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Stilvolle Treppenhäuser, schöne Fassaden, eigenwilliges Interieur – der Charme Hamburger Kontorhäuser / Teil V – Das Haus Pinçon am Neuen Wall
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Artikel, Auf Entdeckung - Unterwegs im In- und Ausland (s. dazu auch weitere Spezialkategorien), Foto, Hamburgs Kontorhäuser am 16/01/2013
Der mittlerweile fünfte Part dieser Blogserie erscheint heute und mit ihm lernen Sie ein neues „altes“ Kontorhaus kennen:
Das Haus Pinçon.

Hamburg – Kontorhäuser – Das Haus Pinçon im Neuen Wall 26-28, Fassade (ab 1. OG) mit Keramikfliesen verziert. Unten rechts das Tradtionsunternehmen Waßmann (Drei Goldschmiede in der Familie! Sie erinnern sich vielleicht an Thorsten Waßmann, den ich Ihnen in einem Bericht mit seinen besonderen Silberschmuckkreationen vorstellte). Links vom Eingang seit Anbeginn 1904 die Fa. Weitz (Porzellan)
Es ist in Hamburgs Innenstadt unter der Adresse Neuer Wall 26-28 zu finden, und der Name geht zurück auf den bekannten Hutmacher P. M. Pinçon & Co., der dort – als der Neubau fertiggestellt war – seine Geschäftsräume bezog.
„Alt“ in Anführungsstrichen gesetzt, denn obgleich sein Baujahr mit 1904/1905 angegeben wird (Architekten: Leon Frejtag & Hermann Wurzbach), erscheint es Ihnen heute beim Betrachten wahrscheinlich sehr frisch und irgendwie jung – nur ohne dabei modern zu sein.
Sie ahnen ganz richtig: das Haus wurde aufwendig restauriert!
Wir kommen gleich dazu und widmen uns der besonderen Fassade.
Vorweg eine Frage an Sie bzw. die Bitte, folgende Überlegung anzustellen:
Angenommen Sie wohnten in einer Wohnung oder einem Haus, das schon ein bisschen in die Jahre gekommen ist. Kleine optische Verbesserungen und Möbelveränderungen gab es, der bauliche Zustand – beispielsweise der sanitären Einrichtungen – blieb jedoch unverändert.
Neulich hat es einen Wasserschaden im Bad durch ein Leck im Wasserzulaufrohr gegeben. Die Wand wurde aufgeklopft, die undichte Stelle freigelegt, das eigentliche Leck gefunden.
Nun, das Gröbste ist wieder gerichtet. Das neue Rohr wurde installiert, die Mauer trocknete, die Löcher wurden verschlossen – nur es sieht grauslig aus! Ein Bereich der Fliesen musste leider herausgestemmt werden, und die jetzt vorerst verputzten Stellen sind absolut keine Schönheit.
Jetzt sind Sie an der Reihe!
Was ist Ihr Plan?
Aha, ausbessern. Schöner Plan.
Haben Sie noch Fliesen nach all den Jahren?
Nicht? Schon stirbt der Plan.
Bitte?
Im Keller? Wie viele denn? Werden sie reichen?
Ach – nicht?
Fliesen dazu kaufen?
Die gibt es nicht mehr!
Ähnliche meinen Sie?
Stil und Farbe sind komplett out. Keine Chance.
Es bleiben nur zwei Möglichkeiten: Entweder Sie reißen alles raus und kacheln komplett neu (anders) oder – wenn Sie sehr an dem alten Kacheldesign gehangen haben, weil es etwas ganz Einmaliges war (Ihre Fliesen trugen handgemalte indianische Stammeszeichen o. ä.) – nehmen Sie Ihre Musterfliese aus dem Keller, marschieren damit zu einem Fachbetrieb und lassen sich neue Kacheln dieser Art anfertigen. Auch diese werden nicht haargenau zu den restlichen Unversehrten passen, die sich noch neben dem arg geschundenen Stück Ihrer Badwand befinden.
Sie lassen sich daher seufzend eine Charge in der Größenordnung anfertigen, dass sie zur Runderneuerung reicht …
Sie kennen jetzt das Problem.
Wann immer Sie etwas Existierendes wieder herrichten wollen, mit erheblicher zeitlicher Verzögerung etwas „nur“ausbessern möchten, irgendwie Vorgaben haben, an die Sie sich halten möchten oder müssen – immer dann wird es schwierig. Und teuer!
Nun kommen wir zum Haus Pinçon.
Hier geht es nicht um einen kleinen Wasserrohrbruch, sondern dieses im sogenannten konstruktiven Jugendstil errichtete Bauwerk hat leider – wie viele andere Häuser auch – während des Zweiten Weltkriegs ziemlichen Schaden genommen.
Hamburg (und insbesondere auch die Innenstadt) wurde – wie Sie wissen – ausgiebig bombardiert. Gerade zentrale Lagen, wirtschaftlich empfindliche Punkte, verkehrstechnisch wichtige Orte (Hauptbahnhof, etc.) wurden bevorzugt anvisiert.
Manche Gebäude waren danach nur noch Schutt und Asche. Bei den Kontorhäusern gab es welche, die ihre oberen Geschosse verloren. Nicht alle wurden nach dem Krieg in der alten Form wieder aufgestockt.
Viele erlitten erhebliche Brandschäden, manchmal auch beides.
Nachdem in Hamburg im 19. Jahrhundert (1842) der Große Brand gewütet hatte, wurden als Konsequenz daraus die ersten Bauregelungen eingeführt, und aus der noch tief sitzenden Furcht vor Bränden eine gewisse Sensibilität hinsichtlich des Brandschutzes entwickelt.
Es erfolgten Änderungen der Bauweise, und der Blick richtete sich ebenfalls auf die Ausstattung.
Für die Kontorhäuser speziell hieß dies, dass sich Anfang des 20. Jahrhunderts die Stahlbetonbauten in Kombination mit Sandstein, Backstein oder Klinkern durchzusetzen begannen. Die Gebäude erhielten großzügige Treppenhäuser mit Kachelwänden und gefliestem Boden. Eine Vielzahl der Geländer war nun aus Metall/Schmiedeeisen, ein Teil weiterhin aus Holz, jedoch in einer eher massiven Form. Es wurde auf leicht entzündbare Gegenstände in den Foyers und Hallen gänzlich verzichtet. Die Fluchtwege blieben frei.
Die Gefahren für den Ausbruch eines Brandes wurden somit reduziert, die Ausbreitung erschwert – nur gegen (Brand-)bomben waren kein Haus immun.
Das Haus Pinçon trug im Krieg erhebliche Brandschäden davon, und in der folgenden Zeit reichten die knappen Mittel vorerst nur für eine Neuverblendung der Fassade mit hellen, grauen Klinkern. Abgesehen von dem anfangs nicht tragbaren finanziellen Aufwand, gab es natürlich einen weiteren Grund: das nötige Material war lange gar nicht vorhanden!
Wer in den Jahren bis etwa Beginn 2006 den Neuen Wall in Höhe des Hauses 26-28 entlangspazierte, passierte das Gebäude höchstwahrscheinlich schnelles Schrittes und ohne große Beachtung oder steuerte es lediglich an, um ein dort ansässiges Geschäft zu betreten.
Die damalige Eigentümerin, Frau Lotte Zscherpe, hingegen, hatte immer den Traum gehabt, es wieder so herzurichten, wie es am Anfang ausgesehen hatte. Ihr, die einst eine Zeit als Verkäuferin im Hutgeschäft P. M. Pinçon & Co. tätig war, schwebte der Urzustand vor:
Ein markantes Haus, rot verklinkert, mit einer sehr klar unterteilten Fassade im oben erwähnten konstruktiven Jugendstil.

