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Unterwegs entdeckt: Alle machen’s! Marienkäfer, Bulldoggen, Polizisten, Angler …
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Artikel, Auf Entdeckung - Unterwegs im In- und Ausland (s. dazu auch weitere Spezialkategorien), Foto, Hamburg, Hamburgs Binnen- und Außenalster am 24/10/2013
Trauen Sie ihr noch? So wirklich? (Ich spreche von der Wettervorhersage) Und überhaupt, eigentlich ist es doch gar nicht vorstellbar! Es ist Ende Oktober!
Da können die noch so viel erzählen von Tief Zenith, das über dem Atlantik Kreise zieht, irgendeinem Hoch Nastassja im Osten und der warmen Mittelmeerluft bzw. einem extravaganten, lauen Nordafrikalüftchen, welches sich an der Ostflanke des Tiefs Richtung Norden vorbeischummelt. Ich habe ihnen die prophezeiten Temperaturen nicht geglaubt, den Wetterfachleuten!
Ja doch! Am Dienstagmorgen wirkte es tatsächlich recht nett draußen und von kürzlich morgendlichen 7° C war das Thermometer auf immerhin 13° C gestiegen. Im Schatten!
Nur trauen Sie dem Frieden?
Zu oft erlebten Sie doch schon die Bauchlandung, sind mit einem Flatterjäckchen losgezogen und hatten hinterher die Bescherung bzw. den Erkältungsinfekt. Weil es eben doch nicht so warm war wie angekündigt, weil es eben doch nicht trocken blieb, weil kein Mensch etwas von Hagel erwähnt hatte!
Ich wollte etwas erledigen und beabsichtigte, es bei dem passablen Wetter mit dem Fahrrad zu tun. Es ging zwar um eine längere Strecke, doch Licht, frische Luft und Radfahren tun bekanntlich gut. Ich dachte mir:
Kleide dich nur vernünftig, d. h. rechne mit allem.
Allem im Sinne von Wolkenbruch, Frost, Orkan, Gewitter.
Nur falls es (eher unwahrscheinlich) besser als angenommen werden sollte? Wie sähe es dann aus?
Ach, kleide dich – zumindest oben herum – nach dem Zwiebelprinzip: eine Schicht über die andere.
T-Shirt, Strickjacke, Halstuch, Lederjacke. Ansonsten Jeanshose und das Übliche, was der Mensch braucht, um sich draußen unbeanstandet aufzuhalten.
Es gibt eine wirklich empfehlenswerte Route, um mit dem Rad aus dem Hamburger Osten Richtung Stadt und Außenalster zu kommen. Sie müssen nicht entlang vielbefahrener, mehrspuriger Hauptverkehrsadern radeln und bleihaltige Luft inhalieren!
Es gibt stattdessen einen schön gelegenen Radweg, teilweise auch eine erst seit 2012 in dieser Form existierende eigene Fahrradstraße! Beides schlängelt sich anfangs entlang der Wandse, später (ab Mühlenteich) läuft der Weg zunächst parallel zur Eilbek, im weiteren Verlauf (ab Maxstraße) entlang des Eilbekkanals. Die Fahrradstraße (nur Anwohner dürfen sie mit ihren Wagen befahren) führt durch die Ufer- und Lortzingstraße und ist Teil der offiziellen Veloroute 6. Die Wege leiten einen direkt an die Außenalster zur Schwanenwik-Bucht. Der Ausdruck ist jetzt doppelt gemoppelt. Denn „Wik“ bedeutet schon Bucht.
An einem Tag gegen Ende Oktober, an dem unvermutet mit Macht die Sonne durchbricht, heiße Luft aus Afrika (oder woher auch immer, jedenfalls aus dem Süden) die Gradzahl bis zum Mittag auf 20° C im Schatten (!) steigert, das Herbstlaub immer noch an vielen Stellen einladend leuchtet – an solch einem Tag sind sie auf einmal alle draußen.
Die Hamburger, jung und alt, die Quiddjes (Dazugezogene) und die Gäste der Stadt, die Touristen. Manche erkunden auf den roten, zu mietenden „Stadträdern“ die Gegend. Fahrradausleihstationen gibt es hier in dieser Region mittlerweile mehrere seit der Einrichtung der Fahrradstraße. Es flanieren Spaziergänger, die Hundehalter führen ihre tierischen Freunde aus (manchmal auch umgekehrt), die Bankentdecker und -besetzer blinzeln abwechselnd in die Sonne und auf das glitzernde Wasser, die Jogger sind in besonders großer Anzahl unterwegs. Auf dem Eilbekkanal wird auch gerudert.
Eine im Gras dösende, sonnenanbetende Bulldogge habe ich lieber nicht fotografiert, die sah so aus, als wenn sie das – überhaupt jegliche Art von Störung – nicht duldet, aber diesen (nächstes Foto) Hund mit Herrchen. Ich fand die Fähigkeit des Tiers bewundernswert.
Sie können es auf dem Foto wahrscheinlich gar nicht erkennen, aber der braune Hund hat nur drei Beine, wobei ihm der linke Vorderlauf fehlt. Sie wissen vermutlich, dass Tiere das Fehlen von Gliedmaßen häufig sehr gut ausgleichen können, doch bei einem Hund lasten 60 % seines Gewichts auf den Vorderbeinen. Es ist wesentlich leichter, das Fehlen eines Hinterbeins zu kompensieren! Dieser hier muss schon die Kraft auf seiner Laufstrecke einteilen und wiederholt Pausen einlegen. Was sein Herrchen auch mit ihm tat!
Seit 2009 gibt es zehn Liegeplätze für Hausboote in einem speziellen Bereich des Eilbekkanals, die im Zuge des Pilotprojekts Wohnen auf dem Wasser eingerichtet wurden. Sie befinden sich zwischen Wagnerstraße und dem Lerchenfeld. Die Boote dort haben richtige Anschlüsse an die Kanalisation, verfügen über Strom und auch der Müll wird per Müllabfuhr entsorgt! Wenn Sie durch die Straßen wandern, sehen Sie, dass diese Hausboote oben an der Straße sogar eine eigene Hausnummer bekommen haben. Einige dieser Boote werden als Wohnung, andere als Büro genutzt und wie es heißt, lebt oder arbeitet der Bootsherr dort auf jeweils 130 bis 160 qm Wohn-/Bürofläche.

