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Didn’t It Rain? – Hugh Laurie und die Copper Bottom Band in der Hamburger Laeiszhalle
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Artikel, Foto, Hamburg am 26/07/2014
Sie hatten zuletzt Mailand, Budapest, Graz und Bratislava besucht und auf dem Tourneeplan folgen nach Mannheim Polen und Norwegen (Notodden Blues Festival 2014). Doch am vergangenen Donnerstag (24.07.2014) gaben sich Multitalent Hugh Laurie und seine sieben Mitstreiter – Gastsänger sowie exzellente Musiker der Copper Bottom Band – ein weiteres Mal in Hamburg die Ehre und erfreuten ihr Publikum in der voll besetzten Laeiszhalle. Ein Publikum, das die Musiker nach mehr als zweieinhalb Stunden mitreißenden Konzerts (ohne Pause!) begeistert feierte und lautstark um Zugabe bat.

Bühne Laeiszhalle, Hamburg – 24.07.2014 – Vorbereitungen für das Konzert mit Hugh Laurie und der Copper Bottom Band
Am 27. April 2011 trat der Mann, den viele zunächst nur als Schauspieler und das auch erst durch seine Rolle als Dr. Gregory House in der insgesamt acht Staffeln umfassenden US-Krankenhausserie HOUSE wahrnahmen und schätzen lernten, bereits ein erstes Mal als Sänger in der Hansestadt auf. Damals stellte er im Café Keese auf der Reeperbahn sein soeben erschienenes Debütalbum „Let Them Talk“ vor. Hugh Laurie präsentiert seinem Publikum darin eine Auswahl recht bekannter New-Orleans-Blues-Songs aus den vergangenen 100 Jahren. Ganz genau genommen handelt es sich um 15 als klassisch zu bezeichnende Gospel-, Blues- und Jazz-Standards mit viel Seele, die ein ganz besonderes Lebensgefühl vermitteln. Ihm und seiner Band gelang es bereits seinerzeit, diese Musik überaus authentisch zu präsentieren. Seinem Publikum gefiel es, die Anzahl der Konzertbesucher wuchs und daher war es nur natürlich, dass ein weiterer Auftritt in Hamburg bereits im Folgejahr, am 15. Juli 2013, diesmal im größeren Rahmen, nämlich als Open-Air-Konzert auf der Stadtparkbühne stattfand.
Währenddessen erschienen war allerdings – bereits im Mai 2013 – Album Nummer zwei mit dem Titel „Didn’t It Rain?“ Auf diesem Album erweitert und ergänzt Hugh Laurie sein Repertoire, nimmt mehr Einflüsse des Jazz wie auch des Rhythm and Blues und des Tangos mit hinein.Mit diesem Programm nun wartete er, erneut begleitet von der Copper Bottom Band, in der Laeiszhalle auf.
Wer sich fragte, ob Laurie als alleiniger Gesangssolist agieren würde oder überlegte, welchen Stellenwert die Band wohl hätte, dem wurde sehr schnell klar, dass die überaus talentierten und motivierten Musiker und (Gast-)Sänger eindeutig nicht nur eine Hintergrundrolle spielen würden. Drei Damen und vier Herren, die vielmehr eindrücklich bewiesen, wie enorm vielseitig, energiegeladen, stimmgewaltig und höchst professionell sie sind.
Gastsängerin Jean McClain (bekannt unter dem Namen Pepper Mashay) sei hier erwähnt (“I hate a man like you”), ebenso Gaby Moreno, die beim Sologesang, jedoch auch im zweisprachigen Duett mit Hugh Laurie (englisch/spanisch) ihr Können eindrucksvoll unter Beweis stellte (“Kiss of Fire”, “The Weed Smoker’s Dream”) und nebenher einige Titel auf der Gitarre begleitete.
David Piltch (Kontrabass), Elizabeth Lea (Posaune), Vincent Henry (Alt- und Tenorsaxofon, Klarinette, Mundharmonika) Herman Matthews (Schlagzeug) and Mark Goldenberg (Gitarre und Akkordeon) hatten während des gesamten Abends immer wieder Gelegenheit, ihre Klasse an den Instrumenten zu demonstrieren und erhielten dafür hochverdienten Zwischenapplaus.
Während der Songs staunte der Zuhörer, welch unterschiedliche Klänge den Instrumenten entlockt wurden. Bewunderung für David Piltch, der seinen Kontrabass durchaus wie eine singende Säge klingen lassen kann oder eine Elizabeth Lea, die mit ihrem Instrument schier verwächst und die Posaune so bespielt, dass einem spontan der Gedanke an einen sich heranschleichenden und abrupt losbrüllenden Tiger überkommt. Nicht minder genial die anderen Herren.
Dass die Männer der Band ebenfalls singen können zeigt sich, als sie zu viert mit Hugh Laurie und nur unterstützt durch seine Gitarrenbegleitung vor einem Mikrofon alten Stils „Up The Lazy River“ interpretieren.
Hugh Laurie selbst hält an diesem Abend alles geschickt zusammen. Die Fäden und seine Mitstreiter, ist quasi Vater der Band(e). Ein humorvoller Conférencier, Pianist, Gitarrist, Sänger, der sogar Tanzeinlagen – u. a. einen Tango mit Gaby Moreno – bietet!
Wer ihn außer in seiner Rolle als grummelnder, wahrheitsliebender und höchst eigenwilliger Dr. House bisher nicht kannte, der ahnt vielleicht nicht, dass er wesentlich facettenreicher ist, in ernsten wie amüsanten Filmen mitwirkte, extreme Vielseitigkeit zeigt und bereits in jungen Jahren Comedy in feinster Form zur Aufführung brachte. Während der Studienzeit in Cambridge als Mitglied der „Cambridge Footlights“ (Sketche und Stand-up-Comedy, u. a. mit Emma Thompson und seinem bis heute guten Freund Stephen Fry), später sehr erfolgreich (ebenfalls mit Fry) in der BBC-Sketchserie „A bit of Fry and Laurie“.
Bereits dort griff er zur Gitarre, saß am Piano und sang (wie nach vier Staffeln „A bit of Fry and Laurie“ auch in der Serie „Jeeves & Wooster“).
Man fühlte sich an diese Zeit erinnert, als der Brite zwischen den Songs seine verbindenden Ansagen machte, auf Zwischenrufe einging, auf Plüschtier-Geschenke reagierte und seine Mimik spielen ließ. Diese Einlagen minderten einerseits in keiner Weise die Ernsthaftigkeit des Konzerts, verhalfen andererseits jedoch zu einem sehr heiteren, unbekümmerten Abend, an dem Künstler wie Zuschauer offensichtlich gleichermaßen Spaß an der Mischung aus gefühlvollen Bluesrhythmen und entspanntem Geplauder zu haben schienen.
Dass er sein Publikum auch allein mitziehen kann, bewies er, als die Band für eine Einzeldarbietung des Briten die Bühne verließ und dieser – sich am Piano begleitend – den Raum absolut beherrschte. Ungeteilte Aufmerksamkeit für ihn und „Louisiana 1927“, einem Lied, in dem es um die Überflutungen im Jahre 1927 und auch darum geht, was die Natur dem Menschen antun kann. Stille im Saal, derart, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können …
Gibt es eigentlich irgendetwas zu bemäkeln?
Nun, hätte Hugh Laurie sein für diesen Abend auserwähltes Sakko in einer der ersten Folgen von Dr. House getragen, wäre die Serie mit großer Wahrscheinlichkeit bereits nach der ersten Staffel abgesetzt worden.
Wäre es um den ersten Preis für das technisch beste Mikro und die exzellenteste Tonqualität (Abmischen, Klarheit/Deutlichkeit) gegangen – auch dafür hätte an diesem Abend leider keiner Trophäen einheimsen können.
Wenn es allerdings um Musikalität, Auswahl und Darbietung der Lieder, Authentizität, Zusammenspiel, Einsatz, Herzblut, Atmosphäre etc. geht – dann haben Hugh Laurie und seine Kollegen haushoch gewonnen. Bereits während des Konzerts hielt es die Besucher mehrfach nicht auf ihren Sitzen. Am Ende des Abends ließen sich die so begeistert Gefeierten unter großem Jubel zu sage und schreibe vier(!) Zugaben hinreißen. So schafft man sich Freunde!
Was sagte Mr. Laurie doch gleich noch über Hamburg?
„Hamburg is such a groovy place!“
Ein lohnenswerter Besuch, ein gelungenes Konzert, ein sehr schnell vergangener, kurzweiliger und überaus vergnüglicher Abend.
Hugh Laurie und Band dürften hier jederzeit wieder überaus gern gesehene Gäste sein.
Karten sollte man sich beim nächsten Konzert tunlichst sehr zeitig sichern!
Stilvolle Treppenhäuser, schöne Fassaden, eigenwilliges Interieur – der Charme Hamburger Kontorhäuser / Teil III – Das Hildebrand-Haus und das Geheimnis des Übersehens
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Allgemein, Artikel, Auf Entdeckung - Unterwegs im In- und Ausland (s. dazu auch weitere Spezialkategorien), Foto, Hamburgs Kontorhäuser am 04/10/2012
Willkommen zurück!
Der dritte Teil der Blogserie über Hamburgs alte und auch neue Kontorhäuser hat auf sich warten lassen. Zu viele andere, aktuelle Themen quetschten sich respektlos dazwischen.
Anfangs hatte ich vor, Ihnen hier ein paar Zeilen Freiraum zu lassen. Für Ihren eigenen Text. Für Ihren Rüffel, dass es nicht weitergeht …
Na, das hat ja gedauert! Schön, dass ich das auch noch erlebe … und dergleichen.
Nur, geben Sie es ruhig zu:
Tief in Ihrem Innersten sind Sie doch gar nicht so pedantisch, oder?
Sind Sie nicht viel eher der charmante Schwamm-drüber-Typ? Der Ach-was-soll’s-Hauptsache-es-geht-jetzt-weiter-Blogstammgast?
Wusste ich es doch!
Ein klein wenig ausholen möchte ich auch heute, und Sie werden gleich verstehen, worauf ich hinaus will bzw. entdecken, dass auch dieser Aspekt zum Thema Kontorhäuser passt. Zur Tatsache, dass verhältnismäßig wenige Menschen sie kennen und wahrnehmen.
Stellen Sie sich bitte vor, ein Bekannter zeigt Ihnen ein Foto eines sehr schönen Gebäudes. Sie bewundern die Fassade, diese famose handwerkliche Kunst und fragen staunend:
Sag mal, wo steht denn dieses tolle Haus?
Daraufhin ernten Sie den recht fassungslosen Blick Ihres Freundes. Verwundert erzählt er Ihnen (z. B.) als Hamburger, es handle sich um ein Gebäude am Neuen Wall (City Hamburg) und Sie wären doch gerade heute daran vorbeigekommen!
Empörung macht sich in Ihnen breit!
Sie schwören Stein und Bein, dass Sie dieses Haus noch nie in ihrem Leben gesehen hätten.
Kann gar nicht sein! Neuer Wall! Also, das wüsste ich aber …!
Was denken Sie? Wie ist das möglich?
Wie lässt sich ein großes, imposantes Haus mit auffälliger Vorderfront derart übersehen?
Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, was häufig passiert, wenn Sie durch schmale Straßen spazieren, bebaut mit Häusern, in denen im Erdgeschoss Geschäfte angesiedelt sind? Die obendrein recht sorgfältig arrangierte, durchaus interessante, ansprechende Schaufensterauslagen zu präsentieren haben?
Sie verfallen dem Kaufrausch?
Nun ja, ich meinte eigentlich etwas anderes.
Es geschieht quasi dasselbe, was auch eintritt, wenn Sie bei Regen unter einem aufgespannten Schirm unterwegs sind.
Sie fluchen über das Mistwetter?
Nicht doch …!
Es ist ganz anders.
Achten Sie einmal darauf, beides behindert gleichermaßen ihren Blick nach oben. Tatsächlich ist es so, dass Sie selten höher als bis zur Oberkante des Erdgeschosses (= oberes Ende des Schaufensters) schauen und sich obendrein kaum Gedanken darüber machen, wie das Haus, an dem Sie just vorbeipromenierten, ansonsten aussieht. Sei es das äußere Erscheinungsbild oder die Frage, was wohl hinter der Eingangstür auf Sie wartet.
In Hamburgs Innenstadt haben wir genau diese Situation. Die Straßen im Westen der City sind vornehmlich ziemlich schmale Einbahnstraßen, eingesäumt von relativ hohen Bauwerken (im Verhältnis zur Breite der Straße). Es ist eine noble Einkaufsgegend mit teilweise sehr ausgefallenen Geschäften. Ebenso sehenswert sind die Auslagen.
Sie wandeln entlang, schauen hier, wechseln gelegentlich die Straßenseite, wenn ihr Auge meint, dort etwas Interessantes entdeckt zu haben. Ansonsten streben sie voran, denn schmale, lange, hoch eingerahmte Straßen lösen noch etwas aus.
Psychologen würden Ihnen vermutlich von einem gewissen Tunnelsyndrom in engen Gassen berichten. Wie in einem Tunnel, fühlen sich Menschen auch hier – oftmals völlig unbewusst – leicht unwohl. Irgendwie umzingelt, erdrückt.
Der Mensch schaut statt nach oben eher voraus, prüft, wann und wo sich das Licht am Ende zeigt. Er genießt – bis er dort ankommt – jede Ablenkung, die sich ihm bietet.
Man weiß, dass Autofahrer, die den Gotthard-Tunnel durchqueren, nervös das Radio lauter stellen, die Geschwindigkeit erhöhen, sich über den Fuchsschwanz an der Autoantenne des Vordermanns mokieren oder auch Notausgänge und eingelassene Wandbilder zählen.
Ihr Fußweg in einer Gasse ist im Prinzip gar nicht so viel anders. Auch Sie suchen wohltuende Zerstreuung, bis Sie am „befreienden“ Tunnelende eintreffen. Wenn wir es einmal ganz großzügig auslegen, dann ist Ihr gieriger Blick auf die Auslage lediglich reiner Selbstschutz …
Bauherren und ganz besonders natürlich Architekten, die damals Kontorhäuser in diesen sehr schmalen Straßen errichten wollten und dennoch mit einer gewissen Geschosshöhe liebäugelten, wussten darum und tricksten gern ein wenig, um genau dieses Tunnelgefühl zu vermeiden. Die oberen Geschosse vieler Bauten wurden häufig zurückversetzt gebaut. Die Fassade ist nicht durchgehend, sondern baut sich treppenförmig auf. Es verändert nicht nur die Optik, auf diese Art kann mehr Licht in schmale Gassen einfallen, und das Empfinden in einer Schlucht zu sein, ist weniger ausgeprägt.
Nachdem Sie nun die Umstände und auch Ihr mögliches Verhalten ein bisschen besser kennen, können wir zusammen vom Jungfernstieg in die Einbahnstraße „Neuer Wall“ einbiegen, um Ausschau nach einem Kontorhaus mit schöner Fassade und noch schönerem Foyer zu halten. Möchten Sie vorgehen …?
Halt! Sie sind schon dran vorbei!
Herrschaften! Was habe ich Ihnen gerade eben erzählt!?
(Hier denken Sie sich bitte den strengen Blick dazu)
Sie waren schon wieder mit den Augen nur in der Auslage, ließen sich vom geparkten Porsche ablenken und schauten mindestens dreimal, wo die Straße endet.
So wird das nichts!
Kommen Sie bitte zurück!
Wir sind hier vor dem Haus Nr. 18, dem sogenannten Hildebrand-Haus. Mittlerweile immerhin 105 Jahre alt!
Es wurde 1907/08 von Frejtag & Wurzbach erbaut, seine sehenswerte und recht üppig gegliederte Fassade stammt von George Radel und Richard Jacobssen. Manchmal erscheint auch der Name Franz Jacobssen. Das Denkmalschutzamt spricht gar von Arne Jacobsen, mit einem „s“. Nageln Sie mich also bitte nicht fest.
Es hat mich ziemlich verblüfft, wie schwierig es offenbar sein muss, den richtigen Namen aus Dokumenten zu übernehmen. Ich stelle es mir fast wie das Spiel „Stille Post“ vor. Mit jedem, der dazwischen als Vermittler der Information auftritt, wird mehr verfälscht.
Die auffällige Sandsteinfassade mit Füllungen in Bronze ist im Art Nouveau Stil gehalten und heutzutage doch ziemlich beeinträchtigt oder nennen wir es optisch verändert durch die Leuchtwerbung und neue Schaufenstereinbauten.
Bis 1984 befand sich hier das Ladengeschäft der Firma „Feinkost Heimerdinger“, welche jedoch aufgrund der erheblichen Mieterhöhungen die Räume aufgeben musste.
Betrachtet man einmal Fotos aus verschiedenen Jahren, bemerkt man, dass auch die Ladenmieter und ein Teil der Bewohner des Hauses immer wieder wechseln.
Eine Zeitlang gab es im ersten Obergeschoss das Café Engelchen. Später irgendwann kam die elixée Beauty Lounge und im Erdgeschoss, links des Eingangs, befand sich ein Geschäft mit dem Namen MAC (nicht Apple – in dem Fall Kosmetik/Parfum), rechts vom Eingang ist seit langer Zeit der Optiker Campbell.
Im November 2010 bezog das Traditionshaus Brahmfeld & Gutruf, Juweliere, dort seine neuen Räume und lenkt Sie erfolgreich durch seine Auslagen vom Wahrnehmen des Hauses und des Eingangs ab.
Allerdings nicht heute!
Heute sind wir hier, und wir werden Brillanten und Perlen komplett ignorieren und stattdessen jetzt einen Blick in den wirklich sehenswerten Eingangsbereich und in das Foyer selbst werfen.

