Die Minute Zeit, die es braucht …

Heute kam die Meldung vom Tod Roger Ciceros. Haben Sie auch zweimal hingesehen und gedacht, Sie
hätten sich verlesen? Das kann doch gar nicht sein!  
Hat es Sie auch geschockt? War es das völlig Unerwartete? Was verursacht dieses Erschrecken und Innehalten?

Es ist nicht zwingend wichtig, ein Jazzfan zu sein, Swing zu mögen oder dem Big Band Sound verfallen zu sein. Man muss noch nicht einmal ein ausgesprochener Fan der Musik des Künstlers Cicero gewesen sein, ein Konzertgänger, einer, der all seine Alben im Schrank hat. Nein, man musste auch den Menschen Roger nicht zwangsläufig persönlich gekannt haben.
Es reicht, von ihm – dadurch, dass er in der Öffentlichkeit stand –  ein persönliches Bild zu haben. Ein talentierter Mann. Bodenständig. Sympathisch wirkend. Das vor dem inneren Auge auftauchende Bild zeigt ein Gesicht, das noch fast faltenfrei ist, das Lächeln wirkt beinahe jungenhaft. Etwas vorwitzig und meist leicht nach hinten gekippt der obligatorische Hut. Das Bild eines Mannes, der noch jung ist, gefühlsmäßig erst die Hälfte seines Lebens hinter sich hat.
Es genügt anscheinend völlig zu wissen, dass dieser Mann Familie hinterlässt, Vater eines siebenjährigen Sohnes ist, eine Mutter hat, die ihr eigenes Kind nun überlebt und zahlreiche Menschen zurückbleiben, die einen guten Freund verloren haben. Was muss es für ein Schock für sie gewesen sein! So plötzlich …!
Es reicht aus zu wissen, dass es diesem Menschen gerade erst gelungen war, erfolgreich aus einer Phase der Erschöpfung wieder herauszufinden, der sich daher durchaus seines Körpers und des Werts seiner Gesundheit bewusst war und offenbar den richtigen Weg gefunden hatte, auf dem es jetzt weitergehen sollte. Ein Mensch, der sich erholt hatte, der wieder voller Pläne steckte und vor dem Start seiner verschobenen Tournee stand. Gerade heute ist in meiner Tageszeitung ein Bild von Roger Cicero. Es ist die Anzeige für das anstehende Hamburg-Konzert. Geplant am 12. April …
Und dann wird so ein Mensch, dem es überhaupt nichts nützt, erst 45 Jahre alt zu sein, mitten aus dem Leben gerissen. Ohne Vorwarnung. Innerhalb von Sekunden ist alles aus. Er mag nicht sofort verstorben sein, doch ab dem Moment, als der Infarkt im Hirn entstand, ließ sich nichts mehr aufhalten.

Roger Cicero, eine im Grund fremde Person für mich, doch es hat mich getroffen. Mein Mitgefühl gilt seiner Familie. Gilt all denen, denen er etwas bedeutete und die mit ihm verbunden waren. Ich wünsche ihnen viel Kraft.

Mich hat es außerdem, als ich die Nachricht heute realisierte, in der Zeit zurückgeschleudert. Hin zu dem Tag, als meine beste Freundin starb. Im Alter von 33 Jahren. Bei ihr war es nicht aus heiterem Himmel, doch hat ihr früher Tod damals – neben Trauer – Gedanken in mir ausgelöst, Gedanken, die jetzt beim Tod von Roger Cicero erneut hochkamen.
Als junger Mensch ist man lange Zeit überzeugt davon, dass Sterben nur etwas für alte Menschen ist. Dass man vorher einfach nicht dran ist! Genauso verhält es sich mit schwerwiegenden Krankheiten. Man kann sich zunächst überhaupt nicht vorstellen, dass es einen auch jung erwischen könnte. Schon gar nicht, wenn man nie viel Kontakt zur Arztpraxis hatte, nie mit einem Bruch im Krankenhaus war, es zuletzt bei der Geburt erlebte.
Nein, nein, unverwundbar. Unbesiegbar …
Wenn sie eines Tages das erste Mal geschieht, die unmittelbare Konfrontation mit sehr ernster Erkrankung und vor allem dem Tod einer jungen Person, eines Familienangehörigen, eines Freundes, eines Arbeitskollegen etc. eintrifft, ist auf einmal alles anders. Man hat das Gefühl, seine eigene körperliche Unversehrtheit ebenfalls verloren zu haben. Von gestern auf heute ist nichts mehr wie es war. Nichts ist eindeutig, nichts ist vorhersehbar und nichts mehr garantiert.