Hamburg – Die Richard-Wagner-Brücke in Pink. (Wagner und pink??) Rechts eines der Hausboote, das als Büro genutzt wird.
Nachdem dieser Bereich mit den Liegeplätzen hinter Ihnen ist, durchfließt der Kanal den Kuhmühlenteich und nennt sich fortan Mundsburger Kanal. An ihm steht überaus fotogen die evang.-lutherische St. Gertrud Kirche (1881-1885). Und wenn Sie sich zwischen Kirchturm und Kuhmühlenteich einen Flecken vorstellen, dann haben Sie den geographischen Mittelpunkt von Hamburg.
Angler versuchen hier häufig ihr Glück. In dem Gewässer, das max. zwei Meter Tiefe und einen schlammigen Grund hat, fühlen sich Karpfen, Rotaugen und Brassen recht wohl. Einer der Herren erzählte mir, dass er Richtung Schwanenwik (dahin kommen wir gleich) auch schon einmal einen Zander gefischt hätte.

Hamburg – Kuhmühlenteich mit St. Gertrud Kirche – Blick Richtung Mundsburger Kanal. Die Brücke links dient der U-Bahn als Überquerungsmöglichkeit. Ganz im Hintergrund ist der Heinrich-Hertz-Turm (Fernsehturm) zu sehen.
Direkt am Ausfluss des Teichs befand sich die Kuhmühle. Dass wir uns richtig verstehen: Es war eine Pulver- und Walkmühle! Sie hat jetzt keine Kühe zerkleinert!
Damals existierte dort allerdings Weideland, und zum Queren des Wassers trieb man seine Kühe über die – ganz klar! – Kuhbrücke. Später wurde ein Damm gebaut und der Stausee, der auf diese Art für den Betrieb einer Mühle entstand, war der Mühlenteich, bzw. eben wegen der vielen Kuhnachbarn – genau! – der Kuhmühlenteich. Die Mühle – immer noch dieser Logik folgend – also die Kuhmühle. Objwohl sie mit Kühen selbst herzlich wenig zu tun hatte.
Kommen Sie noch mit?
Heute ist rein gar nichts mehr davon zu sehen, doch früher standen sogar insgesamt acht Wassermühlen auf der Strecke entlang der Wandse bis zur Stadt! Sie dienten beispielsweise als Lack-, Pulver- oder Ölmühle. Der Kuhmühlenteich, diese Ausbuchtung der Eilbek, war – wie gerade gelernt – extra zum Betrieb der Kuhmühle angelegt worden, nur als man Ende des 19. Jahrhunderts den Eilbekkanal ausbaute und dabei den Wasserstand nivellierte, war das für das Betreiben einer Mühle absolut kontraproduktiv. Sie wurde abgebrochen.
Das hier ist noch einmal aus der Nähe gesehen die Überquerung für die U-Bahn, die via Uhlandstraße in Richtung Mundsburg und Hamburger Straße sowie in Gegenrichtung fährt.