Hildebrand-Haus- Aufwändige Verzierungen im Eingangsbereich zwischen der Außen- und der Innentür zum Foyer
Man hat liebevoll und aufwändig restauriert. Hier ist weitgehend der Originalzustand erhalten. Wir finden viele Materialien, Motive im Kleinmosaik, Marmorinkrustationen, einen Relieffries nach Bertel Thorvaldsen (-> dessen bekannter Alexanderfries den Triumphzug des mazedonischen Königs darstellt) und auch die Darstellung von Wikingerschiffen. Mir hat man erzählt, dass der Erbauer bzw. einer der Eigner des Hauses seinerzeit mit der Seefahrt zu tun hatte, viel herumkam und dass Griechenland ihn beeindruckt hatte. All dies beeinflusste die Auswahl der Motive im Foyer dieses Gebäudes.

Hamburg – Das Hildebrand-Haus – Eindrücke durch einen Griechenlandaufenthalt gaben Anlass für diese Szenen im Foyer – Ein Relieffries zeigt Alexander den Großen

Hamburg – Kontorhäuser – Hildebrand-Haus – … ein Blick an die Decke im Foyer. Der Relieffries, Marmorwände, eine Art Kassettenunterteilung in der Decke und nicht zuletzt eine interessante Beleuchtung
Ich muss Sie dazu einfach etwas fragen!
Wenn Sie herumkommen – nehmen wir eine Passquerung in den Alpen, Strandurlaub in der Karibik, Fernosttrip, Stadtbesuch in Hannover, Dudelsackfestival in Edinburg … – würden Sie dann auch gleich Ihr Haus oder Ihre Wohnung entsprechend gestalten?
Geröll ins Wohnzimmer stapeln, im Flur die Palmentapete kleben, Kiesel auf dem Balkon ausbreiten und Muster einharken, im Bad die Wasserkaskaden aus den Herrenhäuser Gärten nachstellen oder Dudelsackpfeife und Kilt an die Schlafzimmerwand pinnen?
Nicht?
Schauen Sie, da scheint sich im Laufe der Zeit auch etwas geändert zu haben. Wir kommen einfach zu viel herum! Es hinterlässt nicht mehr DEN Eindruck. Weder bei uns noch bei anderen, denen möglicherweise mit der Nachbildung daheim imponiert werden sollte. Kein unmittelbares Bedürfnis, sich das Erlebte direkt zu Hause in einer Form zu konservieren. Eher steht eine erneute Reise an den Originalschauplatz zur Debatte.
Sehr vielen reicht es heutzutage aus, mit der Digicam auf das Motiv zu halten, um später bei einem Anflug von Sentimentalität und Rührung am Laptop das Foto aus der Toskana auf Maximalgröße zu zoomen und vielleicht noch ein Fläschchen Wein dazu aufzumachen … Morgen ist dann der Schnappschuss vom Eiffelturm dran.
Doch zurück zum Hildebrand-Haus.
Im Gegensatz zu den sehr großzügig geschnittenen, teilweise mehrflügeligen Bauten der Gebäude im Kontorviertel im Südosten der Stadt, sind die Häuser hier – platzbedingt – von geringeren Ausmaßen. Beim Renovieren und Restaurieren erfordert es daher immer ein sehr geschicktes Händchen, wenn es darum geht, neue Erfordernisse und Sicherheitsaspekte (-vorschriften) zu berücksichtigen.
Reichten in Zeiten der Erbauung das Treppenhaus und vielleicht der ein oder andere Lastenaufzug, ist ein Haus heutzutage ohne Personenlift kaum denkbar. Daher wurden die typischen Treppenhäuser fast überall umgestaltet und in den Lichtschacht in der Mitte kurzerhand ein Aufzug integriert. Um den Effekt zu vermeiden, dass dadurch alles verbaut und dunkel wirkt, behilft man sich sehr oft damit, einen gläsernen Lift zu wählen, der nicht alles andere erschlägt und sich mit dem vorhandenen Stil durchaus verträgt.
Etwas später in dieser Serie zeige ich Ihnen auch ein Fahrstuhl-Modell, was für seine optimale und unauffällige Anpassung an die Gegebenheiten einen Preis gewonnen hat.
Hier im Hildebrand-Haus wurde es so gelöst: Schmaler Glaslift, klare Linien, Messingelemente, die sich gut den Braun- und Beigetönen des Foyers anpassen und ebenfalls mit dem Marmor harmonieren sowie Wiederaufnahme des Bodenmusters auch im Fahrstuhl selbst.

Hamburg-Kontorhäuser – Hildebrand-Haus – Moderner Personenaufzug, der nicht als das Bild störend empfunden wird.
Ist der Blick beim Betreten des Hauses schnell eingenommen von den beeindruckenden Eingangstüren, dem Licht, dem Deckendekor und schwer beschäftigt mit dem Ausblick auf Kommendes im Foyer, so fällt gelegentlich erst beim Hinausgehen auf, dass bereits dem Bereich vor der Eingangstür ebenso viel Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Auch hier enthalten Decke und Boden schöne Mosaikmuster.