Es gibt Menschen, die daraufhin in Panik und wilden Aktionismus verfallen. Hektisch das umsetzen, was ihnen ein Spruch aufträgt: Lebe jeden Tag so, als würde es keinen nächsten geben.
Es gibt Menschen, die sich als Reaktion darauf unheimlich unter Druck setzen, weil sie nun stets alles sofort erledigen wollen. Gemäß einer anderen Weisheit: Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.
Es gibt Menschen, die sofort ihre persönliche Bucket List anlegen, ihre Aufstellung von Dingen, die sie alle noch vor ihrem Tod erledigt, erlebt und abgehakt haben wollen. (Hier geht es im Gegensatz zum im Akkord abarbeiten von Alltäglichem und Notwendigkeiten mehr um die Erfüllung von Wunschträumen und Sehnsüchten.)
Es gibt Menschen, die sich auf einmal gar nichts mehr trauen. Sie fangen überhaupt nichts mehr an, weil „es sich ja doch nicht lohnt. Wozu? Vielleicht bin ich morgen schon tot.“
Und es gibt Menschen, die zum Hypochonder werden. Jedes Zucken und Reißen ist nun das Symptom einer unheilbaren Krankheit oder ein Zeichen des nahenden Todes.

Mich hat das alles nicht in dieser Form berührt. Ich könnte mich in keine dieser Gruppen einsortieren. Ich musste lernen, mit dem Fortsein eines wertvollen Menschen fertig zu werden. Ansonsten schien es mir nur wichtig, Prioritäten noch besser zu setzen. Außerdem verspürte ich plötzlich einen anderen dringenden Wunsch: Ich wollte eine bestimmte Sache geregelt haben. Für mich. Für andere. Dieses leidige Wegschieben, das sorglose Verfrachten in irgendeine ferne Zukunft oder auch das Einstufen als Petitesse, als Unwichtigkeit, hörte auf. Ich spreche vom Letzten Willen und den damit verbundenen Dingen.
Es geschah nicht aus Furcht, dass es mich morgen träfe, es geschah mit der Einsicht, dass es nicht in meiner Macht steht, den Zeitpunkt des Endes zu bestimmen oder zu erahnen.

Das wäre heute auch meine Anregung oder einfache Bitte an Sie, wenn Sie dies lesen:
Nehmen Sie sich eine Minute Zeit zu überlegen, ob – sollte Sie plötzlich und unerwartet etwas aus diesem Leben reißen – ob alles Wichtige geregelt ist. Ob ihre Familie von dem, was Sie bewegt, Ahnung hat.
Ob Sie weiß, was Sie gewollt hätten! Wie Sie Regelungen arrangiert hätten. Für deren Zukunft.
Ob Sie etwas Persönliches aufschreiben, für den Fall, dass Sie völlig unplanmäßig nicht selbst mit Worten und Gesten Abschied nehmen können. Ob Sie etwas hinterlassen, was Ihren Hinterbliebenen helfen würde in der Extremsituation und der ersten Zeit danach …

Es muss Ihnen einfach bewusst sein:
Sie haben manchmal keine Chance mehr, es auf den letzten Drücker zu tun!
Das Leben nimmt vielleicht Rücksicht, der Tod aber nicht.

