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Alte Bekannte, Menschenfresserzeugs und Heimatgefühle: Das Tropenschauhaus von Planten und Blomen
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Allgemein, Foto, Garten- und Parkanlage "Planten un Blomen" (inkl. Besonderheiten im Tropenschauhaus!) am 15/11/2013
Es gibt Menschen, einige sogar, die zieht es immer wieder in ihre Stammkneipe. Sie biegen nach Feierabend noch schnell in die bewusste Nebengasse und schieben einen kurzen Besuch ein. Zur Entspannung, zum Abschalten. Dort fühlen sie sich wohl, dort kennen sie sich aus, alles ist vertraut. Trotzdem ist der Ort auch immer wieder gut für Überraschungen. Man erfährt dabei Neues! Oder stößt auf Bekannte.
Es gibt Fälle, da steigen Lebewesen, obwohl sie eigentlich durchfahren und mit der Bahn direkt nach Hause wollten, plötzlich an einer früheren Station aus. Sie legen spontan einen Zwischenhalt ein, um solch eine angenehm vertraute Stelle anzusteuern. Nur muss es nicht zwangsläufig ein Stammlokal sein! Es braucht lediglich eine Stätte, welche all die genannten Merkmale aufweist und die gleiche Funktion erfüllt.
Vertraut, heimelig, anziehend – genau mein oder Ihr Ding.
Bei mir ist das Tropenschauhaus von Planten un Blomen quasi die Ersatzkneipe und ein Ort mit erstaunlicher Anziehungskraft. Zog es mich vergangenen Wochenende doch tatsächlich am Dammtor-Bahnhof aus dem Zug! Dort oder über den Ausgang des U-Bahnhofs Stephansplatz kommen Sie schnell und ohne weitere Umwege in die Parkanlage, in der sich die Gewächshäuser befinden.
Im Zug konnte ich förmlich spüren, wie jemand kurz vor dem Halt am Dammtor an meinem Hosenbein zerrte und dabei sirenengleich säuselte: Komm! Komm mit! Du willst es doch auch!
Widerstand zwecklos. Ja, selbstverständlich wollte ich und war in Sekundenschnelle überzeugt! Der Zug präsentierte sich kalt und muffig. Ich wollte da raus, mich entlüften, allerdings auch wieder warm werden. Ich wünschte mirm die Beine zu vertreten, ich war süchtig nach Entspannung, ich brauchte Vertrautes. Einen Ort wie eine Stammkneipe. Eine für Nichttrinker.
Möchten Sie virtuell mitkommen? Es ist überhaupt nicht weit. Ich wollte Ihnen diesmal im Tropenschauhaus ein Gewächs mit einem merkwürdigen Namen und einem interessanten Hintergrund zeigen und auch Dinge, die Sie vielleicht – allerdings etwas anders ausschauend – von zwei vorherigen Besuchen erinnern.
Der kurze Weg vom Bahnhof führt am Congress Center Hamburg (CCH) und dem direkt daneben errichteten Hotel Radisson Blu entlang. Eine Fußgängerbrücke leitet Sie vom Bahnhofsvorplatz hinüber zum Park. Die Sumpfzypressen, von denen ich im Oktober unter anderem sprach (siehe auch rechts auf der Startseite des Blogs die Extrakategorie Planten un Blomen im Gartenbereich für sämtliche Artikel und Fotos), sind inzwischen ziemlich braun, doch haben sie ihre Nadeln bisher nicht abgeworfen.

Planten un Blomen – November 2013 – Sumpfzypressen (Taxodium distichum) mit inzwischen braunen Nadeln …
Von dort aus ist es nur noch ein kleines Stück Weg bis zum Tropenschauhaus.
Immer wenn ich dort die Tür öffne und eintrete, habe ich einen ganz bestimmten Geruch in der Nase. Im Grunde habe ich ihn schon kurz vorher irgendwo – als Erinnerung. Er ist gar nicht so spezifisch, denn die eigentlichen Abteilungen des Gewächshauses beginnen erst hinter den nächsten Türen, es ist also im Eingangsbereich noch kein Regenwald- oder Tropenfeeling. Dort kommt jedoch Verschiedenes zusammen. Ich glaube, mit einer Augenbinde dort hingeführt, wüsste ich nach kurzer Zeit, wo ich mich befinde.
Viele blinde Menschen besuchen diesen Blog, sie können sehr gut nachempfinden, wenn ich jetzt sage, wie es sich anfühlt.
In den Minuten, in denen Sie – am besten mittig – im Eingangsbereich stehen, öffnen und schließen sich im Wechsel die Tür nach draußen, die Glaseingangstür zum warmen Tropenhausteil und die Ausgangstür vom Sukkulentenhaus. In der Luft, die von draußen eindringt, schwingt immer irgendein Rest Pflanzenaroma mit, und gelegentlich dringt Vogelgeschrei mit hinein. Besonders jetzt im Herbst, wenn sich die relativ lauten Möwen unterhalb der Mittelmeerterrassen im Wallgraben breit gemacht haben. Ansonsten ist mehr menschliches Gemurmel zu vernehmen.
Öffnen Besucher die Tropenhaustür, dringt ein kleiner Schwall feuchte Luft und Wärme ins Foyer. Ein bisschen Regenwaldklima schleicht sich jedes Mal mit hinaus, dazu gesellt sich der leicht modrige Geruch der Erde. Doch sobald ein Besucher den Sukkulentenbereich des Schauhauses, der wesentlich kühler ist und trockene Luft besitzt, verlässt, dann geht, nachdem sich diese Glastür geöffnet hat, mit kurzer Verzögerung ein ganz leichtes Frösteln über ihre Haut.
Und manchmal, während Sie dort stehen und herauszufinden versuchen, wo Sie sind, sagt jemand belustigt: Oh, guck mal! Der Fisch! Das ist dann höchst verräterisch! Es gibt nämlich Wandaquarien im Vorraum, und einer der schwimmenden Bewohner hat es wirklich drauf: Er hängt sich gern mit weit geöffnetem Maul platt an die Frontscheibe und starrt Besucher an.
Doch ich wollte ja hinein mit Ihnen und nicht nur mit Augenbinde im Vorraum verweilen …
Im Moment ist gleich beim Eintreten rechts ein eigentlich bekannt aussehendes Gewächs mit einem allerdings sehr merkwürdigen Namen zu finden. Die Menschenfressertomate!

Planten un Blomen – November 2013 – Tropenschauhaus – Menschenfressertomate (Solanum viride) – Wirkt recht harmlos …
Denken Sie auch immer erst so einfach gestrickt wie ich? Aha, eine Tomate, die Menschenfresser frisst … Und wundern sich dann, was die angeblich so kann?
Willkommen im Club!
Sie kann es nicht! Es ist im Grunde nur ein Wort wie z. B. Berufskillercroissant. In dem Fall jedoch würden Sie wahrscheinlich nicht annehmen, das Croissant könnte Berufskiller killen, sondern Ihr Gehirn würde richtig erkennen:
Aha, ein Croissant, welches vermutlich besonders gern von Berufkillern verzehrt wird.
Und so ist das mit dieser Tomate, der Solanum viride, ebenfalls. Es gibt auch einen guten Grund, warum die Kannibalen der Fidschi-Inseln sie lieben. Menschenfresser haben es offenbar gar nicht so leicht beim Verzehr von Artgenossen. Sie kennen mit Sicherheit den Ausdruck: Du, das liegt mir jetzt aber schwer im Magen! Bei uns ist es im übertragenen Sinn gemeint, nur die Kannibalen haben tatsächlich ein Problem mit der nur gemächlich voranschreitenden Verdauung von Menschenfleisch, die etwa zwei bis drei Tage benötigt, egal wie sympathisch oder fies der Verzehrte war. Fleisch ist Fleisch bzw. Bokola ist Bokola. Es liegt schwer wie Blei und sorgt selbst bei ansonsten eher Hartgesottenen für einen verdorbenen Magen. Sagen wir lieber sorgte, denn offiziell gibt es keinen Kannibalismus mehr.
Etwas Abhilfe schaffte bei dieser unbeliebten Situation die leicht bittere, verdauungsfördernde Menschenfressertomate, die auch zu einer Tomatensoße verarbeitet wurde. Die Blätter der Pflanzen wiederum wurden häufig wie bei einer Kohlroulade genutzt: Man wickelte sie um das Fleisch, das dann auf heißen Steinen gebacken wurde.
Sven Bernhard vom Tropenschauhaus in Planten un Blomen hat Informationen dazu auf einer Schautafel hinterlassen. Etwas seriöser als ich, mehr fachsprachliche Ausdrücke als Worte wie Berufskillercroissants, Kohlrouladen etc. ^^ Er geht dort noch auf drei weitere Pflanzen ein, deren Blätter ebenfalls auf diese Art bei der Fleischzubereitung verwendet wurden.
Wer heutzutage schwer Verdauliches isst, schwört häufig auf Magenbitter (Kräutertrank) oder hat sonst irgendwelche Tricks auf Lager, die das Wohlbefinden danach wiederherstellen sollen. Vielleicht sollten Sie die wirkungsvolle Tomate anbauen. Ihre Wirkstoffe helfen sicher auch bei anderen Gerichten. Eisbein etc. Sie müssen jetzt deshalb nicht mit Bokola anfangen …
Diese schöne Pflanze, ein afrikanischer Losbaum, blüht auch im November:

Planten un Blomen – November 2013 – Tropenschauhaus – Blüht momentan: Der afrikanische Losbaum (Clerodendrum splendens)
Ein Stückchen weiter gelangen Sie an den Platz der Titanenwurz, die Ende Juli blühte und hier im Blog einen eigenen Artikel erhielt.
Damals sah sie so aus:
Der Blütenkelch verwelkte und der gesamte Rest – ich nenne es einmal salopp – vergammelte mehr oder weniger, jedenfalls blieb danach oberirdisch nicht viel übrig. Manchmal stirbt die Pflanze danach sogar ab. Nicht generell, doch einige Knollen überleben den Kraftakt zuvor nicht. Wenn die Knolle sich allerdings erholt, treibt die Titanenwurz ein Blatt. So las ich es damals und stellte mir daher wirklich einen langen Trieb mit mehr oder weniger einem großen Blatt vor. Nichts da! Wollen Sie einmal schauen, wie sie im Moment aussieht?
Ein völlig anderer Eindruck, nicht wahr? Spannend, ob sie nun innerhalb von etwa 12-20 Monaten eine weitere (neue, etwa doppelt so schwere) Knolle ausbildet, die nach einer Ruhepause entweder auch ein Blatt treibt oder aber einen erneuten Blütenansatz zeigt und daraufhin ihren gewaltigen Kelch eines Nachts öffnet. Man wird sehen …
Eine Dame traf ich dort, die auch das zarte Grün betrachtete. Irgendwie kam mir ihr Gesicht bekannt vor. Es stellte sich heraus, dass sie auch zur Blüte in der Julinacht gekommen war. Eine alte Bekannte gewissermaßen, mit der man prima fachsimpeln und auch in Erinnerungen schwelgen konnte.
Kommen Sie doch noch ganz kurz mit in den Sukkulentenbereich, denn ich möchte Sie fragen, ob Ihnen das etwas trockene Gestrüpp, das hinten an der Wand lehnt, irgendwie bekannt vorkommt.

Planten un Blomen – November 2013 – Tropenschauhaus – Sukkulentenbereich mit der abgetrockneten Agave weberi J. F. Cels ex. J. Poiss aus dem Vorjahr
Nicht? Ich gehe ein bisschen näher heran …

Planten un Blomen – November 2013 – Tropenschauhaus – Sukkulentenbereich- … und Agave weberi J. F. Cels ex. J. Poiss aus der Nähe gesehen
2012 blühte im Herbst hier in diesem Teil der Gewächshäuser eine Agave weberi und ragte dabei meterhoch aus dem Schauhaus hinaus. Ein Fenster wurde damals dafür extra entfernt, weil die vorhandene Höhe drinnen bei Weitem nicht ausreichte. Als sie abgeblüht war, wurde der lange Blütenstiel nicht weggeworfen, kompostiert! Oh, nein! Der ist wirklich selten und besonders! Als ich im Juli hier war, lag er aufbewahrt – besser gesagt: aufgebahrt – hinter den Kakteen.

Planten un Blomen – Tropenschauhaus – Sukkulentenbereich mit den Resten Agave weberi J. F. Cels ex. J. Poiss aus dem Vorjahr – Juli 2013 – „Aufgebahrt …“
Nun steht er und erinnert dadurch besonders an die Zeit, als es so aussah:
Die nächsten zwei Pflanzenarten sind ebenfalls gerade am blühen. Die gelben Blüten auf dem ersten Foto erinnern auf Anhieb an Mohn, auch die Samenkapseln. Aber so pieksig? Doch, es gibt auch eine stachelige Variante der Mohngewächse (Papaveraceae)! Den mexikanischen Stachelmohn (Argemone mexicana):

Planten un Blomen – November 2013 – Tropenschauhaus – Sukkulentenbereich – Mexikanischer Stachelmohn (Argemone mexicana)

Planten un Blomen – November 2013 – Tropenschauhaus – Sukkulentenbereich – Auch sie blüht im Moment: Aloe bellatula aus Madagaskar
Genug gesehen, oder? Beim Verlassen des Gewächshauses lohnt sich ein kleiner Gang auf die Johan-van-Valckenburgh-Brücke, auf der Fußgänger den Wallgraben überqueren können. Von dort haben Sie u. a. einen schönen Blick auf das Radisson Blu Hotel am CCH.

Planten un Blomen – November 2013 – Der Blick von der Johan-van-Valckenburgh-Brücke am Wallgraben hinüber zum Radisson Blu Hotel am Dammtor
Und beim Verlassen des Parks am Ausgang U-Bahn Stephansplatz, zieht dieses Farbenspiel am inzwischen trockengelegten Bachbett die Blicke noch einmal auf sich. Ein Kommentator bei Facebook, wo ich das Bild vorab veröffentlichte, äußerte, er hätte zu gern noch Schnee dazu gehabt. Das stelle ich mir von der Farbkombination her auch wunderschön vor.

Planten un Blomen – November 2013 – Intensive Laubfärbung neben dem inzwischen trockenen Bachbett am Ausgang Stephansplatz
Nachdem wir für heute alles entdeckt haben, frage ich Sie: Was sagen Sie zu der gewagten These vom Tropenschauhaus als Ersatzstammkneipe? Diesem Vergleich. Hinkt gar nicht so sehr, oder?
Sie kommen in vertraute Umgebung, was Ihnen dieses Heimatgefühl vermittelt, Sie fühlen sich wohl, kommen ins Gespräch, treffen Bekannte, erfahren, was es Neues gibt, freuen sich dennoch ungemein, das meiste wie gewohnt anzutreffen und gehen irgendwann zufrieden und entspannt nach Hause. Sogar nüchtern!
Packen, Titanenwurz, Bescheid sagen, Aufbruch, Pause – pffft. Bevor es losgeht jedoch …
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Allgemein, Foto, Garten- und Parkanlage "Planten un Blomen" (inkl. Besonderheiten im Tropenschauhaus!) am 21/07/2013
Liebe Bloggäste,
ich bin im Aufbruch und werde wieder einige Tage ohne Netzverbindung sein. Eine kurzfristige Nichtreaktion meinerseits ist momentan daher nicht als Desinteresse oder als ein Fall von keine Lust anzusehen, sondern mehr als ein Ding der Unmöglichkeit. Ich melde mich dafür hinterher schnellstmöglich zurück!
Mittendrin beim Zusammenpacken meiner Sachen erreichte mich heute die Nachricht, dass die Blüte begonnen hat. Die Titanenwurz hat sich tatsächlich überlegt, doch noch vor meiner Abfahrt ihre Blütenblätter zu entfalten!
Ich gebe zu, ich habe kurz gezögert – dann machte ich mich allerdings doch schleunigst auf den Weg zum Tropenschauhaus.
Es hieß, es begann aus heiterem Himmel.
Nichts mit morgendlichem Ankündigungsduft als Vorwarnung!
Nein! Ratzdifatz ging es am Nachmittag auf einmal los!
Und während Queen Elizabeth immer noch auf ihr Urenkelkind wartet, durfte ich mich freuen, weil Amorphophallus titanum quasi in den Wehen lag. Nun, recht frühe Wehen, eine längere Geburt …
Bis 23 Uhr hatten die Tropenschauhäuser am 20. Juli 2013 ihre Öffnungszeit extra für dieses Ereignis verlängert. Sie hätten persönlich sogar noch länger ausgedehnt, nur schließt der Park Planten un Blomen um diese Zeit. Das hieße, die Besucher wären entweder gezwungen, im Park zu nächtigen oder in großen Scharen über hohe Eisentore zu klettern.
Das würde ein Foto geben! Und eine Überschrift …!
Ich war gegen 22 Uhr vor Ort und habe in meinen – diesem vorangehenden – Blogpost, der sich um die Titanenwurz dreht, jetzt einen Nachtrag eingeschoben.
Mit aktuellen Bildern!
Ich lasse Ihnen jedoch auch hier eines. (Kommt gleich noch …)
Zuvor möchte ich Ihnen für die Zeit der Abwesenheit alles Gute wünschen! Genießen Sie das sommerliche Wetter, nehmen Sie sich vor Sonnenbrand und zu viel Hitze in Acht, und wenn Sie möchten, hätte ich für Sie einige weitere Fotos aus der Parkanlage Planten un Blomen, die den Sommer wirklich von seiner schönsten Seite präsentieren.