Hamburg – Kontorhäuser – Haus Pinçon – Neuer Wall 26-28 – Gemäß altem Vorbild: Kacheln mit blauer Glasur nach Machart „craquelée“
Als zusätzlichen Anziehungspunkt für das Auge und zur besonders gearteten Querunterteilung ab dem ersten Obergeschoss, herrliche, intensiv blaue Kacheln, dazu Kupfer. In luftiger Höhe – quasi als Abschluss vor dem Dachbeginn – vier besondere Keramik- Reliefs, die jeweils einen Frauenkopf zeigen – jeder mit einem anderen Gesichtsausdruck.
Irgendwann war der Traum von Frau Zscherpe nicht mehr nur eine vage Wunschvorstellung, sondern das Unternehmen „Restaurierung“ nahm Formen an. Das Büro Pflügelbauer wurde beauftragt und deren Architektin Nathalie Göttling leitete die zwei Jahre dauernden Arbeiten. Als Vorbilder dienten alte Fotografien und Originalfliesen, die sich auf dem Dachboden des Hauses fanden.
Jetzt fragen Sie sich vielleicht, wie man mit einer Fliese aus dem Jahr 1904 heute weiterkommt. Der Baumarktleiter wird sicher nur traurig dreinschauen und bedauernd den Kopf schütteln, wenn Sie ihm hoffnungsfroh ein Musterexemplar vor die Füße legen und dabei vorsichtig mit Ihrem Plan herausrücken. Auch der oben erwähnte Fachbetrieb dürfte überfordert sein, denn sein heutiges Produktionsverfahren weicht doch erheblich von dem von vor über 100 Jahren ab.
Doch es gibt Spezialisten. Es gibt einen Herrn, der auch schon Fliesen für den Alten Elbtunnel in Hamburg, für das Holthusenbad oder für diverse Bahnhöfe der Hamburger U-Bahn (St. Pauli, Hallerstraße, Uhlandstraße etc.) herstellte. Sein neuestes Werk, die siebte Station mittlerweile, war 2012 die Mitgestaltung der U-Bahn-Station Sierichstraße.
Sein Name ist Hans Kuretzky. Herr Kuretzky ist Baukeramiker (Dipl.-Ing. nach einem Keramikdesign-Studium in Krefeld) und hat einen Werkstatthof in Borstorf – zwischen Trittau und Mölln gelegen. Er betreibt seine Werkstatt seit 1985. Anhand des Musters hat der Baukeramiker aus insgesamt sieben Tonnen (!) Ton die benötigten Fliesen und Ornamente nachgearbeitet.
Jede einzelne Fliese Handarbeit – insgesamt eine Fläche von 62 Quadratmetern!
Handkunstwerke – so nennt Herr Kuretzky sie selbst.
Die Fliesen wirken geflammt, an manchen Stellen in der Literatur stößt man auf den Begriff Majolika-Verkleidung, liest an anderer Stelle aber von „carreau flammé“ und von der Machart „façon craquelée“. Das wiederum leitet sich ab vom Verb craqueler = etwas rissig machen.
Bezogen auf die Glasur bedeutet es, dass bei dieser Machart beim Brennen feine Risse auftauchen. Und letztendlich war es genau diese Herstellungsweise, die hier angewandt wurde.
Außer der Anfertigung der blauen Kacheln, fielen Arbeiten am Rotstein für die Fassade an und natürlich mussten außerdem die 60-70 kg schweren, menschlichen Köpfe modelliert werden.
Diesen Auftrag führte der Restaurator und Kunstmaler Peter Lund aus. Obwohl er sie als eher androgyn beschreibt, wirken sie mehr weiblich – was auch einen gewissen Sinn ergibt, denn das Kontorhaus wurde (zumindest bis zu diesem Zeitpunkt) immer nur an Frauen vererbt!

Hamburg – Kontorhäuser – Haus Pinçon – Neuer Wall 26-28 – Frauenköpfe mit – wenn man genau hinschaut – unterschiedlichem Gesichtsausdruck
Was Sie auf dem nächsten Foto vielleicht erkennen können, ist ein Schriftzug, der in etwa 15 Metern Höhe eingearbeitet ist. Er wurde von Frau Zscherpe persönlich – als christliches Element – ausgewählt und von Heidrun Kuretzky gestaltet. Es handelt sich um den Konfirmationsspruch der Eigentümerin nach Jesaja, 43,1: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“

Hamburg – Kontorhäuser – Haus Pinçon – Neuer Wall 26-28 – Eingearbeitet der Konfirmationsspruch …(hier ist ein Teil zu sehen)
Für die Montage der neu modellierten und gebrannten Elemente, wurden die alten Behelfsklinker nicht entfernt. Auf die vorhandene Fassade kam eine Edelstahlmatte (wurde einfach vorgeschraubt), auf welcher sowohl Fliesen als auch Rotsteine aufgesetzt und verankert wurden.
Ein ziemlich beeindruckendes Ergebnis nach der Fertigstellung! Frau Zscherpe hat das Haus wunderschön wieder herrichten lassen, und zum Glück hat sie das Haus Pinçon in seiner neuen Pracht im Jahr Herbst 2007 auch noch miterlebt. Sie starb 2008 im Alter von 88 Jahren.
Nachdem Sie durch obige Bilder bereits die neue Fassade kennen, können Sie sich nun zusätzlich einen kleinen Eindruck davon verschaffen, wie der Eingangsbereich und der Zugang zum Treppenhaus gestaltet wurden.
Keine Mosaiken wie im Fall des Hübner– oder Hildebrandt-Hauses, zurückhaltender insgesamt, doch überaus stilvoll – besonders die Treppenaufgänge/Geländer. Völlig anders auch als beispielsweise die Geländer im Laeiszhof (verspielte, eher floral wirkende Formen/Ranken).
Wie gefällt es Ihnen?
Beim nächsten Kontorhaus-Gang (Teil VI), werde ich Ihnen – so sieht die derzeitige Planung aus – einige Gebäude in der Poststraße bzw. der Gerhofstraße in Bildform näherbringen. Vielleicht mögen Sie sich wieder anschließen ….
Quellen:
Einige der Informationen über die Arbeiten am Haus stammen aus folgenden Artikeln des Hamburger Abendblatts:
– Ein Haus wie anno 1904 (Matthias Rebaschus) – 20.10.2007
– Der Meister der glänzenden Fassaden (Karin Lubowski) – 01.07.2006
Vorhergehende Folgen der Kontorhaus-Serie sind über nachstehende Links für Sie aufrufbar:
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/08/17/demnachst-im-blog-hamburgs-kontorhauser-eine-kleine-einfuhrung-fur-sie/
Teil I:
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/08/20/stilvolle-treppenhauser-schone-fassaden-eigenwilliges-interieur-der-charme-hamburger-kontorhauser-teil-i-darf-es-etwas-basiswissen-sein/
Teil II:
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/08/25/stilvolle-treppenhauser-schone-fassaden-eigenwilliges-interieur-der-charme-hamburger-kontorhauser-teil-ii-der-laeiszhof-samt-paternoster-und-watt/
Teil III:
http://wp.me/p1zeK1-1iW / Das Hildebrand-Haus
Teil IV:
https://michelelegrand.wordpress.com/2013/01/11/stilvolle-treppenhauser-schone-fassaden-eigenwilliges-interieur-der-charme-hamburger-kontorhauser-teil-iv-das-hubner-haus-und-eine-kleine-zeitreise/
©Januar 2013 by Michèle Legrand
Stilvolle Treppenhäuser, schöne Fassaden, eigenwilliges Interieur – der Charme Hamburger Kontorhäuser / Teil IV – Das Hübner-Haus und eine kleine Zeitreise
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Artikel, Auf Entdeckung - Unterwegs im In- und Ausland (s. dazu auch weitere Spezialkategorien), Foto, Hamburgs Kontorhäuser am 11/01/2013
Bei unserem letzten Blogspaziergang vor wenigen Tagen, hatten wir uns (gedanklich) in der Mellin-Passage (Alsterarkaden/Neuer Wall, großes Foto im letzten Blogpost!) verabredet, um weitere Kontorhäuser in Hamburgs Innenstadt näher zu betrachten. Ich sehe, Sie haben sich daran erinnert und hingefunden …^^
Vorweg:
Ich hatte Ihnen dabei Teil IV der Serie unter Nennung dreier Gebäudenamen im und am Neuen Wall angekündigt. Hier erfolgt nun eine kleine Änderung, da ich gern etwas mehr unterteilen und Ihnen die Häuser in separaten Blogposts vorstellen möchte. Was ich Ihnen ursprünglich zusammen präsentieren wollte, ist jedes für sich auf eine andere Art interessant und hat Anspruch auf eigenen Platz (auch für Fotos) und eigene Annäherung.
Unterschiede? Ja? Welche denn?
Manche Gebäude, wie der in Teil II vorgestellte Laieszhof, warten mit Besonderheiten auf, die es anderswo gar nicht oder kaum noch gibt. Dort ist es neben dem prachtvollen Treppenhaus der Paternoster, der immer noch in Betrieb ist. Sie haben ihn erlebt.
Das Hildebrand-Haus aus Teil III hat ein vom Stil her höchst interessantes, weil eigenwilliges und einmaliges Foyer sowie einen wirklich nachträglich gekonnt integrierten Fahrstuhl.
Im Teil I lag mir daran, Ihnen ein Bild der damaligen Zeit zu vermitteln. Ich erklärte Ihnen zudem ein bisschen den Hintergrund, warum Kontorhäuser entstanden und verriet mehr über ihre Bauweise. Auch dort werden Sie Unterschiede (standortbezogen) entdeckt haben.
In den kommenden zwei Fortsetzungen wird es zusätzliche Schwerpunkte geben:
Das Hübner-Haus heute, Teil IV, besticht durch seinen schon beeindruckend gestalteten Eingangsbereich, aber es verleitet zusätzlich zu einer kleinen Zeitreise, denn wir werden uns gedanklich mit einem dort früher existierenden Café beschäftigen.
Im danach folgenden Teil V wiederum wird es um das Haus Pinçon und die Art und Weise gehen, wie es vor einigen Jahren aufwändig und detailgetreu nach altem Vorbild restauriert wurde.
Das eine Haus (Hübner) fasziniert vielleicht mehr durch Einzelheiten zu seiner Geschichte, seiner Nutzung, dem Leben im Gebäude.
Das andere (Pinçon) hat wechselvolle Zeiten und (Bau-)Zustände hinter sich, und hier liegt der Fokus auf der Wiederherstellung/Restaurierung.
Das Gutruf-Haus, dessen Bild ich zuletzt als „Appetizer“ mitgegeben hatte, wird zu gegeber Zeit ebenfalls noch vorgestellt.
Doch nun lassen Sie uns starten!
Aus der Mellin-Passage in den Neuen Wall tretend, wenden Sie sich nach links bis Sie auf die nächste Kreuzung treffen. Das Eckgebäude Neuer Wall 22/Poststraße 2-4 ist das Hübner-Haus, ein 1907/1908 vom Architekten Henry Grell errichtetes Gebäude.
Heute hat genau an der Ecke im Erdgeschoss ein Cartier-Geschäft seinen Sitz, angrenzend in der Poststraße ist die Parfümerie Sahling, deren fantasievoll gestaltete Weihnachtsdekoration Sie vielleicht erinnern. Ich zeigte Ihnen Ende November Fotos der liebevoll gestalteten, teils beweglichen Winter-Dioramen.
Die Hübners besaßen bereits vorher (ab ca. 1884) das Haus am Neuen Wall, welches mit einer recht scharfen Ecke zur Poststraße endete. Georg Hübner kaufte jedoch um die Jahrhundertwende das nebenan liegende Areal Poststraße 2 dazu und plante um 1908 den ersten Stahlbetonbau (Geschäftshaus) in Hamburg.
Das Haus erregte seinerzeit große Aufmerksamkeit!
Die Fassadenstützen sind sehr dicht aneinander gereiht. Für die Vorderfront wurde Sandstein verwendet, die Rückfront ist aus Backstein erbaut.
Wissen Sie noch?
Vorne war es wichtig, Eindruck zu machen und zu zeigen, dass man nicht arm war. Hinten konnte es billiger ausfallen. Da kam der Besucher/Geschäftspartner nicht hin.
Es wirkt von außen auf den ersten Blick vielleicht nicht ganz so anziehend und auffällig, was auch daran liegen mag, dass nach der Umgestaltung durch Schaufenstereinbauten Ausdruckskraft verloren ging.
Dafür ist es im Innern umso schöner!
Schauen Sie sich das einmal an!
Die Eingangshalle hat Mosaiken, die einen wirklich zum Staunen bringen. Gold ist eingearbeitet und neben den Mosaikstreifen befinden sich Marmorinkrustationen.