Was ist das schon, die Minute Zeit, die es braucht ….

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© by Michèle Legrand, März 2016
Michèle Legrand - freie Autorin - ©Fotograf Andreas Grav

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  1. #1 von leonieloewin am 29/03/2016 - 20:25

    So wahr und gut geschrieben. Danke

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  2. #3 von gsharald am 29/03/2016 - 20:34

    Liebe Michelle,

    das ist ein weites Thema. Immer meint man „Ich bin doch noch jung“ und trotzdem sieht man viele Bespiele in denen junge Menschen, manchmal auch Kinder, schwer krank sind oder sogar sterben müssen. Das rüttelt einem einen Moment auf, man will alles Mögliche ändern und doch fällt man nach kurzer Zeit in das alte Fahrwasser zurück.

    Vorsorge ist wichtig auch für den Fall des Todes. Weiß der Partner/die Familie was alles an Vermögen, Versicherungen usw. vorhanden ist. Sind entsprechende Vollmachten vorhanden? Einer Nachbarin von uns ist es passiert, dass ihr Mann plötzlich und unrewartet starb. Er machte das Büro zu Hause und seine Frau wusste von nichts. Sie hatte nicht einmal eine Kontovollmacht. Rechnungen für die Beerdigung waren trotzdem zu zahlen.

    Natürlich ist es auch wichtig zu wissen, wie damit umgegangen werden soll, wenn das Leben nur noch durch Maschinen sicher gestellt wird. Ist der Wille zur Organspende vorhanden? Wer darf für den Kranken entscheiden, ob er im Heim untergebracht werden will?

    Es gibt in dieser Richtung viel Regelbedarf. Vernünftigerweise sehe ich das ein und trotzdem haben wir noch nichts geregelt. Ich bin ja erst 64 und noch viel zu jung …;-)

    Ich wünsche Dir einen schönen Abend

    Liebe Grüße
    Harald

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    • #4 von ladyfromhamburg am 30/03/2016 - 11:48

      Hallo Harald, ich danke dir herzlich für deine Reaktion und den sehr ausführlichen Kommentar mit vielen wertvollen Hinweisen.
      Das sind alles Punkte, an die man nicht erst als – salopp gesagt – Tattergreis denken sollte. Ich würde generell denken, dass gewisse Aufgaben des Alltags sowieso nicht allein in den Händen eines Partners liegen sollten, ohne dass der andere auch nur minimale Kenntnis davon hat. Dass sich eine Aufteilung der Gebiete ergibt, ist klar, aber das Resultat darf nicht sein, dass der andere ahnungs- und hilflos ist. Und eine Kontovollmacht gehört einfach dazu. Es ist sehr schnell schon bei nur leicht eingeschränkter Bewegungsunfähigkeit ein Problem, wenn Bankangelegenheiten immer nur von einem erledigt werden können und der andere an gar nichts herankommt. Unverantwortlich.
      Was ich jedoch heute speziell ansprechen wollte, ist vorrangig etwas, was im Grunde nicht eine Regelung für den Alltag oder für einen selbst im Alter ist, eine, die ratsam wäre und alles enorm erleichtern und klären könnte wie z. B. die Patientenverfügung.
      Ich dachte daran, dass es meist etwas gibt, was man jemandem immer noch sagen möchte, bevor man endgültig geht. Wenn heute jemand käme und sagte, morgen ist Schluss, was wäre es, was noch offen wäre? Wem gegenüber wünschte ich mich zu äußern oder etwas Persönliches zu hinterlassen? Wo würde jemand mehr als nötig trauern, weil er völlig ohne einen Abschiedsmoment blieb? Weil ihm Abschied nehmen durch das unerwartete Geschehen verwehrt blieb? Und was würde ich bedauern, müsste ich es ungesagt mit ins Grab nehmen.
      Wir Menschen und unser Leben sind nun einmal nicht vergleichbar mit Kaminöfen, die – auch wenn das Brennmaterial ausgeht – stets noch Restglut haben und durch die gut durchgeheizten Kacheln weiterhin lange ihre Restwärme abstrahlen. So ein Ofen ist noch eine gewisse Zeit nach dem Verlöschen des Feuers eingeschränkt aktiv. Wir haben diese Möglichkeit nicht! Wir sind mehr die Heizlüfter mit dem Kippschalter. Ist umgeklappt oder zieht jemand den Stecker ist Schluss. Dann wird es kalt. Sofort. Wer noch wärmende Kacheln versteckt hat, erleichtert den Übergang …