Hamburg – Kontorhäuser – Hildebrandhaus – … wenn selbst der Fußabstreifer kunstvoll eingerahmt wird: Fußbodenmosaik im Eingangsbereich
So, wir sind wieder draußen angelangt.
Und? Wie gefällt Ihnen das Gebäude?
Genau. Kann man sich angucken.
Wie auch viele andere, die noch kommen. Teilweise ist es mehr die Fassade, teilweise wirklich das Treppenhaus mit schön gestalteten Geländern, manchmal der Eingangsbereich für sich, manchmal gibt es auch einen wunderbaren, weil unerwarteten und aus dieser Perspektive seltenen Ausblick aus dem oberen Stockwerk.
Das machen wir beim nächsten Mal!
Wir bleiben weiterhin in der Straße. Wir kreuzen wie ein Segler und schauen jeweils von der gegenüberliegenden Seite des Gehwegs auf die Fassaden.
Auf einmal sind dann diese Häuser da!
Die, von denen man geschworen hätte, dass es sie in dieser Straße noch nie gegeben hat …
Am Anfang stellten wir gemeinsam fest, dass Sie gar keine Pedanten sind. Sollten Sie dennoch bemängeln, dass der reine Nettoanteil zum Thema Hildebrand-Haus in diesem Bericht vielleicht 30 % beträgt, dann erwidere ich Ihnen durchaus charmant dieses:
Achten Sie einmal auf den Namen dieses Blogs.
Sie sind hier privat bei mir (Michèle). Sie schließen sich mir auf diesem Ausflug an. Ich nehme Sie mit. Das ist mein Angebot an Sie. Doch wenn Sie es annehmen, müssen Sie in diesem Fall auch mit meinen Gedanken(sprüngen) klarkommen (siehe Titel).
Dinge (und vor allem Menschen) auf dieser Welt stehen nie einzeln für sich alleine. Sie sind immer nur ein Teil des Ganzen.
Interessant werden sie erst, wenn man ihr Umfeld, das Drumherum erkundet. Den Zusammenhang sucht. Die Entwicklung verfolgt. Seine Gedanken schweifen lässt…
Sind dafür 70 % nicht geradezu lachhaft wenig …? ;)
Hinweis:
Wer die vorangegangenen Artikel verpasst hat, wird via nachstehende Links direkt fündig:
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/08/17/demnachst-im-blog-hamburgs-kontorhauser-eine-kleine-einfuhrung-fur-sie/
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/08/20/stilvolle-treppenhauser-schone-fassaden-eigenwilliges-interieur-der-charme-hamburger-kontorhauser-teil-i-darf-es-etwas-basiswissen-sein/
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/08/25/stilvolle-treppenhauser-schone-fassaden-eigenwilliges-interieur-der-charme-hamburger-kontorhauser-teil-ii-der-laeiszhof-samt-paternoster-und-watt/
©Oktober 2012 by Michèle Legrand
Wandsbeker Wiesn – Es hoaßt widda: O’zapft is …
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Allgemein, Artikel, Foto, Geschichten / Menschliches Verhalten, Hamburg, Wandsbek (Lokales) am 24/09/2012
Montag, 24. September 2012. Ganz allmählich lässt der Dauerregen nach. Sie können froh sein, dass sie ein Zelt haben.
Nein! Nicht Sie!
Wie war Ihr Wochenende? Haben Sie an den Nachmittagen ein wenig die sich doch noch durchkämpfende Sonne genutzt und frische, appetitliche Herbstluft geschnuppert? Ja?
Ich? Mein Wochenende?
Oh, danke der Nachfrage! Es waren superschöne Stunden dabei! Doch wir schweifen wieder völlig ab!
Kleines Spiel?
Ich nenne Ihnen Begriffe, Sie antworten spontan, was Ihnen dazu einfällt.
Blätter, Spinnweben, Pilze, Frühtau, Nachtfrost, Beeren.
Jetzt Sie!
Gut! Richtig! Herbst ist die Antwort.
Weiter.
Wiese. Fass. Dirndl. Brezn. Haxn. Maß.
Sie wieder!
Gut! Oktoberfest!
Ich merke schon, das ist viel zu einfach für Sie. Sie haben also das „Was“ erraten. Was ist das Thema?
Antwort: das Oktoberfest. Bitte merken! Jetzt folgen nur noch Fragepronomen.
Wann?
Falsch! Nicht im Oktober. Oktoberfest ist schon im September. Jedenfalls hauptsächlich.
Wo?
Nix da! Nicht Bayern. Zu ungenau.
Nein, auch nicht München!
Ich sehe schon, Sie geraten ins Stocken.
Ich verrate es Ihnen: Es geht heute um einen der östlich gelegenen Bezirke Hamburgs und das dort stattfindende Oktoberfest. Die Wiesn in Wandsbek! (Ich hoffe, Sie haben gerade den kleinen Tusch vorweg vernommen)

Hamburg – Oktoberfest“ Wandsbeker Wiesn 2012″ – Der Hinweis auf die Veranstaltung an jeder Gehweglampe …
Jaha, die Hamburger müssen auch das durchziehen!
Bayerisches Oktoberfest! Es gibt wirklich kaum etwas, vor dem sie Halt machen würden.
Was sagte ich zu Beginn? Gut, dass sie ein Zelt haben!
Und ich möchte noch etwas sagen, möchte – nein, muss! – Sie vorwarnen! Ich bin heute ein wenig in Lästerlaune. Tatsache! Es kommt nicht sehr häufig vor, also haben Sie bitte Nachsicht und nehmen Sie folglich nicht alles zu ernst! Lassen Sie sich durch mein Gefrotzel vor allem nicht davon abhalten, es dennoch zu tun! Hinzugehen.
Es gab eine große Ankündigung: Bayerisches Oktoberfest. Die „Wandsbeker Wiesn“ Party mit Original bayerischer Musik im Festzelt.
Warten Sie …
Eigentlich stimmt nichts davon so richtig.
Dös Fest is ned bayerisch.
Die Wiesn is koa Wiesn, die Wiesn is oa oafach, eckert Platz. G’pflastert.
Dös Zelt is koa echtes Zelt!
Also, wennst mi frogst, is dös scho oa bisserl Beschiss, sogi…
Das Zelt ist tatsächlich nicht aus Planen und Gestänge – mittels Heringen gesichert – sondern ein riesiges, hallenähnliches Ungetüm aus weißen Kunststoffteilen, welches jetzt im September mit grünen Girlanden geschmückt wird.
Ganz flüchtig taucht der Gedanke an Tannenzweige und Weihnachten auf …

Oktoberfest „Wandsbeker Wiesn 2012“ – … außen diese sechs Herren, im Festzelt die fünfköpfige Partyband Donaweda
Es hat aber einen wirklich großen Vorteil: Es ist richtig wind- und wetterfest, es ist stabil und stoßfest, und es passen viele Leute hinein. Angesichts des Regens und meist kühlen Wetters ein nicht hoch genug zu schätzender Garant für dennoch kräftigen Besucherzustrom und kontinuierlichen Maß- und Haxnabsatz.
Denn erinnern wir uns:
Es gab Ende Juni/Anfang Juli die Sommeraktion „Like Ice and Sunshine“ mit einem eigens dafür hergerichteten Beachclub an gleicher Stelle. Das Wetter zeigte sich seinerzeit wenig sommerlich, eine schützende Unterkunft vor Regengüssen war nicht eingeplant – dafür aber eine Kunsteisbahn. Im Sommer. Sie verstehen. Der Gag … ! (Uuaah, Entschuldigung, ich musste kurz gähnen).
Ich hatte mich dazu schon im Blog geäußert.
Es soll sich allerdings nicht so anhören, als wollte ich die Veranstaltungen grundsätzlich kritisieren oder gar schlecht machen! Im Gegenteil. Mir wird warm ums Herz, wenn ich Initiative spüre und sehe, dass sich Gedanken gemacht werden. Nur mein Herz wird halt ein wenig wärmer, wenn sich vorab ein paar mehr Gedanken gemacht werden und abstruse Ideen vielleicht eher wieder verworfen werden.
Widmen wir uns erneut dem Oktoberfest.
Doch, dieses Event hat mittlerweile auch im hohen Norden seine Freunde gefunden. Jedes Jahr scheint es mehr Zulauf zu haben, das Festzelt ist oft proppevoll, die „original bayerische Musik“ (Ma-ma-ma—mamamamia-he … gefolgt von einem italienischem Schmachtfetzen) dröhnt über große Distanz. Der Bass wummert rabiat. Er wummert so, dass ich beim Vorbeigehen am Festzelt jedesmal wieder verblüfft bin, dass nicht die Seitenwände wackeln oder komplett weggesprengt werden!
Alles selbstverständlich „original bayerisch“. Sie glauben ja nicht, was offenbar alles bayerisch ist! Dinge, die Sie für spanisch hielten! Wie können Sie bloß so ungebildet sein!
Nun, die fünfköpfige Partyband heißt zumindest „Donnaweda“, spielt jedoch wirklich alle Genres und ist gut darin – keine Frage.
Woher ich das weiß?
Weil ich mich gestern in die Höhle des Löwen gewagt habe (Eingangsbereich mit Fluchtmöglichkeit). Für einen Blick, eine Minute des Atmosphäre Aufsaugens. Ich habe das Stimmungsbarometer kontrolliert, mir einen persönlichen Eindruck verschafft. Auch, wenn ich selbst nicht bleiben wollte, muss ich dennoch ganz klar feststellen: die Menschen, die da waren, hatten wirklich ihren Spaß und amüsierten sich!
Das Angebot an Speis und Trank ist umfangreich.
Kassler und Leberkäs mit Krautsalat, Bayerischer Wurstsalat, Weißwürstl, Grillschinken, Schweinshaxn im Preisbereich von 4,50 Euro bis 7,50 Euro (auch abhängig von der Beilage – Krautsalat oder Bratkartoffeln)
Die Maß (1 Liter) Oktoberfestbier kostet 8,20 Euro, der halbe Liter für 4,50 Euro. In München liegt der Preis für die Maß in diesem Jahr immerhin zwischen 9,10 und 9,50 Euro. Es gibt weitere Biersorten sowie Alsterwasser. Prosecco und alkoholfreie Getränke sind ebenfalls vorrätig.
Bitte?
Was mich abhält? Warum ich nicht bleiben möchte?
Ich glaube, dass Besuche solcher Feste in einer Gruppe Spaß machen. Wenn der Geräuschpegel insgesamt lauter ist. Der Albernheitsgrad höher ist. Man ein Bierfreund ist. Das Essen bevorzugt. Bayer mit Heimweh ist.
Oder man muss grundsätzlich ein Freund von Gewühl und Lärm sein und einer Imitation bayerischer Gepflogenheiten in völlig anderen Gefilden viel abgewinnen können. Pseudo-bayerisch akzeptieren.
Einem darf es auch nichts ausmachen, dass Betrunkene in einen hineinschwanken, als herrsche auf dem Wandsbeker Marktplatz Wellengang bei Windstärke 12.
Man sollte die überall umherziehenden verräucherten Schwaden des auf dem Platz vor dem Zelt befindlichen Schwenkgrills lieben. Vielleicht ist es auch vorteilhaft, Raucher zu sein.
Oder – andere Idee – man sollte sich (die eigenen) Kinder schnappen, ganz an den Rand des Platzes Richtung ZOB gehen und ihnen beim Fahren im Kinderkarussell zusehen.
Oder sich beim PLAZA auf einen der Außenplätze setzen und einfach nur friedlich beobachten.
Oder sich ein Dirndl kaufen, Haare flechten, ein Klammer gegen Gerüche auf die Nase setzen und sich gnadenlos mitten ins Getümmel stürzen.
Nein! Einen Crashkurs „Bayerisch“ besuchen und dann hier so tun, als sei man aus Garmisch.
Woas hast g’sagt? Hallo? Bei uns sogt ma Grias God, wennma reikimt!!
Oane Gaudi wär’s scho! Und koa misrablige.
Wissen Sie eigentlich, was im Zelt zwischen Trinken, Essen, Schunkeln, Singen, gelegentlichem Grölen und den Darbietungen der Partyband noch abgeht?
Eine Dame aus dem Publikum taucht auf, redet mit einem Bandmitglied und darf daraufhin an eines der Mikros. Es folgt eine alkoholgeschwängerte Live-Liebeserklärung an ihren Teuersten. Sie werden im Dezember heiraten.
Gut, dass Wandsbek es nun weiß.
Die Reaktion im Publikum ist gemischt. Applaus, gerührte Oooohs, Pfiffe und Buhs ergeben ein Medley. Als ich nach dieser krönenden Darbietung definitiv gehen möchte, verstellt mir jemand samt Glasmaßkrug den Weg.
„Hey du …, du koanst doch jetzt noch ned hoam …“
Doch, verehrter norddeutscher Bajuwar, das kann ich und das mache ich!
Nun feiere schön weiter, du findest schon noch jemanden, der sich genauso wohl dabei fühlt.
Und auch an Sie noch einmal das Wort gerichtet:
Gehen Sie hin, wenn Ihnen danach ist!
Jeder empfindet es anders – und das ist völlig richtig so. Die einen werden sich mit Händen und Füßen sträuben, die anderen werden fiebern dabei zu sein. Aus den unterschiedlichsten Gründen.
Wenn Sie gehen, wünsche ich Ihnen viel Spaß und erzählen Sie doch bitte, was für Sie persönlich das Besondere war! Es würde mich interessieren! Das Fest findet noch bis zum 2. Oktober statt und ist täglich von 11.00 bis 24.00 Uhr geöffnet.
Für Sie habe ich zum Abschluss einige Fotos. Es gibt nicht nur das Festzelt, sondern auf dem Wandsbeker Markplatz stehen einige weitere Buden, es gibt einen kleinen Biergarten mit Plätzen unter Sonnenschirmen (sie halten zur Not auch Regen ab), und direkt am ZOB befindet sich das besagte Kinderkarussell.

