Beiträge getaggt mit Adlerfelsen

Neue Blogserie: Bom dia, MADEIRA! – Part 1: Atlantikinsel voraus …

Seit einigen Tagen bin ich zurück von Madeira. Verblüffend vielfältig! Das fällt mir spontan ein, wenn ich an die Insel zurückdenke. Waren Sie schon dort? Falls nicht, können Sie Madeira im Laufe der nächsten Zeit via Blog näher kennenlernen.
Heute startet eine kleine Serie, in der es um die Atlantikinsel gehen wird. Wenn Sie hier bei mir bereits ein wenig länger mitlesen, dann ahnen Sie, dass es auch diesmal nicht auf ein bloßes Ansteuern der typischen Touristen-
ziele hinausläuft, sondern dass ebenso Dinge einen Platz finden werden, über die man im Vorbeigehen stolpert. Oder die aus einem unerfindlichen Grund beeindrucken. Dazu gesellen sich Unterschiede oder aber Gemein-
samkeiten, die auffallen. Wenn es passt, werde ich Zusammenhänge erwähnen. Die Erzählungen der Ein-
heimischen bringen doch manches Mal Licht in eine Sache oder etwas lässt sich plötzlich von mehreren Seiten betrachten.

Schließen Sie sich gern an, wenn es ums Fühler ausstrecken, um eine erste Erkundung der Insel geht, wenn Funchal, die Inselhauptstadt sich präsentiert, wenn Gärten, Gebirgslandschaften, die Steilküste, Lavabecken, Lorbeerwälder u. v. m. einladen oder es sich zwischendurch um das Leben, den Alltag und das Auskommen der Madereinser (auch: Madeirer) dreht.

Weil Madeira so vielseitig ist, bietet sich ein Blogmehrteiler an, der wie immer meine persönlichen Eindrücke und Gedanken(sprünge) wiedergibt und somit weder ein reiner Bericht noch ein weiterer Reiseführer und keines-
wegs objektiv ist. Sie wissen also, worauf Sie sich einlassen.

Heute findet die erste Annäherung an die Insel statt. Mir ist immer danach, für neues Terrain zunächst ein Ge-
fühl zu entwickeln. Für seine Entfernung, seine Lage, die groben Umstände. Sie reisen also mit mir an. Und den Auftakt vor Ort macht der Flughafen, der für mich wirklich ein Thema für sich ist …

Lassen Sie uns beginnen!
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Madeira - Ostküste mit Adlerfelsen

Madeira – Ostküste mit Adlerfelsen

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Bom dia, MADEIRA! – Part 1: Atlantikinsel voraus …

Irgendwann im Januar haben der Gemahl und ich beschlossen, so geht das nicht weiter, wir nehmen Reißaus. Wochenlanges Grau im Norden, Kälte, nur Erkältungskranke um einen herum, keine Besserung in Sicht. Auf der Suche nach milderen Temperaturen und ein bisschen Blau am Himmel fiel die Wahl des Reiseziels auf Madeira.
Im Laufe der Jahre war der Name der Insel bei der Urlaubsplanung bereits hin und wieder gefallen. Immer wenn wir es gegenüber anderen, Menschen, die schon dort gewesen waren, erwähnten, fiel die Reaktion bzw. Beurteilung der Insel überraschend unterschiedlich aus.
Es gab die enttäuschten Einmalurlauber genauso wie die notorischen, weil schwer begeisterten, Wiederho-
lungstäter. Madeira for ever! Ich selbst habe vor Ankunft bewusst keine präzise Vorstellung, geschweige denn eine feste Erwartung, doch was mir nach Gesprächen über die Insel hängenblieb, sind einerseits die Begriffe mild, viele Blumen, schön grün, andererseits solche Aussagen wie: „Da werden jeden Tag Unmengen von Rentnern von den endlos eintreffenden Kreuzfahrtschiffen ausgespuckt und fallen dann heuschreckenartig in Funchal ein.“ Überhaupt soll das ältere Publikum bei den Touristen in der Mehrzahl sein.
Meine verstorbene Schwiegermama fand es vor Jahrzehnten etwas enttäuschend, weil „die Wege so steil waren“ und „gar nicht so viel blühte, wie sie gesagt haben“. Gelegentlich wird bemängelt, dass „überhaupt kein netter Sandstrand“ existiert. Mein ehemaliger Chef, der Anfang der Achtzigerjahre im (deutschen) Winter dort seinen Urlaub verbrachte, kam wiederum aus dem Schwärmen nicht heraus. „Es gibt so viel zu entdecken! Angenehmes Klima, tolle Natur – man kann herrlich laufen!“
Die Ausgangslage ist spannend. Wir werden im Laufe der Serie sehen, was zutrifft und was eher nicht.