      LG Michèle

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  3. #5 von Anja-Veronika Hinz am 29/03/2016 - 23:07

    Vielen Dank für Ihren sehr guten Beitrag .
    Ich lese immer sehr gern ihre Worte und diesmal stimme ich Ihnen wieder zu , genau meine Gedanken an diesem Tag .
    Vielen Dank

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    • #6 von ladyfromhamburg am 30/03/2016 - 11:37

      Ich freue mich über Ihre positive Reaktion und darüber, dass Sie darin Gedanken entdeckten, die auch bei Ihnen auftauchten. Nach allem, was ich bisher an Reaktionen auf diesen Beitrag bekam, schaut es so aus, als würden sehr viele Menschen zumindest einen Teil der Empfindungen teilen, nachdem sie vom unerwarteten und viel zu frühen Tod Roger Ciceros Kenntnis erhielten.
      Ich danke für Ihre Zeilen, und es ist nett zu lesen, dass Sie generell gern hier im Blog mit dabei sind! Es würde mich freuen, wenn Sie weiter mein Gast sind, und so hoffe ich natürlich, dass immer wieder Themen dabei sind, die Ihnen zusagen.

      LG Michèle

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  4. #7 von kowkla123 am 30/03/2016 - 13:49

    ich konnte es nicht fassen, schöne Restwoche für dich

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    • #8 von ladyfromhamburg am 30/03/2016 - 23:59

      Danke für dein Vorbeischauen und deine Reaktion! Dir auch noch eine nette Restwoche, Klaus.
      LG Michèle

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  5. #9 von Hinnerk und Henrikje am 30/03/2016 - 17:10

    Ich könnte es auch nicht glauben, die Nachricht von seinem Tod hat mich sehr betroffen gemacht. So plötzlich aus dem Leben gerissen…dein Beitrag spricht mir aus der Seele. Sich zu Lebzeiten mit seinem eigenen Tod zu beschäftigen, ist ein Angang, aber wichtig…der plötzliche Tod von Roger Cicero hat es uns deutlich vor Augen geführt. Liebe Grüße Andrea

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    • #10 von ladyfromhamburg am 31/03/2016 - 00:02

      Es fällt manchmal schwer, dieses etwas mulmige Gefühl loszuwerden. Alles, was mit Vorbereitungen im Bezug auf Sterben zu tun hat, wird gern so empfunden, als würde man die Sache dadurch beschleunigen. Der erste Sargnagel und so … Ist natürlich Unsinn. Wenn diese Einsicht sich durchsetzt und es nicht mehr solche Überwindung kostet, ist es eigentlich relativ einfach, es anzugehen. Eigentlich. ^^

      Danke schön für deinen Kommentar, Andrea! Hat mich gefreut, deine Gedanken dazu zu erfahren.

      LG Michèle

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  6. #11 von Stefanie am 30/03/2016 - 18:46

    Das ist ein guter Rat, Michèle, ich werde mich mal damit befassen. Liebe Grüße, Stefanie

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    • #12 von ladyfromhamburg am 31/03/2016 - 00:04

      Es ist nur eine Anregung. Ein Anstupser. Aber wenn es den Effekt hat, dass sich doch noch mehr Menschen diesen Gedanken widmen, wäre ich durchaus sehr froh darüber.
      Danke schön fürs Hinterlassen deiner Nachricht hier bei den Kommentaren, Stefanie!
      LG Michèle

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  7. #13 von regenbogenlichter am 30/03/2016 - 19:42

    Das hast du sehr schön geschrieben liebe Michèle.