Oktoberfest „Wandsbeker Wiesn 2012“ – … neben Schwenkgrill draußen, sowie Haxn, Brezn und Paulaner im Zelt, gibt es auch Zuckerwaren für alle, die der Hunger auf Süßes überkommt.

Hamburg – Oktoberfest „Wandsbeker Wiesn “ – … und ein einziges von mehreren Plakaten zeigt Spiegelschrift. Können Sie es lesen? ;-)
Im letzten Jahr machte ich mir bereits grundsätzliche Gedanken zum Oktoberfest, beobachtete den Einfluss auf das Warenangebot in den Läden, verglich mit Karneval und Halloween, und ich traf auf diesem Platz während der Aufbautage Richard II.
Einen sehr interessanten Mann!
Unser Gespräch habe ich hier im Blog im vergangenem September hinterlassen. Warum er Richard II. heißt, worüber wir uns unterhielten, und was er mit dem Oktoberfest verbindet, das können Sie nachlesen. Der unten stehende Link führt Sie direkt dort hin.
Richard II. – Auf die Wiesn warten …
https://michelelegrand.wordpress.com/2011/09/21/richard-ii-auf-die-wiesn-warten%E2%80%A6/
©September 2012 by Michèle Legrand
Stilvolle Treppenhäuser, schöne Fassaden, eigenwilliges Interieur – der Charme Hamburger Kontorhäuser / Teil II – Der Laeiszhof samt Paternoster und „Watt“
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Allgemein, Artikel, Auf Entdeckung - Unterwegs im In- und Ausland (s. dazu auch weitere Spezialkategorien), Foto, Hamburgs Kontorhäuser am 25/08/2012
Wochenende! Wie sieht es aus? Hätten Sie nicht gerade wieder ein bisschen Zeit übrig und vor allem Lust mitzukommen?
Sie erinnern sich? Wir wollten beim nächsten, nämlich diesem Treffen, Paternoster fahren!
Heute geht es zum Laeiszhof, einem an der Straße Trostbrücke gelegenem Kontorhaus nahe dem Mahnmal der Nikolaikirche.
Ein Backsteingebäude am Nikolaifleet aus den Jahren 1897/1898, dessen Auftraggeber die Firma Ferdinand Laeisz war.
Genau die, die es auch heute noch im Reederei-Geschäft gibt und deren Name Ihnen vielleicht zusätzlich im Zusammenhang mit einem weiteren Gebäude im Ohr ist: der Laeiszhalle (früher Musikhalle).
Ich wollte Sie zuerst etwas verwirren, Ihnen ein „Wattfoto“ zeigen, das Ihnen vorgaukelt, der Laeiszhof sei an der Nordsee. Und Hamburg selbstverständlich auch …
Dann dachte ich mir, lass es. Deine Blogbesucher sind eh viel zu schlau, um den Braten nicht zu riechen.
Allerdings kennen Sie mittlerweile meine Unberechenbarkeit. Ich erwähne das „Hamburger Watt“ nun doch, ganz ohne Irritationsabsichten, denn vielleicht interessiert Sie Folgendes:
Hamburgs Fleete kennt eigentlich jeder mit Wasser gefüllt.
Genau. Ständig trocken würde Sie auch keiner mehr Fleete nennen.
Es besteht allerdings die Möglichkeit, den Pegel dieser Wasserwege zu beeinflussen und zu regeln. Hamburg, als Stadt an der Elbe, die wiederum ein Zufluss zur Nordsee ist, merkt natürlich die Gezeiten. Um eine Überflutung der Stadt zu verhindern, gibt es ein Sperrwerk unter der Hohen Brücke, das geschlossen werden kann, wenn eine zu hohe Flut mit reißenden Wasserströmen in den Nikolaifleet einzubrechen droht. Ein weiteres Wehr zwischen diesem und dem Mönkedammfleet sorgt für die Abriegelung zu den übrigen Fleeten in der City.
Der (auch das) Nikolaifleet, ist dem Tidenhub ausgesetzt und bei diesem am Laeiszhof gelegenen Wasserweg ist es so, dass bei Ebbe das Wasser gelegentlich komplett abfließen kann.
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Hamburgs Kontorhäuser – Laeiszhof – Bei Ebbe wird häufiger auch das Nikolaifleet trockengelegt. Die Linie zeigt, wo normalerweise das Wasser steht.
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Wenn dies passiert, bildet sich eine Art „Stadtwatt“. Wenn Sie die Bilder betrachten, werden Sie merken, wie eigenartig und „unelegant“ es wirkt, sobald alles trockengelegt ist und die glitzernde, manchmal spiegelnde Wasseroberfläche fehlt. Und vielleicht erstaunt es Sie zu erkennen, dass Fleete nicht besonders tief sind.
Ich habe Ihnen auf dem Vergleichsfoto eine blaue Linie eingezeichnet, um es besser sichtbar zu machen. An der Brücke ist ebenfalls gut zu sehen, in welchem Bereich sich normalerweise der Wasserstand bewegt und wie schnell Grund erreicht ist. Daher sind auch nicht alle Fleete befahrbar und wenn, dann nur mit speziellen Flachbooten, die extrem wenig Tiefgang haben.
Eine kurze Frage: Darf ich davon ausgehen, dass ich Sie sich jetzt neben mir befinden und sich mit mir umsehen? Ja?
Das ist prima, denn ich möchte etwas von Ihnen wissen:
Haben Sie vor lauter Heruntergucken zum Fleetgrund bisher überhaupt daran gedacht, am Kontorhaus hinaufzuschauen? Und haben Sie dort oben schon die Skulptur zwischen den Türmchen entdeckt?
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Was denken Sie, was das ist?
Ein Löwe?
Kalt!
Eine Sphinx?
Brr! Noch kälter …
Nein, Sie dürfen sich nicht fragen, was Sie auf Ihr Dach setzen würden. So kommen Sie in dem Fall nicht weiter …
Wann waren Sie denn zuletzt beim Friseur?
Nein, ich lenke nicht ab! Das ist ein Tipp!
Gut, machen wir es kurz: dort oben ist ein Pudel! PUDEL.
Der Reeder Carl Laeisz mochte seine Gattin offenbar sehr, denn dass die Wahl auf dieses Dachtier fiel, hängt mit ihr zusammen. Ihre Haare – wobei man darüber uneins ist, ob es die Krause der Haare war oder das Erscheinungsbild der Frisur – verliehen ihr offenbar eine gewisse Ähnlichkeit mit dieser Hunderasse. Es brachte ihr den Spitznamen Pudel ein – und dem Kontorhaus vereitelte es letztendlich die Zurschaustellung eines imposanten Dachlöwen oder eine Erkersphinx. Carl Laeisz war zudem fixiert auf den Buchstaben P und gab allen Schiffen seiner Flotte Namen, die diesen Anfangsbuchstaben trugen. Die namentlich bekanntesten unter ihnen sind wahrscheinlich die Schiffe Pamir und Passat (Großsegler; die Flotte wurde auch Flying-P-Linie genannt).
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Obwohl das ganze Gebäude aus Backstein besteht, wirkt es doch enorm abwechslungsreich, was sowohl durch unterschiedliche Farbgebung, als auch durch Vorsprünge, Erker, Verzierungen, Fensterformen und -anordnung, Sprossen etc. erreicht wird.
Doch wir wollen nicht nur draußen stehen. Kontorhäuser bergen besonders häufig in ihrem Innern Geheimnisse und zeigen Schönheit, die ein Besucher in dieser Form gar nicht erwartet. Wir überqueren nur noch den Nikolaifleet an der Trostbrücke mit ihren beiden Statuen und befinden uns gleich vor der Eingangstür. Über der Tür eingearbeitet – das Zeichen der Reederei Ferdinand Laeisz.
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Hamburgs Kontorhäuser – Trostbrücke – …ihm gegenüber der Heilige Ansgar als Begründer des Doms und erster Erzbischof der Stadt
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Mich machen solche massiven, für den Blick undurchdringlichen Türen, neugierig.
Was befindet sich dahinter?
Ist sie nur geschlossen oder eventuell fest verschlossen?
Probieren wir es aus.
Die Tür öffnet sich trotz ihrer Schwere leicht. Es sind weder Dunkelheit noch das Licht von grellen Neonröhren, das Sie erwartet. Dies ist der Anblick, der ihnen beim Eintreten geboten wird:
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Wenn Sie die Treppenstufen hinaufsteigen, erreichen Sie die Eingangshalle, mit einer Bronzeskulptur zur Linken, die – so weit es herauszufinden war – vermutlich von Caesar Scharff geschaffen wurde.
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Ihr gegenüber an der Wand nehmen wir einen Moment auf einer langen blankpolierten Holzbank mit Sitzlehne Platz.
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Möchten Sie einmal etwas ausprobieren?
Wenn Sie sich unter Australien setzen (ich spreche von der Weltkarte, die darüber an der Wand hängt) und zur Skulptur herübersehen, wird Ihnen die erste der Figuren, die Frau links besonders vorkommen. Sie streckt den Arm und will Sie förmlich auf etwas hinweisen. Wenn Sie annehmen, sie zeige auf den Mann in der Mitte, rutschen sie mittig auf die Bank. Schon wirkt es völlig anders! Sie zeigt auf etwas in der Ferne. Aus ihrer Position (unter Südafrika) beobachten Sie jetzt intensiv den stehenden Herrn, der einen Schiffsrumpf trägt und wenn Sie an die andere Außenseite der Bank rutschen (unter Südamerika), vergessen Sie das imposante Wesen und sehen plötzlich nur noch den rechts sitzenden, versunken wirkenden Mann, der seine Schiffsschraube betrachtet. Die einzelnen Gliedmaßen jeder Person scheinen aus neuen Blickwinkeln jeweils anders hervorzutreten.
Oder ist es die Beleuchtung im Foyer …?
Ich habe keine Ahnung, ob die Bank je für das „Skulptur-Angucken“ gedacht war oder lediglich dort ihren Platz fand, um Wartenden die Möglichkeit zu geben, sich niederzulassen. Ich jedenfalls bin zum Schauen mehrfach hin- und hergeglitten.
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Hamburgs Kontorhäuser – Laeiszhof – Die Kabinen des Paternosters … Haltegriffe in den Kabinen und fest im Mauerwerk verankert
Auf der Stirnseite der Halle rumpelt leise und gemächlich der Paternoster. In den zwei Schächten befinden sich ca. zehn Kabinen im Umlauf.
Ich sagte Ihnen, ich würde Sie mitnehmen – steigen Sie also gerne ein, wir fahren hinauf bis zur vierten Galerie.
Hinweis zum Abspielen des Videos:
Zum Schutz Ihrer Privatsphäre verlinke ich nicht direkt zu meinem YouTube-Video. Kopieren Sie bei Interesse die folgende Zeile bitte in Ihren Browser und ersetzen dabei das „dot“ durch den Punkt. .
http://www.youtube dot com/watch?v=BRX9qCr4VQo
Schön, oder? Ich habe die Kamera bei unserer Fahrt einfach mitlaufen lassen, das stetige Geräusch der auf- und abfahrenden Kabinen hat die Tonqualität beeinträchtigt. Wenn Ihnen aufgefallen sein sollte, dass ich von drei Paternostern in Hamburg sprach, dann muss ich dies hier im Text korrigieren. Es gibt offenbar noch ungefähr 40! Doch sind nicht alle in Betrieb und nur sehr wenige öffentlich zugänglich. Vielleicht stammt daher die Auskunft (drei), die ich vorher erhielt.
Wissen Sie, wie man die Paternoster noch nannte?
Offiziell gab es das schöne deutsche Wort Personenumlaufaufzüge, doch die Menschen seinerzeit bezeichneten ihn häufig als Proletenbagger, der die Menschen zu Hauf ihre Runden in seinen Kabinen drehen ließ. Für den Chef gab es etwas Feineres, einen geschlossenen Aufzug, Bonzenheber genannt.
Aktenwägelchen oder ähnliches hat man nicht per Paternoster transportiert. Die hätte man wohl eher mit Schwung hineinwerfen müssen, als dass ein sittsames Einschieben während der Fahrt geglückt wäre. Für diese Fälle gab es fast überall extra einen Lastenaufzug.
Sie haben sich eben übrigens sehr geschickt angestellt beim Ein- und Aussteigen. Damals, zwischen 1890 und 1898 erlitten Büromenschen bei 29 Gelegenheiten einen Unfall, davon verliefen fünf tödlich.
Gut, dass Sie das nicht vorher wussten , oder? ^^
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Liebe Blogleser, werte Mitbesichtiger und Mitentdecker! Sie haben es im Video gesehen, die einzelnen Geschosse besitzen Galerien, die von schmiedeeisernen Gittern eingefasst sind. Gitter, die nicht wie ein Zaun wirken, sondern wie dahingemalt. Nicht wuchtig, sondern zart und leicht geschwungen, manchmal verspielt. Rundungen und ein Hauch von Floralem hier, eine Herzform dort. Kleine eingearbeitete Anzeigetäfelchen geben Auskunft über das geweilige Geschoss.
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Dazwischen wunderschöne, dunkle, farblich gut kontrastierende Säulen mit herrlicher Kapitellverzierung (am oberen Abschluss).