Hamburg – Kontorhäuser – Hübnerhaus – Poststr. 2-4, Ecke Neuer Wall – Foyer mit Goldmosaik und Marmorinkrustationen
Das Foyer hat eine richtige Concierge-Loge, die immer noch so aussieht wie damals, als sie eingerichtet wurde, und es scheint, als würde dort jemand arbeiten. In diesem kleinen weißen Häuschen in der Halle brennt die Schreibtischlampe von Zeit zu Zeit.
Stellen Sie sich vor: In der
Weihnachtszeit wird dort auch dekoriert!
Dann liegen bunte Pakete auf dem Dach der kleinen Kabine.

Hamburg – Kontorhäuser – Hübnerhaus – Poststr. 2-4, Ecke Neuer Wall – Die Loge weihnachtlich dekoriert. Der Concierge hat frei. Das Licht ist aus …
Nur mir wurde glaubhaft versichert, dass es überhaupt keinen Pförtner/Portier gibt!
Dabei sehe ich ihn förmlich vor mir, wie er über den Arbeitstisch gebeugt Kassenbücher ausfüllt, Vermerke macht, vielleicht in späteren Zeiten Telefonate entgegennahm. Ein distinguierter Herr. Nicht zu jung.
Oder?
Stellen Sie sich nicht auch die Frage, wer dort in früherer Zeit saß, wie er hieß, was seine Aufgaben waren?
Ob man von ihm respektvoll als z. B. Herr Buddenbohm sprach? Den Mann mit der Übersicht.
Oder riefen die Hübners von oben laut und unkompliziert den Vornamen durchs Treppenhaus nach unten?
„Heinrich, die Tür quietscht …!“
„Paul, das Fenster geht nicht zu …!“
Was musste er tun?
Ein Concierge. Das Wort leitet sich ab aus dem Lateinischen. Conservius bzw. servus und bedeutet in der Umgangssprache soviel wie Diener oder Sklave.
War er das?
Mit dem heutigen Begriff Concierge, der in einem noblen Hotel Gäste betreut und begehrte Musicalkarten herbeizaubern kann, ein geheimes Notizbuch mit den Eigenarten der Kunden führt, deren Vorlieben kennt – damit hat es sicher nichts zu tun gehabt.
Was dann?
Gab er Auskünfte? Bediente er den Paternoster, wenn es in diesem Haus anfangs einen – wie in vielen anderen Kontorhäusern – gab?
Wies er weiteres Personal an z. B. für die Treppenhausreinigung?
Hatte er aufzuschließen bzw. zu verriegeln und für Licht zu sorgen? Ließ er Besucher hinein, brachte Damen zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter dem Regenschirm zur zuvor herbeigerufenen Droschke?
Regelte er den Lieferantenverkehr?
Denn Lieferanten und auch illustre Kunden hatte die Konditorei und Marzipanfabrik Georg Hübner eine Menge!
Was für ein Bild, wenn die ausgesandten Diener aus hochherrschaftlichen Häusern in Livree eintrafen, um kunstvoll verzierte Torten und edles Marzipangebäck für eine Festivität abzuholen. Vielleicht eine große Party beim Fürsten von Bismarck, vielleicht eine Hochzeit in den feinen Elbvororten. Einige Jahre immer wieder geschäftiges Hufegetrappel und dampfende Pferdeäpfel vor dem Haus, später die ersten Automobile am Randstreifen.
Was muss dort an manchen Tagen für ein Betrieb gewesen sein!
Vielleicht kannte man auch damals schon Parkplatzsorgen …
Doch wir leben in der heutigen Zeit.
So schauen Sie sich erst gern um und bestaunen das, was heute noch alles außer der Loge des Portiers zu sehen ist.

Hamburg – Kontorhäuser – Hübnerhaus Poststraße 2-4, Ecke Neuer Wall – Holzverzierungen, Mosaikeinfassung, selbst auf dem Marmor weitere Verzierungen …

Hamburg – Kontorhäuser – Hübner-Haus – Poststr. 2-4, Ecke Neuer Wall – Interessante Muster im Treppenhaus …

Hamburg – Kontorhäuser – Hübnerhaus – Poststr. 2-4, Ecke Neuer Wall – Ein Blick hinauf im Treppenhaus. Geländer anschauen …
Ich war schon mehrmals dort.
Eines Tages, als ich mir wieder einmal alles ansah, kam ein wirklich schon ziemlich betagter Herr durch die Eingangstür, der, wie sich herausstellte, die Praxis eines Orthopäden aufsuchen wollte. Ich hatte gerade im Foyer in einer Ecke eine Glasvitrine mit Porzellan entdeckt und weitere Dinge, die an die Zeit erinnern, in der hier im Haus die „Conditorei und Marzipanfabrik Georg Hübner“ ansässig war und ein Café betrieb.
Wir kamen ins Gespräch, und er erzählte mir, dass er das Café noch kannte. Er wäre früher dort gelegentlich eingekehrt, und seinen Orthopäden hätte er letztendlich danach ausgewählt hat, wo er die Praxis hat. Drei hätten für ihn zur Wahl gestanden, er entschied sich für den Arzt im ihm bekannten Hübner-Haus.
Ich fragte ihn, wie lange es denn das Café noch gegeben hätte. Er war sich nicht sicher, aber der Ansicht, dass es schon Anfang der 1960er Jahre nicht mehr existierte. Er hatte recht, später las ich, dass die Vorfahren die Konditorei 1884 gründeten und dass das Café Silvester 1961 schloss.
Erstaunlich, dass es gut 50 Jahre danach immer noch in den Köpfen so vieler Menschen ist!
Es gibt einige wenige Orte, die dieses Phänomen hervorrufen. Der Alsterpavillon in seiner Urform. Das Hansa Variete Theater. Traditionsreiche Einzelhandelsgeschäfte (Feinkost, Buchhandel, Juweliere).
Was machte das Café Hübner so besonders?
Es ging dort seinerzeit hochherrschaftlich zu. Bestellungen für illustre Gäste wurden ausgeführt. Hübner stand für Qualität. Man kam, genoss, führte Gespräche.
Kaffeehausatmosphäre.
Man(n) las seine Zeitung, traf sich unter Seinesgleichen und Damen der feinen Gesellschaft kehrten ein, weil sie hier (erstmals) einen Ort hatten, an dem sie ohne männliche Begleitung ganz ehrenhaft sitzen und Kaffee trinken konnten.
Die Einrichtung und Ausstattung muss zeitweilig umwerfend gewesen sein! Offenbar gab es einen Salon im Stil eines Raumes, wie ihn japanische Fürsten ihr Eigen nannten. Dort befanden sich (nicht ganz bruchsichere) Porzellan-Etagèren sowie aufgetürmte Dekorationen, so dass kaum einer der Café-Besucher es wagte, heftiger auszuatmen, geschweige denn zu husten oder zu niesen.
Ein Bild, das in der Vitrine im Foyer ausgestellt ist, zeigt bereits einen etwas anderen Stil. Hohe Sitzhocker, alles etwas graziler (selbst die Damen).
Haben Sie schon einmal den Herrn mit der Zeitung näher betrachtet?
Er scheint seine Augen nicht so wirklich auf den Zeilen seines Lesestoffs ruhen zu haben. Auf mich wirkt es eher, als hätte er die weiblichen Gäste im Blick …