Hamburg – Hochbahnbrücke am Ausfluss des Kuhmühlenteiches in den Mundsburger Kanal – Der Brückenpfeiler zeigt symbolhafte Darstellungen …
Es lohnt sich durchaus, einen genaueren Blick auf die Granitpfeiler zu werfen. Es sind nämlich vier Bildfelder eingearbeitet, die – so heißt es – die Beherrschung der vier Elemente Luft, Erde, Feuer und Wasser darstellen. Teilweise in Szenen mit menschlichen Wesen (auf dem Foto oben raucht hinter den Personen ein Vulkan, was auf Feuer hinweist), aber auch mit vier verschiedenen Tierdarstellungen, die sich wie eine Banderole ein Stück um den Pfeiler wickeln (auf dem Foto weiter unten Vögel, die das Element Luft symbolisieren – es gibt auch noch Pflanzen, Fische, Schlangen und Feuersalamander)

Hamburg – Hochbahnbrücke am Ausfluss des Kuhmühlenteiches in den Mundsburger Kanal – Die Brückenpfeiler aus Granit haben symbolhafte Bilder … Hier: Vögel als Symbol für Luft (s. auch Text)
Beim Weiterfahren mit dem Fahrrad fällt ab und zu etwas ins Auge, was dort nicht häufig auftaucht …
Langsam kommt die Außenalster in Sicht. Die Schwanenwikbrücke befindet sich als letzte Straßenquerung noch vor Ihnen. An dieser Brücke werden gern Liebesschlösser befestigt und natürlich haufenweise Fotos aufgenommen. Mal mit Menschen, mal ohne Lebewesen im Bild, aber immer das Innenstadtpanorama inklusive der Kirchtürme im Hintergrund.
Es ist herrlich dort, besonders, wenn Sie direkt hinunter ans Ufer wandern (oder wie ich Ihr Rad schieben bzw. abstellen). Die Wasservögel machen es sich hier gern bequem, die Menschen genießen die Atmosphäre und legen eine Pause ein. Gelegentlich dreht eines der Alsterfährschiffe seine Runde, von Zeit zu Zeit tuckert sogar der Rauch ausstoßende Dampfer, die St. Georg, vorbei. Erinnern Sie sich an unsere große Alsterrundfahrt mit einem der offenen Boote hier im Blog? Dort hatte ich Ihnen vieles von der Wasserseite aus gezeigt und erzählt. Von James Bond, dem anderen Mann, der im Wasser steht, dem Seehund, der Moschee etc. Falls Sie es nachlesen möchten, finden SIe nachstehend den Link zum Blogpost:
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/07/03/sommer-sonne-alster-und-wie-ist-es-mit-ihnen/
Die Vögel relaxen allerdings nur so lange, bis wieder ein Nichtwissender (es ist gar nicht gestattet!) kommt und sie füttert. Dann werden sie unberechenbar! Ein über- und unter- und durcheinander Geflattere, ein Radau, man glaubt es nicht! Und ich schwöre Ihnen, es muss jede Möwe schreien! Jede! Ohne Ausnahme.

Hamburg – Außenalster – Schwanenwik – Ruhe und einträchtiges Beisammensein. Alles ist gut, bis jemand kommt, der füttert …

Hamburg – Außenalster – Schwanenwik – Man verträgt sich, man döst, man steht auf einem Bein, man putzt sich … Noch!