    Liebe Grüße
    Ute

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  8. #15 von Zeitreisender am 31/03/2016 - 10:15

    Das hast du sehr schön geschrieben. Ich war auch völlig geschockt, als ich die Nachricht gelesen habe.
    Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Kontovollmacht sollten schon geregelt sein, egal wie alt man ist. Es kann auch in jungen Jahren (über 18) der Ernstfall eintreten, dann wäre es wichtig, wenn Vollmachten vorliegen würden.
    Ich versuche, jeden Tag als Geschenk anzusehen, auch wenn mal „schlechte“ Tage dabei waren.
    Diesmal sehr nachdenkliche Grüße und in diesem Sinne: carpe diem…
    Volker

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    • #16 von ladyfromhamburg am 31/03/2016 - 16:56

      Vielen Dank für deine Anmerkungen zum aktuellen Blogpost, Volker. Ich stimme dir gern zu. Was diese schlechten Tage angeht oder all das Unangenehme, Belastende und Traurige, was sich bisweilen dazwischenklemmt, so merkt man manchmal erst später, dass auch diese Tagen und Zeiten ihre Funktion hatten und nicht nur Schlechtes mit sich brachten. Oft veränderten sie die Einstellung oder Sichtweise und verhalfen zu mehr Wertschätzung, mehr Aufmerksamkeit, Konzentration auf das Wesentliche, mehr Durchhaltevermögen, brachten mehr Gelassenheit und Selbstvertrauen (als man merkte, das man auch Schwieriges übersteht) oder Dankbarkeit – gerade wenn sich etwas nach harter Phase letztendlich noch zum Guten wandte.
      Zu versuchen, den Tag – egal, wie er ausfällt – als Geschenk zu sehen, ist ein sehr positives Herangehen, dass allein dadurch schon sehr viel Potenzial hat, Gutes herauszukitzeln.
      Liebe Grüße
      Michèle.

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  9. #17 von ernstblumenstein am 31/03/2016 - 11:12

    Liebevoll geschriebene Gedanken zum Tode dieses Künstlers, dessen Musik ich vom Hören her kannte, seinen Name aber nicht. Was mich bedrückte war dass er so früh Sterben musste. Wie schrecklich muss das für seine Familie sein! Mir ist dein Weckruf echt wieder reingefahren! Ich bin 74, habe gewisse Dinge geregelt, aber ein schlechtes Gewissen, weil immer noch einiges zu tun ist.

    Ich schiebe es immer noch vor mir her, obwohl ich mir oft Gedanken über das ‚Später‘ mache. Alles in allem gesehen bin ich über mein geführtes Leben glücklich und zufrieden, aber ich kenne auch schwere Zeiten, die mich forderten. Stell dir vor, meine Frau erlitt mit 38 Jahren zwei schwere Hirnblutungen, die eine schwere OP nötig machte. 1986 war die Kunst der Ärzte eben noch auf einem ‚anderen Stand‘ als heute. Einen lieben Gruss nach Hamburg, hab eine gute Zeit. Ernst

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    • #18 von ladyfromhamburg am 31/03/2016 - 17:03

      Lieber Ernst, danke schön für deinen Besuch im Blog und deinen Kommentar zum Post, aber auch deine zusätzlichen, sehr persönlichen Zeilen dazu. Es muss auch für euch damals ein großer Schock und eine sehr, sehr schwierige Zeit gewesen sein. Glücklicherweise war die Medizin damals wenigstens schon auf dem Stand, dass diese notwendige Operation bei deiner Frau überhaupt durchgeführt werden konnte. Sie hat ihr ja das Leben gerettet und ich hoffe, sie hat nicht zu sehr unter Nachwirkungen zu leiden. Gerettet werden bedeutet ja leider oft nicht, dass automatisch alles wieder genauso wie zuvor wird …
      Ich wünsche dir und deinen Lieben alles Gute und sende ebenfalls liebe Grüße zurück Richtung Schweiz.
      Michèle