Wo liegt eigentlich dieses manchmal als Blumeninsel, als Perle im Atlantik, Paradiesinsel oder gelegentlich als Insel des ewigen Frühlings beschriebene Madeira?

Denken Sie sich nach Nordafrika, an die marokkanische Atlantikküste. Etwa auf halber Strecke zwischen Casablanca und Marrakesch befindet sich die Stadt Safi. Wenn Sie am Strand von Safi auf den Atlantik hinaussehen, liegt Madeira ziemlich genau gegenüber. Allerdings 727 km entfernt. Luftlinie. Selbst mit Adleraugen haben Sie keine Chance, Land in der Ferne zu erblicken. Es wäre so, als würden Sie versuchen, von Flensburg an der dänischen Grenze durch ganz Deutschland südwärts bis fast nach Basel (CH) zu schauen.
Von den Kanarischen Inseln wiederum Richtung Norden geblickt, sind es je nach Insel lediglich etwa 450 km. Nahezu ein Klacks, jedenfalls gegenüber der mehr als doppelten Distanz (974 km Luftlinie), die die zu Portugal zählende Insel vom heimatlichen Festland und der Hauptstadt Lissabon entfernt liegt. Bei dem großen Abstand ist es absolut berechtigt und mit Sicherheit hilfreich, zumindest den Status einer autonomen Region zu haben.
Hamburg hat übrigens auch ein Eiland im Meer! Die Insel Neuwerk draußen westlich von Cuxhaven in der Nordsee. Allein. Völlig für sich. Rund 100 km von der Hansestadt entfernt gelegen, gehört sie dennoch zum Bezirk Hamburg-Mitte. Unser Madeira. Mit Watt. Doch das nur nebenbei. …

Madeira also ein autonomes Gebiet mitten im Atlantik und besonders im Osten der Insel unter dem Einfluss des Golfstroms. Die Insel ist vulkanischen Ursprungs und Teil eines Archipels, zu dem noch einzelne kleinere Nebeninseln gehören. Die letzten vulkanischen Aktivitäten sind Urzeiten (über 6400 Jahre) her, da ist nichts mehr zu erwarten, doch die Ausbrüche haben gewaltige Spuren hinterlassen. Spuren in Form von schroffen Bergmassiven, die im Osten und Westen jeweils im Inselinneren ihre höchsten Punkte haben. Dort hat die Landschaft den Charakter eines Mittel- und Hochgebirges (inklusive eines Hochplateaus im Westteil), während es speziell zur Ost- und Südostküste hin etwas großzügiger, offener erscheint, jedoch immer noch in veritablen Hängen ausläuft und Klippen am Wasser das Bild bestimmen. Sie werden davon später mehr sehen.
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Madeira - Westteil der Insel (Landesinnere, Bergmassiv nahe Paúl da Serra)

Madeira – Westteil der Insel (Landesinnere)

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Nach unten, also ins Meer hineingeblickt, ist noch lange nicht Schluss! Die sichtbare Insel ist ja nur der oberste Teil des Vulkansystems. Dreiviertel befindet sich aber unter Wasser! Sie können wegen der in der Tiefe zunehmenden Dunkelheit nur gar nicht sehen, wo eigentlich Ende ist.
Manche fragen sich, ob so große Schiffe wie zum Beispiel die QUEEN MARY 2, die nicht gerade wenig Tiefgang hat, eine derart kleine Insel wie Madeira anlaufen kann. Klar, kann sie das! Kein Problem beim Anlegen an der langen Hafenmole. Die Meerestiefe rund um Madeira beträgt 4 000 bis 5 000 m!
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Madeira - Hafeneinfahrt Funchal (mit Mole rechts)