Hamburg – Außenalster – Schwanenwik – Fast noch zivilisiert. Wasservögel und Nicht-Wasservögel. Nur mal gucken …
Auch hier – wie am Eilbekkanal – entspannen die Menschen auf Bänken und sonnen sich. Darum ging es übrigens auch in der Überschrift! Sie glauben gar nicht, wer es noch alles tat – dieses sich dem Sonnenbad hingeben, dieses Blinzeln, sich Räkeln und Vitamin D tanken.
Die Bulldogge erwähnte ich schon. Ein Streifenpolizist stand ans Fahrzeug gelehnt, hatte den Kopf in den Nacken gelegt, die Mütze noch ein Stück nach hinten geschoben und genoss die Sonnenstrahlen, während er wohl auf seinen Kollegen wartete, der offensichtlich länger ein Protokoll aufnahm. Die Angler am Kuhmühlenteich vorhin waren Sonnenanbeter, und an vielen Stellen saßen sie gehäuft und drängelten sich fast: Marienkäfer! So viele habe ich so spät im Jahr noch nie gesehen!
Und ich? Ich habe die Sonne auch genossen! Nur mir wurde sehr warm! Wer ahnt denn, dass es sich so entwickelt! Und dazu das Radeln! Die Jacke flog als erstes davon, dann die Strickjacke, das Halstuch … Mehr war nicht möglich. Sie wissen ja, Polizei in der Nähe, Anstand und so …
Und irgendwann geht es erhitzt wieder heim. Noch ein letzter Blick über die Alster …
Auf der Rückfahrt wurde ich überrascht. Ich wusste nämlich bisher nicht, dass ich offenbar auf einem Berg wohne! Einem unsichtbaren Berg, wie ich vermute. Sehr mysteriös! Ich dachte immer, in Hamburg gäbe es nördlich der Elbe nur in Blankenese nennenswerte Steigungen, dann die Hügel der Boberger Dünen, vielleicht noch den kleinen Rodelberg im Stadtpark und einen leichten Anstieg bei einer Straße in der Nähe, die bereits das verräterische, aber völlig unangebrachte Wort Berg in ihrem Namen trägt.
Doch eine Art schweißtreibende Passstraße zwischen Alster und meinem Wohnsitz in Hamburgs Osten …?
Mir fiel es bisher nie auf, nur Tatsache ist, dass ich auf dem Hinweg ohne großen Krafteinsatz dahinglitt, zurück aber die ganze Zeit rechtschaffen strampeln und mich anstrengen musste. Obwohl es nicht windig war!
Ist das jetzt Einbildung?
Tun Sie mir einen Gefallen und probieren Sie es bei Gelegenheit selbst aus. Ich muss das jetzt wissen! Ich will auch nicht drängeln, aber vielleicht kommen Sie noch in diesem Herbst dazu, wenn das Wetter weiterhin so schöne Tage bereithält. Falls wir wieder einen solch grauen und langen Winter wie 2012/2013 bekommen sollten, sollten Sie sich ohnehin vorher noch reichlich mit Sonne und blauem Himmel eindecken.
Es hat einen weiteren Riesenvorteil, sich der Sonne zuzuwenden und sie anzublinzeln. Walt Whitman formulierte es recht treffend: „Richte dein Gesicht immer zur Sonne, und die Schatten werden hinter dich fallen.“
Sommer, Sonne, Alster … und wie ist es mit Ihnen?
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Allgemein, Artikel, Auf Entdeckung - Unterwegs im In- und Ausland (s. dazu auch weitere Spezialkategorien), Foto, Hamburg, Hamburgs Binnen- und Außenalster am 03/07/2012
Das vergangene Wochenende (30.06./01.07.) brachte sonniges Wetter und überaus angenehme, sommerliche Temperaturen nach Norddeutschland. Haben Sie Lust, dies auszunutzen und mit ans Wasser zu kommen?
Oben ohne?
Ich hätte heute hier im Blog für Sie Folgendes im Angebot:
Eine Rundfahrt mit dem Alster-Cabrio über die Hamburger Binnen- und Außenalster.
Sie überlegen noch?
Nur das Boot ist offen, oben ohne – Sie dürfen weiterhin geschlossen, sprich bekleidet bleiben.
Es wird eine kleine, kurzweilige Fahrt, einige wissenswerte oder unterhaltsame Dinge werden locker und unauffällig hineingestreut. Wir plaudern ein wenig, Sie können Fotos ansehen, entspannen sich ein bisschen und in gut zehn Minuten steigen Sie wieder aus. Trocken und ohne dass Empfindsamen unter Ihnen vom Seegang schlecht geworden wäre.
Letzte Chance! ;)
Es geht los …