Planten un Blomen – Juli 2013 – An den Mittelmeerterrassen … Die Kugeldisteln sind bereits leicht bläulich …
Und hier die Entwicklung bei der Titanenwurz. Stand 20. Juli 2013 gegen 22 Uhr:

Planten un Blomen – 20.07.2013 – Titanenwurz (Amorphophallus Titanum) – Die Blüte öffnet sich … (Stand 22.00 h)
Bis demnächst!
Das besondere Ereignis in Planten un Blomen: Die Titanenwurz (Amorphophallus titanum) blüht!
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Artikel, Foto, Garten- und Parkanlage "Planten un Blomen" (inkl. Besonderheiten im Tropenschauhaus!) am 19/07/2013
Hand aufs Herz:
Würden Sie freiwillig irgendwo hingehen, wo es stinkt? Gewaltig stinkt?
Bevor Sie spontan verneinen, halten Sie kurz inne!
Denken Sie daran, dass Sie auch Knoblauch verzehren, obwohl Sie genau wissen, dass es danach müffelt. Oder dass Sie müffeln. Sie wägen ab, ob es Ihnen das wert ist … und genießen. Sie halten sogar den Geruch von anderen aus!
Ich denke, in dem vorliegenden Fall ist das damit verbundene Ereignis so besonders, dass es Ihnen ein bisschen Leid für die Nase wert sein sollte. Sie können – sofern Sie es tapfer ertragen – eine ganz spezielle Pflanze in Blüte sehen. Ein Blühereignis, das ziemlich selten eintritt!
Wenn Sie aus Hamburg kommen, sagen Sie nicht, das hätten Sie hier bestimmt schon einmal gesehen!
Nur, wenn Sie vor 1929 geboren wurden!
In jenem Jahr blühte ein Exemplar der Titanenwurz, um die es auch hier und heute geht – und Tausende kamen, um es zu erleben!
In diesem Jahr – wie passend, denn die Tropengewächshäuser in Planten un Blomen feiern gerade das 50-jährige Jubiläum ihres Bestehens – hat eine Knolle einen Blütenstand ausgebildet. Ich gebe Ihnen am Ende des Artikels mehrere Links zu detaillierten Informationen, doch möchte Ihnen kurz selbst etwas dazu sagen:
Die Pflanze gehört zu den Aronstabgewächsen. Ihr Blütenstand (aufgrund der Art der Ausbildung auch Infloreszenz genannt) ist der größte unverzweigte monözische (einhäusige) der Welt und kann bis zu zwei Meter Höhe erreichen! Manchmal wird daher auch einfach nur von der größten Blume der Welt gesprochen.
Allerdings ist nicht nur die Größe, Form oder auch die Farbe beeindruckend, hinzu kommt ein weiteres Phänomen: Besagter Gestank!
Es ist ein Trick der Pflanze, um ihre möglichen Bestäuber (Aaskäfer, Aasbienen, Aasfliegen) zu sich heranzulocken. Blumen, die ein derartiges Verhalten zeigen – und ihre „Gäste“ am Ende fürs Bestäuben nicht belohnen – nennt man Täuschblumen.
Die sich mächtig vom Duft angezogen fühlenden nachtaktiven Käfer, legen ihre Eier normalerweise in verwesende Tierkadaver, doch fallen tatsächlich auf diese Geruchs-Lockfalle herein. Für die Käfer fatal, denn die Brut, die schlüpft, findet natürlich keine Nahrung …
Für uns nicht fatal, denn wir sind froh, dass es nur die Titanenwurz ist, die mufft. Kein Kadaver.
Die Knolle, aus der dieser Blütenstand hervorgeht, wird seit drei Jahren in Hamburg kultiviert. Sie stammt aus dem Botanischen Garten in Wageningen (NL) und wenn man weiß, dass eine Knolle ein Mindestgewicht von 30-40 kg aufweisen muss, bevor sie blühreif ist, dann scheint sie sich in Hamburg wohlgefühlt zu haben. Es ist nicht ganz einfach mit ihnen, sie sind empfindlich und werden gern von Fadenwürmern (Nematoden) befallen. Hier offenbar nicht.
Es heißt, es gäbe Knollen, die am Ende ein Gewicht von bis zu 150 kg haben!
Stellen Sie sich das einmal vor!
Wenn Sie die ausgraben sollten …
Seit fast drei Wochen verfolge ich nun die Entwicklung und hatte heute die Gelegenheit, selbst einmal im Gewächshaus vorbeizuschauen. Ich hatte zudem das Glück, zwei Fachleute vor Ort anzutreffen. Die Herren Sven Bernhard und Heiko Lüdke, die auch die Entwicklung auf der Facebook-Seite der Gesellschaft der Freunde des Botanischen Gartens Hamburg e. V. dokumentieren.
Für mich eine nette Überraschung, dass Herr Lüdke mich erkannte (mit Namen!), obwohl wir uns persönlich tatsächlich noch nie wirklich kennengelernt, geschweige denn gesehen hatten.
Es war Nachmittag am 18. Juli 2013 und in diesem Augenblick stand das Messen der Pflanze an.

Planten un Blomen – Tropenschauhaus des Bot. Gartens Hamburg – 18.07.2013 – Titanenwurz (Amorphophallus titanum) – Messungen … Der Zollstock endet hier in der Höhe von etwa 70 cm
Die Gesamthöhe beträgt genau 166,5 cm verkündet Sven Bernhard. Heiko Lüdke notiert dieses und weitere Maße. Hier wird jeden Tag genau kontrolliert. Ich hätte mich beim Schätzen der Größe vermutlich ein bisschen vertan und wahrscheinlich auf ca. 1,50 m getippt. Doch die Titanenwurz hat zu ihren Füßen eine bodendeckende Bepflanzung, die die ersten 10-15 cm des Pflanzenkörpers kaschiert. Es wird jedoch von ganz unten gemessen.
Natürlich – verdeckt zählt mit …

Planten un Blomen – Tropenschauhaus des Bot. Gartens Hamburg – 18.07.2013 – Titanenwurz (Amorphophallus titanum) kurz vor der Blüte
Der Kolben (der obere Teil) öffnet sich nicht. Er ist innen hohl und dient allein dem Zweck der Geruchserzeugung und auch seiner Verbreitung. Er wirkt sehr fest, die Oberfläche ist uneben. Man würde ihn gern einmal berühren …
Ich frage Herrn Lüdke, ob jemand die Pflanze einmal „befühlt“ hätte. Nein, es fasst keiner an! Auch die Messungen werden mit äußerster Vorsicht vorgenommen.

