbeitet der Bootsherr dort auf jeweils 130 bis 160 qm Wohn-/Bürofläche.

Hamburg – Die Richard-Wagner-Brücke in Pink. (Wagner und pink??) Rechts eines der Hausboote, das als Büro genutzt wird.
Nachdem dieser Bereich mit den Liegeplätzen hinter Ihnen ist, durchfließt der Kanal den Kuhmühlenteich und nennt sich fortan Mundsburger Kanal. An ihm steht überaus fotogen die evang.-lutherische St. Gertrud Kirche (1881-1885). Und wenn Sie sich zwischen Kirchturm und Kuhmühlenteich einen Flecken vorstellen, dann haben Sie den geographischen Mittelpunkt von Hamburg.
Angler versuchen hier häufig ihr Glück. In dem Gewässer, das max. zwei Meter Tiefe und einen schlammigen Grund hat, fühlen sich Karpfen, Rotaugen und Brassen recht wohl. Einer der Herren erzählte mir, dass er Richtung Schwanenwik (dahin kommen wir gleich) auch schon einmal einen Zander gefischt hätte.

Hamburg – Kuhmühlenteich mit St. Gertrud Kirche – Blick Richtung Mundsburger Kanal. Die Brücke links dient der U-Bahn als Überquerungsmöglichkeit. Ganz im Hintergrund ist der Heinrich-Hertz-Turm (Fernsehturm) zu sehen.
Direkt am Ausfluss des Teichs befand sich die Kuhmühle. Dass wir uns richtig verstehen: Es war eine Pulver- und Walkmühle! Sie hat jetzt keine Kühe zerkleinert!
Damals existierte dort allerdings Weideland, und zum Queren des Wassers trieb man seine Kühe über die – ganz klar! – Kuhbrücke. Später wurde ein Damm gebaut und der Stausee, der auf diese Art für den Betrieb einer Mühle entstand, war der Mühlenteich, bzw. eben wegen der vielen Kuhnachbarn – genau! – der Kuhmühlenteich. Die Mühle – immer noch dieser Logik folgend – also die Kuhmühle. Objwohl sie mit Kühen selbst herzlich wenig zu tun hatte.
Kommen Sie noch mit?
Heute ist rein gar nichts mehr davon zu sehen, doch früher standen sogar insgesamt acht Wassermühlen auf der Strecke entlang der Wandse bis zur Stadt! Sie dienten beispielsweise als Lack-, Pulver- oder Ölmühle. Der Kuhmühlenteich, diese Ausbuchtung der Eilbek, war – wie gerade gelernt – extra zum Betrieb der Kuhmühle angelegt worden, nur als man Ende des 19. Jahrhunderts den Eilbekkanal ausbaute und dabei den Wasserstand nivellierte, war das für das Betreiben einer Mühle absolut kontraproduktiv. Sie wurde abgebrochen.
Das hier ist noch einmal aus der Nähe gesehen die Überquerung für die U-Bahn, die via Uhlandstraße in Richtung Mundsburg und Hamburger Straße sowie in Gegenrichtung fährt.

Hamburg – Hochbahnbrücke am Ausfluss des Kuhmühlenteiches in den Mundsburger Kanal – Der Brückenpfeiler zeigt symbolhafte Darstellungen …
Es lohnt sich durchaus, einen genaueren Blick auf die Granitpfeiler zu werfen. Es sind nämlich vier Bildfelder eingearbeitet, die – so heißt es – die Beherrschung der vier Elemente Luft, Erde, Feuer und Wasser darstellen. Teilweise in Szenen mit menschlichen Wesen (auf dem Foto oben raucht hinter den Personen ein Vulkan, was auf Feuer hinweist), aber auch mit vier verschiedenen Tierdarstellungen, die sich wie eine Banderole ein Stück um den Pfeiler wickeln (auf dem Foto weiter unten Vögel, die das Element Luft symbolisieren – es gibt auch noch Pflanzen, Fische, Schlangen und Feuersalamander)