Hamburg – Kontorhäuser – Hübner-Haus – Poststr. 2-4, Ecke Neuer Wall – Schlichtes Design beim Service, die prunkvolle Zeit ist vorbei. Und wohin schaut der Herr …?
Die Zeiten änderten sich, wurden auch härter, was sich durchaus in der Art des Geschirrs zeigt. Wir finden nicht mehr den japanischen Stil mit eher verspielten, zarten, hauchfeinen Tässchen, sondern sehen hier ein recht schlichtes und robustes Service, das es ebenso gut in einem Bahnhofscafé hätte geben können. Günstiger, haltbarer, dennoch typisch. Es war immer noch das Café Hübner, und ich vermute, irgendwann war es einfach zur Tradition geworden.
Man traf sich bei Hübner!
Doch alles Geschichte.
Es kam der Moment, da der Anschluss an die Entwicklung verpasst wurde. Das Leben änderte sich, die Gewohnheiten und Ansprüche der Menschen ebenfalls – nur Hübner zog wohl nicht in dem Maße mit.
Immer nur von den Lorbeeren vergangener Zeit leben, ist nicht möglich. Hübner konnte nicht mehr genügend Kundschaft für sich gewinnen, die Gäste blieben aus.
Der alte Herr im Foyer erzählte mir, dass er sich an recht verschlissene Möbelbezugsstoffe erinnerte … Woher sollen auch Investitionen kommen, wenn zu wenig Einnahmen da sind?
Ein Teufelkreis. Hübner musste schließen.
Alles hat seine Zeit.
Heute geht man dort zum Orthopäden, Zahnarzt oder zu einer im Haus ansässigen Grundstücksverwaltungsgesellschaft.
Nichts mit stilvollem Café …
Was denken Sie, was wohl Herr Hübner zu abwischbaren Plastiktischen, eingeschweißten Donuts und Coffee to go im Pappbecher gesagt hätte?
Auch wenn es das Café nicht mehr gibt – das Haus steht, und die Gestaltung hier im Foyer ist schon fantastisch.
Haben Sie zu Ende entdeckt?
Wie können uns gern wiedertreffen. In ein oder zwei Wochen wird Teil V hier erscheinen. Dann erzähle ich Ihnen, wofür Herr Kuretzky sieben Tonnen Ton benötigte …
Ich hoffe, Ihnen hat das Hübner-Haus ein bisschen gefallen und wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.
Hinweis:
Falls Sie vorangegangene Artikel suchen, finden Sie nachfolgend die entsprechenden Links:
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/08/17/demnachst-im-blog-hamburgs-kontorhauser-eine-kleine-einfuhrung-fur-sie/
Teil I:
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/08/20/stilvolle-treppenhauser-schone-fassaden-eigenwilliges-interieur-der-charme-hamburger-kontorhauser-teil-i-darf-es-etwas-basiswissen-sein/
Teil II:
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/08/25/stilvolle-treppenhauser-schone-fassaden-eigenwilliges-interieur-der-charme-hamburger-kontorhauser-teil-ii-der-laeiszhof-samt-paternoster-und-watt/
Teil III:
http://wp.me/p1zeK1-1iW / Das Hildebrand-Haus
©Januar 2013 by Michèle Legrand
Wenn es in Hamburg regnet: Rathausplatz, zwei Türme und ein Unterschlupf mit bunter Decke
Heute würde ich gern mit Ihnen in den Regen hinaus. Nicht lange!
Ich möchte Ihnen in Hamburgs City etwas zeigen, bevor in diesem Monat eine weitere Folge der Serie
Stilvolle Treppenhäuser, schöne Fassaden, eigenwilliges Interieur –
der Charme Hamburger Kontorhäuser
hier im Blog erscheint.
Entsinnen Sie sich an das beeindruckende Hildebrand-Haus aus dem dritten Teil und die Feststellung, dass es in der Straße Neuer Wall noch mehr zu entdecken gibt? Folgerichtig heißt es demnächst:
Teil IV – Hübner, Gutruf, Pinçon … ein Blick auf die Häuser im Bereich Neuer Wall
Heute sind wir ganz in der Nähe, nur vernachlässigen wir vorerst die Kontorhäuser, da es auf dem Weg dorthin bereits etwas gibt, was es sich anzuschauen lohnt. Wir kommen gleich dazu …
Wissen Sie, was mich manchmal stört?
Mich stört, dass auf Ansichtskarten fast immer Sonnenschein und blauer Himmel zu sehen sind. Meist sogar noch kräftig retuschiert! So unverschämt blau ist der Himmel selbst im Sommer höchst selten …
Es ist genauso unnatürlich, wie die Eigenart, in Rosamunde-Pilcher-Filmen Schottland oder Cornwall ebenfalls immer nur mit strahlender Sonne zu zeigen.
Es ist nicht so!
Und es ist auch nicht so, dass bestimmte Gegenden und Orte nur bei Sonne Charme hätten. Manches ist gerade bei Regen reizvoll. Die Größenverhältnisse scheinen anders, die Farben sind dunkler und kräftiger. Nasses Pflaster wirkt grundverschieden, Metall spiegelt, Granit glänzt. Geräusche verändern sich. Außerdem sind weniger Menschen da, auf einmal ist alles ganz weit. Mitten in der Stadt.
Diese Schönwetter-Postkarten führen leicht zu einer gewissen Erwartungshaltung und haben gelegentlich zur Folge, dass schlechteres Wetter gleich fürchterlich krumm genommen wird. Manch einer geht dann gar nicht vor die Tür.
Genau das ist heute unser Glück!
Schnappen Sie sich eine Jacke und den Schirm. Es sieht weiter hinten bereits wieder heller aus, vielleicht wird es schon in ein paar Minuten besser.
Ach, einen kleinen Moment bitte noch!
Wir treffen uns heute auf dem Rathausplatz in Hamburg. Sie können Ihn gar nicht verfehlen …
Ist das nicht ein höchst ungewohnter Anblick? Wie oft habe ich Ihnen Bilder präsentiert, auf denen zumindest Teile des Platzes zu sehen waren. Mal waren chinesische Wochen, ein anderes Mal fand der Triathlon statt und die Fläche des Rathausmarktes war für den Einlauf der Läufer präpariert. Bahnen, Tribünen, künstlicher Bodenbelag.
Oder vor ein paar Wochen! Wissen Sie noch? Der Weihnachtsmarkt hatte gerade begonnen, alles war gefüllt mit Holzbuden, Ständen, Lichterdekoration, Tannenbäumen, Pyramiden.
Aber heute – heute haben wir alles fast alleine für uns! Zumindest momentan …
Jetzt erst lässt sich erkennen, welche Ausmaße der Platz eigentlich hat! Und wenn Sie sich umschauen, sehen auch die von Alexis de Chateauneuf erbauten Alsterarkaden im Regen schön aus. (Haben Sie bemerkt, der Regen wird weniger – schon strömen alle wieder nach draußen …)
Lassen Sie Ihren Blick weitergleiten Richtung Schleuse und hinein in die Poststraße. Sehen Sie das rote Gebäude links mit dem hohen Turm? Es ist die Alte Post.
Sie wurde von 1845 bis 1847 erbaut, und wer sich über gewisse Ähnlichkeiten im Stil wundert, etwas, das ihn an die gerade gesehenen Alsterarkaden erinnert, dem sei gesagt, dass Architekt Alexis de Chateauneuf auch hier zuständig war. Auch bei diesem Gebäude ist wieder italienische Renaissance im Spiel, das venezianische Vorbild, die Palazzo-Bauten – wenn auch hier und dort zusätzlich Ergänzungen durch gotisch anmutende Rundbögen aus Sandstein anzutreffen sind.

Hamburg – Die Alte Post, Poststraße – Einer der Seiteneingänge – Im EG befindet sich eine Einkaufspassage
Sie haben den Turm gesehen? Natürlich!
Es ist der Uhrturm, an dessen Spitze sich ab ca. 1838 ein optischer Telegraf befand, der den Endpunkt der Nachrichtenverbindung bis zur Elbmündung, dem zu Hamburg gehörenden Cuxhaven, bildete. Er bekam später einen oktogonförmigen Baukörper zusätzlich obenauf gestülpt, weil man gemerkt hatte, dass der Turm für seine Zwecke zu niedrig war. In dieser Form sehen wir ihn heute hier, und mit diesem neuen Endpunkt wurde 1848 eine optische Telegrafenlinie Richtung Bremen in Betrieb genommen.
Bemerkenswert, dass es endlich ein erstes öffentlich zugängliches Kommunikationsmedium gab, das von Kaufleuten begründet und genutzt wurde. Andere Systeme zuvor hatten immer nur der Verwaltung gedient oder dem Militär!
Diese Erfindung war natürlich noch nicht das Gelbe vom Ei. Wenn Sie sich vorstellen, dass optische Telegrafen nur kurze Reichweiten hatten und es sich beispielsweise um einfache Blinkspiegel handelte. Oder auch komplexere Spiegeltelegrafen. Dann gab es noch Winkzeichen und Flaggensignale.
Alles ein bisschen unsicher, wetterabhängig, kompliziert, und es wurde schwierig bei ungünstigen Sichtverhältnissen.
Kein Wunder, dass kluge Köpfe weiter forschten, und sehr schnell vollzog sich der Wandel zum elektrischen Telegrafen/zur Morsetelegrafie. Die nötige technische Einrichtung hierfür war billiger, einfacher und letztendlich auch günstiger im Unterhalt. Jahrzehntelang gab es weiterhin beides. Das eine schlich sich dazu, das andere verabschiedete sich in kleinen Schritten.
Im Grunde haben wir sogar heute bei der Eisenbahn (Signale) immer noch einen gewissen Teil an optischen Telegrafen …
Und bis heute sind trotz aller neuzeitlichen Erfindungen mancherorts auch weiterhin in der Schifffahrt Morselampen für kurze Entfernungen gebräuchlich.
Es reicht an Information, oder?
So, und was sehen Sie direkt in Verlängerung des Turms?
Einen weiteren Turm!