Planten un Blomen – Tropenschauhaus des Bot. Gartens Hamburg – 18.07.2013 – Titanenwurz (Amorphophallus titanum) – Der Kolben …
Man sieht keine Blätter. Wie ist es denn damit?
Bei der Titanenwurz entwickelt sich nach der Blüte das einzige Blatt. Es ist baumähnlich. Die Pflanze hat nämlich immer nur entweder ein Blatt oder einen Blütenstand. Sie stirbt auch nach der Blüte nicht ab (wie die Agave im letzten Jahr, erinnern Sie sich noch?)! Sie macht lediglich eine Ruhepause und blüht nach zwei bis drei Jahren unter Umständen wieder.

Planten un Blomen – Tropenschauhaus des Bot. Gartens Hamburg – 18.07.2013 – Titanenwurz (Amorphophallus titanum) – Hier erkennen Sie sehr schön, in welcher Höhe sich die Blüte später entfaltet
Sie legt immer noch zu, nicht mehr lange, dann hat sie meine Körpergröße erreicht! Nur, dass ich nicht – wie sie – irgendwann aufgehe.
Fast wie ein aufklappender, aber nach unten gedrehter Regenschirm. Ein schmaler zumindest, mit einem Rüschenrand …
Die beiden fachkundigen Herren schätzen, dass der Durchmesser der zu erwartenden Blüte etwa einen Meter betragen wird. Im Vergleich zum grünlichen Rest des Pflanzenkörpers/Blütenstands, wird die Blüte selbst innen dunkel sein. Ein Bild einer ähnlichen Titanenwurz-Art, das ich finden konnte, zeigt eine rötliche Farbe. Sehr attraktiv!
Einen Meter Durchmesser!
Können Sie sich das vorstellen?
Dieser relativ schmale, phallusartige Körper, die eng angepressten „Blütenlappen“ – und irgendwann entblättert sich alles? Entschrumpelt sich, entfaltet sich, klappt auf!

Planten un Blomen – Tropenschauhaus des Bot. Gartens Hamburg – 18.07.2013 – Titanenwurz (Amorphophallus titanum) – Man kann die Farbe erahnen, die sich zeigen wird, sobald die Blüte aufklappt
Wann ist es denn nun soweit?
Kürzlich erschien auf der oben erwähnten Facebook-Seite neben aktuellen Fotos die Information, dass sich die Titanenwurz noch in der Streckungsphase befände.
Nur so ganz offensichtliche, sofort für das Auge erkennbare Veränderungen, finden offenbar nicht mehr statt.
Da die Blütezeit sehr kurz ist, haben viele Interessierte ein bisschen Angst, dass sie den Höhepunkt verpassen. Eine der am häufigsten gestellten Fragen, ist auch die nach dem voraussichtlichen Blütezeitpunkt …
Ich erfahre nebenher, dass gestern, am 17. Juli 2013, immerhin 2.500 Besucher das Tropenschauhaus zum Ziel hatten – viele mit eben dieser Frage auf den Lippen.
Gegen das Verpassen hilft die vor Kurzem installierte Live-Webcam des NDR, die ein ständig aktualisiertes Bild der Pflanze ins Netz schickt. Es lässt sich nunmehr verfolgen, ob der Schirm aufklappt …

Planten un Blomen – Tropenschauhaus des Bot. Gartens Hamburg – 18.07.2013 – Titanenwurz (Amorphophallus titanum) – Der Kolben aus der Nähe und der Sitz der NDR-Webcam
Nur ich bin momentan in einer ähnlichen Lage wie Queen Elizabeth. Die wartet auf die Geburt Ihres Urenkelkindes und würde am liebsten drängeln oder anschubsen, weil sie am Wochenende in den Schottland-Urlaub aufbrechen möchte. Ich muss leider auch am Sonntag aus Hamburg fort. Nur drängeln hilft bei der Wurz wohl nichts …
Werde ich die Blüte verpassen oder gibt es Anzeichen, dass es losgeht? Was meint der Fachmann vor Ort dazu?
Heiko Lüdke erklärt mir, dass schon in den Tagen vor der Blüte unten am Schaft etwas Sekret abgesondert wird. Das würde die Titanenwurz bereits tun.
Am Morgen des Tages, an dem sie sich abends zu öffnen gedenkt, beginnen sie und ihre Umgebung zu müffeln. Der Geruch verstärkt sich und hat seinen Höhepunkt, sobald die Blüte sich öffnet. In der Nacht ist Hauptblütezeit (Sie erinnern sich an die nachtaktiven Käfer, die angelockt werden sollen!), auch am kommenden Morgen noch, doch dann beginnt bereits der Welkeprozess. Mit ziemlicher Geschwindigkeit offenbar.
Wenn Sie die Blüte selbst sehen möchten, halten Sie sich bereit! Ihnen bleibt nicht viel Zeit! Die Schätzung lautet: Freitag (19.7.), Sonnabend (20.07.), spätestens Sonntag (21.07) ist es soweit!
Sobald es losgeht, verlängert das Tropenschauhaus seine Öffnungszeiten. Am Tag der Blüte abends bis 23 Uhr und am kommenden Morgen öffnen die Pforten bereits um 7 Uhr. Und es sind auch Mitarbeiter vor Ort, die Fragen beantworten.
Dies vorweg, damit Sie Ihre Chance zum Besuchen und Ansehen wahren können und keine Klagen kommen, wenn ich erst hinterher davon erzähle.
Die Blüte liefere ich Ihnen nach!
Interessante Informationen und Details für Sie unter diesen Links:
Eine Information zur Blüte der Titanenwurz in Hamburg
http://www.bghamburg.de/13-medieninformationen/366-die-groesste-blume-der-welt-blueht
Eine Themenseite des Botanischen Gartens der Universität Bonn
http://www.botgart.uni-bonn.de/o_samm/titan/titaninfos.php
Falls Sie auf Facebook sind – Die Seite der
„Gesellschaft der Freunde des Botanischen Gartens Hamburg e. V.“
https://www.facebook.com/pages/Gesellschaft-der-Freunde-des-Botanischen-Gartens-Hamburg-eV/147493698646297
Der Link zur Webcam des NDR (bis zur Blüte)
http://www.ndr.de/regional/hamburg/titanenwurz123.html (->siehe auch Nachtrag am Ende des Artikels)
PS
Falls Sie es nicht während der Öffnungszeiten schaffen – Sie können die Blüte auch von außen bewundern. Vor dem Eingang stehend wenden Sie sich nach rechts, gehen die dortigen Treppenstufen hinauf auf das direkt vor Ihnen liegende Gewächshaus zu. In seiner vorderen rechten Ecke können Sie die Pflanze durch das Fenster hindurch betrachten!
Weitere Beiträge rund um Planten und Blomen finden Sie in der Kategorie Garten (rechts auf der Startseite)
NACHTRAG vom 20.07.2013:
Am Nachmittag öffnete sich ganz unvermutet (ohne den für den Morgen vorab erwarteten Eintritt des typischen Geruchs) die Blüte der Pflanze. Ich war mitten am Packen, schon halb im Aufbruch – doch dann beschloss ich, doch bei den Gewächshäusern vorbeizuschauen. Wann würde je wieder die Gelegenheit kommen, einem solchen Ereignis beizuwohnen?
Bis zur Schließung um 23 Uhr hatte sich die Blüte noch nicht voll entwickeln können, doch schauen Sie einmal, wie es gegen 22 Uhr aussah:

Planten un Blomen – 20.07.2013 – Titanenwurz (Amorphophallus Titanum) – Die Blüte öffnet sich … Es erinnert ein bisschen an Kohlblätter.
Zwei weitere Fotos für Sie, die mir freundlicherweise Heiko Lüdke vom Botanischen Garten zur Verfügung stellte:

Planten un Blomen – Sonntag, 21. 07.2013 – Und so verwelkt die Blüte der Titanenwurz … Foto ©Heiko Lüdke (mit freundlicher Genehmigung, es hier zu nutzen)