Ablegen am Jungfernstieg mit dem Alster-Cabrio – Am Anleger befinden sich noch die Boote „Alsterwasser“, „St. Georg“ und „Eilbek“ (siehe auch Text)
Wir starten am Anleger Jungfernstieg direkt in Hamburgs Innenstadt nahe dem Rathaus. Hier legen viele Schiffe der Alsterschifffahrt zu ihren Rund-, Kanal-. Fleetfahrten, zu Dämmertörns oder sonstigen (gecharterten) Sonderfahrten ab. Es gibt ebenfalls gesondert einen festen Linienfahrplan, der Ein- und Aussteigen an insgesamt neun Anlegern ermöglicht.
Die Boote der weißen Alsterflotte sind unterschiedlicher Bauart. Es gibt die traditionellen Alsterdampfer mit voneinander leicht abweichenden Bautypen. Sie tragen Namen wie Goldbek, Eilbek, Susebek etc. Des Weiteren die Flachschiffe („MS Fleetenkieker“ u. a.), eine restaurierte Motorbarkasse („Aue“), einen Solarkatamaran („Alstersonne“), den erwähnten offenen Schiffstyp („Alster-Cabrio I und II“) sowie ein ZEMship („Alsterwasser“). ZEMship steht für „zero emission ship“, d. h. ein Fahrgastschiff, welches sehr fortschrittlich mit Brennstoffzellen – emissionsfrei und geräuscharm – angetrieben wird.
Von Zeit zu Zeit begegnet Ihnen auf der Alster sogar ein altes Dampfschiff. Wenn ein weißes Boot an Ihnen vorbeituckert, aus dessen Schornstein grauer Rauch quillt, dann ist es sehr wahrscheinlich die „St. Georg“. Sie gehört dem Verein Alsterdampfschifffahrt e. V.
Sie haben an diesem warmen Tag wirklich Glück, denn für uns steht das offene Boot abfahrbereit. Keine trübe Fensterscheibe, die die Sicht behindert, Sonne pur auf Ihrer Haut und ein bisschen frischen Wind um die Nase.
Sitzen Sie gut?
Bitte? Schwimmwesten?
Nein, die gibt es hier nicht. Sollten Sie hinausfallen, ist die Chance jedoch ziemlich groß, dass jemand hinterherspringt und sie rettet. Nicht nur das Alster-Cabrio, auch andere Boote würden sofort stoppen, beidrehen und sie wieder an Bord ziehen. Die Binnenalster ist zudem gar nicht so tief. Wenn Sie noch ein bisschen wachsen, können Sie fast darin stehen (2,50 m).
Die Binnen- und die Außenalster gibt es seit dem 13. Jahrhundert, als die Alster (der Fluss, dessen Quelle nördlich von Hamburg bei Henstedt-Ulzburg zu finden ist) zu Mühlenteichen aufgestaut wurde. Die Fläche der kleineren Binnenalster beträgt 18 ha, die der großen Außenalster 160 ha. Den großen See dürfen Sie sich etwa so groß wie das Fürstentum Monaco vorstellen. Hier beträgt die Wassertiefe ungefähr 3,50 m.
Wir erreichen gleich die Lombards- und die Kennedybrücke, die die beiden Seen voneinander trennen. Wenn man unter diesen steinernen Bauwerken durchfährt, hallt die Stimme plötzlich wie im Gebirge! Was gerade über uns hinwegrauscht, ist ein Fernzug. Einer von sehr vielen. Die Lombardsbrücke ist die Querung der Alster für Fern- und Güterzüge und mit 900 Zügen, die pro Tag über ihre Gleise fahren, die meistbefahrene Eisenbahnbrücke Europas!
Der Autoverkehr nutzt die Kennedybrücke dahinter, die zusätzlich gebaut wurde, als das Verkehrsaufkommen immer größer wurde. Sie hatte anfangs den sehr logischen Namen Neue Lombardsbrücke und wurde erst nach der Ermordung John F. Kennedys 1963 ihm zum Gedenken in Kennedybrücke umbenannt.
Die Brücken liegen hinter uns, wir befinden uns nun auf der Außenalster. Rechts taucht das bekannte Hotel Atlantic auf. Sehen Sie doch einmal hoch zum Dach! Es sind Menschen oben! Wird dort gearbeitet, oder spielen sich vielleicht Dramen in dieser Höhe ab?

