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Hamburg: Leichter Eisgang auf der Elbe / Frostige Zeiten im Museumshafen Oevelgönne und am Anleger Neumühlen
Veröffentlicht von ladyfromhamburg in Artikel, Foto, Hamburg, Hamburgs Elbe (Entlang des Flusses/Hafenbereich) am 18/03/2018
Heute geht es an die Elbe. Bei frostigen Temperaturen. Ein bisschen schauen, ein bisschen entdecken. Und den Winterspaziergang schnell beenden, sobald das Bibbern ein erträgliches Maß übersteigt.
Zuckerbrot und Peitsche. Draußen. Haben Sie es gemerkt? An dieses Prinzip scheint sich sogar das Wetter zu halten. Schickt erst ein schmeichelnd-laues Frühlingslüftchen, nur um kurz danach – zwusssch! (das war der Peitschenknall) – mit neuem Frost aufzuwarten.
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Ganz so unpassend ist diese Winterrückkehr gar nicht für das, was ich Ihnen heute gerne noch mit etwas Verzögerung zeigen würde. Am Monatsbeginn, als ein Hochdruckgebiet aus dem Osten eisige Kälte mit starkem Nachtfrost und sogar Tagesminusgraden bescherte, hatte sich auf der Elbe Eis gebildet. Eine moderate Schicht.
Das waren noch keine Schollen, wie wir sie vom Februar 2012 kennen, als der Fluss von Sachsen bis Hamburg für den Schiffsverkehr gesperrt werden musste und von Hamburg bis zur Mündung in die Nordsee bei Cuxhaven erhebliche Behinderungen für ein- und auslaufende Schiffe entstanden. Eisbrecher kamen damals zum Einsatz, damit Schifffahrt und Hafenbetrieb überhaupt weiterlaufen konnten.
Auf der Außenalster hingegen, dem großen See, verabschieden sich die Alsterschiffe regelmäßig in die Winterpause. So lässt man das Eis ungestört „wachsen“, bis seine Stärke irgendwann als so sicher gilt, dass
die Behörden den Hamburgern das Betreten der Eisfläche offiziell freigeben. Es geschieht nicht sehr häufig.
Diesmal setzte zu schnell Tauwetter ein. Nichts mit großem Volksfest auf dem Eis …
Eis auf der Elbe
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Vor gut zwei Wochen bildete sich auf der Elbe bei klirrender Kälte ruckzuck Eis. Obenauf. Dünn. Wir sind hier ja nicht am Nordpol.
Das Weiß verändert etwas für das menschliche Auge. Die helle Lage Eis verbindet auf den ersten Blick alles zu einer einzigen großen Fläche, geht zum Teil sogar nahtlos in die Uferlandschaft über. Entfernungen scheinen zu wachsen, der Fluss wirkt breiter, gleichzeitig ruhiger.
Beim Näherkommen zeigte sich, dass die Oberfläche überhaupt nicht komplett verschlossen war. Ein Meer aus unzähligen Eisstücken – dicht an dicht – dümpelte vor sich hin, denn all die großen Frachter, Container- und Kreuzfahrtschiffe, die Hamburg anlaufen, brechen dünnere Eislagen mit links auf. Sie gleiten einfach hindurch. Was zurückbleibt, sieht aus wie ein riesiger Scherbenteppich, der nur hin und wieder ein paar Lücken aufweist. Dort, wo robuste Schiffsrümpfe die Eisschicht in recht kurzen Abständen durchpflügen, wird aus einst groß-
formatigen Eisplatten im Nu Scherbengebrösel.
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Die Einwirkung der Gezeiten ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Das Wasser der Elbe ist durch den ständigen Wechsel von Ebbe und Flut laufend in Bewegung. Ehe hier alles ins Stocken gerät und sich – u. a. nach dem Einsatz von Eisbrechern – Eisschollen lokal zu richtigen Wällen aufschichten, das dauert.
Andererseits, durchgängige, ebene Eisflächen – glatt und unschuldig, zum Schlittschuhlaufen geeignet – werden Sie genauso wenig antreffen. Was nicht weiter tragisch ist, denn die Elbe hier ist sozusagen ver-
gleichbar mit einer vielbefahrenen Verkehrsstraße. Sie dürften im Hafen zwischen einem Kreuzfahrer wie der „Queen Mary 2“, einem 400 m langen Riesencontainerschiff wie der in dieser Woche eingelaufenen „CMA CGM Antoine de Saint Exupéry“ und mittenmang all der Hafenfähren und -barkassen sowieso nicht auf Schlittschuhkufen ihre Bahnen ziehen.