Madeira – Hafeneinfahrt Funchal (mit Mole rechts)

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Als Hauptinsel für sich gesehen, misst Madeira 741 km². Ohne Vergleich kann man sich das nie so recht vorstellen. Haben Sie Rügen vor Augen? Madeira ist von der Fläche her ein wenig kleiner als die Ostseeinsel (926 km²). Wenn Sie eher von der Größe Sylts eine Vorstellung  haben, dann binden sie Sylt (mit knapp 100 km² Fläche) gedanklich einfach sieben bis acht Mal aneinander oder – um noch einmal zur Insel vor Cuxhaven zurückzukommen – Sie könnten genauso gut 247 kleine Neuwerks (à 3 km²) auf Madeira unterbringen.

Jetzt stellen Sie sich noch vor, dass die Insel von links nach rechts 57 km breit ist und von oben nach unten 22 km. An der Südküste liegt die Inselhauptstadt Funchal und 15 min. mit dem Auto entfernt östlich davon befindet sich bei Santa Cruz der Flughafen.

Apropos Fliegen. Einer meiner Reisesitznachbarn sprach mich beim Einsteigen in Hamburg an.
„Sitzen Sie am Fenster oder im Flur?“
Das gab mir trotz der bevorstehenden Flugstrecke von 3 145 km ein irgendwie heimeliges, behagliches Gefühl. Gedanklich war es jetzt nicht mehr weit zum Wohnzimmer. Was doch die Wortwahl ausmacht … Der Nachbar fiel nachträglich selbst über seinen Ausdruck.
Zwei Stunden später, die Monitore waren über den Sitzen an der Decke ausgeklappt, raunte ich mich ihm zu: „Darf ich Sie kurz stören und aus Ihrem Fernsehsessel bitten? Ich würde gern ins Bad … “  Ich erntete nach dem ersten Erstaunen ein Grinsen.

Zurück zur Insel, der wir uns nähern. Ein Landeanflug auf Madeira ist eine Sache für sich. Wussten Sie, dass der Flughafen von Funchal immer noch als einer der am schwierigsten anzufliegenden und somit auch als einer der Sorte „gefährlich“ gilt? Das heißt nicht notgedrungen, dass dort tatsächlich mehr passiert, doch bestimmte Umstände machen besondere Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich.
Wenn Sie nach etwa viereinhalb Stunden Flugzeit im Landeanflug auf die Insel sind, dann hat ein Teil des Sinkflugs bereits entlang der marokkanischen Küste nordöstlich von Madeira begonnen. Die Maschine biegt in Höhe der Insel quasi nur noch nach rechts ab. Sie haben bald einen sehr schönen Blick auf die Berge und fliegen ein Stück parallel zur Südküste Madeiras, über den Flughafen hinaus, Richtung Funchal. Die Landepiste befindet sich direkt neben dem Berghang, läuft parallel zum Ufer.
Immer noch draußen über dem Meer, inzwischen jedoch bei Funchal angekommen, fliegt der Pilot eine ziemlich enge Rechtskurve, in der sich die Maschine samt ihrer Flügel wirklich schräg stellt (und Sie reichlich schief in der Luft hängen), um nach dieser Wende die Landebahn anzupeilen. Viel Zeit zum endgültigen Herunter-
kommen ist nicht und viel Platz ebenfalls nicht, weder nach links zum Hang noch nach vorne zum Flughafen – und vor allem nicht bis zum Erreichen des Endes der Landebahn!
Der Pilot muss dabei in dieser Phase extrem auf Fallwinde achten und mit Windscherungen rechnen. Während dieses gesamten Quer- und Endanflugs fliegt er auf Sicht, denn über ein Instrumentenlandesystem verfügt der Flughafen von Funchal gar nicht.
Sie werden vielleicht einwenden, ja, aber es gibt doch immer noch die Lichter auf der Start- und Landebahn oder die Anflugbefeuerung. Anflugbefeuerung? Wo denken Sie hin! Dort, wo die eigentlich ihren Platz hat, ist in Funchal der Atlantik.
Wasser? Direkt neben … hinter …?
Ja, denn man hat die Landepiste mehrfach, zuletzt im Jahr 2000 von 1 781 auf 2 777 Meter verlängert, damit angesichts des wachsenden Touristenzustroms auch größere Maschinen in Funchal landen können. Nur für diese letzte Erweiterung standen die Madeirer vor einem enormen Problem: Das Land war dort, wo es gebraucht wurde, zu Ende! Es ging nicht weiter.
Eine Idee musste her. Aus der Idee wurde ein Plan und eine Wahnsinnskonstruktion entstand. Man verlängerte an der Klippe direkt in eine Bucht hinein indem man insgesamt 180 hohe Betonpfeiler als Stelzenträgerwerk setzte und darauf eine 180 m breite Bahn mit einer Gesamtlänge von 1 020 m errichtete.
Sie können heute teilweise mit dem Auto darunter durch fahren, dann wird erst bewusst, um was für ein Riesenunterfangen es sich handelt. Pfeiler mit drei Metern Durchmesser, die knapp 60 Meter oberirdisch zu sehen sind. Der Rest der bis zu 120 m langen Stelzen verschwindet unterirdisch oder ist in der Bucht im Meeresboden verankert.
Die Einheimischen sprechen angesichts des Aufwands und der Kosten, die bei diesem Projekt entstanden,
gern vom „Bau der zweiten Kathedrale Madeiras“.
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Madeira - Mit dem Bus unter der Landepiste des Flughafens .... (Betonstelzen)