Hotel Atlantic – rechts auf dem Dach die Weltkugel mit den beiden Karyatiden (-> James Bond Szene, siehe Text)
Es gab dort oben tatsächlich schon einmal eine dramatische Begebenheit. 1997 wurden hier Szenen für den James Bond Film „Der Morgen stirbt nie“ mit Pierce Brosnan gedreht, der (oder sein Stuntman-Double) vor einem Killer über den Balkon an der Hausfassade hinauf auf das Dach flüchtete, bis hin zur Weltkugel rechts mit den beiden Karyatiden.
Was meinten Sie bitte?
Nein, es ist nicht schlimm! Machen Sie sich keine Gedanken!
Sie dürfen ruhig weiter James Bond Musik vor sich her summen …
Sollte sie noch der Begriff Karyatiden im Zusammenhang mit der Weltkugel beschäftigen – so werden in der Architektur Skulpturen von weiblichen Figuren, die eine tragende Funktion haben, genannt.
Ein Stückchen weiter, nahe der Gurlitt- Insel, treffen wir auf einen Herrn, der mitten im Wasser steht. In Hamburg gibt es an verschiedenen Orten insgesamt vier dieser auf Bojen befestigten Figuren von Stefan Balkenhol. Sie sind aus Eichenstämmen gefertigt, fast identisch, und die Kollegen befinden sich seit 1993 auf der Süderelbe in Harburg, im Serrahn in Bergedorf sowie auf der Elbe beim Museumshafen Övelgönne. Im Winter werden sie eingeholt.
Unser Boot nähert sich dem Schwanenwik. Schwanenwik bedeutet so viel wie Bucht der Schwäne. Hier sehen Sie rechts die 1952/53 entworfene Bronze „Drei Männer im Boot“ von Edwin Scharff. Bevor Sie allerdings fertig gegossen und aufgestellt war, starb der Künstler 1955. Er selbst hatte sich die Herren mit den hoch aufgerichteten Ruderstangen eigentlich an den (von ihm – so dachte er) umgestalteten Jungfernstieg gewünscht – nun steht die Bronze hier, die Figuren zum Wasser ausgerichtet.
Genau hier, in der Bucht der Schwäne, befindet sich die breiteste Stelle der Außenalster. Die Entfernung vom Ostufer zum Westufer hinüber beträgt ca. 1.200 m. Die Straße, die jetzt auf unserer Uferseite entlangführt, nennt sich Schöne Aussicht. Häuser mit dieser Adresse sind begehrt, rar und in ihrer Anschaffung äußerst kostspielig. Die Straße hat ihren Namen nicht ohne Grund, denn wer von hier aus über die Alster schaut, dem bietet sich ein großartiges Panorama! Der Blick erfasst die Silhouette der Stadt, zeigt all die markanten Kirchturmspitzen und eine Menge Himmel und Wasser drumherum!
Höher als alle Kirchtürme ist übrigens der Fernsehturm oder Heinrich-Hertz-Turm, wie er korrekt heißt. Er misst 279 m, ragt dementsprechend hoch in den Himmel. Ist riesig! Doch wer im Hamburger Hafen oder auch anderswo schon einmal die Queen Mary II gesehen hat, dem sei gesagt, würde man dieses Schiff hochkant an den Turm stellen, dann ragte es noch 66 m über die Spitze hinaus …
Es geht weiter am Gästehaus des Hamburger Senats vorbei. Es wird heute nicht mehr so viel genutzt wie z. B. zu jener Zeit, als Helmut Schmidt Bundeskanzler war. Er lud gern zu Gesprächen in seine Heimatstadt ein und quartierte seine Gäste an der Alster ein. Der Senat empfängt schon seit 1965 in dieser Villa und seither stiegen viele prominente Persönlichkeiten hier ab. Queen Elizabeth II hat sich als erste eingetragen. Kissinger war da, Yassir Arafat, Breschnew, der Dalai Lama, Giscard d’Estaing u. v. m. Auch der König von Tonga, für den das Bett verstärkt werden musste – er wog viereinhalb Zentner!

Gästehaus des Hamburger Senats (sehr versteckt, der Garten mit Bootsanleger liegt Richtung Feenteich)
Wir passieren jetzt die Feenteichbrücke, die den Eingang zum Feenteich bildet.
Nur eine von sehr vielen Brücken in dieser Stadt. Es gibt in Hamburg offiziell 2.376 Brücken (inoffiziell 2.500). Damit ist Hamburg die brückenreichste Stadt Europas und hat mehr Brücken als Amsterdam, London und Venedig zusammen! (Mit Brücken sind wirklich alle, nicht nur die über Wasserwege gemeint)
Ein Stückchen hinter der Feenteichbrücke und hinter dem Anleger Uhlenhorster Fährhaus (Uhlenhorst = Eulennest) befindet sich die Imam-Ali Moschee. Sie ist die viertälteste Moschee in Deutschland (Grundsteinlegung 1961, Einweihung 1963 und 1965).