Hamburg – Der Regen hat nachgelassen – Blick Richtung Alte Post … und dahinter … der Fernsehturm (Heinrich-Hertz-Turm)
Den Heinrich-Hertz-Turm, auch Telemichel (Fernsehtum) genannt oder ganz offiziell: die Funkübertragungsstelle 22 Hamburg. Er wurde in den Jahren 1966-1968 erbaut und ist quasi die moderne Variante des Alten Postturms – ein Neuer Postturm, ca. 120 Jahre jünger. Hier im trauten Beisammensein …
Es regnet schon wieder …
Ach, Sie haben doch keinen Schirm dabei?
Jetzt schauen Sie nicht so unglücklich! Seien Sie froh, dass es momentan nicht so aussieht:
Kommen Sie!
Huschen wir einfach in den Arkadengang der Alsterarkaden, und ich zeige Ihnen einen Durchgang, eine prachtvolle Abkürzung zum Neuen Wall (den wir uns demnächst vornehmen (s. o.)).
In den Alsterarkaden befindet sich die älteste und kleinste Einkaufspassage Hamburgs: die Mellin-Passage. Dort hat u. a. die Hamburger Bücherstube Felix Jud & Co. ihren Sitz.
Die Decken und höhergelegene Teile der Seitenwände des Durchgangs sind mit wunderschönen, farblich sehr stimmigen Malereien verziert. An vielen Stellen werden die Arkadenformen wieder aufgenommen. Ansonsten finden sich im oder am Mauerwerk zahlreiche Verzierungen, dekorative Vorsprünge oder auch weiter oben eingelassene Bogenfenster (geschlossen).
Wussten Sie, dass diese Decken- und Wandbemalung mehr durch Zufall wieder zum Vorschein kam?
Nachdem es Silvester 1989 einen Brand in einem der Geschäfte gegeben hatte, musste ein Teil des Hauses abgerissen und wieder neu errichtet werden. Hauptsächlich fanden bauliche Veränderungen an der Westseite, also am Neuen Wall statt, und bei dieser Renovierung entdeckten Handwerker staunend die Malereien im Stil von Alphonse Mucha …
Hier werden wir uns beim nächsten Mal treffen. Ist Ihnen das recht?
Sagen wir in der Mitte der Passage, wo der Lichthof ist.
Und dann gehen wir hierhin (Appetizer)^^:
Ich freue mich, wenn Sie wieder dabei sind!
Quelle:
Wikipedia half mir mit Wissen über die optischen Telegrafen.
Anmerkung/Hinweis:
Wenn Sie generell gern mit durch Hamburg spazieren möchten, rufen Sie doch hier im Blog einfach die KATEGORIE Hamburg! auf.
Dort werden Sie fündig.
©Januar 2013 by Michèle Legrand
Hamburg – Zeit: später Nachmittag – Zustand: weihnachtlich / Zum Advent ein kleiner Streifzug durch die City
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Allgemein, Artikel, Auf Entdeckung - Unterwegs im In- und Ausland (s. dazu auch weitere Spezialkategorien), Foto, Hamburg, Hamburgs City (Rathaus, Alsterarkaden, Skulpturen, Erkundungsgänge ...), Hamburgs Events (Hafengeburtstage, Triathlon, Weihnachtsmarkt etc.) am 02/12/2012
Sonntag, 02. Dezember 2012. Der erste Advent!
Wir haben diesen November tatsächlich herumgekriegt!
Es ist geschafft, erledigt, vorbei!
In der letzten Woche gab es allerdings noch ein Ableben.
Nein, nicht was Sie denken!
Kein Mensch, es handelt sich lediglich um meine Kamera, an der ich jedoch hing. Das gute Stück kränkelte schon länger. Nun ist sie verstorben, letztendlich doch unerwartet, recht abrupt und überaus stilecht im November. Am Totensonntag! Da sag noch einer, ein Fotoapparat hätte kein Gefühl für Timing.
Zumindest aus der Sicht der Apparats.
Aus meiner Sicht ein eher bescheidenes Timing, denn hätte sie nicht noch bis Weihnachten durchhalten können? Nein, natürlich nicht …!
Ja, wie? Und hier? Die Fotos heute …
Ein Glücksfall! Ich habe eine Kamera ausgeliehen bekommen für meinen Streifzug durch die Stadt.
Ich hatte am Freitag einen Termin in der City. Leider relativ früh, als es noch hell war. Nichtsdestotrotz habe ich die Gelegenheit genutzt, um im Anschluss eine Ausstellung im Rathaus zu besuchen und ein wenig die Stadt in ihrer vorweihnachtlichen Pracht zu erleben. An vielen Stellen haben in der vergangenen Woche die Weihnachtsmärkte geöffnet und mit zunehmender Dunkelheit erwartet den Flaneur überall ein Lichtermeer bestehend aus beleuchteten Girlanden, Tieren, Tannen, Pyramiden u. a.
Das ist bei Ihnen sicher auch so, oder?
Was mir im November noch zu viel war, was nicht recht zur Zeit, zur Gemütslage und zum Wetter passen wollte – jetzt wirkt es tatsächlich anders. Der Advent ist inzwischen wirklich da!
Offenbar bringt das für einen Teil des Handels noch nicht genug Action mit sich. Das Einkaufzentrum „Hamburger Meile“ (U-Bahn Mundsburg), das generell schon sagt: Wir shoppen nicht, wir kaufrauschen!, dieses EKZ spricht jetzt auch nicht vom Advent sondern von Adventure!
Es ruft bei mir Bilder von rasanten Fechtduellen um den Adventskranz hervor …
Schauen Sie einmal, wie die Innenstadt Hamburgs am Nachmittag bei erst leichter Dämmerung aussieht:

Hamburg – Weihnachtliche City – Ein Blick vom Jungfernstieg in den Neuen Wall

Hamburg – Weihnachtliche City – Der Hingucker, wenn es ganz dunkel geworden ist: Der „Hamburger Hof“ wünscht Frohe Weihnachten in mehreren Sprachen!

Hamburg-Weihnachtliche City – Selbst um 16 Uhr schon gut zu erkennen: Die Rehe bei Juwelier Wempe

Hamburg – Weihnachtliche City – die Märchenschiffe am Anleger Jungfernstieg

Hamburg – Weihnachtliche City – Die umgestylten Alsterdampfer …
Es herrscht momentan lebhaftes Treiben am Anleger Jungfernstieg. Die Alsterdampfer haben festgemacht, sind „umgestylt“ zu Märchenschiffen und bieten z. B. Backen für Kinder an. Ich begegnete einer Gruppe kleiner Mädchen und Jungen, die gerade mit ihren Eltern eine Dampferbackstube verließen. Eine aufgeregte Stimme verkündete: „Ich habe einen großen Schneemann gemacht!“
Nein, nein, es hat nicht geschneit!
Es ging um Riesenkekse. Alle Jungkeksproduzenten hatten noch rote Bäckchen und teilweise Mehlstaub im Gesicht sowie verräterische Kekskrümel um den Mund. Hüpfend entfernten sie sich …
Die Kinder, nicht die Krümel!
Sie verstehen schon.
Wenn Sie den Neuen Wall bis zur Kreuzung Poststraße vorgehen und dort nach rechts abbiegen, erreichen Sie das Haus 2-4, in dem sich die Parfümerie Sahling befindet. Sie hat in diesem Jahr eine besondere Schaufensterdekoration. Eine Winterlandschaft mit erstaunlich viel Bevölkerung, die zahlreichen Aktivitäten nachgeht. Eine Art Diorama. Faszinierend, wenn man erst einmal genauer hinschaut.
Eine Amerikanerin stand wie ich davor. Wir kamen uns unbeabsichtigt etwas ins Gehege, als wir beide fotografieren wollten. Natürlich die gleiche Szene im Fenster! Minimales Handgemenge, leichte Verlegenheit, und jeder wollte daraufhin den anderen vorlassen. So kam es überhaupt zum Gespräch.
Sie stammt aus Lancaster (westlich von Philadelphia) im Staat Pennsylvania. Auf meine Frage, was sie nach Hamburg führt, antwortete sie:
„Christmas shopping!“
Es stellte sich heraus, dass Hamburg nicht die einzige Station ihrer Tour ist. Sie war schon in Kopenhagen, will weiter nach München und Rom. Danach Paris und über London wieder heim. Sie sagte das so entspannt, als würde ich erzählen, dass ich heute den Weihnachtsmarkt in Hamburg besuche, morgen nach Lüneburg fahre und übermorgen Itzehoe anpeile.
Sie fühlte in anderen Dimensionen. Verständlich, denn in Anbetracht der Entfernung zwischen Hamburg und Pennsylvania, liegen die Städte, die sie sich hier ausgesucht hat, nur einen Katzensprung voneinander entfernt.
Um noch einmal auf das Diorama zurückzukommen: Sie fand die Szenen rührend.
„How lovely! I never saw anything like this! It’s amazing!“
Sie entdeckte immer wieder neue Kleinigkeiten und rief jedes Mal aufgeregt:
„Dear, did you see this? Look here! Did you see it?“
Es ist wirklich mit unheimlich viel Liebe zum Detail gemacht. Einige Gegenstände bewegen sich tatsächlich! Menschen kurven auf dem Eis, fliegen in den Sitzen des Kettenkarussells … – und die, die still stehen, wirken trotzdem aktiv! Sie sind mitten bei einer Schneeballschlacht, mit einem Luftgewehr am Schießstand, tanzend im Ballsaal …