10_Hamburgs Kontorhäuser – Laeiszhof – Schön der Blick aus dem Foyer hinauf zu den einzelnen Galerien (Geländer, Beleuchtung, Säulen)
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Es gibt viel Tageslicht, da im Laeiszhof – wie in den meisten Kontorhäusern üblich – ein Lichthof geschaffen wurde. Zusätzlich die wunderschöne, warme Ausleuchtung durch Wand- sowie Deckenleuchten in jedem Geschoss.
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Im Treppenhaus, das gleich im Eingangsbereich beginnt, wiederholen sich die Muster des Galeriegeländers beim Treppengeländer. Auch hier ein interessantes Farbenspiel. Stufen, seitlich weiß, aber mit dunkler Trittfläche, helle Stoßkanten und silbrig glänzende Geländerläufe, weiße Wände kontrastieren mit dunklen Decken, deren Flächen wiederum aufgelockert werden durch abgesetztes Weiß.
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Schon beeindruckend – oder wie empfinden Sie es?
Wir werden den Laeiszhof jetzt wieder verlassen. Das, was es zu sehen gab, ohne die darin arbeitenden Menschen zu stören, haben wir entdeckt. Wir nehmen dieselbe Tür, durch die wir das Haus anfangs betreten haben. Schauen Sie bitte einmal, wie wunderschön sie im Licht kupfern glänzt.
Hätten Sie gedacht, dass dies die Innenseite jener Tür ist, die von außen relativ schlicht, matt, kühl und etwas dunkel wirkt?
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Lassen Sie sich nie von Türen narren! Und denken Sie nie, sie wären garantiert verschlossen und alles wäre zwecklos!
Kontorhäuser sind wesentlich öfter offen und damit zugänglich als Kirchen!
Mein unverbindlicher Tipp: Nehmen Sie sich ein Herz und versuchen Sie einfach beherzt, ob die Klinke sich herunterdrücken lässt …
Jetzt überlasse ich Sie wieder Ihren eigenen Vorhaben und verrate Ihnen nur noch, dass ich Ihnen beim nächsten Mal ein recht interessant ausgestattetes Foyer und Treppenhaus in einem Kontorgebäude am Neuen Wall zeigen möchte. Es wird weiterhin um die Frage gehen, warum der Mensch gelegentlich ganze Häuser(-fassaden) komplett übersieht.
Mehr dazu demnächst im Blog (Teil III der Serie)
PS: Meine Ankündigung, es gäbe ab Teil II keine langen Texte mehr … Es ist nicht ganz machbar. Das Thema erfordert ein wenig Text, und meine blinden Blogbesucher sollen schließlich auch eine Vorstellung haben.
Ich hoffe auf Ihr Verständnis.
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©August 2012 by Michèle Legrand
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Wer den Anfang der Serie verpasste, findet hier den Weg zu vorangegangenen Posts:
-> https://michelelegrand.wordpress.com/2012/08/17/demnachst-im-blog-hamburgs-kontorhauser-eine-kleine-einfuhrung-fur-sie/
-> https://michelelegrand.wordpress.com/2012/08/20/stilvolle-treppenhauser-schone-fassaden-eigenwilliges-interieur-der-charme-hamburger-kontorhauser-teil-i-darf-es-etwas-basiswissen-sein/
Erfrischend, wenn die Hitze über der Stadt brütet … Ein Abend mit Wasserlichtorgelkonzert und mehr in Planten un Blomen
Wir haben 2012 ziemlich lange darauf warten müssen – auf sommerliche Temperaturen. Jetzt sind sie da … Schön, oder?
War dort eben ein klitzekleines Zögern?
Nun, wie es in unseren Breitengraden inzwischen fast schon üblich ist, steigt die Quecksilbersäule des Thermometers recht spontan und leidenschaftlich gern unerhört rasant. Uns Nordlichtern sind nicht 22-24 Grad Celsius über einen längeren Zeitraum vergönnt – nein, wir knacken die 30° Grad im Schatten Grenze von heute auf morgen. Wobei übermorgen halt oft schon wieder der Schal fällig wird – es funktioniert tatsächlich auch umgekehrt so.
Etwas anderes. Hamburg. Sie kennen das Klischee bezüglich der Hanseaten? Zurückhaltend, zu Understatement neigend, gern in ein maritimes Blau (anglophil angehaucht) gekleidet, ergänzt durch goldene Knöpfe (Herren) bzw. eine einreihige Perlenkette (Damen). Eine Hanseatin, ich bin auch eine, würde Ihnen den momentanen Zustand der Städter wie folgt erklären:
Uns ist – fügen Sie hier bitte ein dezentes Räuspern und eine kleine Kunstpause ein – … ein wenig warm.
Und was mich angeht: doch, mir würde jetzt die Perlenkette solo ausreichen.
Dennoch habe ich vor, Sie heute wieder mitzunehmen. Da ich allerdings davon ausgehe, dass Sie den Besuch einer Backstube brüsk ablehnen würden, treffen wir uns stattdessen in Planten un Blomen. Ehe Sie mosern, dass wir dort Ende Mai schon waren …
Ja, und?
Glauben Sie, Sie haben damals schon alles gesehen?
Es gibt etwas Spezielles, was Sie heute kennenlernen werden, denn diesmal wird es aus gutem Grund einen Abendspaziergang geben. Das hat weiterhin den Vorteil, dass die Glut der Sonne vorbei ist, mit ihr die Sonnenbrandgefahr, und die Schweißausbrüche sind um die Zeit auf ein Minimum reduziert. Ein lindes Lüftchen weht, Sie werden einige Ihnen noch unbekannte Ecken bestaunen können und zum Abschluss ein erfrischendes, berauschendes Wasserlichtorgelkonzert erleben. Wir können uns dazu auch so setzen, dass sie – sobald eine kleine Brise aufkommt – in Maßen angenehm kühle Gischtspritzer zur Erfrischung abbekommen.
Wie klingt das?
Falls Sie im Mai nicht dabei waren oder noch einmal rekapitulieren möchten – hier ist der Link zum Vorgängerartikel:
https://michelelegrand.wordpress.com/2012/05/28/genuss-pur-mitten-in-hamburg-planten-un-blomen-und-das-geheimnis-der-fehlenden-fensterscheibe/
Erinnern Sie sich noch an die Mittelmeerterrassen und die fehlende Glasscheibe im Dach des Kakteenhauses? Richtig, die große Agave (Agave weberi J. F. Cels ex. J. Poiss) hatte begonnen, einen Blütenschaft auszubilden. Sie hatte begonnen, ihn wie einen Dorn, wie eine Fahnenstange himmelwärts zu treiben und dabei schon die vorhandene Dachhöhe um mindestens einen Meter überschritten. So war der Stand am 26. Mai, und neulich verrieten die Gärtner, dass sie mit der Blüte Mitte bis Ende August rechnen.
Mittlerweile ist einiges an Höhe hinzugekommen. Die Seitenverästelung, die Anfang Juli begann, ist mittlerweile fortgeschritten. Bereits jetzt gut zu erkennen, wo sich die Blütenstände ausbilden.