Anleger „Uhlenhorster Fährhaus“ – Im Hintergrund die Imam-Ali Moschee, das Islamische Zentrum Norddeutschlands
Lassen Sie uns von der Außenalster einen kleinen Abstecher in den Langen Zug machen. Hier gibt es auch etwas, das Sie vielleicht sehen möchten. Beim Einbiegen passieren wir das Haus des Rudervereins der Hamburger Schulbehörde. Er wirkt momentan ein bisschen verwaist, was sicher daran liegt, dass die Schulferien schon begonnen haben. Aufgenommen wird hier nicht jeder, der eine Hamburger Schule besucht, sondern nur, wer als Schüler u. a. mindestens einen Notendurchschnitt von 1,2 vorweisen kann.
Über dem Club befindet sich die Wohnung des Hausmeisters. Er ist bereits ein älterer Herr, der – laut einem Gerücht – nicht in Rente gehen möchte, weil es für ihn bedeuten würde, dass er von diesem doch sehr schön gelegenen Plätzchen fortziehen müsste …
Ein kleines Stück weiter auf der rechten Seite taucht ein recht interessantes, eigenwilliges Haus auf. Der Hamburger Architekt Hadj Teherani hat es nach seinen Entwürfen bauen lassen.

… man sieht, dass auch der Garten in Wellen angelegt ist, so dass der Eindruck entsteht, das „Schiff“ gleite durchs Wasser
Es sieht aus wie ein Kreuzfahrtschiff von hinten, große Glasfronten bieten Ausblick und selbst der Garten wurde danach gestaltet. Der Rasen verläuft wellig, die Anpflanzung unterschützt zusätzlich den Eindruck, dass sich das „Schiff“ im Wasser befindet. Herr Teherani wohnt dort, allerdings nur im Parterre auf „lumpigen“ 210 qm. Es gibt insgesamt sieben Parteien in diesem Haus, für einen allein waren die Kosten wohl doch zu gewaltig. Unter anderem soll Hugo Boss hier seine Ferienwohnung haben. Eine verglaste Außenkabine sozusagen …
Während Sie noch weitere Villen links und rechts anschauen, gedenke ich einen Moment einer früheren Firma, bei der ich gern gearbeitet habe, die sich hier ganz in der Nähe, etwa am Beginn der Straße Bellevue, befand. Fast acht Jahre konnte ich in jeder Mittagspause schnell an den Langen Zug und vor zum offenen See spazieren, Alsterluft schnuppern, den Blick über das Wasser gleiten lassen oder Wasservögel beobachten. Die Firma gibt es mittlerweile nicht mehr – aber wenigstens die Alster, nicht wahr?
Die Sonne strahlt weiterhin, das Wasser glitzert, und die Fahrt führt Sie nun Richtung Krugkoppelbrücke. Am Ufer liegt die Straße Bellevue mit sehr noblen Häusern. Bellevue heißt im Grunde auch wieder Schöne Aussicht. Doch auf diese Art findet sich der Postbote leichter durch, als wenn das ganze Ostufer den gleichen Straßennamen hätte. ;)
Rechts von der Krugkoppelbrücke an der Straße Fernsicht, liegt das bekannte und gut besuchte Restaurant-Café „Bobby Reich“ mit Bootssteg, Bootslagerung und Bootsvermietung schon seit 1883.
Sie haben es natürlich bereits bemerkt: Auf der Alster fahren selbstverständlich nicht nur die Boote der Alstertouristik (Alsterschifffahrt). Hier sind auch viele Segler, Ruderer und Tretbootfahrer unterwegs. Es werden Regatten veranstaltet und Ruderrennen ausgetragen. Es gibt mehrere Ruderclubs an verschiedenen Stellen entlang des Ufers, die Segelschule Käpt’n Prüsse unweit des Hotel Atlantics und einige Verleihstellen für Segel-, Tret- und Ruderboote rund um den See. Lediglich weitere motorisierte Fahrzeuge sind nicht erlaubt, und es gilt zudem der Grundsatz: Vorfahrt haben immer die Alsterschiffe!
Unser Alster-Cabrio fährt noch unter der Krugkoppelbrücke hindurch, so dass Sie sehen können, wo der Alsterlauf hinführt. Schauen Sie bitte einmal nach rechts.
Von hier aus bleiben gut 50 km Wasserstrecke bis zur Quelle. Befahrbar mit den Schiffen der Alstertouristik sind allerdings lediglich noch die nächsten sieben bis acht Kilometer (Richtung Winterhuder Fährhaus).
Wir drehen und wählen die Route entlang des Westufers zurück. Dort sind die Stadtteile Harvestehude und Rotherbaum, und das Alstervorland mit Alsterwiesen und Alsterpark ragt bis an das Ufer.
Unser Kapitän hat jedoch eben bemerkt, dass die Zeit knapp wird, empfiehlt, die Hüte festzuhalten und gibt Gas. Es dröhnt, der Boden vibriert, und der Lärm verhindert vorerst weitere Erläuterungen.
Immer noch Sonnenschein. Aber selbst wenn hier – wie in den letzten Wochen – sehr viel Regen fällt, besteht nie die Gefahr, dass die Alster oder ihre Fleete überlaufen. Zwei elektronisch gesteuerte Schleusen (Rathausschleuse und Schaartorschleuse) regulieren den Wasserstand und sorgen für einen gleichmäßigen Pegel.
Auch ansonsten können Sie beruhigt sein, denn schauen Sie jetzt einmal nach links: die Polizei ist schon da und passt auf …