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  10. #19 von lunarterminiert am 31/03/2016 - 13:29

    Liebe Michèle,
    da hast Du genau das formuliert, was ich empfunden habe. Bestürzung, Entsetzen und bei mir kam die Sprachlosigkeit dazu und die Gedanken daran, dass es einen selbst genauso schnell treffen kann. Danke für Deine Anregung, ein paar Dinge zu regeln. Ich muss mich wirklich mal damit befassen, schiebe das bisher immer vor mir her. Besser wirds davon ja auch nicht und das schlechte Gewissen bleibt im Hintergrund bestehen.
    Liebe Grüße aus dem Reich der Dänen
    Andrea

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    • #20 von ladyfromhamburg am 31/03/2016 - 17:06

      Vielen Dank, Andrea! Diese Bestürzung war an dem Tag des Bekanntwerdens überall zu spüren. Wahrscheinlich, weil jedem klar war, dass es ebenso gut hätte ihn selbst treffen können.
      Ich danke dir für deinen Kommentar und sende liebe Grüße Richtung Norden!
      Michèle

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  11. #21 von marliesgierls am 31/03/2016 - 19:53

    Du hast genau die Gedanken angesprochen, die mir auch im Angesicht eines so unerwarteten frühen Todes kommen. Mir ist dann vollkommen klar, dass es so wichtig ist, unabhängig vom Alter, gewisse Dinge geregelt zu haben. Leider bleibt es bis jetzt nur bei den Vorsätzen, das hat mich eben wieder kalt erwischt, ich schiebe noch vor mich hin, ich hoffe, dass Du mich jetzt noch einmal angestupst hast, den Stein ins Rollen.
    Vielen Dank und lieben Gruß Marlies.

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    • #22 von ladyfromhamburg am 01/04/2016 - 17:59

      Es gibt kaum jemanden, der solche Dinge gleich mit Enthusiasmus und in ganz jungen Jahren angeht. In der Hinsicht sind alle Weltmeister im Hinausschieben. ^^ Aber je öfter einem dieser Gedanke hochkommt, desto wahrscheinlicher ist es, dass er doch ein Punkt auf der Tagesordnung wird. Tagesordnung heißt, es wird in absehbarer Zeit auch wirklich erledigt. Blitzentschlüsse kommen hingegen meist nach Erfahrungen im engeren, persönlichem Umfeld. Die zeigen stets eindringlicher, wie plötzlich sich etwas ändert.

      Danke für deinen Besuch und fürs Kommentieren, Marlies!
      LG Michèle

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      • #23 von marliesgierls am 04/04/2016 - 10:22

        Stimmt, habe dies Wochenende auch lange in Berlin mit meiner Freundin über das Thema geredet. Es ist jetzt „mein“ Thema!

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  12. #24 von Silberdistel am 01/04/2016 - 20:26