Planten un Blomen – Sonntag, 21. 07.2013 – Titanenwurz – Ein kleiner Einblick … Foto ©Heiko Lüdke (mit freundlicher Genehmigung, es hier zu nutzen)
Und ich habe noch etwas entdeckt, was ich Ihnen als Link hinterlasse: Der NDR hat die Aufnahmen seiner Webcam für Sie als Zeitrafferaufnahme ins Netz gestellt. In zwei Minuten von der Blütenöffnung bis zum Umknicken des Kolbens (Spadix).
–> http://www.ndr.de/regional/hamburg/titanenwurz123.html
Planten un Blomen, Hamburg – Hin! Jetzt? Im Frühjahr? Aber klar!
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Artikel, Foto, Garten- und Parkanlage "Planten un Blomen" (inkl. Besonderheiten im Tropenschauhaus!), Hamburg am 19/04/2013
Momentan sind die Tage schlichtweg zu kurz.
Geht es Ihnen auch so? Sie müssten den üblichen Kram erledigen, die Arbeit ruft …
Sie würden Sie ja auch erledigen!
Wenn da nicht …
Es herrscht doch im Grunde Ausnahmezustand!
Bisher waren Sie sehr dankbar für einen warmen Arbeitsplatz in geschlossenen Räumen oder genossen die Stunden am heimischen PC, machten manchmal sogar freiwillig länger, nur um nicht hinaus zu müssen!
Doch nun …
Nach den langen, kalten und vor allem so grau verhangenen Monaten, sprang der Spring oder – wie wir sagen – hüpfte am Wochenbeginn der Frühling herbei (es gibt ihn doch!), und alle Welt (wen verwundert’s) zieht es nun hinaus.
Um Defizite auszugleichen. Luft, Licht, Sonne und Wärme zu tanken. Konzentrierte Vitamin D Zufuhr zu sichern. Blässebehandlung einzuleiten.
So etwas ist wichtig!
Wichtiger als Arbeit?
Kommen Sie! Erstens gibt es da meist einen gewissen Spielraum. Und zweitens wissen Sie doch: Alles, was an Verpflichtungen und unerledigter Arbeit klammheimlich in der hintersten Ecke geparkt wird – das ist garantiert später auch noch da! Solche Dinge laufen nicht weg.
Sie dürfen es hinterher immer noch tun.
Nur – wer jetzt nicht die warmen Tage für einen Aufenthalt im Freien nutzt, dem läuft höchstwahrscheinlich das schöne Wetter davon!
Deshalb parken Sie bitte Ihren ach so wichtigen, klebrig-anhänglichen Kram und kommen Sie ein Weilchen mit hinaus. Planten un Blomen besuchen, die große Parkanlage mitten in Hamburg.
Manche Bloggäste waren schon mit mir dort. Im Mai, im Juli und später im Herbst 2012, als die Agave weberi blühte! Sie wissen bereits, dass diese wunderschöne Gartenanlage zu verschiedenen Zeiten ihre ganz besonderen Glanzpunkte bietet.
Wer seinerzeit nicht dabei war, kann diese Besuche nachholen. Die Links am Ende des heutigen Blogposts führen Sie in das bunte Pflanzenreich, zu den Mittelmeerterrassen, den vielfältigen Wasserinstallationen, der Agave, die bei der Ausbildung eines Blütenstands meterhoch aus dem Tropenhaus hinauswuchs und zu dem farbenfrohen Spiel der Wasserlichtorgel in der Dunkelheit eines Sommerabends.
Vielleicht fragen Sie sich, was ein Park mit vielen Blumen im zeitigen Frühjahr eigentlich für das Auge zu bieten hat.
Nach so einem Winter!
Es ist berechtigt, Skepsis zu zeigen, fehlen doch die Hauptattraktionen ganz offensichtlich noch komplett.
Die Stauden schauen gerade erst vorsichtig aus dem Erdreich, mancherorts ist obendrein noch der Winterschutz vorhanden. Tannenzweige decken einige besonders empfindliche Pflanzen ab, am Tropenschauhaus wird regelmäßig eine schutzbedürftige Pflanze im Winter mit einem stabilen Holzkasten umbaut. Auch dieser ist noch da.
Es fließt bisher gar kein Wasser in den entsprechenden Einrichtungen! Die Steintreppen sind trocken, die Bachbetten ebenso.
Das Laub fehlt an den Bäumen. Und?
Hört es sich nach reichlich kahlen Aussichten an? Äußerst trist?
Drehen Sie gleich wieder um? Stopp!
Es gibt durchaus Wasser!
Es gibt durchaus Farbe spendende Frühblüher!
Es gibt durchaus Grün und sogar Blüten an so manchem Strauch!
Wussten Sie, dass man gerade in dieser frühen Zeit des Jahres die Möglichkeit hat, die Strukturen einer Anlage zu erkennen und Formen sehen kann, die sonst halb versteckt sind hinter Laubmassen oder überbordender Blütenpracht?

Planten un Blomen – Jetzt im zeitigen Frühjahr – ohne Laub, Stauden und ohne Wasser sind die Grundformen und die Struktur besonders gut zu erkennen.
Es fallen auf einmal gartengestalterische Elemente auf, die sonst fast eingewachsen sind, oder Sie haben plötzlich im Uferbereich eine unerwartet weite Sicht, wo sonst hochgewachsenes Schilf bereits ihren Blick stoppte.
Sie werden auf einmal feststellen, dass es Sichtachsen gibt, und dass Sie – besonders wenn Sie kreuz und quer durch das Gelände spazieren – dennoch eine gute Orientierung im Park haben, weil Sie noch „hinausschauen“ können. Die Umgebung erspähen. Sie sehen angrenzende Straßenzüge und markante Gebäude, die Ihnen verraten, wo Sie sich gerade befinden. Es entstehen Durchblicksmöglichkeiten, die Sie im Sommer vergeblich suchen werden.

Planten un Blomen – Wallgraben unterhalb der Mittelmeerterrassen – Oben sehen sie das Gebäude der ehemaligen Oberpostdirektion am Stephansplatz.
Nach dem ungemütlichen Winter, entdecken die Menschen momentan verstärkt den Park wieder für sich. Die weißen Holzlehnstühle, die überall im Park verteilt aufgestellt sind, sind alle belegt.

Planten un Blomen – Auch ohne die Blütenpracht der Stauden, sind viele Menschen hier bei den Mittelmeerterrassen, deren Anlage Sie nun gut erkennen können.
Einheimische und Touristen genießen das Sonnenbad oder sie flanieren. Die einzigen, die es offenbar eiliger haben, sind die Jogger und Kinder mit dem Plan, möglichst schnell zum großen Spielplatz zu gelangen. Auf dem Hinweg wird voller Vorfreude verbal gedrängelt, und die Elternteile werden hartnäckig in die richtige Richtung gezerrt, auf dem Rückweg hingegen wird häufig geschlichen und gemeckert. Weil man noch gar nicht wegwollte …
Ein Highlight, das Planten un Blomen zu bieten hat, steht Ihnen sowieso das ganze Jahr über zur Verfügung: das Tropenschauhaus mit seinen verschiedenen Abteilungen (Tropen, Subtropen, Farngewächse, Sukkulenten). Das nehmen wir heute auf jeden Fall mit …
Und es gibt Tiere, die sich genauso über die warmen Sonnenstrahlen freuen, wie Sie auch.
Welche? Wo?
Lassen Sie uns doch einfach nachschauen!
Wenn Sie an einem der ersten warmen Tage unterwegs sind, werden Sie gelegentlich überrascht bemerken, wie viele Menschen bereits recht beherzt ihre Kleidung von sich werfen. Von einem Tag zum anderen ist gefühlt Sommer ausgebrochen, und die Tops und Flip Flops sind an der Reihe.
Ein richtiger Schock, diese viele nackte Haut auf einmal …!
In der U-Bahn zum Beispiel. Haut und natürlich auch eine dem Frühling angepasste, farbenfrohe Frisur.