Hamburg – Weihnachtliche City – Winterliche Szenen im Schaufenster der Parfümerie Sahling in der Poststraße 2-4 – ein sich drehendes Kettenkarussell

Hamburg – Weihnachtliche City – (Bewegte) winterliche Szenen im Schaufenster der Parfümerie Sahling

Hamburg – Weihnachtliche City – (Bewegte) winterliche Szenen im Schaufenster der Parfümerie Sahling in der Poststraße 2-4 – Trubel auf der Eisbahn …
Sehr lustig zu beobachten: Wenn sich zwei vor dem Fenster unterhalten und mit Fingerzeig auf Dinge aufmerksam machen, noch dazu fotografieren – dann bleiben andere Passanten sofort stehen.
Was ist da los? Gibt es was umsonst? Was fotografieren die denn …?
Plötzlich herrscht Gewimmel vor dem Geschäft und Sie haben mindestens acht bis zehn Leute um sich, die Ihr Handy oder eine Kamera für Fotos zücken und mitdiskutieren.
Ich habe mich dann verdünnisiert …
Wie sieht es aus? Sind Sie inzwischen wieder mit dabei?
Dann kommen Sie doch noch ein Stückchen weiter mit!

Hamburg – Weihnachtliche City – Auch die Alsterarkaden sind mit Girlanden geschmückt …
Wir sind einerseits recht früh dran (noch Tageslicht), andererseits zu spät. Der Weihnachtsmann schwebt dreimal täglich (um 16, 18 und 20 Uhr) mit seinem historischen Schlitten über den Rathausplatz.
Es ist kurz nach vier Uhr. Wir erwischen ihn vielleicht gerade noch …

Hamburg – Weihnachtliche City – Der Weihnachtsmann im Schlitten über dem Rathausmarkt …
Lassen Sie uns heute nicht ausschließlich auf den Rathausplatz gehen, um den Weihnachtsmarkt dort zu besuchen, sondern kommen Sie vorher mit in die Diele des Rathauses.
(Vielleicht ist es danach auch schon so dunkel, dass die Dekoration draußen noch schöner leuchtet!)

Hamburg – Weihnachtliche City – Ein Blick in die Diele des Rathauses mit der geschmückten Tanne …
Ich möchte Ihnen im Rathaus gerne eine Ausstellung vorstellen und empfehlen, die sich
„Auch Hände können sehen!“
nennt. Sie läuft noch bis zum 13. Dezember 2012 und zeigt Werke von
Horst W. Müller.
Der Maler stellt besondere, reliefartige, dreidimensionale Bilder her, denn er möchte, dass auch Nichtsehende oder Sehbehinderte seine Werke erfühlen und ertasten können.
Anfassen zum Erfassen, auf diese Art eine Vorstellung von der Darstellung erhalten!
Sehende selbstverständlich auch!
Kunst sei eine Weltsprache, sie dürfe doch nicht Blinde und Sehbehinderte aufgrund dieser Behinderung ausschließen!
Wenn Sie mehr darüber lesen möchten, folgen Sie gern den folgenden Links.
http://www.mueller-artroom.com/
http://www.hamburg.de/ausstellung-hamburg/3695982/auch-haende-koennen-sehen.html
In den vergangenen acht Jahren hat der in den USA lebende Maler Horst W. Müller auch schon in London, Miami, Stuart/Florida, in Toronto, Moskau und Berlin ausgestellt.

Hamburg – Weihnachtliche City – In der Diele des Rathauses zurzeit die Ausstellung „Auch Hände können sehen“ mit Kunstwerken von Horst W. Müller
Ich habe es sehr genossen, mit geschlossenen Augen einige der Bilder zuerst zu ertasten. Ich bin merkwürdigerweise anfangs mit einer etwas anderen Vorstellung bezüglich der Themen der Bilder in diese Ausstellung gegangen.
Ich nahm an, für Nichtsehende wären es eher realistische Motive, die so tastend nachempfunden werden könnten. Doch hier finden Sie (überwiegend) abstrakte Motive, die genauso interessant sind beim Befühlen.
Was mich jedoch als Sehenden zusätzlich besonders fasziniert, das sind die Farben! Und in diesem Moment bedaure ich unheimlich, dass sich zwar Formen, aber nicht diese Farben und Farbharmonien für Blinde darstellen lassen …
Fertig?
Dann lassen Sie uns das Rathaus verlassen und über den Weihnachtsmarkt gehen. Es riecht nach Glühwein, nach Bratwurst und Kartoffelpuffern. Es gibt viel Gelächter, und eben liefen vier Damen leicht fortgeschrittenen Alters vorbei, die alle rosa Hasenplüschohren auf ihrem Kopf trugen. Hochaufragend!
Ich nehme an ein Erkennungszeichen, etwas zum Wiederfinden, falls man sich hier verlieren sollte …
In der Handwerkergasse gibt es viel zu sehen:
Zwei junge Damen, die rote Mützen wie Rotkäppchen tragen, präsentieren modische Stulpen in allen Varianten. Es gibt Schmuck, Fossilien, …

Hamburg – Weihnachtliche City – … netter Empfang auf dem Rathausmarkt (Bilder vom Vorjahr in absoluter Dunkelheit siehe Link unten)

Hamburg – Weihnachtliche City – Interessante Fossilien und Mineralien beim Steinkauz auf dem Rathausmarkt

Hamburg – Weihnachtliche City – Speiseuhus, Körnerkauze, Futtereulen … wie auch immer. Sie sind auf dem Rathausmarkt zu finden.
Und es gibt Holzskulpturen. Tiere!
Ich habe mich von einem Hund hereinlegen lassen! Dieser Lump!
Er saß regungslos aufrecht zwischen den anderen Skulpturen eines Holzbildhauers, und ich dachte, er wäre ein besonders gelungenes Werk!
Wahrscheinlich hielt er sogar die Luft an!
Als ich knipsen wollte, wurde es ihm anscheinend zu blöd. Er ging plötzlich weg!
Hinterließ mich derart verdutzt, dass ich im ersten Moment vergaß, auf den Auslöser zu drücken …

Hamburg – Weihnachtliche City – Holzschnitzereien … und der echte Hund (siehe Text)

Hamburg – Weihnachtliche City – Holzschnitzereien auf dem Rathausmarkt
Auch das machen manche Besucher des Weihnachtsmarktes: sie lassen sich wahrsagen!

Hamburg – Weihnachtliche City – … Sie können sich auch wahrsagen lassen! – Rathausmarkt
Geht es Ihnen vielleicht auch so, dass es Ihnen ab einem bestimmten Punkt einfach zu voll wird? Ja?
Bei mir ist der Punkt gerade erreicht.
Wir laufen lieber weiter Richtung Mönckebergstraße, zur Petrikirche. Denn auch dort ist ein kleiner Weihnachtsmarkt.

Hamburg – Weihnachtliche City – die Weihnachtsstände an der Petrikirche
Ein Stück voran auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich der Gerhart-Hauptmann-Platz – ebenfalls mit einem Weihnachtsmarkt.

Hamburg – Weihnachtliche City – Der Weihnachtsmarkt am Gerhart-Hauptmann-Platz
Wenn Sie jetzt Richtung Hauptbahnhof schauen, dann liegen Mönckebergstraße und Barkhof/Spitaler Straße vor Ihnen. Gut besucht, überall herrscht Jubel und Trubel.

Hamburg – Weihnachtliche City – … immer wieder etwas verwegen: Die Lichterketten in den Laubbäumen der Mönckebergstraße …

Hamburg – Weihnachtliche City – … ein Blick auf die Weihnachtstanne, -pyramide und in die Spitaler Straße hinein.