    Liebe Michèle, Du hast mit diesem Beitrag Gedanken angesprochen, die man oft genug wegschiebt, weil man meint, dafür ist auch später noch Zeit. Aber weiß man es, ob es da wirklich noch ein Später gibt? Wir Silberdistels haben uns schon vor einer ganzen Weile einmal hingesetzt und unseren letzten Willen zu Papier gebracht, nicht, weil wir uns schon so alt fühlten, dass es endlich notwendig wurde, sondern, weil es an sich notwendig ist für die Familie, die man so oder so irgendwann zurücklässt. Es ist gut, ab und zu daran erinnert zu werden, dass auch das eigene Leben endlich ist und dass es da Menschen gibt, für die man es etwas leichter machen kann, wenn man einiges zeitig regelt. Du hast das mit diesem Beitrag sehr eindrücklich beschrieben.
    Vor vielen Jahren hatte ich auch so ein Erlebnis. Ich hatte morgens meine Kinder in den Kindergarten gebracht. Der Vater eines anderen Kindes war zur gleichen Zeit damit beschäftigt, sich von seinem Sohn für den Tag zu verabschieden. Wir gingen zusammen hinaus, unterhielten uns, scherzten noch ein wenig darüber, dass nicht nur wir, sondern auch die Kinder einen langen Arbeitstag haben würden. Dann trennten sich unsere Wege. Am Abend, als ich meine Kinder abholte, hörte ich von ihnen, dass eben dieser Vater verstorben war – auch hier ein Schlaganfall. Ich konnte es nicht glauben, denn er war nicht älter als ich, knapp über 30. Ja, es ist schon so, der Tod fragt nicht nach dem Alter. Dich hat der Tod Deiner Freundin sicher wesentlich mehr getroffen als mich der Tod dieses Mannes, dennoch war ich entsetzt und fast panisch, dass man auch in so jungem Alter einfach umfallen kann und das war’s. Mich hat das damals irgendwie noch sehr lange beschäftigt.
    Danke für diesen guten und sehr bewegenden Beitrag. Ich denke, auch Roger Cicero hätte er gefallen.
    Liebe Grüße schickt Dir die Silberdistel

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    • #25 von ladyfromhamburg am 02/04/2016 - 22:14

      Liebe Silberdistel, vielen Dank für dein sehr detailliertes Eingehen auf das Thema, das ich in meinem Blogpost anschlug. Du schreibst an einer Stelle sinngemäß, dass man es (Letzer Wille, Regelungen etc.) ja „so oder so irgendwann mal machen muss“. Genau das ist der Punkt! Wenn man es so sieht und es wie jeden anderen „normalen“ Punkt auf seiner Liste der zu erledigen Dinge betrachtet, verliert es den miesen Charakter einer Pflichtübung, die schon so etwas wie die erste Etappe Richtung Friedhof ist. Es ist im Prinzip kein anderen Vorgang, als würde man den Punkt „Lebensversicherung abschließen“ angehen. Man geht in dem Fall doch auch nicht davon aus, dass man deshalb demnächst automatisch umkippt …
      Schön, dass ihr es erledigt habt und so diese Dinge wirklich etwas weggeschoben werden können. Man muss nicht ständig mehr daran denken. Das hat ja auch etwas für sich.
      Deine Geschichte von dem Herrn, der zu Kindergartenzeit so abrupt verstarb, ist wirklich tragisch. Es gab hier einen Fall, bei dem auch ein Vater einer Grundschulfreundin meines Sohnes sehr jung verstarb. Nicht ganz so plötzlich für die Familie selbst, aber für alle anderen, die zuvor nichts von der Krebserkrankung erfahren hatten. Das war auch ein Schock, besonders für die Kinder, die sich überhaupt nicht vorstellen konnten, dass ein Elternteil jetzt schon wegfallen könnte … Wir haben daheim häufiger mit ihnen darüber gesprochen. Das Thema ging auch uns allen nicht so schnell wieder aus dem Kopf.

      Ich wünsche dir ein schönes Wochenende und sende liebe Grüße!
      Michèle

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  13. #26 von Deine Christine! am 03/04/2016 - 21:54

    Das hast Du wirklich sehr treffend geschrieben. Danke dafür. – Ich war auch sehr betroffen, bestürzt, nachdenklich… wie schnell es doch wirklich gehen kann…
    Ich habe auch schon alles geregelt für den Fall der Fälle, sogar meinem Mann gesagt, wie es weitergeht, wenn ich bedingt durch die MS ein Totalpflegefall werden würde…..
    Über solche Themen wird meist nur kurz gesprochen und nichts geregelt, deshalb bin ich froh, das alles erledigt zu haben…. herzliche Grüße an DICH

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    • #27 von ladyfromhamburg am 05/04/2016 - 18:56