Planten un Blomen am Abend – … und sie wächst und gedeiht: Die einen Blütenstand ausbildende Agave weberi J. F. Cels ex. J. Poiss am 20. Juli 2012

Planten un Blomen am Abend – … und fünf Sonnentage später (25.07.2012) am Abend (Agave weberi J. F. Cels ex. J. Poiss)
Ein Blick hinab auf den zu Füßen der Mittelmeerterrassen liegenden Alten Wallgraben. Hier ist am Abend eine beschauliche Ruhe eingekehrt. Nur wenige Spaziergänger und einzelne Jogger sind Richtung Alte Wallanlagen unterwegs. Bedingt durch seine recht tiefe Lage im Vergleich zum Niveau der ihn umgebenden Straßen, entsteht dieses Idyll am Wassergraben. Niemand vermutet den viel befahrenen Gorch-Fock-Wall oder die Jungiusstraße in unmittelbarer Nähe.

Planten un Blomen am Abend: Palmlilien, Gräser und Disteln – Blick von den Mittelmeerterrassen hinunter zum Alten Wallgraben

Planten un Blomen – Perückenstrauch (Cotinus coggygria) beim Tropenschauhaus. Er wird noch plusteriger, „perückiger“ im Laufe der Zeit …

Planten un Blomen – Kormorane im Alten Wallgraben (auf der Baumwurzel im Wasser, fast auf der anderen Uferseite)
Der Spazierweg ist frei.
Haben Sie Lust auf ein kleines Spiel, kein waghalsiges Experiment – mehr ein risikoarmes Abendabenteuer?
Stellen Sie sich bitte in die Mitte des relativ breiten Weges, drehen sich in Gehrichtung Alte Wallanlagen und schließen Sie die Augen.
Warten Sie einen Moment und lauschen Sie …
Was hören Sie?
Es ist Ihnen bisher vielleicht nicht aufgefallen, weil optische Reize Sie abgelenkt haben, aber irgendwoher rauscht es! Lassen Sie die Augen weiterhin geschlossen und gehen Sie langsam voraus. Der Weg führt leicht bergauf.
Es wird dunkler.
So etwas bemerken Sie auch mit geschlossenen Lidern! Ich verrate Ihnen, dass Sie links und recht von Bäumen umgeben sind, die über Ihnen zusammenwachsen und ein grünes Dach bilden.
Das Rauschen kommt näher, wird intensiver, lauter …
Atmen Sie tief ein!
Sie riechen oder fühlen vielleicht auch auf der Haut, dass sich die Luft verändert hat. Sie ist reiner, kühler, leicht feucht.
Wenn Sie das Gefühl haben, jetzt sei das Rauschen unmittelbar neben Ihnen: Halten Sie!
Wenden Sie sich nach links und öffnen Sie die Augen!
Als ich es sah, erging es mir wie der Amerikanerin, die auch gerade aus der Gegenrichtung kommend dort eintraf, und ich möchte ihre treffenden Worte wiedergeben:
„Fucking gorgeous!“, war es, was ihr entfuhr.
Das erste Wort ist in seiner Bedeutung nicht unbedingt hanseatisch korrekt. Aber zusammen genommen sagt es alles. Es ist so traumhaft, umwerfend und großartig, bei dieser Geräuschkulisse auf die Steintreppen und die ihre Stufen hinabstürzenden und brodelnden Wassermassen zu schauen! Das Rauschen an den Niagara-Fällen kann doch kaum schöner sein!
Plötzlich werden Sie gewahr, dass es noch nicht alles war. Abgesehen von dem Rauschen, fällt Ihnen zusätzliches, vielfältiges Plätschern auf und Sie gehen, wie magisch davon angezogen, weiter. Neugierig, überzeugt, dass jetzt nicht noch etwas kommen kann, was Sie wieder derart umhaut. Vielleicht kommt Ihnen der Gedanke, dass das Wasser für diesen eben gesehenen Wasserfall irgendwoher stammen muss – eine Quelle braucht. Und richtig, kaum endet der baumbesäumte Weg am oberen Ende der Wassertreppe, entdecken Sie die Herkunft. Aus vielen offenen Rohrenden, die alle aus zwei sich gegenüberliegenden Steinwänden ragen, strömt Wassernachschub, fällt teilweise metertief hinunter in Auffangbecken, von denen eines wiederum die Wassertreppe speist.
So schön!
So f…ing gorgeous!

Planten un Blomen am Abend – … direkt an der Wassertreppe weiteres fröhliches Rauschen und Geplätscher

Planten un Blomen am Abend – … aus den Rohrenden rauscht es hinab … Aus manchen wasserlosen Rohrstücken wachsen Pflanzen.
Wenn Sie die Kühle genossen und sich sattgesehen haben, unterqueren Sie gleich noch die folgende Brücke und werfen darunter und auch dahinter einen Blick auf den Boden. Hier wurden sehr schöne Mosaikmuster eingearbeitet!
Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass wir jetzt dringend zum Parksee aufbrechen müssen, denn pünktlich um 22 Uhr beginnt dort das Wasserlicht(orgel)konzert!
Wir streifen einfach quer durch die Parkanlage, kommen Sie vertrauensvoll mit mir mit …
Als Route zurück (wieder hinauf zum Tropenschauhaus), dient uns diesmal der rollstuhltaugliche Weg, der an der Wassertreppe beginnt und oben nahe der Bucerius Law School endet.

Planten un Blomen am Abend – Rechts das markante Gebäude der privaten Bucerius Law School mit dem Fernsehturm im Hintergrund

Planten un Blomen – Schön in der Abendämmerung: die weißen Silberkerzen (Cimicifuga) und blühende Funkien
Na bitte, wer sagt es denn!
Wir sind gut in der Zeit.
Von Mai bis einschließlich August starten die Konzerte um 22 Uhr, den ganzen September über um 21 Uhr. Von Oktober bis Ende April hingegen herrscht Winterpause.
Haben Sie eine ungefähre Vorstellung, was Sie erwartet?
Die Kurzfassung könnte so lauten:
Musik an, Wasser an, Licht an!
Wie nüchtern, wie langweilig, wie uninspirierend!
Ich verrate Ihnen ein bisschen mehr.
Sie kommen heute in den musikalischen Genuss des Karnevals der Tiere. Gratis! Sie lauschen ihm in der Dunkelheit, und sie erhalten gleichzeitig zusätzlich etwas für ihre Augen, das Gemüt, für Ihre Seele. Ihnen werden Farbenpracht und wunderschöne, anmutige, aber auch mitreißende Wasserspiele geboten werden!
Einige Male könnte Ihnen möglicherweise ein Ooooh! und Aaaaaah! herausrutschen …
Es wird Sie beeindrucken! Sie und all die anderen, die sich hier sammeln, um sich ein solches Erlebnis nicht entgehen zu lassen.
Möchten Sie wissen, wie dieses kleine Wunder entsteht?
In den Parksee sind sowohl Wasserdüsen für Fontänen als auch Lichtstrahler für buntes Licht eingebaut. Am Ufer stehen mehrere in großer Höhe montierte Lautsprecher, die zwar keine Hi-Fi Qualität haben, aber ihren Zweck hinreichend erfüllen. Sie verbreiten die Musik, die dort an den Konzertabenden erschallt. Oft Klassik, doch es gab auch schon Rockstücke oder Filmmusik, zu denen für die Wasserlichtorgel eine Choreographie erarbeitet wurde.
Wie das funktioniert?
Während der etwa 30 min. andauernden Darbietung, wird von zwei Künstlern (live!) an der „Wasserlichtorgel“ und am „Lichtklavier“ gespielt. Während der eine die 13 Pumpenhebel für die Fontänen bedient, steuert der andere eine sehr große Anzahl von Tasten über ein zweimanualiges Licht-Keyboard und regelt auf diese Art 762 Lampen in fünf Farben.
Um sehen zu können, was sie „anrichten“, befinden sich diese beiden Personen in einem kleinen Raum direkt am Parksee, der Fenster direkt in Höhe der Wasseroberfläche hat. Wenn Sie sich auf der Wiese befinden, ist dieser Raum von Ihnen aus gesehen links (Richtung Café Seeterrassen).
Die Musik selbst ist nicht live. Sie kommt von CD, Band, aus der Konserve …

Planten un Blomen … Ein Blick hinüber zum Café Seeterrassen. Erleuchtet und für eine besondere Feier dekoriert …
Die Hitze des Tages ist angenehmen Abendtemperaturen gewichen. Kaum Wind, die Dunkelheit setzt jetzt rasch ein. Nehmen Sie Platz und genießen Sie die Vorstellung. Gerade eben wurden die erst kurz zuvor eingeschalteten Parklaternen wieder gelöscht.
Es geht los!