Hamburg – Weihnachtliche City – Die geschnitzten Figuren der Pyramide

Hamburg – Weihnachtliche City – Weihnachtskrippe (hinter Glas, Barkhof/Beginn Spitaler Straße)

Hamburg – weihnachtliche City – gut besucht auch die Spitaler Straße …
Zum Abschluss unserer kleinen Tour, möchte ich Sie gern noch einmal mit zum Levantehaus in der Mönckebergstraße nehmen. Blogstammgäste waren schon mit mir dort und haben sich den Tierfries von Barry Baldwin angeschaut (Link zum Post siehe unten).
Heute besuchen wir die Einkaufspassage, weil u. a. die große Weihnachtstanne auf eine besondere Art geschmückt wurde.
Das Levantehaus feiert 100. Geburtstag (1912 war das Jahr der Fertigstellung), und aus diesem Grund wurde es im Stil dieser Zeit dekoriert! Historischer Schmuck nicht nur an der Tanne, sondern im ganzen Haus. Insgesamt 1.800 Dekorationsteile heißt es …

Hamburg – weihnachtliche City – Der Eingang zur Einkaufspassage im Levantehaus, welches in diesem Jahr 100 Jahre alt wird (Bj. 1912)

Hamburg – weihnachtliche City – Der im Stil von vor 100 Jahren (Geburtstag) geschmückte Weihnachtsbaum im Levantehaus. Oben der Tierfries von Barry Baldwin (siehe Link unten für mehr Fotos)
Ein Blick auf die Uhr.
SO SPÄT?
Tut mir leid, ich muss mich los!
Ich habe einen älteren Herrn daheim, den ich füttern muss. Er hat Zahnprobleme. Drücken Sie mir bitte die Daumen, dass der acht Jahre alte Kaninchenbock bald wieder fit ist. Brei mit der Spritze zu füttern und ständig nach Hause zu flitzen, ist nicht die ideale Dauerlösung.
Nett, dass Sie wieder dabei waren!
Ich wünsche Ihnen einen schönen und geruhsamen ersten Adventssonntag!
Link zum letztjährigen Weihnachtsmarktbummel:
https://michelelegrand.wordpress.com/2011/11/24/richtig-tollen-%E2%80%9Eschrott-gesehen-weihnachtsmarkte-in-hamburgs-city/
Link zum Levantehaus (u. a.):
https://michelelegrand.wordpress.com/2011/12/17/hamburg-eindrucke-aus-der-city-heute-drinnen/
©Dezember 2012 by Michèle Legrand
Stilvolle Treppenhäuser, schöne Fassaden, eigenwilliges Interieur – der Charme Hamburger Kontorhäuser / Teil III – Das Hildebrand-Haus und das Geheimnis des Übersehens
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Allgemein, Artikel, Auf Entdeckung - Unterwegs im In- und Ausland (s. dazu auch weitere Spezialkategorien), Foto, Hamburgs Kontorhäuser am 04/10/2012
Willkommen zurück!
Der dritte Teil der Blogserie über Hamburgs alte und auch neue Kontorhäuser hat auf sich warten lassen. Zu viele andere, aktuelle Themen quetschten sich respektlos dazwischen.
Anfangs hatte ich vor, Ihnen hier ein paar Zeilen Freiraum zu lassen. Für Ihren eigenen Text. Für Ihren Rüffel, dass es nicht weitergeht …
Na, das hat ja gedauert! Schön, dass ich das auch noch erlebe … und dergleichen.
Nur, geben Sie es ruhig zu:
Tief in Ihrem Innersten sind Sie doch gar nicht so pedantisch, oder?
Sind Sie nicht viel eher der charmante Schwamm-drüber-Typ? Der Ach-was-soll’s-Hauptsache-es-geht-jetzt-weiter-Blogstammgast?
Wusste ich es doch!
Ein klein wenig ausholen möchte ich auch heute, und Sie werden gleich verstehen, worauf ich hinaus will bzw. entdecken, dass auch dieser Aspekt zum Thema Kontorhäuser passt. Zur Tatsache, dass verhältnismäßig wenige Menschen sie kennen und wahrnehmen.
Stellen Sie sich bitte vor, ein Bekannter zeigt Ihnen ein Foto eines sehr schönen Gebäudes. Sie bewundern die Fassade, diese famose handwerkliche Kunst und fragen staunend:
Sag mal, wo steht denn dieses tolle Haus?
Daraufhin ernten Sie den recht fassungslosen Blick Ihres Freundes. Verwundert erzählt er Ihnen (z. B.) als Hamburger, es handle sich um ein Gebäude am Neuen Wall (City Hamburg) und Sie wären doch gerade heute daran vorbeigekommen!
Empörung macht sich in Ihnen breit!
Sie schwören Stein und Bein, dass Sie dieses Haus noch nie in ihrem Leben gesehen hätten.
Kann gar nicht sein! Neuer Wall! Also, das wüsste ich aber …!
Was denken Sie? Wie ist das möglich?
Wie lässt sich ein großes, imposantes Haus mit auffälliger Vorderfront derart übersehen?
Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, was häufig passiert, wenn Sie durch schmale Straßen spazieren, bebaut mit Häusern, in denen im Erdgeschoss Geschäfte angesiedelt sind? Die obendrein recht sorgfältig arrangierte, durchaus interessante, ansprechende Schaufensterauslagen zu präsentieren haben?
Sie verfallen dem Kaufrausch?
Nun ja, ich meinte eigentlich etwas anderes.
Es geschieht quasi dasselbe, was auch eintritt, wenn Sie bei Regen unter einem aufgespannten Schirm unterwegs sind.
Sie fluchen über das Mistwetter?
Nicht doch …!
Es ist ganz anders.
Achten Sie einmal darauf, beides behindert gleichermaßen ihren Blick nach oben. Tatsächlich ist es so, dass Sie selten höher als bis zur Oberkante des Erdgeschosses (= oberes Ende des Schaufensters) schauen und sich obendrein kaum Gedanken darüber machen, wie das Haus, an dem Sie just vorbeipromenierten, ansonsten aussieht. Sei es das äußere Erscheinungsbild oder die Frage, was wohl hinter der Eingangstür auf Sie wartet.
In Hamburgs Innenstadt haben wir genau diese Situation. Die Straßen im Westen der City sind vornehmlich ziemlich schmale Einbahnstraßen, eingesäumt von relativ hohen Bauwerken (im Verhältnis zur Breite der Straße). Es ist eine noble Einkaufsgegend mit teilweise sehr ausgefallenen Geschäften. Ebenso sehenswert sind die Auslagen.
Sie wandeln entlang, schauen hier, wechseln gelegentlich die Straßenseite, wenn ihr Auge meint, dort etwas Interessantes entdeckt zu haben. Ansonsten streben sie voran, denn schmale, lange, hoch eingerahmte Straßen lösen noch etwas aus.
Psychologen würden Ihnen vermutlich von einem gewissen Tunnelsyndrom in engen Gassen berichten. Wie in einem Tunnel, fühlen sich Menschen auch hier – oftmals völlig unbewusst – leicht unwohl. Irgendwie umzingelt, erdrückt.
Der Mensch schaut statt nach oben eher voraus, prüft, wann und wo sich das Licht am Ende zeigt. Er genießt – bis er dort ankommt – jede Ablenkung, die sich ihm bietet.
Man weiß, dass Autofahrer, die den Gotthard-Tunnel durchqueren, nervös das Radio lauter stellen, die Geschwindigkeit erhöhen, sich über den Fuchsschwanz an der Autoantenne des Vordermanns mokieren oder auch Notausgänge und eingelassene Wandbilder zählen.
Ihr Fußweg in einer Gasse ist im Prinzip gar nicht so viel anders. Auch Sie suchen wohltuende Zerstreuung, bis Sie am „befreienden“ Tunnelende eintreffen. Wenn wir es einmal ganz großzügig auslegen, dann ist Ihr gieriger Blick auf die Auslage lediglich reiner Selbstschutz …
Bauherren und ganz besonders natürlich Architekten, die damals Kontorhäuser in diesen sehr schmalen Straßen errichten wollten und dennoch mit einer gewissen Geschosshöhe liebäugelten, wussten darum und tricksten gern ein wenig, um genau dieses Tunnelgefühl zu vermeiden. Die oberen Geschosse vieler Bauten wurden häufig zurückversetzt gebaut. Die Fassade ist nicht durchgehend, sondern baut sich treppenförmig auf. Es verändert nicht nur die Optik, auf diese Art kann mehr Licht in schmale Gassen einfallen, und das Empfinden in einer Schlucht zu sein, ist weniger ausgeprägt.
Nachdem Sie nun die Umstände und auch Ihr mögliches Verhalten ein bisschen besser kennen, können wir zusammen vom Jungfernstieg in die Einbahnstraße „Neuer Wall“ einbiegen, um Ausschau nach einem Kontorhaus mit schöner Fassade und noch schönerem Foyer zu halten. Möchten Sie vorgehen …?
Halt! Sie sind schon dran vorbei!
Herrschaften! Was habe ich Ihnen gerade eben erzählt!?
(Hier denken Sie sich bitte den strengen Blick dazu)
Sie waren schon wieder mit den Augen nur in der Auslage, ließen sich vom geparkten Porsche ablenken und schauten mindestens dreimal, wo die Straße endet.
So wird das nichts!
Kommen Sie bitte zurück!
Wir sind hier vor dem Haus Nr. 18, dem sogenannten Hildebrand-Haus. Mittlerweile immerhin 105 Jahre alt!
Es wurde 1907/08 von Frejtag & Wurzbach erbaut, seine sehenswerte und recht üppig gegliederte Fassade stammt von George Radel und Richard Jacobssen. Manchmal erscheint auch der Name Franz Jacobssen. Das Denkmalschutzamt spricht gar von Arne Jacobsen, mit einem „s“. Nageln Sie mich also bitte nicht fest.
Es hat mich ziemlich verblüfft, wie schwierig es offenbar sein muss, den richtigen Namen aus Dokumenten zu übernehmen. Ich stelle es mir fast wie das Spiel „Stille Post“ vor. Mit jedem, der dazwischen als Vermittler der Information auftritt, wird mehr verfälscht.
Die auffällige Sandsteinfassade mit Füllungen in Bronze ist im Art Nouveau Stil gehalten und heutzutage doch ziemlich beeinträchtigt oder nennen wir es optisch verändert durch die Leuchtwerbung und neue Schaufenstereinbauten.
Bis 1984 befand sich hier das Ladengeschäft der Firma „Feinkost Heimerdinger“, welche jedoch aufgrund der erheblichen Mieterhöhungen die Räume aufgeben musste.
Betrachtet man einmal Fotos aus verschiedenen Jahren, bemerkt man, dass auch die Ladenmieter und ein Teil der Bewohner des Hauses immer wieder wechseln.
Eine Zeitlang gab es im ersten Obergeschoss das Café Engelchen. Später irgendwann kam die elixée Beauty Lounge und im Erdgeschoss, links des Eingangs, befand sich ein Geschäft mit dem Namen MAC (nicht Apple – in dem Fall Kosmetik/Parfum), rechts vom Eingang ist seit langer Zeit der Optiker Campbell.
Im November 2010 bezog das Traditionshaus Brahmfeld & Gutruf, Juweliere, dort seine neuen Räume und lenkt Sie erfolgreich durch seine Auslagen vom Wahrnehmen des Hauses und des Eingangs ab.
Allerdings nicht heute!
Heute sind wir hier, und wir werden Brillanten und Perlen komplett ignorieren und stattdessen jetzt einen Blick in den wirklich sehenswerten Eingangsbereich und in das Foyer selbst werfen.