Da kürzlich kein moderner Eisbrecher in Sicht war … Möchten Sie stattdessen einen Eisbrecher der alten Zunft sehen?
Dampfeisbrecher „Stettin“
Das hier ist die „Stettin“ ein fahrbereiter, see- und funktionstüchtiger Dampfeisbrecher, der seinen Liegeplatz an der Elbe beim Kühlhaus am Anleger Neumühlen hat.
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Der Eisbrecher wurde 1933 als bis dahin größter seiner Art in Dienst gestellt. Kohlebefeuert! Da wurde einiges verheizt! Der Dampf für die große Dampfmaschine wurde in zwei überdimensionalen Kesseln erzeugt, was wiederum das Verfeuern von 1,5 Tonnen Kohle nötig machte. Stündlich! (Kaum vorstellbar.)
Nun werden Sie sich vielleicht fragen, warum nahmen die denn nicht gleich einen weniger arbeitsintensiv einsetzbaren Dieselmotor, der damals auch schon bekannt war? Ganz einfach: Die Umsteuerung der Maschine von Vorwärts- auf Rückwärtsfahrt ging mit Dampfantrieb sagenhaft schnell! Innerhalb von drei Sekunden war die Aktion erledigt. Im Einsatz im Eis ein Riesenvorteil!
Fast 50 Jahre tat die „Stettin“ ihren Dienst. Aus ihrer ursprünglichen Heimat (Stettin) ging es später zu Einsätzen auf die Unterelbe, den Nord-Ostsee-Kanal oder auch zur Kieler Förde. 1981 drohte ihr die Verschrottung, doch ein Förderverein mit ehrenamtlichen Unterstützern gründete sich und verhinderte das scheinbar Unvermeidliche. 1982 wurde der Eisbrecher technisches Kulturdenkmal. Enorm viel Arbeit (und auch Geld) steckt in dem alten Schiff. Heute unternimmt man mit der „Stettin“ in den Sommermonaten Gästefahrten, die die Kasse etwas auffüllen.
Leider ereignete sich im letzten August während der Hanse Sail 2017 in Rostock eine Kollision zwischen der finnischen Frachtfähre „Finnsky“ und der „Stettin“, die für die „Stettin“ einen ca. zwei Meter langer Riss am Rumpf zur Folge hatte. Zum Glück ließ sich die Situation in Rostock durch Verschweißen einer Stahlplatte so weit retten, dass der Eisbrecher es aus eigener Kraft heim nach Hamburg schaffte und hier endgültig repariert werden konnte. Aufatmen für den Verein, denn zum einen hatte man schließlich auch in Rostock zahlende Gäste an Bord, die zurückgebracht werden wollten, zum anderen sind generell nicht derart große finanzielle Reserven verfügbar, um mal eben einen außerplanmäßigen Werftaufenthalt zu bezahlen …
Wenn Sie den Eisbrecher unter Dampf erleben wollen, dann kommen Sie doch während des Hafengeburtstags Anfang Mai nach Hamburg; er nimmt regelmäßig an den Ein- und Auslaufparaden teil, und oft sind Gäste mit auf Fahrt. (Bei Interesse immer frühzeitig Kontakt aufnehmen!)
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Eh. Union-Kühlhaus / Seniorenresidenz Augustinum
Wir befinden uns heute etwas westlich (elbabwärts) von Altona am Anleger Neumühlen, eine Bezeichnung, die – streng genommen – falsch ist. Neumühlen gehört nämlich zum Stadtteil Ottensen. Der Anleger Neumühlen liegt aber bereits auf dem zu Othmarschen gehörenden Gebiet „Oevelgönne“. Wir werden uns durch diese kleine Ungereimtheit jedoch nicht irritieren lassen.
Auf dem Bild oben können Sie im Hintergrund ein großes, rötliches Gebäude erkennen. Kastenförmig. Gar
nicht zu übersehen. Es ist das frühere Union-Kühlhaus, in dem sich seit 1993 eine Seniorenresidenz, das Augustinum, befindet.