Planten und Blomen – Wasserlichtorgelkonzert „Karneval der Tiere“ – Mehr dazu (Artikel und Fotos) im Blog: Michèle. Gedanken(sprünge) – Juli 2012
Finale …
Vorbei. Schon … Eine halbe Stunde, die wie im Fluge verging.
Haben Sie gelegentlich die leichten Gischtspritzer gespürt? Empfanden Sie es nicht auch eher angenehm als störend an diesem warmen Tag?
Konnten Sie ein wenig erholen nach der brütenden Hitze des Tages oder sogar für einen Moment den Alltag vergessen und sich ein klein bisschen verzaubern lassen?
Falls es Ihnen gefiel – Sie dürfen selbstverständlich auch alleine wiederkommen! (Diese Wasserlichtorgel hat durchaus ein leichtes Suchtpotenzial …)
Bis zum Ende dieser Saison sieht das weitere Programm folgendermaßen aus:
01.-15. August Tango (Arr. Héctor Gonzáles-Pino)
16.-31. August (erneut) Karneval der Tiere (Arr. Birgit Winzler)
01.-15. September Filmmusik (Arr. Héctor Gonzáles-Pino)
16.-30. September Scheherezade (Arr. Tanja Naini)
Ich freue mich, dass Sie dabei waren und wünsche Ihnen noch weitere angenehme Sommertage! Vielleicht lesen wir uns demnächst wieder.
Anmerkung:
Ich hatte für Sie auch ein kleines Video vorbereitet, doch YouTube wies gleich nach Hochladen auf eventuelle urheberrechtliche Probleme hin (die Musik!).
Nun, reagieren wir mit einem gelassenen hanseatischen Pffft! sowie stoischem Blick darauf, greifen auf obige Fotos zurück und halten uns an unsere eh viel stärkere Kraft der Imagination.
©Juli 2012 by Michéle Legrand
Der Hamburger Michel: Wem die Glocke schlägt …
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Allgemein, Artikel, Auf Entdeckung - Unterwegs im In- und Ausland (s. dazu auch weitere Spezialkategorien), Foto, Hamburg, Hamburgs Michel (St. Michaeliskirche) am 13/07/2012
Als ich noch ein Kind war, wohnte in der Nachbarschaft ein Herr, der relativ häufig Gäste von außerhalb erwartete. Kehrte ich aus der Schule zurück, fragten mich oft bereits an der Einmündung in meine Straße Menschen nach dem Grundstück von Herrn (nennen wir ihn) Beckkamp.
Ich habe keine Ahnung, ob dieses Suchen der Leute ausschlaggebend für die Existenz eines Erkennungszeichens in seinem Vorgarten war. Er hatte dort einen überdimensional großen Gartenzwerg aufgestellt, der jeden Ankömmling unerhört fies angrinste.
Er erleichterte die Wegbeschreibung ganz enorm.
„Wo Herr Beckkamp wohnt? Gehen Sie etwa 150 m, dann sehen Sie auf der linken Seite einen hämischen Riesenzwerg mit Laterne …“
Schauten die Fragenden daraufhin komisch oder irritiert, fügte ich dann und wann hinzu, dass ich damit nicht Herrn Beckkamp selbst meinte, sondern seinen Vorgartenbewohner.
Offenbar fand man den guten Mann auf diese Art, denn ich wohnte ein Stück dahinter, und es gab keinen, der mir später dort – immer noch suchend – aufgefallen wäre.
Worauf ich hinaus will:
Es ist immer gut, ein Erkennungszeichen, ein Symbol, ein Emblem, ein Wappen, ein Wahrzeichen zu haben! Sie wissen viel schneller, leichter und sicherer, dass Sie am richtigen Ort sind.
Ein Fitzel der Freiheitsstatue reicht aus, um Ihnen zu sagen, dass Sie in New York sind.
Ein paar Metallstreben vom Eiffelturm – Paris!
Petersdom – Vatikanstadt.
Big Ben – London usw.
Das Wahrzeichen von Hamburg, oder zumindest eines von ihnen, ist die St. Michaeliskirche nahe des Hafens, deren hoher Westturm, der Michel, weithin gut sichtbar ist. Im Ursprung ist er eigentlich eine Landmarke, so lautet auch der englische Begriff für Wahrzeichen (landmark und in Städten: town’s landmark). Landmarke ist eine Bezeichnung, die aus der Luft- und Schifffahrt stammt. Es steht für ein Küstenseezeichen, das aufgestellt wird. Das kann ein Leuchtturm sein, auf jeden Fall jedoch ein auch auf große Entfernung hin sichtbares topographisches Objekt. So fungieren natürlich ebenfalls hohe Kirchtürme und Gebäude als Landmarken, sind mit der Zeit aber gleichzeitig Wahrzeichen geworden.
Sie kennen das Gegenteil von Wahrzeichen? Genau. Ein Falschmal. Wenn Ihnen beispielsweise jemand versucht zu erklären, dass die Akropolis bzw. der Parthenon ein Wahrzeichen von Stuttgart sei, dann ist beides zwar immer noch ein Wahrzeichen, doch sind es Falschmale von Stuttgart. Auch wenn etwas Potthässliches zum Wahrzeichen wird, spricht man gern von Falschmal (Sie glauben mir bitte nicht alles …)
Heute möchte ich Sie gern mit hinauf auf den besagten Michel nehmen. Wenn Sie sich hier schon des Öfteren im Blog einer Tour angeschlossen haben, ahnen Sie, dass Sie für weitere seitenlange Informationen bezüglich Geschichte, Entwicklung, Daten, Technik etc. dazu verdammt sind, selbst zu googeln. Ich sehe es nicht als meinen Job oder sinnvoll an, alles hier in meinen Blog zu kopieren, damit Sie die nächsten drei Stunden beschäftigt sind und graue Haare bekommen.
Hier gibt es davon Prisen. Gesundheitsverträglich. Und Sie stellen sich am besten auf Gedankensprünge ein. Sie wissen schon: Michel und Gartenzwerg, Falschmal etc.
Machen wir uns einfach auf den Weg. Wenn Sie Fragen haben, immer her damit. Ansonsten dränge ich Ihnen das auf, was ich interessant finde. Freiheit der Bloginhaberin… ;)
Wir nähern uns der imposanten Kirche von Norden. Wenn Sie – wie ich – von der Binnenalster kommen und ohne Straßenkarte marschieren, halten Sie einfach auf den Turm zu. Seine markante Spitze schaut immer wieder zwischen den Häusern der Innenstadt hervor. Immerhin ist der Michel mit 132 m Höhe auf Platz 12 der Liste der höchsten Kirchengebäude der Welt! In Hamburg ist nur St. Nikolai noch etwas höher (5. Platz).
Auf dem 1. Platz ist übrigens das Ulmer Münster (161,53 m). Noch vor der Basilika Notre-Dame de la Paix in Yamoussoukrou, (Elfenbeinküste), dem Kölner Dom und der Kathedrale von Rouen. Das nur nebenbei.
Hier auf dem Vorplatz sind spezielle Platten in den Boden eingelassen, und es kommen kontinuierlich welche hinzu. Wenn Sie glauben, das Pflaster sei irgendjemandem sonst zu eintönig geworden, dem ist nicht so. Es handelt sich um Spendertafeln. Seit 1983 wird die St. Michaelis-Kirche saniert und restauriert. Vor vielen Jahren schon wurden dafür dringend zusätzliche Mittel benötigt, und man suchte händeringend nach Geldgebern. Vor 18 Jahren startete die Aktion mit den Tafeln, in die die Namen von Spendern eingraviert werden, die mindestens 100 Euro gestiftet haben. Sobald 99 Namen zusammen sind, wird die nächste Platte auf dem Vorplatz des Michels verlegt. Manche Spender gedenken damit auch besonderer Ereignisse oder erinnern an Verstorbene.
Die Stellen, die hier vorbereitet sind, erhielten am 03. Juli insgesamt vier neue Tafeln eingesetzt.

An der St. Michaeliskirche – Neue Spendertafeln sind vorbereitet und wurden am 03. Juli 2012 eingesetzt.
Wir überqueren den Platz, passieren das Standbild von Luther und sind am Eingang, der sich in der Straße „Englische Planke“ befindet.

Martin Luther – Schräg gegenüber an der Straße „Englische Planke“ zu erkennen:das traditionsreiche Restaurant „Old Commercial Room“.

Michel – Durchgang vom Vorraum zum Kirchenschiff (Schriftzug über der Tür: Gott der Herr ist Sonne und Schild, Psalm 84-12
Sie merken, es ist ziemlich voll. Draußen treffen von Zeit zu Zeit – abgesehen von einzelnen Touristen – auch Reisebusse ein, aus denen stets große, michelhungrige Gruppen herausquellen. Auf sie stoßen wir hier gerade …
Sie haben die Wahl, ob Sie nur das Kirchenschiff mit Altarraum besichtigen, was offiziell nichts kostet. Allerdings werden Sie gleich beim Eintreten um eine Spende von 2 Euro gebeten.
Sie können weiterhin für 6 Euro die Krypta und den Turm besichtigen oder für 4 Euro nur den Turm.
Unter Krypta versteht man die Gruftgewölbe. Die Gruft des Michels zählt zu den größten in Europa und erstreckt sich unter dem gesamten Kirchenschiff!
Im letzten Krieg wurde diese Krypta als Luftschutzbunker genutzt. Damit die Menschen sie erreichen konnten, legte man einen Durchgang von der Straße zum Gruftgewölbe an. (Bis zu 2.000 Personen fanden dort Schutz)
Begraben wurden hier u. a. Carl Philipp Emanuel Bach, Johann Mattheson und auch der Erbauer der Kirche, Ernst Georg Sonnin.
Da es jedoch momentan so voll ist und wir dort nicht totgetrampelt und ebenfalls begraben werden wollen, nehmen wir uns stattdessen den Turm vor. Das Wetter ist gut – wir dürfen uns also auf den Ausblick oben freuen. Die Aussichtsplattform befindet sich in der luftigen Höhe von 106 m.
Was steht zwischen uns und diesem Top-Ausblick?
453 Stufen, die erklommen werden wollen!
Sie wollen doch, oder?
Es gibt selbstverständlich auch einen Lift, der ab dem 1. Stock eingesetzt wird. Das heißt, 52 Stufen bis dorthin müssen sie auf jeden Fall ersteigen. Doch wenn nicht gesundheitliche Gründe dagegen sprechen oder sie körperlich eingeschränkt sind, dann verzichten Sie auf den Fahrstuhl! Sie sehen und erleben sonst wirklich nur die Hälfte! (Ich erinnere Sie später an meine Worte)
So wuselig es eben noch im Vorraum war, kaum lassen wir eine schwere, hölzere Verbindungstür hinter uns, befinden wir uns unvermittelt im recht leeren Zugang zum Treppenhaus. Eine kleine Glasvitrine zur Rechten im Vorraum zeigt Ihnen, was der Michel für Sie als Souvenir parat hat.
Einige Stufen höher erreichen wir das Fahrstuhlgeschoss. Dort vor dem Lift hat sich eine Menschentraube gebildet, die wartet. Nicht so wir! Wir haben freie Bahn.

Hamburg – Michel – In Höhe des Fahrstuhlgeschosses – Raue Backsteinwände, Ausblick ja – aber noch ganz weit unten …
Sehen Sie, wer mit uns läuft? Eine etwa 60jährige Dame mit ihrer ca. neun Jahre alten Enkelin, ein Paar Mitte dreißig ist kurz vor uns, und wenn sie zurückschauen, entdecken Sie zwei Herren und eine Dame in den Zwanzigern, die offenbar zusammengehören.
Die Art der Treppe ändert sich ein wenig. Ab hier gibt es nur noch offene Stahlblechstufen.
Alle Turmbesteiger starten sehr euphorisch, drahtig und siegessicher. Bereits nach etwa 100 Stufen ist die Luft allerdings etwas heraus. Die Reihenfolge hat sich geändert. Sie und ich haben das Paar überholt, die Dame mit Enkelin macht jetzt Pause und sucht ihre Wasserflasche, die jüngeren Leute, die hinter uns waren, haben hingegen uns überholt, was aber offenbar unklug war. Ich befürchte, sie haben ihre Kräfte nicht gut eingeteilt. Einer schwitzt sichtbar, die Unterhaltung wurde schon eingestellt. Grund: Atemnot.
Wir passieren den dritten Boden, den Ort der Glockenwerkstatt. Ich dachte zuerst, hier werden Glocken gepflegt, gewartet und repariert, so weit sich das vor Ort machen lässt und war dementsprechend überrascht über einen Hinweiszettel, auf dem zur Ruhe ermahnt wird. Die Glocken machen Radau, die Menschen schweigen?
Erst später lernte ich, dass die Glockenwerkstatt eine Einrichtung für Schüler der 3. und 4. Klasse ist, die dort z. B. den Klang von 18 kleinen Glocken testen können. Projektarbeit wird durchgeführt. Wie entsteht ein Glockenton, wie werden Glocken gegossen? All das wird dort an sie herangetragen.
An diesem Tag verrät nichts den Sinn und Zweck. Es steht nichts Verräterisches herum.
Der Blick wandert nach oben. Es ist nicht zu erkennen, wo das Ende der Treppen ist. Es führt immer eine gerade Treppe hinauf, Sie betreten ein kleines Podest, drehen und die nächste Treppe gleicher Art führt in Gegenrichtung weiter nach oben. Gelegentlich wird der Aufstieg durch zur Unterteilung eingebaute Türen gebremst.
Umgeben von Backsteinmauern geht es weiter aufwärts. Das Tempo hat allgemein merklich nachgelassen. Ich höre, das der eine Herr etwas schnippisch seiner nach Luft schnappenden Gattin vorhält:
„Ich wollte ja den Aufzug nehmen …!“
Sie kontert:
„… hättest aber nachher keinen Kuchen bekommen!“
Nun, er schiebt ein veritables Kügelchen vor sich her …
Der Enthusiasmus ist unterschiedlich ausgeprägt und nach und nach geben alle vor, sich das Innere des Turms genauer angucken zu wollen. Stehenbleiben und Wände betrachten. Backsteine sind … faszinierend. Plötzlich.
Sie können noch, ja?
Die gute Hälfte ist geschafft. 70 m Höhe haben wir erreicht, und hier – Sie werden es anhand der Fotos erraten – ist der Glockenstuhl mit insgesamt sechs Glocken.
279 Stufen liegen hinter uns. Der siebte Boden des Turms taucht auf, der sogenannte Türmerboden. Hier trompetet der Michel-Türmer jeden Tag einen Choral. Er spielt jeweils eine Strophe aus einem geöffneten Fenster, beginnend bei dem Ostfenster und fährt im Uhrzeigersinn fort. („Zum Lobe Gottes, den Menschen zur Freude!“ – verrät eine Tafel am Turmaufgang).
Kommen Sie, wir haben schon so viel geschafft! Halten Sie noch ein bisschen durch!
420 Stufen. Die nächste Treppe. An ihrem oberen Ende quietscht eine Tür und ein zerzauster Kopf schaut um die Ecke.
Erwartungsfrohe Blicke werden hochgeschickt.
„Hallo, Sie sind gleich oben!“, spricht der Kopf und die Lippen verziehen sich zu einem freundlichen Grinsen. Es folgt die Versicherung, dass sich der Kraftakt gelohnt hat. Während wir die letzten Treppenstufen bewältigen, rüstet er sich seinerseits für den Abstieg.
Es hat sich gelohnt?
Wir werden sehen … Die Metalltür mit dem grobmaschigen Lochmuster (wie Drahtgitter) trennt uns noch von der Aussichtsplattform, wird unter Quietschen weiter aufgedrückt und dann …
Wahnsinn!
Sie haben zwar für einen winzigen Moment die Befürchtung, im Käfig zu sein, denn zum Schutz der Besucher sind rundherum senkrechte Gitterstäbe, doch sobald sie näher herantreten und direkt vor den Zwischenräumen der Stäbe stehen, ist dieses Gefühl vergessen. Dann ist da etwas anderes.
Weite. In jede Richtung.
Eine riesige Stadt. Die Elbe. Der Hafen. Grün.
Ein endloses Häusermeer. Kirchtürme, der Fernsehturm.
Stadien, Flüsse, die Binnen- und die Außenalster …
Wollen Sie auch mal schauen?