Madeira – Mit dem Bus unter der Landepiste des Flughafens ….

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Nun ist der Runway zwar länger, doch dafür kommen auch größere Maschinen, die entsprechend mehr Piste benötigen. Viel einfacher ist es für die Piloten deshalb nicht geworden. Daher ist es nach wie vor vorge-
schrieben, dass nur der Kapitän selbst landen darf und dass jeder Pilot, der vorhat Funchal anzufliegen, ein Spezialtraining durchlaufen und nachweisen muss.
Was denken Sie, was passiert, wenn es nicht auf Anhieb klappt und der Pilot durchstartet und hochzieht, um es erneut zu versuchen. Darf er das endlos? Bis die Landung irgendwann erfolgreich verläuft? Nein, auch dafür existiert eine Regel. Höchstens sechs Versuche. Wenn es dem Flugkapitän bis dahin nicht glückt, muss er leider wieder zurück bis zum Festland.

Ich hoffe, bei Ihnen ist jetzt vorrangig die Neugier auf den Flughafen geweckt. Nicht, dass Ihnen die neuen Kenntnisse den Mut nehmen, auf dem Luftweg nach Madeira zu gelangen. Die Insel ist doch ein sehr beliebtes und häufig angeflogenes Ziel. Somit haben die Piloten inzwischen einige Übung. An meinem Abflugtag waren
es weitere 17 große Maschinen, die allein ab Mittag Funchal noch verlassen sollten und zwangsläufig ja irgendwann davor auch sicher gelandet sein müssen.

Eine Alternative zum Fliegen wäre die Ankunft mit einem Schiff. Entweder mit einer gelegentlich zwischen den Kanarischen Inseln und Madeira verkehrenden Fähre oder aber per Kreuzfahrtschiff …
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Madeira - Hotelblick - Der Hafen von Funchal mit Kreuzfahrtschiffen ...

Madeira – Hotelblick – Der Hafen von Funchal mit Kreuzfahrtschiffen …

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Kreuzfahrtschiffe und der Hafen von Funchal werden uns in einem der nächsten Teile der Blogserie ein weiteres Mal begegnen, doch für heute verabschiede ich mich von Ihnen.
Seien Sie gern beim nächsten Mal wieder mit dabei, wenn die ersten Schritte auf der vielseitigen Perle im Atlantik angesagt sind!

Fortsetzung folgt.

 

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© by Michèle Legrand, März 2017
Michèle Legrand

 

 

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