U-Bahn-Fahrt zum Stephansplatz … Es ist Frühling. Und warm. Luftig angezogen, die Haare farbenfroh …
Sobald Sie das Parkgelände vom Stephansplatz her betreten, befinden Sie sich inmitten lockeren, alten Baumbestands und spazieren auf Wegen, die von Rhododendren und vielen anderen, kleineren Sträuchern gesäumt werden. Sie können überall auf kleine, verwunschene und gewundene Steinplattenwege abbiegen. Munteres Vogelgezwitscher dringt aus dem Geäst neben und über Ihnen.
Ich möchte Ihnen heute etwas Spezielles zeigen: den Narzissenhang an den Mittelmeerterrassen.
Der Name drückt nicht ganz aus, worum es sich in Wirklichkeit handelt, denn er reduziert den Bewuchs dieses Abhangs auf eine einzige Pflanze. Dem ist gar nicht so.
Es ist ein Wunderhügel!
Narzissenhang
Bereits im Februar ist er übersät mit Schneeglöckchen (Galanthus nivalis).
Im März folgt ein Meer an Frühlings-Krokussen (Crocus vernus) und Märzenbechern (Leucojum vernum).
Im April blühen Sibirischer Blaustern (Scilla siberica), Gefingerter Lerchensporn (Corydalis solida), Gelbe Narzisse (Narcissus pseudonarcissus und Schneestolz (Chionodoxa luciliae).
Ab Mai erleben Sie die Wildtulpe (Tulipa sylvestris), den Wundersamen Lauch (Allium paradoxum) und Bärlauch (Allium ursinum)
Im Juni erscheint als vorläufiger Abschluss der Wiesenkerbel (Anthriscus silvestris).
Doch nach einer Pause bis etwa September, geht es wieder los mit dem Herbst-Krokus und der Herbstzeitlosen.
Sie haben immer ein neues Bild! Manchmal ist es kein durchgehender – geschweige denn einfarbiger Teppich – sondern es fügen sich einzelne bunte Flicken aneinander.
Ein Patchwork-Teppich.
Am auffälligsten sind in der Tat im April die Gelben Narzissen. Vielleicht hat der Hang deshalb diesen prägnanten Namen erhalten.
Durch das Klima (die Witterung) im Frühjahr, kann sich die Blütezeit durchaus um bis zu vier Wochen verschieben. Nach dem kalten Winter blühen jetzt Mitte April weiterhin die Märzenbecher und viele Krokusse, dennoch haben die Blausternchen aufgeholt und mit ihrer Blüte beinahe pünktlich begonnen.
Der Deutsche Wetterdienst zeichnet die Blütedaten übrigens auf. Das heißt, der Blühbeginn wird jeweils in einem sog. „phänologischen Kalender“ eingetragen. Anhand dieser Daten werden auch Veränderungen des Klimas festgehalten.
Der Blick hinunter auf das Wasser des Wallgrabens ist herrlich. Direkt am Ufer führt ebenfalls ein Spazierweg entlang.
Oh, auf dem Wasser tut sich was!
Ich glaube, meine speziellen Freunde sind auch an diesem ersten frühlingshaften Tag bereits am sonnenbaden.
Wollen Sie mal schauen?
Dazu sollten wir allerdings ein bisschen dichter an das Wasser heran …
Wallgraben

Planten un Blomen – Wallgraben unterhalb der Mittelmeerterrassen – Auf den Ästen wird sich geputzt oder ausgeruht. Weibliche Stockente und ein Teichhuhn (Moorhen, Gallinula chloropus)

Planten un Blomen – Wallgraben unterhalb der Mittelmeerterrassen – Ponton mit Badesteg – Mal probeweise den Zeh eintunken …
Das sind meine absoluten Lieblinge hier. Keiner kann so relaxed abhängen wie diese Schildkröten!

Planten un Blomen – Wallgraben unterhalb der Mittelmeerterrassen – Sonnenbad der Schildkröten am ersten warmen Tag des Jahres – Rechts im Doppelpack und alle recken ihre Hälse lang … ^^
Schön ist es hier draußen!
Nur lassen Sie uns dabei das Tropenschauhaus nicht völlig vergessen! Ich würde Ihnen u. a. gern eine tolle Blüte und die wirklich interessanten Fruchtansätze an einer Palme zeigen …
Tropenschauhaus
Begrüßung durch Fische am Beginn des Rundgangs im Tropenteil des Schauhauses …

Planten un Blomen – Tropenschauhaus – Können Sie die Fische noch gut erkennen? Alles spiegelt sich auf der Wasseroberfläche des Beckens …
Wir kommen zum Puderquastenstrauch (Calliandra hematocephala), dessen Blüte auffallend ist … Wie tausende ballförmig auf einem Nadelkissen angeordnete Stecknadeln – sogar mit kleinen Stecknadelköpfen!

Planten un Blomen – Tropenschauhaus – Die Blüte einer Calliandra hematocephala (Puderquastenstrauch aus Südamerika)
Kennen Sie schon die Fischschwanzpalme Caryota plumosa? (Fischschwanz aufgrund der Blattform)
Und wussten Sie, was sich dort alles an Früchten und Samen entwickelt?
Schauen Sie mal!

Planten un Blomen – Tropenschauhaus – Caryota plumosa, die Fischschwanzpalme, mit Früchten und Samen
Hätten Sie weiterhin gedacht, dass sich dieses Kunstwerk an einem Farn entwickelt?
Miquels Hornpalmfarn (Ceratozamia miqueliana) macht solche Sachen …
Im Subtropenteil des Tropenschauhauses sind die Azaleen im Moment am blühen …
Achtung! Jetzt wird es wieder feucht. Die Farngewächse haben ihren eigenen kleinen Bereich im Tropenschauhaus …
Durchatmen. Es wird wieder trockner … Der Sukkulenten-Bereich.

Planten un Blomen – Tropenschauhaus – Sukkulentenhaus – Das letzte Mal, als wir hier so entlangschauten, wuchs die Agave weberi zum Dach hinaus …
Ist Ihnen auch so warm nach dem Tropenklima?
Insofern sind die kühlend wirkenden Blautöne der vielen Zwiebelblüher beim Herauskommen gerade richtig …

Planten un Blomen – An den Mittelmeerterrassen – Noch ein bisschen von jedem etwas: Krokusse, Schneeglöcken, Märzenbecher und Sibirischer Blaustern
Wir sollten zum See wandern und uns dort am Ufer eine Erfrischung gönnen. Ein Kiosk verkauft Kleinigkeiten, und es gibt Stühle und Tische direkt am Wasser. Im Sommer ist dort auch spätabends alles (inkl. der Liegewiese) belegt, denn dort finden die beliebten Konzerte bei gleichzeitiger Einschaltung der Wasserlichtorgel statt.
Wir sind gleich am Wasser. Die Blausternchen haben im Laufe der Jahre viele Flächen des Parks erobert und sind nicht allein am Narzissenhang zu finden …
Am See
Nun schau sich das einer an!
Die Wasservögel gehen wieder auf Tuchfühlung in der Hoffnung, etwas zu ergattern. Parkbesucher können hier spezielles Futter in einer Pappschachtel kaufen, ähnlich wie in manchen Wildparks oder Zoos.