Belohnung fürs Treppensteigen: grandiose Aussicht! Landungsbrücken mit dem Alten Elbtunnel, gegenüber Blohm+Voss (Werft)

Blick auf die Innenstadt. Links die Außenalster mit Segelbooten, rechts mit grünem Dach das Rathaus, rechts daneben erst Petrikirche, dann St. Jakobi

Blick vom Michel Richtung Norden. Links vom Fernsehturm (Heinrich-Hertz-Turm) mit den Messehallen ist der alte Flak-Bunker am Heiligengeistfeld (DOM) zu erkennen.

Michel – … den Blick von dort aus weiter nach links gerichtet, zeigt den Bunker etwas genauer und daneben das Millerntor-Stadion, in dem der FC St. Pauli spielt.
Sie können noch ein paar Stufen höher geklettern– hier hinauf:
Kommen Sie, hier haben Sie völlig freie Sicht!

Es geht noch höher. Die Stufen von der Aussichtsplattform führen zu den beiden Turmuhr-Schlagglocken (siehe auch Text)
Die beiden Glocken gehören zur Turmuhr, der größten in Deutschland mit acht Metern Durchmesser. Und die Zeigerlängen! Schon für den kleinen Zeiger müssten zwei Leute aufeinanderstehen (3,60 m). Der große Zeiger ist sogar 5 m lang, Gewicht 130 kg!
Dies hier oben sind Schlagglocken.
Sie kennen den Unterschied zwischen dem Schlagen und dem Läuten bei Glocken?
Beim Schlagen bleibt die Glocke ruhig, und von außen fällt ein Hammer auf sie, der den Ton erzeugt. (Sie kennen Ausdrücke wie z. B. Deine letzte Stunde hat geschlagen oder auch Wissen, was die Stunde geschlagen hat – im Sinne von: die Lage einschätzen können)
Beim Läuten hingegen wird die Glocke in Schwingung versetzt. Der in ihr eingehängte Klöppel erzeugt die Töne.
Wie sieht es aus?
Wenn Sie auch das Gefühl haben, Sie hatten genügend Zeit, den Ausblick zu genießen, machen wir uns nun an den Abstieg. Das sollte weniger anstrengend werden.
Psst!
Moment …
Hören Sie das auch?
HÖREN SIE DAS? (Entschuldigung, ich muss lauter reden!)
Die Glocken läuten!
Nein! Nicht die kleinen der Turmuhr! Die großen im Glockenstuhl!
SIE LÄUTEN!
Kommen Sie! Das müssen wir nicht nur hören, das müssen wir auch sehen!
Es kommt heute nur noch relativ selten vor, dass Menschen (Glöckner) an Seilen zerren, dabei auf und ab springen, zeitweilig in der Luft hängen, um auf diese sportliche Art und Weise die Glocken zum Schwingen zu bringen. Es wird fast keine Handarbeit mehr geleistet. Das Läuten ist elektronisch gesteuert, doch wir kommen direkt, hautnah an den Glocken vorbei!
Bis ganz unten sind es insgesamt neun Stockwerke, doch bei unserem Tempo, sind wir gleich wieder in einer Höhe mit dem Glockenstuhl (ca. 70 m), und der Lärm nimmt mit jeder Stufe, die hinter uns liegt, zu. Eine letzte Verbindungstür versperrt noch die Sicht.
Öffnen.
Hindurch.
JETZT!
Ein unvorstellbares Dröhnen! Fast fühlbare Schallwellen. Ineinander übergehende Glockentöne. Nachhall. Ein nicht enden wollendes Geläut.
Der Boden unter den Füßen vibriert leicht, die metallenen Treppenstufen zittern. Es überträgt sich auf den Körper, steigt in ihm hoch – von den Füßen bis zu den Haarspitzen.
Die Knochen brummen.
Die Herzfrequenz ist erhöht.
Und Sie schauen hin. Sie schauen gebannt auf dieses Schwingen!
Ihre Augen wandern mit, wie sie auch dem Ball bei einem Tennismatch folgen.
Hin und zurück.
Hin und zurück.
Sie haben das seltsame Gefühl, als würde auch der Turm beginnen, leicht zu schwingen.
Hin und zurück.
Die Glocken haben etwas Magisches.
Wie Pendel.
Es wirkt so leicht, so easy. Als koste es nicht mehr Anstrengung als jene, die ein Barkeeper beim Schütteln des Cocktailbechers aufwenden muss. Kaum vorstellbar, dass die Gewichte der insgesamt sechs Glocken des Michels sich im Bereich von gut einer bis zu etwas über neun Tonnen (die Jahrtausendglocke) bewegen.
Die gerade schwingende Schifffahrtsglocke wiegt immerhin 2.850 kg, die Bürgerglocke sogar 4.900 kg. Das heißt, die 23 Menschen, die gerade insgesamt auf der Aussichtsplattform waren, wiegen bei einem angenommenen Körpergewicht von 70 kg pro Person, alle zusammen trotzdem nur ein Drittel des Gewichts der Bürgerglocke!
Kleiner und leichter sind die Gemeindeältesten- , Kirchenvorsteher – und Pastorenglocke (zwischen ein und zwei Tonnen).
Sie können jetzt sowieso nicht hören, wenn ich weitererzähle, deshalb schauen Sie doch einmal in die Runde.
Die ältere Dame mit der Enkelin ist auch hier. Die Kleine versucht, sie mit sich wegzuziehen. Ihr ist es zu laut. Sie fühlt sich unwohl.
Andere auf- und wieder absteigende Michelgäste sind in ihrer Reaktion so vielfältig, wie es Menschen insgesamt sind. Still und fasziniert, scheinbar völlig unbeeindruckt, genervt, mit glänzenden Augen dem Spektakel folgend, irritiert, fotografierend, filmend, brüllend, damit der Nachbar etwas versteht – es ist alles dabei.
Die Treppenstufen sind blockiert, denn das Stoppen, das wie angewurzelte Stehenbleiben, kam fast bei allen ganz abrupt. Kaum einer ist sofort weiter bis zum nächsten Podest gegangen.
Hat es schlichtweg vergessen.
Hypnotisch, diese Glocken …
Langsam verklingen sie. Noch ein letztes lautes „Bing-Bembel-Klong“, das nachhallt. Die letzten Vibrationen. Und dann ist sie da.
Ganz plötzlich.
Eine beinahe unheimliche Stille …
Noch ist keiner weitergegangen. Die, die vorhin brüllten, sagen jetzt, wo sie normal reden könnten, keinen einzigen Ton.
Zeit vergeht. Ein erstes Räuspern.
„Tja …“
„Wollen wir …?“
So beginnen vorsichtige Konversationsversuche. Der Bann ist gebrochen. Normalität kehrt wieder ein. Schon eine halbe Treppe weiter tut jeder so, als sei überhaupt nichts gewesen …
Und Sie?
Ist Ihr Gehör noch intakt? Ist das Bild der schwingenden Glocken verschwunden oder weiterhin präsent? Hat sich Ihr Herzschlag normalisiert? Gehorchen die Beine wieder?
Dann lassen Sie uns den Rest der Treppen bewältigen …
Vielleicht entsinnen Sie sich, dass ich Sie vorhin „später“ an etwas erinnern wollte. Es ging um die Entscheidung zwischen Lift nehmen und Treppen steigen, um den Michel kennenzulernen. Ich sagte Ihnen, Sie würden im Aufzug die Hälfte verpassen.
Stimmen Sie mir – eventuell – zu?
Wir sind wieder sicher unten angekommen. Nun schauen Sie sich das an! Es ist immer noch ein ebenso großer Andrang wie vorhin! Wir können auch lediglich einen kurzen Blick in den Kirchenraum werfen, denn offensichtlich findet hier gleich eine Trauung statt. Es gibt Absperrungen, der Hauptpastor des Michels wartet bereits auf das Brautpaar, Fotos sind während der Zeremonie nicht gestattet.

Hamburg – Michel – Innenraum mit Blick auf Altar (eine Hochzeit stand bevor, daher Absperrung und keine weiteren Fotos möglich)
Wissen Sie was? Die fünf Orgeln, die Krypta etc. können wir ein anderes Mal besuchen.
Wir sollten dem Michel jetzt Lebewohl sagen.

Michel – … der Weg hinaus. Das halbrunde Bleiglasfenster ist von August Vogel (1911). Es besteht aus insgesamt 36 Teilen. Der Titel lautet: „Der Heilige Geist gießt seinen Segen über Hamburg aus.“
Vielleicht treffen wir uns wieder. Und falls Sie erneut einmal Lust verspüren , den Turm zu erklimmen, lassen Sie es uns doch beim nächsten Mal in der Dunkelheit machen!
Wie schön muss es sein, auf die erleuchtete und doch halb schlafende Stadt hinabzublicken …
©Michèle Legrand – Juli 2012