      Vielen Dank für deine Reaktion! Es ist auch für den eventuell eintretenden Krankheitsfall oder – wie bei dir – für die Möglichkeit Pflegefall zu werden, nicht einfach, die notwendigen Vorkehrungen wirklich frühzeitig zu treffen. Natürlich belastet schon allein der bloße Gedanke an diese Entwicklung enorm! Den Erkrankten und ebenfalls den Partner oder die Familie ganz insgesamt. Es wird einem nur mehr und mehr klar, dass jegliches Hinauszögern rein gar nichts erleichtert, sondern das permanente Bewusstsein, dass man sich darum kümmern muss, oft nur noch mehr belastet. Lieber einmal dieses Augen zu und durch, um es nicht immer wieder als unangenehme Pflichtübung in Aussicht zu haben. Du drückst dich ähnlich aus, wenn du schreibst, dass du „froh bist, es erledigt zu haben“.
      Ich sprach ja zusätzlich von den schriftlichen Hinterlassenschaften, die ich nicht zu formellen Regelungen zähle. Persönliche Zeilen, direkt an einen speziellen Menschen gerichtet. Fall es einmal keine Chance gibt, und alles sehr unerwartet passiert … Das liegt mir sehr am Herzen, dass es nicht abrupt und ohne ein Abschiedswort endet. So kann man noch etwas mit auf den Weg geben …

      Liebe Grüße auch zurück!
      Michèle

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      • #28 von Deine Christine! am 05/04/2016 - 19:35

        Liebe Michele!
        Das ist auch wirklich eine großartige Idee. Ich habe meine Eltern bis zum Schluss gepflegt und jetzt denke ich oft, hätte ich doch irgendein Schreiben von ihnen. Klar haben wir uns noch bis zum Schluss unterhalten, auch wenn es immer mühseliger wurde, aber jetzt, so nach Jahren wäre es auch sehr schön ein paar handschriftliche Zeilen noch einmal in der Hand zu halten, zu lesen, zu spüren…. Danke für Deinen tollen Beitrag und den Anstoß an mich, es jetzt auch zügig in Angriff zu nehmen.
        Herzliche Grüße,
        Deine Christine!

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  14. #29 von finbarsgift am 05/04/2016 - 10:48

    Der Tod, liebe Michèle, trifft täglich seeeehr viele Menschen, in jedem Alter, von wenigen Wochen bis über hundert Jahre… Das ist völlig normal…

    Natürlich erreichen die Tode von VIP via Medien etwas mehr Aufmerksamkeit, aber…

    Deine Worte sind auf jeden Fall sehr engagiert und ergreifend, toll geschrieben…
    Liebe Frühlingsgrüße vom Lu

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    • #30 von ladyfromhamburg am 05/04/2016 - 19:03

      Lu, für mich hat der Tod im Umfeld, der von „Nicht-VIPs“, die höchste Aufmerksamkeit. Er betrifft wesentlich mehr, er ist näher, persönlicher.
      Dennoch habe ich diesen Todesfall herausgepickt, weil der Mensch Roger Cicero allen ein Begriff war. Es sprach in dem Moment vielleicht mehr Menschen an, als hätte ich als Aufhänger und Beispiel einen Menschen aus der Nachbarschaft genommen, um meine Gedanken dazu (sich frühzeitig zu kümmern) hier zu hinterlegen.

      Danke schön für deinen Kommentar!
      LG Michèle

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      • #31 von finbarsgift am 05/04/2016 - 22:56

        Ja, Michèle, damit hast du vollkommen recht…

        Ich wollte eigentlich auch nur mal kurz wieder erwähnen, das der Tod immer und überall gleichzeitig ist…

        Es hat nix spezielles zu bedeuten, dass in den letzten Wochen eine Reihe von bekannten Politikern in relativ rascher Folge gestorben sind…

        Liebe Grüße zur Nacht vom Lu

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  1. Die Minute Zeit, die es braucht … — Michèle. Gedanken(sprünge). | ickemich

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