Das Kühlhaus war ein eigenartiges, ein spezielles Gebäude. Hatte ganz unterschiedliche Etagenhöhen, spezielle Fensterfronten, waagerecht umlaufende Betonbänder an den Außenwänden. Eine etwas bunker-
ähnliche Erscheinung. Die Gesamthöhe kam mit dem krummen Maß von 38,36 m daher. Ganz oben befand sich eine expressionistisch anmutende Krone.
Mitte der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts errichtet, war es dafür vorgesehen, Fische kühl zu halten. Als man in den Siebzigern immer mehr dazu überging, die Fische gleich an Bord der Schiffe einzufrieren, wurde es überflüssig. Der Umstand, dass es da bereits als Industriedenkmal galt, legte seine bauliche Erhaltung fest. Aber wie weiter nutzen? Umnutzungspläne wurden geprüft, die Augustinum-Gruppe erhielt schließlich den Zuschlag. Nur mit dem Umbau lief es absolut nicht wie gedacht, da das Baugutachten desaströs ausfiel. Substanzielle Schäden. Keine Tragfähigkeit etc. Ein neuer Beschluss fiel, den Abriss und Neuaufbau unter Auflagen zu gestatten. Schwupps, gesellte sich in dieser Zeit ein schwerer Brand mit üblen Schäden hinzu. Die Konsequenz daraus: Alles wurde neu errichtet – musste aber so aussehen wie vorher.
Falls Sie sich also wundern, dass die nicht ganz billige Senioren-Residenz in 1a-Lage an der Elbe so gar keine Balkone oder Loggien hat – es war nicht erlaubt. Das Kühlhaus hatte schließlich auch keine.
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Als das Augustinum seine Residenz eröffnete und sich – um es mal so auszudrücken – eher wohlhabende Menschen dort ein Apartment leisten konnten, kursierte einige Zeit ein spezieller Begriff für das ehemalige Kühlhaus: Klunkerbunker.
Sie können sich bezüglich erforderlicher Solvenz vielleicht selbst ein Urteil bilden. Ich habe nachgelesen, in welchem Rahmen sich die Preise bewegen. Es heißt, für rund 2.200,– Euro ist das kleinste 1-Zi.-Apartment beziehbar. Die größeren 2- und 3-Zimmer-Wohnungen kosten dann schnell zwischen 3.500,– und knapp 5.000,– Euro.
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Sie haben zugegebenermaßen einen wunderbaren Ausblick auf die Elbe und sind direkt am Museumshafen Oevelgönne, am Elbstrand, am Spazierweg und am Anleger! Sie könnten spontan eine Spritztour auf der Elbe unternehmen!
Anleger Neumühlen
Hier halten die HADAG-Fähren der Linie 62. Die Boote bringen Sie entweder flussabwärts hinüber auf die andere Elbseite nach Finkenwerder, oder aber zurück Richtung Stadt. In dem Fall geht es ab Neumühlen flussaufwärts über das Dockland und den Altonaer Fischmarkt direkt bis an die Landungsbrücken.
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Die Pendler aus der Stadt, die drüben bei Airbus auf Finkenwerder arbeiten, nutzen für die Elbquerung gern diese Fähre. Anwohner natürlich auch. Überhaupt Bewohner auf Niedersachsenseite, die ohne Stau im Elbtunnel oder auf den Elbbrücken schnell über den Fluss kommen wollen und auf ihr Auto in Hamburg verzichten können.
Und die Touristen! Die mögen die Fähre, weil der Fahrpreis bereits im HVV-Ticket mit enthalten ist. Die Fahrt
mit der Linie 62 stellt sozusagen die Alternative zur extra kostenden Hafenrundfahrt mit der Barkasse dar. Gelegentlich herrscht ordentlich Andrang an Bord. So sehr, dass die Pendler in der Vergangenheit Probleme bekamen, einen Platz zu finden und allmählich zu murren begannen …
Schauen Sie, die Eisentwicklung auf der Elbe stellt noch kein Hindernis für den Fährbetrieb dar. Die Boote fahren regelmäßig und ohne Schwierigkeiten.