Hamburg – Hochbahnbrücke am Ausfluss des Kuhmühlenteiches in den Mundsburger Kanal – Die Brückenpfeiler aus Granit haben symbolhafte Bilder … Hier: Vögel als Symbol für Luft (s. auch Text)
Beim Weiterfahren mit dem Fahrrad fällt ab und zu etwas ins Auge, was dort nicht häufig auftaucht …
Langsam kommt die Außenalster in Sicht. Die Schwanenwikbrücke befindet sich als letzte Straßenquerung noch vor Ihnen. An dieser Brücke werden gern Liebesschlösser befestigt und natürlich haufenweise Fotos aufgenommen. Mal mit Menschen, mal ohne Lebewesen im Bild, aber immer das Innenstadtpanorama inklusive der Kirchtürme im Hintergrund.
Es ist herrlich dort, besonders, wenn Sie direkt hinunter ans Ufer wandern (oder wie ich Ihr Rad schieben bzw. abstellen). Die Wasservögel machen es sich hier gern bequem, die Menschen genießen die Atmosphäre und legen eine Pause ein. Gelegentlich dreht eines der Alsterfährschiffe seine Runde, von Zeit zu Zeit tuckert sogar der Rauch ausstoßende Dampfer, die St. Georg, vorbei. Erinnern Sie sich an unsere große Alsterrundfahrt mit einem der offenen Boote hier im Blog? Dort hatte ich Ihnen vieles von der Wasserseite aus gezeigt und erzählt. Von James Bond, dem anderen Mann, der im Wasser steht, dem Seehund, der Moschee etc. Falls Sie es nachlesen möchten, finden SIe nachstehend den Link zum Blogpost:
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/07/03/sommer-sonne-alster-und-wie-ist-es-mit-ihnen/
Die Vögel relaxen allerdings nur so lange, bis wieder ein Nichtwissender (es ist gar nicht gestattet!) kommt und sie füttert. Dann werden sie unberechenbar! Ein über- und unter- und durcheinander Geflattere, ein Radau, man glaubt es nicht! Und ich schwöre Ihnen, es muss jede Möwe schreien! Jede! Ohne Ausnahme.

Hamburg – Außenalster – Schwanenwik – Ruhe und einträchtiges Beisammensein. Alles ist gut, bis jemand kommt, der füttert …

Hamburg – Außenalster – Schwanenwik – Man verträgt sich, man döst, man steht auf einem Bein, man putzt sich … Noch!

Hamburg – Außenalster – Schwanenwik – Fast noch zivilisiert. Wasservögel und Nicht-Wasservögel. Nur mal gucken …
Auch hier – wie am Eilbekkanal – entspannen die Menschen auf Bänken und sonnen sich. Darum ging es übrigens auch in der Überschrift! Sie glauben gar nicht, wer es noch alles tat – dieses sich dem Sonnenbad hingeben, dieses Blinzeln, sich Räkeln und Vitamin D tanken.
Die Bulldogge erwähnte ich schon. Ein Streifenpolizist stand ans Fahrzeug gelehnt, hatte den Kopf in den Nacken gelegt, die Mütze noch ein Stück nach hinten geschoben und genoss die Sonnenstrahlen, während er wohl auf seinen Kollegen wartete, der offensichtlich länger ein Protokoll aufnahm. Die Angler am Kuhmühlenteich vorhin waren Sonnenanbeter, und an vielen Stellen saßen sie gehäuft und drängelten sich fast: Marienkäfer! So viele habe ich so spät im Jahr noch nie gesehen!
Und ich? Ich habe die Sonne auch genossen! Nur mir wurde sehr warm! Wer ahnt denn, dass es sich so entwickelt! Und dazu das Radeln! Die Jacke flog als erstes davon, dann die Strickjacke, das Halstuch … Mehr war nicht möglich. Sie wissen ja, Polizei in der Nähe, Anstand und so …
Und irgendwann geht es erhitzt wieder heim. Noch ein letzter Blick über die Alster …
Auf der Rückfahrt wurde ich überrascht. Ich wusste nämlich bisher nicht, dass ich offenbar auf einem Berg wohne! Einem unsichtbaren Berg, wie ich vermute. Sehr mysteriös! Ich dachte immer, in Hamburg gäbe es nördlich der Elbe nur in Blankenese nennenswerte Steigungen, dann die Hügel der Boberger Dünen, vielleicht noch den kleinen Rodelberg im Stadtpark und einen leichten Anstieg bei einer Straße in der Nähe, die bereits das verräterische, aber völlig unangebrachte Wort Berg in ihrem Namen trägt.
Doch eine Art schweißtreibende Passstraße zwischen Alster und meinem Wohnsitz in Hamburgs Osten …?
Mir fiel es bisher nie auf, nur Tatsache ist, dass ich auf dem Hinweg ohne großen Krafteinsatz dahinglitt, zurück aber die ganze Zeit rechtschaffen strampeln und mich anstrengen musste. Obwohl es nicht windig war!
Ist das jetzt Einbildung?
Tun Sie mir einen Gefallen und probieren Sie es bei Gelegenheit selbst aus. Ich muss das jetzt wissen! Ich will auch nicht drängeln, aber vielleicht kommen Sie noch in diesem Herbst dazu, wenn das Wetter weiterhin so schöne Tage bereithält. Falls wir wieder einen solch grauen und langen Winter wie 2012/2013 bekommen sollten, sollten Sie sich ohnehin vorher noch reichlich mit Sonne und blauem Himmel eindecken.
Es hat einen weiteren Riesenvorteil, sich der Sonne zuzuwenden und sie anzublinzeln. Walt Whitman formulierte es recht treffend: „Richte dein Gesicht immer zur Sonne, und die Schatten werden hinter dich fallen.“