Planten un Blomen – Am See – Wie auch im Wallgraben, gibt es hier Reiherenten. Der Federschopf ist gut zu erkennen.
Haben Sie sich ein wenig entspannen können?
Die Sonne genossen? Sauerstoff getankt?
Bitte? Ihre Zeit wird knapp?
Gut, dann gehen wir auf direktem Weg zurück zum Ausgang Stephansplatz. Wir werden gleich noch einmal kontrollieren, ob wir wirklich in Hamburg sind. Ah, da haben wir den Beweis … Der Fernsehturm (Heinrich-Hertz-Turm)! Das ist eindeutig!
Wenn Sie nach links hinübersehen, das ist der Bahnhof Hamburg-Dammtor, in dem sowohl Fernzüge als auch S-Bahnzüge ihren Haltepunkt haben.
Eine schöne Halle!
Wir könnten vielleicht beim nächsten Mal einen Abstecher dorthin unternehmen …
Sehen Sie nur! Die Knospen und Kätzchen sind doch schon ganz beträchtlich gewachsen! Es kann nicht mehr lange dauern …
Man kann sich hier auf dem Gelände von Planten und Blomen im Grunde trotz der Weitläufigkeit und trotz der zahlreichen Wege nicht verlaufen. Es gibt viele Tafeln und Wegweiser zur Orientierung.
Wussten Sie schon, dass manche Parkvögel zusätzlich eine wegweisende Funktion übernehmen? Diese Krähe zum Beispiel …
U-Bahn Stephansplatz. Ja, genau dort wollen wir hin!
Die Krähen landen immer dort, wenn Sie als Besucher vorbeikommen! Sie sind quasi Parkangestellte. Service-Personal. Sie rufen die Vögel natürlich vorher bei Ihrem Herannahen an den Schilderwald und sagen laut und deutlich Ihr Wunschziel! Dann setzt sich eine auf das entsprechende (richtige) Schild.
Krähen sind nämlich schlau …
(Psst … Glauben Sie bloß nicht immer alles!^^)
Wir müssen uns gleich trennen.
Wie hat es Ihnen im Park gefallen?
Planten un Blomen hat doch wirklich zu jeder Jahreszeit etwas zu bieten – oder wie sehen Sie das?
Ich wünsche Ihnen weiterhin schönes Wetter (selbst, wenn es wieder etwas kühler wird) und die Zeit, es zu nutzen!
Hier noch die oben erwähnten Links zu den vorherigen, reich bebilderten Blogposts zum Thema Planten und Blomen:
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/05/28/genuss-pur-mitten-in-hamburg-planten-un-blomen-und-das-geheimnis-der-fehlenden-fensterscheibe/
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/07/27/erfrischend-wenn-die-hitze-uber-der-stadt-brutet-ein-abend-mit-wasserlichtorgelkonzert-und-mehr-in-planten-un-blomen/
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/09/11/nichts-wie-hin-planten-un-blomens-himmelssturmerin-agave-weberi-offnet-die-bluten/
Erfrischend, wenn die Hitze über der Stadt brütet … Ein Abend mit Wasserlichtorgelkonzert und mehr in Planten un Blomen
Wir haben 2012 ziemlich lange darauf warten müssen – auf sommerliche Temperaturen. Jetzt sind sie da … Schön, oder?
War dort eben ein klitzekleines Zögern?
Nun, wie es in unseren Breitengraden inzwischen fast schon üblich ist, steigt die Quecksilbersäule des Thermometers recht spontan und leidenschaftlich gern unerhört rasant. Uns Nordlichtern sind nicht 22-24 Grad Celsius über einen längeren Zeitraum vergönnt – nein, wir knacken die 30° Grad im Schatten Grenze von heute auf morgen. Wobei übermorgen halt oft schon wieder der Schal fällig wird – es funktioniert tatsächlich auch umgekehrt so.
Etwas anderes. Hamburg. Sie kennen das Klischee bezüglich der Hanseaten? Zurückhaltend, zu Understatement neigend, gern in ein maritimes Blau (anglophil angehaucht) gekleidet, ergänzt durch goldene Knöpfe (Herren) bzw. eine einreihige Perlenkette (Damen). Eine Hanseatin, ich bin auch eine, würde Ihnen den momentanen Zustand der Städter wie folgt erklären:
Uns ist – fügen Sie hier bitte ein dezentes Räuspern und eine kleine Kunstpause ein – … ein wenig warm.
Und was mich angeht: doch, mir würde jetzt die Perlenkette solo ausreichen.
Dennoch habe ich vor, Sie heute wieder mitzunehmen. Da ich allerdings davon ausgehe, dass Sie den Besuch einer Backstube brüsk ablehnen würden, treffen wir uns stattdessen in Planten un Blomen. Ehe Sie mosern, dass wir dort Ende Mai schon waren …
Ja, und?
Glauben Sie, Sie haben damals schon alles gesehen?
Es gibt etwas Spezielles, was Sie heute kennenlernen werden, denn diesmal wird es aus gutem Grund einen Abendspaziergang geben. Das hat weiterhin den Vorteil, dass die Glut der Sonne vorbei ist, mit ihr die Sonnenbrandgefahr, und die Schweißausbrüche sind um die Zeit auf ein Minimum reduziert. Ein lindes Lüftchen weht, Sie werden einige Ihnen noch unbekannte Ecken bestaunen können und zum Abschluss ein erfrischendes, berauschendes Wasserlichtorgelkonzert erleben. Wir können uns dazu auch so setzen, dass sie – sobald eine kleine Brise aufkommt – in Maßen angenehm kühle Gischtspritzer zur Erfrischung abbekommen.
Wie klingt das?
Falls Sie im Mai nicht dabei waren oder noch einmal rekapitulieren möchten – hier ist der Link zum Vorgängerartikel:
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/05/28/genuss-pur-mitten-in-hamburg-planten-un-blomen-und-das-geheimnis-der-fehlenden-fensterscheibe/
Erinnern Sie sich noch an die Mittelmeerterrassen und die fehlende Glasscheibe im Dach des Kakteenhauses? Richtig, die große Agave (Agave weberi J. F. Cels ex. J. Poiss) hatte begonnen, einen Blütenschaft auszubilden. Sie hatte begonnen, ihn wie einen Dorn, wie eine Fahnenstange himmelwärts zu treiben und dabei schon die vorhandene Dachhöhe um mindestens einen Meter überschritten. So war der Stand am 26. Mai, und neulich verrieten die Gärtner, dass sie mit der Blüte Mitte bis Ende August rechnen.
Mittlerweile ist einiges an Höhe hinzugekommen. Die Seitenverästelung, die Anfang Juli begann, ist mittlerweile fortgeschritten. Bereits jetzt gut zu erkennen, wo sich die Blütenstände ausbilden.

Planten un Blomen am Abend – … und sie wächst und gedeiht: Die einen Blütenstand ausbildende Agave weberi J. F. Cels ex. J. Poiss am 20. Juli 2012

Planten un Blomen am Abend – … und fünf Sonnentage später (25.07.2012) am Abend (Agave weberi J. F. Cels ex. J. Poiss)
Ein Blick hinab auf den zu Füßen der Mittelmeerterrassen liegenden Alten Wallgraben. Hier ist am Abend eine beschauliche Ruhe eingekehrt. Nur wenige Spaziergänger und einzelne Jogger sind Richtung Alte Wallanlagen unterwegs. Bedingt durch seine recht tiefe Lage im Vergleich zum Niveau der ihn umgebenden Straßen, entsteht dieses Idyll am Wassergraben. Niemand vermutet den viel befahrenen Gorch-Fock-Wall oder die Jungiusstraße in unmittelbarer Nähe.

Planten un Blomen am Abend: Palmlilien, Gräser und Disteln – Blick von den Mittelmeerterrassen hinunter zum Alten Wallgraben

Planten un Blomen – Perückenstrauch (Cotinus coggygria) beim Tropenschauhaus. Er wird noch plusteriger, „perückiger“ im Laufe der Zeit …