Hildebrand-Haus- Aufwändige Verzierungen im Eingangsbereich zwischen der Außen- und der Innentür zum Foyer
Man hat liebevoll und aufwändig restauriert. Hier ist weitgehend der Originalzustand erhalten. Wir finden viele Materialien, Motive im Kleinmosaik, Marmorinkrustationen, einen Relieffries nach Bertel Thorvaldsen (-> dessen bekannter Alexanderfries den Triumphzug des mazedonischen Königs darstellt) und auch die Darstellung von Wikingerschiffen. Mir hat man erzählt, dass der Erbauer bzw. einer der Eigner des Hauses seinerzeit mit der Seefahrt zu tun hatte, viel herumkam und dass Griechenland ihn beeindruckt hatte. All dies beeinflusste die Auswahl der Motive im Foyer dieses Gebäudes.

Hamburg – Das Hildebrand-Haus – Eindrücke durch einen Griechenlandaufenthalt gaben Anlass für diese Szenen im Foyer – Ein Relieffries zeigt Alexander den Großen

Hamburg – Kontorhäuser – Hildebrand-Haus – … ein Blick an die Decke im Foyer. Der Relieffries, Marmorwände, eine Art Kassettenunterteilung in der Decke und nicht zuletzt eine interessante Beleuchtung
Ich muss Sie dazu einfach etwas fragen!
Wenn Sie herumkommen – nehmen wir eine Passquerung in den Alpen, Strandurlaub in der Karibik, Fernosttrip, Stadtbesuch in Hannover, Dudelsackfestival in Edinburg … – würden Sie dann auch gleich Ihr Haus oder Ihre Wohnung entsprechend gestalten?
Geröll ins Wohnzimmer stapeln, im Flur die Palmentapete kleben, Kiesel auf dem Balkon ausbreiten und Muster einharken, im Bad die Wasserkaskaden aus den Herrenhäuser Gärten nachstellen oder Dudelsackpfeife und Kilt an die Schlafzimmerwand pinnen?
Nicht?
Schauen Sie, da scheint sich im Laufe der Zeit auch etwas geändert zu haben. Wir kommen einfach zu viel herum! Es hinterlässt nicht mehr DEN Eindruck. Weder bei uns noch bei anderen, denen möglicherweise mit der Nachbildung daheim imponiert werden sollte. Kein unmittelbares Bedürfnis, sich das Erlebte direkt zu Hause in einer Form zu konservieren. Eher steht eine erneute Reise an den Originalschauplatz zur Debatte.
Sehr vielen reicht es heutzutage aus, mit der Digicam auf das Motiv zu halten, um später bei einem Anflug von Sentimentalität und Rührung am Laptop das Foto aus der Toskana auf Maximalgröße zu zoomen und vielleicht noch ein Fläschchen Wein dazu aufzumachen … Morgen ist dann der Schnappschuss vom Eiffelturm dran.
Doch zurück zum Hildebrand-Haus.
Im Gegensatz zu den sehr großzügig geschnittenen, teilweise mehrflügeligen Bauten der Gebäude im Kontorviertel im Südosten der Stadt, sind die Häuser hier – platzbedingt – von geringeren Ausmaßen. Beim Renovieren und Restaurieren erfordert es daher immer ein sehr geschicktes Händchen, wenn es darum geht, neue Erfordernisse und Sicherheitsaspekte (-vorschriften) zu berücksichtigen.
Reichten in Zeiten der Erbauung das Treppenhaus und vielleicht der ein oder andere Lastenaufzug, ist ein Haus heutzutage ohne Personenlift kaum denkbar. Daher wurden die typischen Treppenhäuser fast überall umgestaltet und in den Lichtschacht in der Mitte kurzerhand ein Aufzug integriert. Um den Effekt zu vermeiden, dass dadurch alles verbaut und dunkel wirkt, behilft man sich sehr oft damit, einen gläsernen Lift zu wählen, der nicht alles andere erschlägt und sich mit dem vorhandenen Stil durchaus verträgt.
Etwas später in dieser Serie zeige ich Ihnen auch ein Fahrstuhl-Modell, was für seine optimale und unauffällige Anpassung an die Gegebenheiten einen Preis gewonnen hat.
Hier im Hildebrand-Haus wurde es so gelöst: Schmaler Glaslift, klare Linien, Messingelemente, die sich gut den Braun- und Beigetönen des Foyers anpassen und ebenfalls mit dem Marmor harmonieren sowie Wiederaufnahme des Bodenmusters auch im Fahrstuhl selbst.

Hamburg-Kontorhäuser – Hildebrand-Haus – Moderner Personenaufzug, der nicht als das Bild störend empfunden wird.
Ist der Blick beim Betreten des Hauses schnell eingenommen von den beeindruckenden Eingangstüren, dem Licht, dem Deckendekor und schwer beschäftigt mit dem Ausblick auf Kommendes im Foyer, so fällt gelegentlich erst beim Hinausgehen auf, dass bereits dem Bereich vor der Eingangstür ebenso viel Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Auch hier enthalten Decke und Boden schöne Mosaikmuster.

Hamburg – Kontorhäuser – Hildebrandhaus – … wenn selbst der Fußabstreifer kunstvoll eingerahmt wird: Fußbodenmosaik im Eingangsbereich
So, wir sind wieder draußen angelangt.
Und? Wie gefällt Ihnen das Gebäude?
Genau. Kann man sich angucken.
Wie auch viele andere, die noch kommen. Teilweise ist es mehr die Fassade, teilweise wirklich das Treppenhaus mit schön gestalteten Geländern, manchmal der Eingangsbereich für sich, manchmal gibt es auch einen wunderbaren, weil unerwarteten und aus dieser Perspektive seltenen Ausblick aus dem oberen Stockwerk.
Das machen wir beim nächsten Mal!
Wir bleiben weiterhin in der Straße. Wir kreuzen wie ein Segler und schauen jeweils von der gegenüberliegenden Seite des Gehwegs auf die Fassaden.
Auf einmal sind dann diese Häuser da!
Die, von denen man geschworen hätte, dass es sie in dieser Straße noch nie gegeben hat …
Am Anfang stellten wir gemeinsam fest, dass Sie gar keine Pedanten sind. Sollten Sie dennoch bemängeln, dass der reine Nettoanteil zum Thema Hildebrand-Haus in diesem Bericht vielleicht 30 % beträgt, dann erwidere ich Ihnen durchaus charmant dieses:
Achten Sie einmal auf den Namen dieses Blogs.
Sie sind hier privat bei mir (Michèle). Sie schließen sich mir auf diesem Ausflug an. Ich nehme Sie mit. Das ist mein Angebot an Sie. Doch wenn Sie es annehmen, müssen Sie in diesem Fall auch mit meinen Gedanken(sprüngen) klarkommen (siehe Titel).
Dinge (und vor allem Menschen) auf dieser Welt stehen nie einzeln für sich alleine. Sie sind immer nur ein Teil des Ganzen.
Interessant werden sie erst, wenn man ihr Umfeld, das Drumherum erkundet. Den Zusammenhang sucht. Die Entwicklung verfolgt. Seine Gedanken schweifen lässt…
Sind dafür 70 % nicht geradezu lachhaft wenig …? ;)
Hinweis:
Wer die vorangegangenen Artikel verpasst hat, wird via nachstehende Links direkt fündig:
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/08/17/demnachst-im-blog-hamburgs-kontorhauser-eine-kleine-einfuhrung-fur-sie/
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/08/20/stilvolle-treppenhauser-schone-fassaden-eigenwilliges-interieur-der-charme-hamburger-kontorhauser-teil-i-darf-es-etwas-basiswissen-sein/
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/08/25/stilvolle-treppenhauser-schone-fassaden-eigenwilliges-interieur-der-charme-hamburger-kontorhauser-teil-ii-der-laeiszhof-samt-paternoster-und-watt/
©Oktober 2012 by Michèle Legrand