Alsterrundfahrt: …. die Zeit drängt. Noch einmal Gas geben, dass der Boden unter den Füßen vibriert.
Wir lassen die Außenalster gleich wieder hinter uns und steuern erneut auf die Kennedybrücke zu. Haben Sie es erkannt? Im Wasser schwimmt ein „Seehund“ …
Geht es Ihnen gut?
Fühlen Sie sich noch wohl?
Ich hoffe, sie haben die leichte Schaukelei eben vertragen.
Ansonsten wird es jetzt wieder ruhiger, denn wir befinden uns nun wieder auf der Binnenalster. Was als leichter Sprühnebel auf sie niederkommt, ist die zart verpustete Gischt der großen Alsterfontäne.
Das schöne Gebäude zur Rechten ist das Hotel Vier Jahreszeiten, von dem ich Ihnen kürzlich schon den Eingang auf einem Nachtfoto zeigte. (Lesen Sie hier bitte freundlicherweise korrekt! Es heißt nicht Nacktfoto!) Das Vier Jahreszeiten ist immer noch eines der besten Hotels weltweit und dementsprechend sind die Preise. Ein Zimmer (nach hinten heraus, kein Alsterblick!) bekommen Sie bereits für günstige 430,00 €, die Präsidentensuite, die Sie rechts oben (dort, wo die schmalen Fenster sind) erkennen, kostet 4.900,00 € pro Nacht.

Das ALEX (früher Alsterpavillon) am Jungfernstieg, links der eigene Beach Club (Georgia-Beachclub-Lounge)
Wir sind fast am Ende unserer Rundfahrt, doch bleiben Sie zu Ihrer eigenen Sicherheit noch sitzen! Im Gegensatz zu früher, werden wir heute nicht an der Pier vertäut. Am Anleger Jungfernstieg befinden sich an einigen Stellen senkrecht Metallplatten montiert, an Bord der Alsterschiffe hingegen gibt es Magneten. Das Anlegen erfolgt elektromagnetisch, und da es nicht reicht, einfach nur in die Nähe der Platten zu kommen und sich hoffnungsfroh anziehen zu lassen, muss unser Kapitän mit relativ viel Schwung dagegen halten.
Nun, Sie sind ja jetzt mental vorbereitet und halten sich am besten vorsichtshalber an der Sitzbank oder an ihrem Nachbarn fest. Wenn Sie ihn bisher noch nicht kennen, kann das nun mit einer guten Begründung nachgeholt werden. Starten Sie die Kontaktaufnahme vielleicht zwanglos mit einem: „Sind Sie auch so furchtsam?“ oder „Ihre Hände wirken auf mich irgendwie beruhigend!“

Ende der Alsterrundfahrt. Schön war’s. Der schlanke Herr in dunkler Hose und weißem, kurzärmeligen Hemd, der uns gerade den Rücken zuwendet – das war unser Kapitän.
Angedockt. Sie können ausatmen.
Hat es Ihnen ein bisschen gefallen?
Ich betone, es waren nicht immer oder ausschließlich die Erläuterungen, die der Kapitän von sich gab, doch ich fand, wir bräuchten zusätzlich noch ein bisschen Information.
Falls Ihre Beine sich erst wieder an Festland gewöhnen müssen, setzten Sie sich noch einen Moment hier auf die sonnenbeschienenen Sitzbänke und schauen dem Treiben zu.
Demnächst können Sie – wenn Sie denn wollen – auch einen Ausflug auf der Landseite mitmachen. Zu Fuß entlang der Außenalster.
Was halten Sie davon?
Ich sage rechtzeitig Bescheid …!
©Juli 2012 by Michèle Legrand