Planten un Blomen – Kormorane im Alten Wallgraben (auf der Baumwurzel im Wasser, fast auf der anderen Uferseite)
Der Spazierweg ist frei.
Haben Sie Lust auf ein kleines Spiel, kein waghalsiges Experiment – mehr ein risikoarmes Abendabenteuer?
Stellen Sie sich bitte in die Mitte des relativ breiten Weges, drehen sich in Gehrichtung Alte Wallanlagen und schließen Sie die Augen.
Warten Sie einen Moment und lauschen Sie …
Was hören Sie?
Es ist Ihnen bisher vielleicht nicht aufgefallen, weil optische Reize Sie abgelenkt haben, aber irgendwoher rauscht es! Lassen Sie die Augen weiterhin geschlossen und gehen Sie langsam voraus. Der Weg führt leicht bergauf.
Es wird dunkler.
So etwas bemerken Sie auch mit geschlossenen Lidern! Ich verrate Ihnen, dass Sie links und recht von Bäumen umgeben sind, die über Ihnen zusammenwachsen und ein grünes Dach bilden.
Das Rauschen kommt näher, wird intensiver, lauter …
Atmen Sie tief ein!
Sie riechen oder fühlen vielleicht auch auf der Haut, dass sich die Luft verändert hat. Sie ist reiner, kühler, leicht feucht.
Wenn Sie das Gefühl haben, jetzt sei das Rauschen unmittelbar neben Ihnen: Halten Sie!
Wenden Sie sich nach links und öffnen Sie die Augen!
Als ich es sah, erging es mir wie der Amerikanerin, die auch gerade aus der Gegenrichtung kommend dort eintraf, und ich möchte ihre treffenden Worte wiedergeben:
„Fucking gorgeous!“, war es, was ihr entfuhr.
Das erste Wort ist in seiner Bedeutung nicht unbedingt hanseatisch korrekt. Aber zusammen genommen sagt es alles. Es ist so traumhaft, umwerfend und großartig, bei dieser Geräuschkulisse auf die Steintreppen und die ihre Stufen hinabstürzenden und brodelnden Wassermassen zu schauen! Das Rauschen an den Niagara-Fällen kann doch kaum schöner sein!
Plötzlich werden Sie gewahr, dass es noch nicht alles war. Abgesehen von dem Rauschen, fällt Ihnen zusätzliches, vielfältiges Plätschern auf und Sie gehen, wie magisch davon angezogen, weiter. Neugierig, überzeugt, dass jetzt nicht noch etwas kommen kann, was Sie wieder derart umhaut. Vielleicht kommt Ihnen der Gedanke, dass das Wasser für diesen eben gesehenen Wasserfall irgendwoher stammen muss – eine Quelle braucht. Und richtig, kaum endet der baumbesäumte Weg am oberen Ende der Wassertreppe, entdecken Sie die Herkunft. Aus vielen offenen Rohrenden, die alle aus zwei sich gegenüberliegenden Steinwänden ragen, strömt Wassernachschub, fällt teilweise metertief hinunter in Auffangbecken, von denen eines wiederum die Wassertreppe speist.
So schön!
So f…ing gorgeous!

Planten un Blomen am Abend – … direkt an der Wassertreppe weiteres fröhliches Rauschen und Geplätscher

Planten un Blomen am Abend – … aus den Rohrenden rauscht es hinab … Aus manchen wasserlosen Rohrstücken wachsen Pflanzen.
Wenn Sie die Kühle genossen und sich sattgesehen haben, unterqueren Sie gleich noch die folgende Brücke und werfen darunter und auch dahinter einen Blick auf den Boden. Hier wurden sehr schöne Mosaikmuster eingearbeitet!
Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass wir jetzt dringend zum Parksee aufbrechen müssen, denn pünktlich um 22 Uhr beginnt dort das Wasserlicht(orgel)konzert!
Wir streifen einfach quer durch die Parkanlage, kommen Sie vertrauensvoll mit mir mit …
Als Route zurück (wieder hinauf zum Tropenschauhaus), dient uns diesmal der rollstuhltaugliche Weg, der an der Wassertreppe beginnt und oben nahe der Bucerius Law School endet.

Planten un Blomen am Abend – Rechts das markante Gebäude der privaten Bucerius Law School mit dem Fernsehturm im Hintergrund

Planten un Blomen – Schön in der Abendämmerung: die weißen Silberkerzen (Cimicifuga) und blühende Funkien
Na bitte, wer sagt es denn!
Wir sind gut in der Zeit.
Von Mai bis einschließlich August starten die Konzerte um 22 Uhr, den ganzen September über um 21 Uhr. Von Oktober bis Ende April hingegen herrscht Winterpause.
Haben Sie eine ungefähre Vorstellung, was Sie erwartet?
Die Kurzfassung könnte so lauten:
Musik an, Wasser an, Licht an!
Wie nüchtern, wie langweilig, wie uninspirierend!
Ich verrate Ihnen ein bisschen mehr.
Sie kommen heute in den musikalischen Genuss des Karnevals der Tiere. Gratis! Sie lauschen ihm in der Dunkelheit, und sie erhalten gleichzeitig zusätzlich etwas für ihre Augen, das Gemüt, für Ihre Seele. Ihnen werden Farbenpracht und wunderschöne, anmutige, aber auch mitreißende Wasserspiele geboten werden!
Einige Male könnte Ihnen möglicherweise ein Ooooh! und Aaaaaah! herausrutschen …
Es wird Sie beeindrucken! Sie und all die anderen, die sich hier sammeln, um sich ein solches Erlebnis nicht entgehen zu lassen.
Möchten Sie wissen, wie dieses kleine Wunder entsteht?
In den Parksee sind sowohl Wasserdüsen für Fontänen als auch Lichtstrahler für buntes Licht eingebaut. Am Ufer stehen mehrere in großer Höhe montierte Lautsprecher, die zwar keine Hi-Fi Qualität haben, aber ihren Zweck hinreichend erfüllen. Sie verbreiten die Musik, die dort an den Konzertabenden erschallt. Oft Klassik, doch es gab auch schon Rockstücke oder Filmmusik, zu denen für die Wasserlichtorgel eine Choreographie erarbeitet wurde.
Wie das funktioniert?
Während der etwa 30 min. andauernden Darbietung, wird von zwei Künstlern (live!) an der „Wasserlichtorgel“ und am „Lichtklavier“ gespielt. Während der eine die 13 Pumpenhebel für die Fontänen bedient, steuert der andere eine sehr große Anzahl von Tasten über ein zweimanualiges Licht-Keyboard und regelt auf diese Art 762 Lampen in fünf Farben.
Um sehen zu können, was sie „anrichten“, befinden sich diese beiden Personen in einem kleinen Raum direkt am Parksee, der Fenster direkt in Höhe der Wasseroberfläche hat. Wenn Sie sich auf der Wiese befinden, ist dieser Raum von Ihnen aus gesehen links (Richtung Café Seeterrassen).
Die Musik selbst ist nicht live. Sie kommt von CD, Band, aus der Konserve …

Planten un Blomen … Ein Blick hinüber zum Café Seeterrassen. Erleuchtet und für eine besondere Feier dekoriert …
Die Hitze des Tages ist angenehmen Abendtemperaturen gewichen. Kaum Wind, die Dunkelheit setzt jetzt rasch ein. Nehmen Sie Platz und genießen Sie die Vorstellung. Gerade eben wurden die erst kurz zuvor eingeschalteten Parklaternen wieder gelöscht.
Es geht los!

Planten und Blomen – Wasserlichtorgelkonzert „Karneval der Tiere“ – Mehr dazu (Artikel und Fotos) im Blog: Michèle. Gedanken(sprünge) – Juli 2012
Finale …
Vorbei. Schon … Eine halbe Stunde, die wie im Fluge verging.
Haben Sie gelegentlich die leichten Gischtspritzer gespürt? Empfanden Sie es nicht auch eher angenehm als störend an diesem warmen Tag?
Konnten Sie ein wenig erholen nach der brütenden Hitze des Tages oder sogar für einen Moment den Alltag vergessen und sich ein klein bisschen verzaubern lassen?
Falls es Ihnen gefiel – Sie dürfen selbstverständlich auch alleine wiederkommen! (Diese Wasserlichtorgel hat durchaus ein leichtes Suchtpotenzial …)
Bis zum Ende dieser Saison sieht das weitere Programm folgendermaßen aus:
01.-15. August Tango (Arr. Héctor Gonzáles-Pino)
16.-31. August (erneut) Karneval der Tiere (Arr. Birgit Winzler)
01.-15. September Filmmusik (Arr. Héctor Gonzáles-Pino)
16.-30. September Scheherezade (Arr. Tanja Naini)
Ich freue mich, dass Sie dabei waren und wünsche Ihnen noch weitere angenehme Sommertage! Vielleicht lesen wir uns demnächst wieder.
Anmerkung:
Ich hatte für Sie auch ein kleines Video vorbereitet, doch YouTube wies gleich nach Hochladen auf eventuelle urheberrechtliche Probleme hin (die Musik!).
Nun, reagieren wir mit einem gelassenen hanseatischen Pffft! sowie stoischem Blick darauf, greifen auf obige Fotos zurück und halten uns an unsere eh viel stärkere Kraft der Imagination.
©Juli 2012 by Michéle Legrand