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Ein schöner Gedanke, hier im Frühling am Anleger auf der Bank zu sitzen und aufs Wasser zu schauen. Oder mit einer Decke am Strand zu liegen und die Schiffe vorbeiziehen zu lassen … Gut, ja, im Moment ist es noch ein wenig zu kalt ….
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Winter in Hamburg – Oevelgönne/Elbe – Auflaufendes Wasser lässt bald alle Schollen wieder schwimmen …
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Man könnte jedoch schon einen Kaffee in einem der Oevelgönner Lokale trinken. Drinnen im Warmen. Draußen wird noch nichts serviert …
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Andererseits gibt es durchaus abgehärtete Spaziergänger, die trotz Frost auf einer Bank ausharren …
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Man würde es an milderen Tagen noch ein wenig länger im Museumshafen Oevelgönne aushalten. Sommers wie winters liegen viele der alten Boote hier. Auf den Namen Museumshafen einigte man sich aufgrund der Zusammenarbeit des Vereins mit den hamburgischen Museen. Es hätte sonst auch ein Oldtimerhafen oder einfach der Oevelgönner Hafen werden können. Er ist heute in privater Trägerschaft, sämtliche Schiffe gehören dem Verein.
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Was findet sich denn nun dort?
Man sammelt verschiedenartige Fahrzeugtypen. Fischer- und Frachtboote (Kutter, Ewer, Tjalken) mit Segeln, die auf der Niederelbe sowie der Nord- und Ostsee unterwegs waren, die dampfbetriebenen Schlepper des Hafens, aber auch Motorfahrzeuge, die für Polizei und Zoll fuhren. Sogar ein Feuerschiff gehört dazu. Und z. B. Kräne, wie sie beim Umschlag im Hafen genutzt wurden.
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Die Oldtimer aus dem Oevelgönner Museumshafen sind übrigens wie die „Stettin“ jedes Jahr beim Hafengeburtstag mit von der Partie.
Es gibt zwar keine geschlossene Eisdecke hier im Hafenbecken, doch man sieht an den vereisten Trossen,
dass anständig Frost herrscht …
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Wenn Sie direkt entlang des Wassers laufen, haben Sie zwar die beste Aussicht und Srandfeeling, doch der kalte Ostwind pfeift auf Dauer recht ungemütlich. Die Minusgrade sind auch ohne ihn schon ausreichend zu spüren. Gehen Sie besser nur in der Richtung am Strand, in der der Wind von hinten kommt. Für den restli-
chen Weg erklimmen Sie über eine der Treppen am Strand den höhergelegenen Spazierweg, der entlang der Häuser verläuft. Dort ist es geschützter und sehr viel erträglicher bei Frost.
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Farbenfrohe Häuser, nette Vorgärten und ein weiteres Gartenstück jenseits des Weges mit Blick auf den Fluss. Wie Sie sehen, wird immer fleißig ein Rückschnitt der Bäume vorgenommen. Schließlich möchte man sich als Anwohner seinen Elbblick erhalten …
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Ich muss gestehen, mir frieren trotz allem so langsam die Hände ab. Der oben erwähnte Abbruchpunkt im Bibberfall ist erreicht. Lassen Sie uns ein anderes Mal wieder zusammenkommen und bei sicherlich bis dahin frühlingshaftem Wetter den Strand unsicher machen – oder neue Ecken entdecken!
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende! Bis zum nächsten Mal!
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Neumühlen/Oevelgönne erreichen
Falls Sie Neumühlen ansteuern wollen:
Ab Bahnhof Altona (oder auch von der S-Bahn-Station Landungsbrücken) fährt der Bus 112 Neumühlen direkt an.
Die Buslinie 111 wäre die Alternative, sie fährt ab Neumühlen weiter entlang der Elbe Richtung HafenCity. Eine kleine Stadtrundfahrt quasi mit dem Linienbus. Sie können jedoch auch an der Reeperbahn aussteigen und dort wieder in die S-Bahn wechseln.
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Quellen:
Einige die „Stettin“ sowie den Museumshafen Oevelgönne betreffende Details wurden den jeweiligen Vereinsseiten entnommen.
Wikipedia lieferte die Jahreszahlen und weitere Eckdaten zur Geschichte des ehemaligen Kühlhauses.
Sämtliche Fotos © Michèle Legrand
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©by Michèle Legrand, März 2018